OGH 8ObS1/17f

OGH8ObS1/17f22.2.2017

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Spenling als Vorsitzenden und durch die Hofrätinnen Dr. Tarmann‑Prentner und Dr. Weixelbraun-Mohr sowie die fachkundigen Laienrichter Helmut Purker und Peter Schleinbach als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei B*****, vertreten durch Dr. Harald Burmann & Partner, Rechtsanwälte in Innsbruck, gegen die beklagte Partei IEF‑Service GmbH, *****, vertreten durch die Finanzprokuratur, *****, wegen Insolvenz-Entgelt (1.885 EUR netto sA), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen vom 20. Dezember 2016, GZ 25 Rs 109/16i‑21, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2017:008OBS00001.17F.0222.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO iVm § 2 Abs 1 ASGG).

Begründung:

Rechtliche Beurteilung

1. Die Frage der Auslegung schlüssigen Verhaltens der präsumtiven Vertragspartner hängt grundsätzlich von den Umständen des Einzelfalls ab, ebenso wie die Fragen, welche Personen Partner eines Vertragsverhältnisses geworden sind (RIS‑Justiz RS0042936 [T43]; vgl auch RS0044358; RS0044348).

Ausgehend von den Feststellungen hat der Kläger erst nach Ende seines Arbeitsverhältnisses von der Existenz der Schuldnerin (einer Baufirma) erfahren. Sein Ansprechpartner für diese (rund drei Monate dauernde) Tätigkeit war ein Verwandter des Geschäftsführers der Schuldnerin. Der Kläger ging zwar selbst davon aus, dass er für seinen (ihm seit Jahren bekannten) Ansprechpartner persönlich „bzw. dessen Firma“ arbeiten sollte, allerdings hat sich sein Ansprechpartner „in keiner Weise gegenüber dem Kläger dahin erklärt, dass er für jemand anderen“ handle; auch sonst war von der Schuldnerin nicht die Rede und es gab keinen Hinweis auf diese. Der Kläger wurde ohne sein Wissen als Arbeitnehmer der Schuldnerin angemeldet.

Die Beurteilung des Berufungsgerichts, nach der ein Arbeitsverhältnis zur Schuldnerin nicht begründet worden sein könne, weil der Kläger erst nach dem Ende seines Vertrags erstmals von deren Existenz erfahren habe, erweist sich als nicht korrekturbedürftig.

2. Eine Anscheinsvollmacht darf nach der Rechtsprechung nur dann angenommen werden, wenn aus dem Verhalten des Vertretenen der Schluss abgeleitet werden kann, er habe dem Handelnden Vollmacht erteilt. Der die Vertretungsmacht begründende Anschein hat nicht vom Vertreter, sondern von einem Verhalten des Vertretenen bzw eines vertretungsbefugten Organs auszugehen. Der auf diese Weise gesetzte, dem Vertretenen zurechenbare äußere Tatbestand muss das Vertrauen des Dritten vom Vorhandensein der Vertretungsmacht rechtfertigen. Das Vorliegen der genannten Voraussetzungen ist aufgrund der Umstände des Einzelfalls einer strengen Überprüfung zu unterziehen (RIS‑Justiz RS0020331; RS0020145; RS0019609).

Entgegen der Rechtsansicht des Revisionswerbers sind dem Sachverhalt im Anlassfall keine Anhaltspunkte für eine Anscheinsvollmacht der Schuldnerin zu entnehmen, zumal in keiner Weise ein dieser zurechenbares Verhalten eines Organs gegenüber dem Kläger fest steht.

3. Die außerordentliche Revision war daher mangels einer erheblichen Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.

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