OGH 9Ob33/17v

OGH9Ob33/17v25.7.2017

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsrekursgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Dehn, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Hargassner und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Korn und Dr. Weixelbraun‑Mohr als weitere Richter in der Erlagssache des Erlegers Mag. Dr. J*, gegen die Erlagsgegner 1. Mag. G*, und 2. Mag. C*, vertreten durch Dr. Andrea Müller, Rechtsanwältin in Wien, wegen Erlags gemäß § 1425 ABGB, über den Revisionsrekurs des Erlegers gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 27. Februar 2017, GZ 45 R 24/17p‑10, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Döbling vom 14. November 2016, GZ 2 Nc 67/16p‑4, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:E118979

Rechtsgebiet: Zivilrecht

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Der Erleger ist schuldig, den Erlagsgegnern je zur Hälfte die mit 368,95 EUR (darin 61,49 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 71 Abs 1 AußStrG) Zulassungsausspruch des Rekursgerichts nicht zulässig.

1. Die vom Rekursgericht als wesentlich angesehene Rechtsfrage, ob trotz formaler Aufnahme mehrerer Forderungsprätendenten in den Erlagsantrag dann, wenn deren Interessenlage miteinander verknüpft ist, eine Rekurslegitimation bzw Beschwer der Antragsgegner gegen die Annahme des Erlags zu bejahen ist, wird vom Erleger in seinem Revisionsrekurs nicht aufgegriffen.

Gegen einen im Rahmen des Rekursverfahrens ergangenen Beschluss des Rekursgerichts ist der Revisionsrekurs nur dann zulässig, wenn die Entscheidung von der Lösung einer Rechtsfrage des materiellen Rechts oder des Verfahrensrechts abhängt, der zur Wahrung der Rechtseinheit, Rechtssicherheit oder Rechtsentwicklung erhebliche Bedeutung zukommt, etwa weil das Rekursgericht von der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abweicht oder eine solche Rechtsprechung fehlt oder uneinheitlich ist (§ 62 Abs 1 AußStrG).

Der Revisionswerber erblickt das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG, ohne diese aber näher darzustellen, offenkundig in der seines Erachtens unrichtigen Beurteilung der Voraussetzungen des § 1425 ABGB durch das Rekursgericht.

2. Nach ständiger Rechtsprechung ist im Erlagsgesuch der Erlagsgrund anzugeben. Das Erlagsgericht hat zu prüfen, ob ein Grund wie der angegebene zur Hinterlegung iSd § 1425 ABGB an sich taugt. Dem Erlagsgericht obliegt dabei nur eine Schlüssigkeitsprüfung (RIS‑Justiz RS0112198 [T3]). Bei der Beurteilung der Schlüssigkeit sind immer die Umstände des Einzelfalls maßgeblich, die in der Regel keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 62 Abs 1 AußStrG begründen (RIS‑Justiz RS0116144; RS0042828).

Gemäß § 1425 ABGB steht es „dem Schuldner bevor, die abzutragende Sache bei dem Gericht zu hinterlegen“, wenn eine Schuld aus dem Grund, weil der Gläubiger unbekannt, abwesend, oder mit dem Angebotenen unzufrieden ist, oder aus anderen wichtigen Gründen nicht bezahlt werden kann. Im vorliegenden Fall kommt – wie bereits das Rekursgericht zutreffend ausgeführt hat – nur ein „anderer wichtiger Erlagsgrund“ iSd § 1425 ABGB in Frage. Der die Leistung verhindernde Grund darf dabei nicht in der Person des Erlegers selbst gelegen sein (RIS‑Justiz RS0112197).

Die Ansicht des Rekursgerichts, dass es dem Erleger nicht gelingt, einen solchen Erlagsgrund schlüssig darzustellen, ist nicht korrekturbedürftig.

Dem Rechtsanwalt steht das Erlagsrecht des § 19 Abs 3 RAO nur unter den dort normierten Voraussetzungen zu (RIS‑Justiz RS0072038). Dass diese erfüllt sind, behauptet auch der Erleger nicht. Weshalb dessen Grundsätze dennoch im vorliegenden Fall anzuwenden sind, lässt sich dem Revisionsrekurs nicht entnehmen.

Darüber hinaus dient der Erlag grundsätzlich nicht der Erhaltung eines Befriedigungsfonds für strittige Forderungen des Erlegers. Allein der Umstand, dass der Erleger rechtliche Zweifel hat, ob eine (noch nicht erklärte) Aufrechnung seiner Honorarforderung mit einem Rückzahlungsanspruch des Mandanten auf von ihm erlegte, aber nicht verwendete Pauschalgebühr rechtlich zulässig ist, stellt keinen Erlagsgrund dar. Ein anderer wird aber im Revisionsrekurs nicht behauptet.

3. Das allein verbleibende Interesse des Erlegers an einer Abänderung der vom Rekursgericht ausgesprochenen Kostenersatzpflicht begründet die Zulässigkeit des Revisionsrekurses nicht. Das bezüglich der Hauptsache fehlende Anfechtungsinteresse kann nicht durch das Interesse an der Beseitigung der Kostenentscheidung der zweiten Instanz ersetzt werden (RIS‑Justiz RS0002396). Nach § 62 Abs 2 Z 1 AußStrG sind Revisionsrekurse im Kostenpunkt jedenfalls unzulässig. Zu Kostenentscheidungen zählen Entscheidungen in jeder Form, die über Kosten absprechen, das heißt über die Bemessung, oder ob, von wem, an wen, in welcher Höhe und aus welchen Mitteln Kosten zu ersetzen sind (RIS‑Justiz RS0044110). Dass das Rekursgericht erstmals Kosten zugesprochen hat, bedeutet nicht, dass es funktional als Erstgericht tätig wurde. Auf die entsprechenden Ausführungen im Revisionsrekurs muss daher nicht weiter eingegangen werden.

4. Mangels Darlegung einer Rechtsfrage von der Qualität des § 62 Abs 1 AußStrG ist der Revisionsrekurs zurückzuweisen.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf § 78 Abs 2 Satz 1 AußStrG (8 Ob 31/11h ua). Die Erlagsgegner haben auf die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses des Erlegers hingewiesen. Im Rechtsmittelverfahren, in dem die Schlüssigkeit des Erlagsantrags zu prüfen ist, ist entgegen der Ansicht des Erlegers von widerstreitenden Parteiinteressen auszugehen (vgl Obermaier in Gitschthaler/Höllwerth, AußStrG § 78 Rz 224 ff).

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