OGH 3Ob20/17p

OGH3Ob20/17p29.3.2017

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hoch als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin Dr. Lovrek, die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch und die Hofrätin Dr. Kodek als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei K***** Ltd, *****, vertreten durch Graf & Pitkowitz Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die verpflichteten Parteien 1. S***** GmbH, *****, und 2. H*****, beide vertreten durch Estermann & Partner OG, Rechtsanwälte in Mattighofen, wegen 2.598.140,63 EUR sA, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der verpflichteten Parteien gegen den Beschluss des Landesgerichts Ried im Innkreis als Rekursgericht vom 17. November 2016, GZ 6 R 91/16y‑202, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:0030OB00020.17P.0329.000

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

Die Vorinstanzen erklärten den chinesischen Schiedsspruch (im dritten Rechtsgang) für Österreich für vollstreckbar.

Die Verpflichteten zeigen in ihrem außerordentlichen Revisionsrekurs, mit dem sie die Abweisung des Antrags auf Vollstreckbarerklärung anstreben, keine erheblichen Rechtsfragen im Sinn des § 528 Abs 1 ZPO auf.

1. Gemäß § 3 Abs 1 Z 2 lit b sublit bb KBeglG werden Beglaubigungen von Unterschriften auf privaten Quellendokumenten von österreichischen Vertretungs-behörden im Ausland zum Zweck der Verwendung in Österreich vorgenommen, soweit eine Beglaubigung in Österreich nicht möglich oder nicht zumutbar ist. Letztere Einschränkung soll hintanhalten, dass grenznah wohnende Bürger bei Sachverhaltenen ohne Auslandsbezug für Urkundenbeglaubigung auf nahe gelegene Konsulate (etwa München oder Bratislava) ausweichen, um die innerstaatlichen Beglaubigungswege zu umgehen (RV 1905 BlgNR XXIV GP  4).

Ziel des Bundesgesetzes über die Beglaubigung durch die Konsularbehörden (KBeglG) war es, klare Regeln für Beglaubigungen im Vollzugsbereich des Bundesministers für Europäische und internationale Angelegenheiten zu schaffen. Abgesehen davon, dass dem Obersten Gerichtshof bei der Auslegung von nicht in die Kompetenz der ordentlichen Gerichte fallenden Rechtsmaterien keine Leitfunktion zukommt (vgl RIS‑Justiz RS0116438), steht die Beurteilung, der durch die Anreise dreier chinesischer Schiedsrichter nach Österreich zwecks Beglaubigung ihrer Unterschrift auf dem Schiedsspruch erforderliche Aufwand sei im Vergleich zur Vornahme der Beglaubigung durch die österreichische Vertretungsbehörde in China unzumutbar, im Einklang mit dem aus den Materialien klar hervorgehenden Willen des Gesetzgebers; sie überschreitet somit nicht den bei der Konkretisierung des Unzumutbarkeitsbegriffs bestehenden Ermessensspielraum und bildet daher keine vom Obersten Gerichtshof im Interesse der Rechtssicherheit aufzugreifende Fehlbeurteilung im Einzelfall.

2. Bereits zu 3 Ob 208/15g (Entscheidung im zweiten Rechtsgang) wurde die von der Betreibenden vorgelegte zweite Übersetzung durch eine deutsche Gerichtsdolmetscherin dahin beurteilt, dass damit den Erfordernissen des Art IV Abs 2 NYÜ entsprochen wurde. Wenn die Vorinstanzen nunmehr nach Ergänzung der fehlenden Beglaubigung der Unterschriften auf dem Originalschiedsspruch die Identität der Originalurkunde mit jener Abschrift, deren Übersetzung bereits im zweiten Rechtsgang als ausreichend beglaubigt beurteilt worden war, überprüften und als zutreffend annahmen, bedarf es auch hier keiner Korrektur durch eine gegenteilige Sachentscheidung. Die Verpflichteten behaupten nicht einmal, dass die beiden Abschriften voneinander abweichen (verschiedenen Inhalt hätten).

3. Die Beantwortung jener Fragen, die vom Rechtsmittelgericht, das die Aufhebung verfügt hat, auf der Grundlage des gegebenen Sachverhalts bereits abschließend entschieden wurden, kann aufgrund neuer Tatsachen nicht mehr in Zweifel gezogen werden. Abschließend erledigte Streitpunkte können im fortgesetzten Verfahren somit nicht mehr aufgerollt werden. Nur unter den Voraussetzungen des § 530 ZPO könnte diese Frage wieder aufgerollt werden. Eine Durchbrechung dieses Grundsatzes wird nur für Tatsachen anerkannt, die erst nach Schluss der mündlichen Verhandlung im vorangegangenen Rechtsgang/dem für die Entscheidung sonst maßgeblichen Zeitpunkt (Beschlussfassung in erster Instanz) entstanden sind (RIS‑Justiz RS0042031 [T1, T3 und T19]; vgl RS0042411, RS0042435 [T2, T4, T6, T7], RS0042458 [T5, T6]). Auch der Oberste Gerichtshof ist an seine in derselben Sache in einem früheren Aufhebungsbeschluss ausgesprochene Rechtsansicht gebunden (RIS‑Justiz RS0007010). Welche Verfahrensergebnisse im Aufhebungsbeschluss als abschließend erledigt angesehen wurden, ist zwangsläufig einzelfallabhängig (RIS‑Justiz RS0042031 [T20] = 8 Ob 38/14t mwN).

Sowohl zur Frage der Zustellung (Gehörverletzung) als auch zur Frage der Entscheidung durch ein angeblich unzuständiges Schiedsgericht und zur fehlenden Haftung des Zweitverpflichteten berufen sich die Verpflichteten auf Tatsachen und Beweismittel, die bereits zu dem für die Entscheidung im zweiten Rechtsgang maßgeblichen Zeitpunkt vorlagen, die ihnen aber behauptetermaßen nicht zur Verfügung gestanden seien (nova reperta). Dass die Vorinstanzen eine Befassung mit derartigen allfälligen Wiederaufnahmsvorbringen ablehnten und auf die abschließend erledigten Streitpunkte verwiesen, steht daher im Einklang mit den oben referierten Grundsätzen der Rechtsprechung. Einer darüber hinausgehenden Auseinandersetzung mit den subjektiven Voraussetzungen der Eventualmaxime im Sinn des § 84 Abs 2 Z 2 EO (vgl RIS‑Justiz RS0120291) bedarf es daher nicht.

Jedenfalls was die erstmals im dritten Rechtsgang behauptete fehlende Unterzeichnung des Kaufvertrags durch den Zweitverpflichteten anlangt, ist ein Verstoß gegen die Eventualmaxime überdies ganz offensichtlich, weil dem Zweitverpflichteten subjektiv schon bei Verfahrenseinleitung bekannt gewesen sein muss, den von der Betreibenden vorgelegten Kaufvertrag samt Schiedsklausel nicht persönlich unterschrieben zu haben, er solches aber in seinem (ersten) Rekurs gegen die Vollstreckbarerklärung nicht erwähnte.

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