OGH 8Ob116/16s

OGH8Ob116/16s24.8.2017

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten Prof. Dr. Spenling als Vorsitzenden, die Hofrätin Dr. Tarmann‑Prentner, den Hofrat Mag. Ziegelbauer, den Hofrat Dr. Brenn sowie die Hofrätin Mag. Korn als weitere Richterin der Rechtssache der klagenden Partei A* L*, vertreten durch Dr. Leonhard Ogris, Rechtsanwalt in Deutschlandsberg, gegen die beklagten Parteien 1. K* S*, 2. M* S*, ebendort, beide vertreten durch Dr. Ralph Forcher, Rechtsanwalt in Graz, wegen 10.800 EUR sA und Feststellung sowie Einverleibung des Eigentumsrechts (Streitwert 6.420 EUR), über die Revision der beklagten Parteien gegen das Teilurteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 9. September 2016, GZ 7 R 7/16b‑81, mit dem das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 9. Februar 2016, GZ 22 Cg 72/11d‑74, teilweise abgeändert und teilweise aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2018:E119246

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

 

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Die Entscheidung des Berufungsgerichts wird dahin abgeändert, dass das Urteil des Erstgerichts in seinen Spruchpunkten B. 1.) und 2.) als Teilurteil wiederhergestellt wird.

Die Entscheidung über die Kosten des Revisionsverfahrens bleibt bis zur Rechtskraft der Endentscheidung vorbehalten.

 

 

Entscheidungsgründe:

Die Beklagten schenkten im Jahre 1986 einen Teil eines ihnen je zur Hälfte gehörenden Baugrundstücks an ihre Tochter und deren damaligen Ehemann zwecks Errichtung eines Einfamilienhauses. Dieses Haus wurde samt Doppelgarage und Keller in der Folge gebaut, wobei die Geschenknehmer mit Wissen und Einverständnis der Beklagten auch Teile von deren Restgrundstück in Anspruch nahmen.

Mit Bescheid vom 7. 2. 1997 erteilte die Gemeinde die Benützungsbewilligung für das Bauwerk samt Garage mit der (unrichtigen) Begründung, dass es plan‑, bescheid‑ und bauordnungsgemäß errichtet worden sei.

In weiterer Folge wurde die verschenkte Liegenschaft zwangsversteigert, der Klägerin wurde am 9. 3. 2010 der Zuschlag erteilt. Im Versteigerungsedikt war darauf hingewiesen worden, dass sich ein Teil des Wohnhauses auf dem nicht zur Versteigerung gelangenden Nachbargrundstück der nunmehrigen Beklagten befinde.

Die Beklagten kümmerten sich während des länger dauernden Versteigerungsverfahrens gemeinsam um die Verwaltung des Exekutionsobjekts. Einen gerichtlichen Auftrag dazu hatten sie nicht. Im November 2008 vermietete die Zweitbeklagte das Haus eigenmächtig zu einem Pauschalmietzins von monatlich 1.350 EUR. Die Mieterin zahlte diesen Zins bis inklusive Oktober 2010 auf das Konto der Beklagten, die das Geld für sich behielten.

Die überbaute Fläche zuzüglich der „zur bestimmungsgemäßen Benutzung des Hauses notwendigen“ angrenzenden Bereiche beträgt inklusive Terrasse 181 m². Rechnet man die Flächen hinzu, die für die Herstellung jener Mindestgrenzabstände nach der Steiermärkischen Bauordnung erforderlich wären, die bei einem Neubau in offener Bebauung vorgeschrieben wären (im Wortlaut der Vorinstanzen: „baurechtliche Sanierung“), ergäbe sich eine abzuschreibende Fläche von insgesamt 428 m².

In der Klage wird begehrt, die Beklagten zur Einwilligung in die lastenfreie Abschreibung der im beigefügten Lageplan schraffierten Fläche von 428 m² aus deren Grundstück und Zuschreibung zum Klagsgrundstück zu verpflichten, dies Zug um Zug gegen Entrichtung eines Kaufpreises von 6.420 EUR. Während des Verfahrens dehnte die Klägerin aufgrund des Ergebnisses des eingeholten Sachverständigengutachtens ihr Begehren in Bezug auf eine zusätzliche Teilfläche im Bereich der Garage (Dachüberstand) von 7,5 m² aus.

