European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:E119523
Spruch:
Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.
Begründung:
Der Einschreiter begehrt mit seiner zu 5 C 1364/16s des Erstgerichts eingebrachten Klage die Feststellung des Bestehens und die Einverleibung der Dienstbarkeit der Wasserfassung und -leitung zugunsten des Gst 274/2 der EZ 301 KG *. Dienend ist nach dieser Klage das Grundstück 274/3 der EZ 502 KG *, die nunmehr im Eigentum des Antragstellers steht. Im Lastenblatt dieser Liegenschaft ist aufgrund des Beschlusses des Bezirksgerichts Kufstein vom 8. 11. 2016 gemäß § 70 GBG zu TZ 4811/2016 die Klage angemerkt.
Im Zeitpunkt der Eintragung der Streitanmerkung war zu TZ 4369/2016 im Eigentumsblatt der Liegenschaft EZ 502 bereits die Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung angemerkt.
Unter Vorlage des – zwischenzeitig zur Einverleibung seines Eigentumsrechts laut Kaufvertrag vom 21. 9. 2016 zu TZ 5107/2016 ob der Liegenschaft EZ 502 ausgenützten – Rangordnungsbeschlusses begehrte der Antragsteller gemäß § 57 GBG die Löschung der Anmerkung der Klage.
Das Erstgericht hat dem Antrag stattgegeben und die Löschung der Klageanmerkung verfügt.
Über Rekurs des Einschreiters wies das Rekursgericht den Antrag auf Löschung der Streitanmerkung ab. Nach § 70 GBG könne demjenigen die Anmerkung des Streits bewilligt werden, der aus dem Grund der Ersitzung (§ 1498 ABGB) die Zuerkennung eines dinglichen Rechts begehre. Eine solche Streitanmerkung sei auch dann zulässig, wenn sie sich nicht gegen den Ersitzungsgegner, sondern gegen dessen (schlechtgläubigen) bücherlichen Nachmann richte, und verhindere den gutgläubigen und damit lastenfreien Erwerb durch Dritte. Demgegenüber gehe das ersessene (Eigentums‑)Recht verloren, wenn keine Streitanmerkung bestehe und ein Dritter das Eigentum im Vertrauen auf das öffentliche Buch erwerbe.
Werde die Einverleibung der Veräußerung der Liegenschaft in der angemerkten Rangordnung bewilligt, sei nach § 57 Abs 1 GBG die Löschung derjenigen Eintragungen zu verfügen, die in Ansehung dieser Liegenschaft nach Überreichung des Anmerkungsgesuchs erwirkt worden seien. Das Recht auf Löschung von Eintragungen, welche der Anmerkung der Rangordnung nachgingen, sei jedoch einschränkend auszulegen, sodass nur jene Zwischeneintragungen zu löschen seien, die eine Beeinträchtigung der dinglichen Rechte des Erwerbers bedeuteten, weil sie eine neue Verfügung oder Belastung enthielten, nicht aber solche, die sich auf ein Recht bezögen, das der Anmerkung im Rang vorausgehe. Der Oberste Gerichtshof habe im Zusammenhang mit der Anmerkung einer Klage wegen Ersitzung bereits ausgesprochen, dass – soweit guter Glaube im Zeitpunkt des Eigentumserwerbs gefordert sei – dieser nicht nur zum Zeitpunkt des Gesuchs auf Anmerkung der Rangordnung, sondern vielmehr zum Zeitpunkt des Einlangens eines – in der Folge bewilligten – Einverleibungsgesuchs beim Grundbuchsgericht gegeben sein müsse; soweit der Ersitzungsbesitzer zum Schutz gegen den gutgläubigen Rechtserwerb eines Dritten, der zum Verlust des ersessenen Rechts führen würde, die Möglichkeit der Klageanmerkung nach § 70 GBG in Anspruch nehme, sei der gute Glaube des Erwerbers – ungeachtet der Frage, ob der Kaufvertrag vor Anmerkung der Ersitzungsklage abgeschlossen worden sei – mit der Streitanmerkung jedenfalls ausgeschlossen, sodass der Eigentum aus Ersitzung ableitende Kläger im Fall des Erfolgs seiner Klage sein Recht auch gegen den Erwerber durchsetzen könne. In einem solchen Fall beziehe sich die Streitanmerkung auf eine dingliche Position, die der Ranganmerkung vorgehe, sodass sie nicht zu löschen sei. Anlass für die vorliegende Streitanmerkung sie zwar nicht eine Klage wegen Ersitzung des Eigentums, sondern wegen der Ersitzung einer Servitut, doch bestünden keine ausreichenden Gründe, einen solchen Fall anders zu beurteilen.
Den Revisionsrekurs erklärte das Rekursgericht für zulässig, weil – soweit überblickbar – zur Frage, ob nicht nur die nach § 70 GBG angemerkte Klage auf Ersitzung des Eigentums, sondern auch eine solche auf Ersitzung einer bloßen Servitut von der (späteren) Einverleibung des Eigentums eines Erwerbers aufgrund einer vorangehenden Anmerkung der Rangordnung unberührt bleibe, keine höchstgerichtliche Rechtsprechung vorliege.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs des Antragstellers ist aus dem vom Rekursgericht angeführten Grund zulässig; er ist aber nicht berechtigt.
1. Die Anmerkung der Rangordnung zur beabsichtigten Veräußerung dient der Vorbereitung einer Veräußerung der Liegenschaft und damit der Vorbereitung der Aufgabe bücherlicher Rechte (RIS‑Justiz RS0060809 [insb T1]; 5 Ob 47/13t).
