OGH 14Os67/16h

OGH14Os67/16h14.9.2016

Der Oberste Gerichtshof hat am 14. September 2016 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Beran als Schriftführer in der Strafsache gegen Alin P***** wegen des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 und 2 vierter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Schöffengericht vom 30. März 2016, GZ 39 Hv 2/16k‑113, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0140OS00067.16H.0914.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Alin P***** des Verbrechens der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 und 2 vierter Fall StGB schuldig erkannt.

Danach hat er am 8. August 2015 in H***** Dominika N*****, indem er sie zu Boden stieß, in ein Gebüsch zerrte, ihr den Mund zuhielt, Schläge versetzte und sie niederdrückte, vaginalen und analen Geschlechtsverkehr an ihr vollzog und Finger in ihre Vagina einführte, mit Gewalt zur Duldung des Beischlafs und dem Beischlaf gleichzusetzender geschlechtlicher Handlungen genötigt, wobei die vergewaltigte Person durch die Tat in besonderer Weise erniedrigt wurde, indem er in ihr Gesicht ejakulierte, ihre Achseln leckte und sie aufforderte, in seinen Mund zu urinieren.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus Z 5a und 9 lit a des § 281 Abs 1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde schlägt fehl.

Z 5a des § 281 Abs 1 StPO will als Tatsachenrüge nur geradezu unerträgliche Feststellungen zu entscheidenden Tatsachen (das sind schuld‑ oder subsumtionserhebliche Tatumstände, nicht aber im Urteil geschilderte Begleitumstände oder im Rahmen der Beweiswürdigung angestellte Erwägungen) und völlig lebensfremde Ergebnisse der Beweiswürdigung durch konkreten Verweis auf aktenkundige Beweismittel (bei gleichzeitiger Bedachtnahme auf die Gesamtheit der tatrichterlichen Beweiswerterwägungen) verhindern. Tatsachenrügen, die außerhalb solcher Sonderfälle auf eine Überprüfung der Beweiswürdigung abzielen, beantwortet der Oberste Gerichtshof ohne eingehende eigene Erwägungen, um über den Umfang seiner Eingriffsbefugnisse keine Missverständnisse aufkommen zu lassen (RIS‑Justiz RS0118780).

Soweit der Beschwerdeführer die ihm angelasteten sexuellen Angriffe unter Hinweis auf die leichte „Einsehbarkeit“ des Tatorts und den Umstand in Abrede stellt, dass er das Opfer im Rahmen des Tatgeschehens auch „unbeaufsichtigt“ gelassen habe, weckt er keine erheblichen Bedenken gegen die Richtigkeit des Ausspruchs über entscheidende Tatsachen.

Das weitere Rechtsmittel (nominell Z 9 lit a, der Sache nach Z 10) bringt vor, der Angeklagte habe Dominika N***** dadurch, dass er ihre Achseln geleckt und sie aufgefordert habe, ihm in den Mund zu urinieren, nicht in besonderer Weise erniedrigt (§ 201 Abs 2 vierter Fall StGB). Weshalb die Annahme dieser Qualifikation von den erwähnten Handlungen abhängen soll, gibt die Beschwerde, die die weiters konstatierte Ejakulation ins Gesicht des Opfers weder in tatsächlicher Hinsicht in Frage stellt noch einen darauf bezogenen Subsumtionsfehler (vgl im Übrigen dazu RIS‑Justiz RS0095315 [T4]; Philipp in WK 2 StGB § 201 Rz 33) geltend macht, nicht bekannt.

Bleibt der Vollständigkeit halber anzumerken, dass das Argument, das der vergewaltigten Person abverlangte Urinieren in den Mund des Angeklagten sei „lediglich als Selbsterniedrigung“ anzusehen, den auch durch ein solches Verhalten zum Ausdruck kommenden – von § 201 Abs 2 vierter Fall StGB erfassten – Aspekt der Missachtung der Menschenwürde des Opfers und dessen Herabwürdigung zum bloßen Objekt sexueller Willkür außer Acht lässt (vgl Philipp in WK2 StGB § 201 Rz 33).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen folgt.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Stichworte