Die Klägerin brachte vor, sie sei durch den Zuschlag Alleineigentümerin der bereits von den Verpflichteten gemäß § 418 dritter Satz ABGB außerbücherlich erworbenen Fläche geworden. Sie habe daher Anspruch auf grundbücherliche Übertragung; da nach § 45 Abs 2 Z 3 Stmk Raumordnungsgesetz Grundstücke nicht geteilt werden dürften, wenn sich für bestehende Gebäude ein baugesetzwidriger Zustand ergäbe, seien die zum bestimmungsgemäßen Gebrauch des Hauses erforderlichen Flächen um die Mindestabstände entsprechend § 13 Abs 2 Stmk Baugesetz zu erweitern. Bei Grenzänderungen sei nach den Bestimmungen des LiegTeilG die jeweils geltende Bauordnung zu berücksichtigen.

Das Zahlungsbegehren begründete die Klägerin mit dem Anspruch auf Herausgabe der von März bis Oktober 2010 von den Beklagten rechtsgrundlos einbehaltenen Mietzinszahlungen.

Die Beklagten bestritten unter anderem – soweit für das Revisionsverfahren von Relevanz – den Umfang der abzutretenden Fläche und brachten vor, zur Herstellung eines gesetzmäßigen Zustands sei nicht so viel notwendig.

Das Erstgericht erklärte die nachträgliche Klagsausdehnung mit Beschluss, den es in die Urteilsausfertigung aufnahm, für nicht zulässig. Im Übrigen gab es dem Klagebegehren teilweise statt und verpflichtete die Beklagten unter Abweisung des Mehrbegehrens zur Einwilligung in die Abtretung einer Grundstücksfläche von insgesamt 181 m², Zug um Zug gegen Entrichtung eines anteiligen Kaufpreises von 2.715 EUR. Das Zahlungsbegehren der Klägerin wies es zur Gänze ab.

Rechtlich führte das Erstgericht aus, der außerbücherliche Eigentumserwerb dessen, der mit Billigung der Eigentümer redlich einen Überbau errichtet habe, sei eng auszulegen und umfasse nur jene Flächen, die zur bestimmungsgemäßen Benützung des Bauwerks notwendig seien; auf baurechtliche Vorschriften komme es nicht an. Es sei daher nicht maßgeblich, dass zur Herstellung eines Zustands entsprechend dem Steiermärkischen Baugesetz mit Einhaltung der gesetzmäßigen Bauabstände eine Grundstücksfläche von 428 m² vom Grundstück der Beklagten dem Grundstück der Klägerin zugeschrieben werden müsste.

Da eine schuldbefreiende Zahlung der Mietzinse an die Beklagten nach der Zuschlagserteilung nicht mehr möglich gewesen sei, stehe der Klägerin weiterhin ein eigener, vertraglicher Anspruch gegen die Mieterin zu. Dieser schließe den bloß subsidiären Verwendungsanspruch gegenüber den Beklagten aus.

Das Berufungsgericht änderte aufgrund des Rekurses der Klägerin den Beschluss des Erstgerichts dahin ab, dass es die Klagsausdehnung für zulässig erklärte.

Im Übrigen gab es mit Teilurteil der Berufung der Beklagten nicht, dem Rechtsmittel der Klägerin hingegen teilweise Folge. Es verpflichtete die Beklagten zur Einwilligung in die Abschreibung einer Grundfläche von 428 m² Zug um Zug gegen Zahlung des in der Klage angebotenen Betrags. Zur bestimmungsgemäßen Benutzung eines Hauses seien auch jene Flächen notwendig und daher vom außerbücherlichen Erwerb umfasst, die zur Einhaltung der gesetzlichen Mindestabstände nach der Bauordnung erforderlich seien, zumal ansonsten ein Beseitigungsauftrag erteilt werden könnte.

Im Umfang der Abweisung des Zahlungsbegehrens hob das Berufungsgericht das erstgerichtliche Urteil (unbekämpft) zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf (vgl dazu RIS‑Justiz RS0019549).

Die ordentliche Revision sei zulässig, weil in der höchstgerichtlichen Rechtsprechung nicht eindeutig geklärt sei, ob der Eigentumserwerb nach § 418 dritter Satz ABGB auch unbebaute angrenzende Flächen umfasse, die zur Einhaltung von Bauvorschriften benötigt würden.

