European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0020OB00041.16T.0831.000
Spruch:
Die Revision der klagenden Partei wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.253,29 EUR (darin enthalten 208,88 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Begründung:
Entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) – Ausspruch des Berufungsgerichts hängt die Entscheidung nicht von der Lösung einer erheblichen Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO ab:
Die Klägerin nimmt die Beklagte wegen des Erwerbs von 14.226 Stück Anteilen am Herald Fund SBC um 18.056,86 EUR in Anspruch. Die ausgebende Fondsgesellschaft wurde nach dem Recht der Cayman Islands gegründet, als ihre Depotbank wurde im Emissionsprospekt die Bank of Bermuda (Luxembourg) angeführt und als ihre inländische Repräsentantin, Prospektkontrollorin und Zahlstelle im Sinne des InvFG 1993 schien die Beklagte auf. Diese wird von der Klägerin aufgrund falscher, irreführender und unvollständiger Prospektangaben, mit denen die Klägerin schuldhaft getäuscht worden sei, in Anspruch genommen.
Die Vorinstanzen wiesen das Klagebegehren übereinstimmend ab. Die von der Klägerin beauftragten Vermögensverwalter hätten den Prospekt des Fonds umfassend geprüft und den Fonds aufgrund dessen für einen „Klon“ des „Primeo-Fund“, den sie ebenfalls beobachtet und geprüft hatten, gehalten – nur ohne Mindestveranlagungssumme. Ausschlaggebend für den Erwerb des Herald Fund sei einerseits die Strategie gewesen, optionsabgesichert in gute, liquide Aktientitel zu investieren und in schwierigen Zeiten in Staatsanleihen oder Schatzbriefe umzuschichten, sowie andererseits das „set up“ eines in Österreich zum öffentlichen Vertrieb zugelassenen, endbesteuerten und geprüften Fonds mit einem österreichischen Repräsentanten bzw Depotbank. Umstände, die mit diesem „set up“ in Widerspruch gestanden hätten, wären ein Ausschlussgrund bei der Investition gewesen. Die Vorinstanzen gingen in rechtlicher Hinsicht übereinstimmend davon aus, dass, selbst wenn das Prospekt des Herald-Funds im Gegensatz zum Primeo-Fund als nicht ausreichend aufklärend einzustufen sei, dies im vorliegenden Fall die Kaufentscheidung nicht beeinflusst habe.
Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision zu, weil – trotz zahlreicher, bis jüngst ergangener Judikatur des Obersten Gerichtshofs auch im Zusammenhang mit gleichgelagerten Veranlagungsklagen gegen die Beklagte – nicht ausgeschlossen werden könne, dass einzelne Ausführungen der Klägerin und Rechtsmittelwerberin „Anlass zu weiterer Nachschärfung der höchstgerichtlichen Rechtsprechung bieten könnten“.
Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision der Klägerin , die wieder ausschweifend und nur teilweise die Verständlichkeit fördernd strukturiert ist (vgl auch schon 1 Ob 71/14v sowie 9 Ob 89/14z zu den dortigen Rechtsmittelschriftsätzen derselben Parteienvertreter), sodass auch hier Unklarheiten zu Lasten der Rechtsmittelwerberin gehen (RIS‑Justiz RS0041761; RS0041911 [T1]; 9 Ob 89/14z). Als erhebliche Rechtsfrage geltend gemacht wird (soweit ersichtlich und auf das Wesentliche zusammengefasst), dass die Aufklärung in den diversen Prospektversionen des Primeo‑Fund nicht ausreichend gewesen sei, wobei die Klägerin auf weitere Risikoumstände verweist, die im Prospekt hätten dargestellt werden müssen. Weiters erblickt die Klägerin einen grundlegenden Rechtsirrtum des Berufungsgerichts darin, dass zur Beurteilung der Vollständigkeit und Richtigkeit des Prospekts des tatsächlich veranlagten Wertpapiers (Herald Fund) ein Prospekt eines anderen Wertpapiers, nämlich des Primeo Funds herangezogen worden sei.
Rechtliche Beurteilung
Mit all diesen umfassenden Ausführungen wird aber letztlich keine erhebliche Rechtsfrage aufgezeigt:
Die Rechtsmittelwerberin übersieht, dass die Vorinstanzen nicht den Primeo‑Prospekt zur Prüfung der Vollständigkeit des Herald-Fund Prospekts herangezogen haben, sondern dass eine Prüfung des letzteren Prospekts in Bezug auf eine ausreichende Aufklärung deshalb nicht durchgeführt wurde, weil nach den für den Obersten Gerichtshof bindenden und damit maßgeblichen Feststellungen dieser Prospekt für die Kaufentscheidung der von der Klägerin beauftragten Vermögensverwalter nicht relevant war, sondern sie davon ausgingen, dass es sich dabei um einen „Klon“ des Primeo-Select-Funds handle, bei dem lediglich – für die Veranlagung der Klägerin relevant – der Mindestkapitaleinsatz („Mindestinvestition“) wegfiel. Auch wenn daher im Sinne der Entscheidung 5 Ob 26/14f (JBl 2015, 256 = ÖBA 2015, 446 = VbR 2015/61 = EvBl 2015/76 [ Brenn ; Fidler ]) davon auszugehen ist, dass der Prospekt des Herald Fund grundsätzlich keine ausreichende Aufklärung und Offenlegung, insbesondere darüber, dass ein Manager das gesamte Fondvermögen unter „de facto“ Ausschaltung der Depotbank verwahrte, bot, ist auch hier im Sinne der Entscheidung 2 Ob 41/14i (ÖBA 2014, 950 = VbR 2014/99) die Kausalität eines derartigen Prospektmangels für die Veranlagungsentscheidung von den Vorinstanzen zumindest vertretbar verneint worden.
Die notwendige Kausalität ist nämlich nur dann gegeben, wenn sich die Anleger im Vertrauen auf den ihnen bekannten Prospekt zum Kauf entschließen, wenn also unrichtige, unvollständige oder irreführende Prospektangaben tatsächlich zur Grundlage einer schadensauslösenden Disposition gemacht wurden (RIS‑Justiz RS0108626). Dies unterscheidet den hier vorliegenden Sachverhalt auch von jenem der Entscheidung 9 Ob 63/14a, wo die mangelhafte Prospektkontrolle kausal für die Veranlagungsentscheidung der dortigen Klägerin wurde.
Soweit sich die Rechtsmittelwerberin in der Revision im Zusammenhang mit dem Primeo-Fund mit Sonderrisken (Managed Account-Klausel; Self‑clearing‑Status wegen Umgehung der Treuhandstelle; In‑Sich‑Geschäfte möglich; Gemeinschaftskonto – Commingled Account; OTC‑Geschäfte des Managers/Verwahrers/Verwalters mit Gegenparteien ohne hinreichende Informationspflichten gegenüber Kunden; mangelnde Kontrolle der Manager) auseinandersetzt, liegt bereits Judikatur des Obersten Gerichtshofs vor (vgl ausführlich 9 Ob 89/14z sowie 7 Ob 138/15t und 6 Ob 177/15w).
Die letztlich geltend gemachte Mangelhaftígkeit des Berufungsverfahrens ist nicht ersichtlich (§ 510 Abs 3 Satz 3 ZPO); auch insofern wird keine erhebliche Rechtsfrage aufgezeigt.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41 Abs 1, 50 Abs 1 ZPO. Da die beklagte Partei in ihrer Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen hat, dient der Schriftsatz zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung (RIS‑Justiz RS0035979; RIS‑Justiz RS0035962).
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