2. Die Einverleibung des Eigentumsrechts unter Ausnützung der Rangordnung hat nicht zur Folge, dass das Eigentum auf den Zeitpunkt der Anmerkung zurückbezogen wird. Das Eigentum entsteht auch in diesem Fall erst mit seiner Einverleibung (Klang in Klang II², 381). Dies entspricht dem im § 431 ABGB verankerten Eintragungsgrundsatz. Der durch die Rangordnungsanmerkung beabsichtigte Schutz des späteren Erwerbers wird durch seinen befristeten Anspruch gesichert, die Löschung der der Rangordnung nachfolgenden Zwischeneintragungen zu erwirken (RIS‑Justiz RS0060981; RS0060533; RS0060839).
3.1 Nach § 57 Abs 1 GBG ist auf Ansuchen der Partei, für die die Einverleibung (hier: des Eigentums) im Rang der Anmerkung vorgenommen worden ist, die Löschung der Eintragungen zu verfügen, die in Ansehung dieser Liegenschaft nach Überreichung des Anmerkungsgesuchs erwirkt worden sind. Zutreffend hat bereits das Rekursgericht darauf hingewiesen, dass diese Bestimmung einschränkend dahin auszulegen ist, dass zwischen der Anmerkung der Rangordnung und der Eigentumseinverleibung erfolgte Eintragungen (Zwischeneintragungen) nur dann zu löschen sind, wenn sie eine Beeinträchtigung der dinglichen Rechte des Erwerbers bedeuten würden (also neue Verfügungen oder Belastungen enthalten), nicht aber solche, die sich auf ein Recht beziehen, das der Anmerkung im Rang vorgeht (RIS‑Justiz RS0060988; RS0060997 K. Binder in Kodek, Grundbuchsrecht² § 57 GBG Rz 2 mwN aus der Rechtsprechung und Literatur; vgl auch Holzner in Rummel/Lukas, ABGB4 § 440 Rz 6; Hinteregger in Schwimann/Kodek, ABGB4 § 440 Rz 7). Der Erwerber muss sich auch jene Zwischeneintragungen gefallen lassen, die ohne seine Zustimmung hätten erwirkt werden können, wenn er schon im Zeitpunkt der Anmerkung einverleibt gewesen wäre (RIS‑Justiz RS0061019; K. Binder aaO § 57 GBG Rz 9).
3.2 Nach herrschender Auffassung kann eine Streitanmerkung, die sich auf das der Anmerkung der Rangordnung vorausgehende Eigentumsrecht des Voreigentümers bezieht, nicht gelöscht werden (K. Binder aaO Rz 2; Holzner aaO Rz 9 je mit Nachweisen aus der Judikatur). In der vom Rekursgericht zitierten Entscheidung 5 Ob 1/94 wurde daher bereits ausgesprochen, dass eine Löschung der Streitanmerkung gemäß § 70 GBG nicht in Betracht kommt, wenn sie sich auf das gegebenenfalls wegen Ersitzung durch die Kläger, deren Klage angemerkt wurde, untergegangene Eigentumsrecht des Verkäufers bezieht.
3.3 Nach § 70 GBG kann die Anmerkung des Streits auch dem bewilligt werden, der aus dem Grund der Ersitzung (§ 1498 ABGB) die Zuerkennung eines dinglichen Rechts begehrt. Es ist anerkannt, dass die Streitanmerkung auch dann zulässig ist, wenn die Anerkennung einer Servitut aus dem Grunde der Ersitzung begehrt wird (RIS‑Justiz RS0060890). Ist die Klage auf Zuerkennung eines dinglichen Rechts infolge Ersitzung erfolgreich, ist nach § 65 GBG vorzugehen (§ 71 Abs 2 GBG). Dazu ist anerkannt, dass ein über die angemerkte Klage ergehendes Urteil auch gegen denjenigen wirkt, für den im Rang einer vorausgehenden Anmerkung der Rangordnung (§ 53 GBG), jedoch erst nach der Streitanmerkung ein Recht eingetragen wurde (Kodek in Kodek, Grundbuchsrecht § 65 GBG Rz 6 mwN).
4. Die der vorliegenden Streitanmerkung zugrundeliegende Klage ist auf die Feststellung des Bestehens und die Einverleibung der Dienstbarkeit der Wasserfassung und ‑leitung gerichtet und hat die Behauptung der Ersitzung dieses Rechts gegenüber dem Veräußerer zur Grundlage. Eine Servitut begründet ganz allgemein das beschränkte dingliche Recht an einer fremden Sache, deren Eigentümer dazu verpflichtet ist, entweder eine bestimmte eigene Nutzung zu unterlassen, zu der er sonst befugt wäre (verneinende Servitut), oder eine bestimmte Nutzung durch den Berechtigten zu dulden (bejahende Servitut; vgl dazu Koch in KBB5 § 472 ABGB mwN). Wie in dem zu 5 Ob 1/94 entschiedenen Fall bezieht sich damit auch die vorliegende Streitanmerkung auf das Eigentumsrecht des Veräußerers an der Liegenschaft, das demnach nicht uneingeschränkt bestanden haben soll. Ein darüber ergehendes (stattgebendes) Urteil wirkt nach den dargestellten Grundsätzen auch gegen den Antragsteller, dessen Eigentumsrecht nicht auf den Zeitpunkt der Anmerkung für die beabsichtigte Veräußerung zurückwirkt, sondern zu einem Zeitpunkt einverleibt wurde, zu dem die Anmerkung der Klage bereits im Grundbuch angemerkt war. Zutreffend gelangte das Rekursgericht daher unter Bezugnahme auf die zu 5 Ob 1/94 vertretenen Grundsätze zum Ergebnis, dass auch in einem solchen Fall eine Löschung der Streitanmerkung nicht in Betracht kommt.
5. Dem Revisionsrekurs ist damit ein Erfolg zu versagen.
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