Die Revision der Beklagten strebt die Abweisung des Zustimmungsbegehrens zur Gänze an. Die Klägerin hat eine Revisionsbeantwortung erstattet.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision (deren Entscheidungsgegenstand sich auf das noch nicht ausgedehnte Zustimmungsbegehren beschränkt) ist aus den vom Berufungsgericht dargelegten Gründen zulässig. Teilweise ist das Rechtsmittel auch berechtigt.

1. Die von den Revisionswerbern behauptete Nichtigkeit (wegen unrichtiger Wiedergabe ihres Vorbringens) haftet der Entscheidung des Berufungsgerichts nicht an. Eine Entscheidung ist nach § 477 Abs 1 Z 9 ZPO nichtig, wenn die Fassung des Urteils so mangelhaft ist, dass es sich nicht überprüfen lässt, wenn es mit sich selbst im Widerspruch steht oder für die Entscheidung keine Gründe angegeben sind (vgl RIS‑Justiz RS0007484; RS0042206; RS0042133). All dies trifft auf die Entscheidung des Berufungsgerichts nicht zu.

2. Eine unrichtige Wiedergabe des Parteienvorbringens begründet auch nicht den Revisionsgrund der Aktenwidrigkeit nach § 503 Z 3 ZPO (RIS‑Justiz RS0043402), sie kann aber – wenn das Berufungsgericht Vorbringen übersehen oder missverstanden hat – zu einer unrichtigen rechtlichen Beurteilung geführt haben. Darauf wird im Folgenden bei der Behandlung der Rechtsrüge einzugehen sein.

3. Nach § 418 ABGB fällt ein Gebäude, das jemand auf fremdem Grund mit eigenen Materialien errichtet, im Regelfall dem Grundeigentümer zu. Der redliche Bauführer kann den Ersatz der Kosten fordern, der unredliche wird wie ein Geschäftsführer ohne Auftrag behandelt. Hat der Eigentümer des Grundes von der Bauführung aber gewusst und sie nicht sogleich dem redlichen Bauführer untersagt, dann kann er nur den gemeinen Wert für den Grund fordern. Nach § 418 dritter Satz ABGB wird auch ein Grundeigentümer behandelt, der zwar mit dem Bauführer eine Vereinbarung über die Abtretung eines Grundstücksteils getroffen hat, diese aber in der Folge vereitelt (RIS‑Justiz RS0009923).

Redlicher Bauführer ist derjenige, der aufgrund irgendwelcher Umstände annehmen durfte und angenommen hat, dass ihm der Bau vom Eigentümer gestattet worden sei (RIS‑Justiz RS0103699).

Das Berufungsgericht hat die Voraussetzungen für den außerbücherlichen Eigentumserwerb der seinerzeitigen Bauführer nach diesen Grundsätzen zutreffend bejaht. Sie haben mit Wissen und Duldung ihrer auf dem überbauten Nachbargrundstück wohnenden Eltern bzw Schwiegereltern ihr Haus errichtet, sodass sie auch ohne konkrete Vereinbarung annehmen durften und angenommen haben, dazu berechtigt zu sein. Die Klägerin hat wiederum durch den Zuschlag im Versteigerungsverfahren das Eigentumsrecht so erworben, wie es den Verpflichteten tatsächlich zustand, somit unter Einschluss der in ihrem außerbücherlichen Eigentum stehenden Flächen.

4. Die Beklagten stellen in ihrem Revisionsvorbringen den außerbücherlichen Erwerb ihrer Tochter und ihres Schwiegersohns als Bauführer gemäß § 418 Satz 3 ABGB auch nur mehr mit dem Argument in Frage, dass zu dessen Wirksamkeit nach § 5 Abs 1 Z 3 des Steiermärkischen Grundverkehrsgesetzes (Stmk GVG) eine grundverkehrsbehördliche Genehmigung erforderlich gewesen wäre, die nicht vorgelegen sei.

Dabei wird zunächst übersehen, dass der erste Abschnitt des Stmk GVG einschließlich dessen § 5 nur auf Rechtsgeschäfte anzuwenden ist, die land- und forstwirtschaftliche Grundstücke betreffen. Beim Grundstück der Beklagten handelt es sich nach den Feststellungen aber um Bauland.

