OGH 10ObS132/16h

OGH10ObS132/16h11.11.2016

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch den Hofrat Univ.‑Prof. Dr. Neumayr als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Schramm und Mag. Ziegelbauer sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Christoph Wiesinger (aus dem Kreis der Arbeitgeber) und Mag. Thomas Kallab (aus dem Kreis der Arbeitnehmer) als weitere Richter in der Sozialrechtssache der klagenden Partei Dr. U*****, vertreten durch Dr. Daniel Stanonik LL.M., Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Pensionsversicherungsanstalt, 1021 Wien, Friedrich-Hillegeist‑Straße 1, wegen Witwenpension, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen vom 4. August 2016, GZ 11 Rs 68/16y‑15, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:010OBS00132.16H.1111.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Beruhend auf dem Wortlaut des § 258 ASVG entspricht es der ständigen Rechtsprechung, dass die bloße – wenn auch noch so lange und bis zum Tod des Versicherten dauernde – nichteheliche Lebensgemeinschaft keinen Anspruch auf Witwen‑/Witwerpension eröffnet (RIS‑Justiz RS0085158 mwH, zuletzt 10 ObS 16/14x, SSV‑NF 28/14), weil die Hinterbliebenenpension Ersatz für den Entfall einer Unterhaltsleistung sein soll und eine Unterhaltsverpflichtung unter Lebensgefährten nicht besteht (10 ObS 2/06a, SSV‑NF 20/8; 10 ObS 123/08y, SSV‑NF 22/78; RIS‑Justiz RS0116507 [T3]; Neumayr in SV‑Komm [90. Lfg] § 258 ASVG Rz 5 mwH).

2. Der Oberste Gerichtshof hat auch bereits mehrfach ausgesprochen, dass gegen die Anknüpfung des Anspruchs an die Ehe – und nun zusätzlich an die eingetragene Partnerschaft gemäß § 259 ASVG idF des EPG, BGBl I 2009/135 – keine verfassungsrechtlichen Bedenken bestehen (10 ObS 123/08y, SSV‑NF 22/78; 10 ObS 174/10a). Davon ist schon deshalb auch weiterhin auszugehen, weil der Verfassungsgerichtshof die Behandlung des in diesem Verfahren gestellten Antrags der Klägerin gemäß Art 140 Abs 1 Z 1 lit d B‑VG mit Beschluss vom 10. 6. 2016, G 154/2016‑5, abgelehnt hat. Er sprach unter Hinweis auf seine Erkenntnisse VfSlg 12.691 und 14.050 aus, dass es im rechtspolitischen Gestaltungsraum des Gesetzgebers liegt, die Ansprüche Hinterbliebener, je nachdem, ob diese mit dem Verstorbenen in einer Ehe, einer eingetragenen Partnerschaft nach dem EPG oder aber einer bloßen Lebensgemeinschaft gelebt haben, unterschiedlich zu gestalten. Weder mit dem Argument, dass der Verfassungsgerichtshof die mit dem EPG eingetretene Änderung der Rechtslage „ignoriert“ habe, noch mit dem Argument, dass der Gesetzgeber in einer den verfassungsrechtlichen Gleichheitssatz verletzenden Weise untätig geblieben sei, geben die Revisionsausführungen Anlass, von dieser Rechtsprechung abzugehen.

3. Die Revisionswerberin stellt die zutreffende rechtliche Beurteilung des Berufungsgerichts, dass die Richtlinie 79/7/EWG des Rates vom 19. Dezember 1978 zur schrittweisen Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen im Bereich der sozialen Sicherheit auf Regelungen betreffend Leistungen für Hinterbliebene gemäß ihrem Art 3 Abs 2 nicht anwendbar ist, nicht in Frage. Mit ihrer Behauptung, eine Diskriminierung der Klägerin ergebe sich dessen ungeachtet aus Art 2 Abs 2 der Richtlinie 97/80/EG des Rates vom 15. Dezember 1997 über die Beweislast bei Diskriminierung aufgrund des Geschlechts, übergeht sie, dass der Anwendungsbereich dieser Richtlinie gemäß ihrem Art 3 im vorliegenden Fall nicht eröffnet ist.

Mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO war die außerordentliche Revision daher zurückzuweisen.

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