OGH 1Nc40/16x

OGH1Nc40/16x27.9.2016

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski, Mag. Wurzer, Mag. Dr. Wurdinger und die Hofrätin Dr. Hofer‑Zeni‑Rennhofer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Günther L*****, vertreten durch die GKP Gabl Kogler Leitner Stöglehner Bodingbauer Rechtsanwälte OG, Linz, gegen die beklagte Partei Republik Österreich (Bund), vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, wegen 11.938,70 EUR sA, über die Ablehnung aller Richter des Oberlandesgerichts Linz den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0010NC00040.16X.0927.000

 

Spruch:

Die Ablehnung wird zurückgewiesen.

Begründung

Der Kläger brachte gegen den Bund eine Amtshaftungsklage über 11.938,70 EUR sA mit der Begründung ein, das Landesgericht Linz habe als Berufungsgericht in seiner Entscheidung 35 R 48/14b eine rechtswidrige und unvertretbare Rechtsansicht vertreten.

Das Landesgericht Steyr, an das das Verfahren gemäß § 9 Abs 4 AHG vom Oberlandesgericht Linz delegiert worden war, wies das Klagebegehren ab. Dagegen erhob der Kläger Berufung an das Oberlandesgericht Linz und lehnte während des Berufungsverfahrens mit Schriftsatz vom 23. 8. 2016 sämtliche Richter dieses Oberlandesgerichts als befangen ab. Zur Begründung führte er aus, die designierte Präsidentin des Oberlandesgerichts Linz sei Vorsitzende des Rechtsmittelsenats des Landesgerichts Linz gewesen, der die Entscheidung mit der unvertretbaren Rechtsansicht gefällt habe. Die Vorsitzende des Rechtsmittelsenats im Anlassverfahren sei zukünftig, ab 1. 12. 2016 Präsidentin des Oberlandesgerichts Linz. Es bestehe daher der Anschein der Befangenheit sämtlicher Richter dieses Oberlandesgerichts.

Das Oberlandesgericht Linz zeigte unter Hinweis auf § 23 JN seine Verhinderung zur Entscheidung über die gegen sämtliche Richter des Oberlandesgerichts gerichtete Ablehnung an.

Rechtliche Beurteilung

Gemäß § 23 JN entscheidet über die Ablehnung, falls ein Gerichtshof beschlussunfähig werden sollte, der zunächst übergeordnete Gerichtshof. Das Oberlandesgericht Linz wurde durch die Ablehnung sämtlicher Richter dieses Gerichtshofs beschlussunfähig. Daran vermag auch der Umstand nichts zu ändern, dass die Ablehnung pauschal erfolgte. Zur Entscheidung ist daher der Oberste Gerichtshof berufen (RIS‑Justiz RS0109137 [T2]).

Der Ablehnungsantrag ist aber unzulässig.

Nach § 19 Z 2 JN kann ein Richter in bürgerlichen Rechtssachen abgelehnt werden, wenn nach objektiver Prüfung und Beurteilung ein zureichender Grund vorliegt, seine Unbefangenheit in Zweifel zu ziehen. Die Ablehnung eines ganzen Gerichts ist nur bei Ablehnung eines jeden einzelnen seiner Richter unter Angabe detaillierter und konkreter Ablehnungsgründe möglich (RIS‑Justiz RS0045983 [T6]; RS0046005 [T1]). Inwieweit die vom Kläger befürchtete Befangenheit hinsichtlich jedes einzelnen Richters des Oberlandesgerichts Linz im Hinblick auf die designierte Präsidentin dieses Gerichtshofs vorgelegen sein könnte, wird aber nicht konkret ausgeführt. Das Bestehen eines allfälligen kollegialen Verhältnisses der Richter des zur Entscheidung berufenen Gerichtshofs zu einem (zukünftigen) Richterkollegen allein vermag die Befangenheit der Richter des Gerichtshofs nicht zu begründen. Dies ergibt sich schon daraus, dass der Gesetzgeber selbst in § 23 JN die Entscheidungspflicht des Gerichtshofs, dem ein abgelehnter Richter angehört, normiert und damit das Vorliegen eines kollegialen Verhältnisses nicht als entscheidungshindernd ansieht (RIS‑Justiz RS0108696).

Die Ablehnungserklärung ist daher nicht ausreichend substantiiert, weshalb es keiner Äußerung der abgelehnten Richter zum Ablehnungsantrag (§ 22 Abs 2 JN) bedurfte (8 N 15/99).

Ein Fall der notwendigen Delegation nach § 9 Abs 4 AHG liegt derzeit nicht vor.

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