Für den Rechtsverkehr mit Baugrundstücken unter Inländern normiert das Stmk GVG keine Genehmigungs‑, sondern nur eine Erklärungspflicht. Auch von der Erklärungspflicht sind aber Rechtsgeschäfte zwischen Verwandten in gerader Linie und deren Ehegatten nach § 17 Abs 1 Z 7b Stmk GVG idF 1996 (vgl nunmehr § 18 Abs 1 Z 7b Stmk GVG) ausgenommen. Ob der Eigentumserwerb nach § 418 dritter Satz ABGB überhaupt unter die erklärungspflichtigen Erwerbsvorgänge (Rechtsgeschäfte) nach dem Stmk GVG zu subsumieren wäre, kann bei diesem Ergebnis dahingestellt bleiben.

5. Nach § 418 Satz 3 ABGB vollzieht sich der Eigentumserwerb kraft Gesetzes schon durch die Bauführung, ohne dass es einer Aneignungshandlung oder bücherlichen Einverleibung des Eigentumsrechts für den Bauführer bedürfte. Der Eintragungsgrundsatz wird im Falle der redlichen Bauführung auf fremdem Grund durchbrochen, der Bauführer – hier: Tochter und Schwiegersohn der Beklagten – schuldet dem bisherigen Eigentümer nur den Wertersatz. Der außerbücherliche Eigentümer hat jedoch Anspruch auf bücherliche Übertragung bzw Einwilligung in die Verbücherung.

Zu Recht rügen die Beklagten aber, dass das Berufungsgericht ihre Bestreitung des konkreten Ausmaßes der Grundstücksflächen, die nach dem Klagsvorbringen zur „baurechtlichen Sanierung“ erforderlich und vom außerbücherlichen Erwerb umfasst wären, nicht beachtet hat.

Das Berufungsgericht hat ausgeführt, dass – in der Berufungsbeantwortung der Beklagten unbekämpft – fest stehe, dass zur Herstellung eines Zustands entsprechend dem Stmk Baugesetz eine Grundstücksfläche von 428 m² ab‑ bzw zugeschrieben werden müsse. Die Beklagten hätten in erster Instanz auch nicht bestritten, dass es sich bei diesen 428 m² um die im Plan des Sachverständigen farbig schraffierte Fläche handle bzw dass diese schraffierte Fläche zur baurechtlichen Sanierung erforderlich wäre.

Tatsächlich haben die Beklagten in erster Instanz (ON 26) vorgebracht, die begehrte Übertragung sei überhaupt nicht notwendig, weil es keine baurechtliche Bestimmung gebe, die es notwendig mache, dermaßen viel Grund über den Bereich des unmittelbar bebauten hinaus zu übertragen; insbesondere sei keine Einhaltung von Grenzabständen erforderlich, weil die Beklagten ohnehin einer Bebauung an der Grundgrenze zugestimmt hätten.

Das Berufungsgericht ist angesichts dieses Vorbringens irrig von einer Außerstreitstellung bzw nicht substantiierten Bestreitung des Umfangs der außerbücherlich von den Bauführern erworbenen Flächen ausgegangen. Bei der Aussage, dass bestimmte Grundstücksflächen „zur baurechtlichen Sanierung des Hauses erforderlich“ seien, handelt es sich außerdem, wie die Revisionswerber zutreffend erkennen, nicht um eine Feststellung, sondern um eine rechtliche Beurteilung.

6. Der Eigentumserwerb des Bauführers nach § 418 dritter Satz ABGB kann grundsätzlich lediglich an jenen Grundflächen erfolgen, auf denen im Sinne des § 417 ABGB ein Gebäude errichtet wurde. Nach der Rechtsprechung beschränkt sich der Erwerb zwar nicht allein auf die verbaute Fläche im streng technischen Sinn, sondern umfasst auch noch die zur bestimmungsmäßigen Benützung des Hauses unentbehrlichen Flächen (RIS‑Justiz RS0011092), jedoch ist eine weitere Ausdehnung ausgeschlossen (vgl 1 Ob 96/16y; 7 Ob 290/56), und zwar selbst dann, wenn dem außerbücherlichen Eigentümer nach § 418 dritter Satz ABGB dadurch eine bücherliche Anschreibung verwehrt wäre. Dies wäre eine Folge der Bauführung auf fremdem Grund, für welche die bisherigen Grundeigentümer nicht einzustehen hätten (7 Ob 290/56).

Zu den unentbehrlichen Flächen gehören nach herrschender Rechtsprechung nur Gebäudezugänge oder ‑zufahrten sowie die zur Reparatur an den Hausmauern unbedingt notwendigen Abstände (vgl 7 Ob 290/56 = SZ 29/60; 3 Ob 614/85 = SZ 59/38).

Soweit der Oberste Gerichtshof in einigen Entscheidungen dennoch größere unbebaute Grundflächen dem Eigentumserwerb nach § 418 dritter Satz ABGB unterstellt hat, handelte es sich jeweils um Fallkonstellationen, in denen der unredliche Grundeigentümer nachträglich eine getroffene Vereinbarung über eine größere Grundabtretung vereitelt hatte (zB 3 Ob 614/85; 3 Ob 559/88).

Die vom Berufungsgericht zitierte Entscheidung 6 Ob 23/00a, die keinen Grenzüberbau, sondern den Fall eines zur Gänze auf fremdem Grund errichteten Hauses zum Gegenstand hatte, ließ die Frage des Umfangs der zur bestimmungsgemäßen Benützung erforderlichen Flächen ausdrücklich unbeantwortet, weil ein außerbücherlicher Eigentumserwerb des Klägers verneint wurde.

In der Entscheidung 3 Ob 559/88 (JBl 1989, 582), auf die sich die spätere Judikatur jeweils beruft, wurde zwar ausgesprochen, dass der Eigentumserwerb nach § 418 dritter Satz ABGB nicht nur die verbaute, sondern auch die Grundfläche „entsprechend der getroffenen Vereinbarung“, umfasse, der nach der Bauordnung erforderlich sei, um der in der Benützungsbewilligung erteilten Auflage zu entsprechen. Aus dieser Entscheidung kann aber nicht abgeleitet werden, dass die zur Herstellung in der Bauordnung vorgesehener Grenz- bzw Gebäudeabstände erforderlichen Flächen vom Eigentumserwerb nach § 418 dritter Satz ABGB auch dann umfasst wären, wenn wie hier weder eine Vereinbarung bestand, noch aufrechte behördliche Auflagen erteilt wurden.

7. Für das gegenständliche Haus besteht eine rechtskräftige Benützungsbewilligung, die den Feststellungen des Erstgerichts zufolge ohne Auflagen erteilt wurde. Das Gebäude als solches bedarf zu seiner bestimmungsgemäßen Benützung als Wohnhaus daher keiner „baurechtlichen Sanierung“, darauf hat sich die Klägerin auch nicht berufen.

Die vom Berufungsgericht zitierten Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofs (VwGH 2012/06/0125; 96/05/0049), aus denen es einen allenfalls drohenden Beseitigungsauftrag ableitet, betrafen laufende Baubewilligungsverfahren und sind nicht einschlägig.

Der außerbücherliche sachenrechtliche Erwerb der Bauführer beschränkte sich im vorliegenden Fall auf die tatsächlich bebaute und die für die Benützung unentbehrliche Grundfläche, deren vom Erstgericht festgestellter Umfang (es handelt sich nur um die Flächen unterhalb der Dachtraufen) von den Beklagten nicht substantiiert bestritten wurde.

8. Die örtlichen baurechtlichen Vorschriften sind für das vorliegende Verfahren nicht von Bedeutung. Im Zivilverfahren kommt es allein darauf an, ob die Beklagten privatrechtlich zu den von ihnen verlangten Erklärungen verpflichtet sind (vgl 4 Ob 266/97i). Allenfalls erforderliche verwaltungsbehördliche Bewilligungen werden erst im Grundbuchsverfahren von Bedeutung sein. Es wird Sache der Klägerin sein, allfälligen künftigen behördlichen Auflagen nachzukommen.

9. Der Revision der Beklagten war sohin teilweise Folge zu geben und die Entscheidung des Erstgerichts in seinem im Revisionsverfahren angefochtenen Umfang als Teilurteil wiederherzustellen.

Auf den Umstand, dass der Schuldner des Wertersatzes nach § 418 letzter Satz ABGB nicht die Klägerin ist, sondern die seinerzeitigen Bauführer, die durch ihren Grenzüberbau das außerbücherliche Eigentum begründet haben, kann nicht Bedacht genommen werden, weil die Klägerin mit ihrem Zug‑um‑Zug‑Begehren freiwillig eine Gegenleistung angeboten hat (§ 405 ZPO).

Der Ausspruch über die Kosten des Revisionsverfahrens gründet sich auf § 52 ZPO und den Kostenvorbehalt des Erst- und Berufungsgerichts.

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