European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0050OB00097.16Z.0825.000
Spruch:
Der Revisionsrekurs wird, soweit er vom Treuhänder erhoben wurde, zurückgewiesen.
Soweit der Revisionsrekurs von der Antragstellerin erhoben wurde, wird diesem nicht Folge gegeben.
Begründung:
Im Februar 2015 wurde ob der Liegenschaft EZ ***** GB ***** (erstmals und an allen Wohnungseigentumsobjekten) Wohnungseigentum begründet. Die Antragstellerin (Wohnungseigentumsorganisatorin und Bauträgerin) ist seither unter anderem Miteigentümerin der Anteile B‑LNR 31 und 47, mit denen Wohnungseigentum an den Wohnungseigentumsobjekten Einheit 4 TOP 4 (Zubehör Kellerabteil 4) und Einheit 20 Kfz 5 verbunden ist. Bei diesen Anteilen ist zugunsten des nach § 12 BTVG bestellten Treuhänders zu TZ 3879/2014 die Rangordnung nach § 42 WEG 2002 eingetragen (B‑LNR 31c und 47c).
Die Antragstellerin begehrte, für die außerbücherlichen Erwerber dieser Anteile im Rang TZ 3879/2014 die Zusage der Einräumung von Wohnungseigentum gemäß § 40 Abs 2 WEG 2002 an den genannten Wohnungseigentumsobjekten anzumerken. Sie legte den mit dem Erwerber geschlossenen Kauf- und Bauträgervertrag vom 7. 10. 2015 vor, der die entsprechende Zusage der Einräumung von Wohnungseigentum enthält.
Das Erstgericht wies diesen Antrag ab. Der Erwerber eines bereits bestehenden Wohnungseigentums-objekts könne die Anmerkung nach § 40 Abs 2 WEG 2002 nicht in Anspruch nehmen.
Das Rekursgericht wies den Rekurs des Treuhänders zurück, weil der Treuhänder weder Antragsteller noch in seinen bücherlichen Rechten verletzt sei. Soweit er geltend mache, die angefochtene Entscheidung mache es ihm unmöglich, die im Kauf- und Bauträgervertrag vereinbarten Pflichten zu erfüllen, sei ihm entgegenzuhalten, dass eine Verletzung bloß schuldrechtlicher Interessen und Ansprüche keine Rekurslegitimation in Grundbuchsachen verschaffe. Dem Rekurs der Antragstellerin gab das Rekursgericht nicht Folge. Der Oberste Gerichtshof habe zwar in mehreren Entscheidungen die Anmerkung nach § 40 Abs 2 WEG 2002 hinsichtlich eines Objekts, an dem bereits Wohnungseigentum begründet worden sei, nicht zugelassen. In der Entscheidung 5 Ob 219/13m habe er jedoch im Fall der erstmaligen Begründung von Wohnungseigentum durch den Wohnungseigentumsorganisator die Löschung der Anmerkung der Rangordnung nach § 42 Abs 1 WEG 2002 nicht zugelassen. Der Oberste Gerichtshof sei offenbar davon ausgegangen, dass nach Begründung des Wohnungseigentums und Einverleibung des Wohnungseigentums zu Gunsten des Wohnungseigentumsorganisators derjenige, der von diesem Wohnungseigentum erwerbe, immer noch Wohnungseigentumsbewerber iSv § 2 Abs 6 und §§ 40, 42 WEG 2002 sei. Sowohl die Anmerkung nach § 40 Abs 2 WEG 2002 als auch die Rangordnung nach § 42 Abs 1 WEG 2002 bezweckten den frühzeitigen grundbücherlichen Schutz von Wohnungseigentumsbewerbern gegenüber dem Wohnungseigentumsorganisator. Es könne daher nur logische Konsequenz der Entscheidung 5 Ob 219/13m sein, die Anmerkung nach § 40 Abs 2 WEG 2002 zu Gunsten eines Käufers im Rang der bereits vor der Wohnungseigentumsbegründung angemerkten Treuhänder-rangordnung durchführen zu können. Diese habe nach § 42 Abs 2 Z 2 WEG 2002 ja gerade die Rechtswirkung, dass Wohnungseigentumsbewerber die Anmerkung nach § 40 Abs 2 WEG 2002 in diesem Rang verlangen könnten. Im Hinblick auf § 37 Abs 1 WEG 2002 bestehe auch ein Bedürfnis des Wohnungseigentumsorganisators an der Eintragung der Anmerkung nach § 40 Abs 2 WEG 2002. Die Antragstellerin sei allerdings nur eine von mehreren Miteigentümern der Liegenschaft. Zufolge § 40 Abs 2 WEG 2002 seien daher Zustimmungserklärungen der weiteren Miteigentümer erforderlich, solche habe die Antragstellerin aber weder vorgelegt noch im Antrag erwähnt. Es könne dahingestellt bleiben, ob in einem solchen Fall ein Verbesserungsverfahren nach § 82a Abs 2 GBG überhaupt zulässig sei. Die Anmerkung nach § 40 Abs 2 WEG 2002 wirke wie die Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung und ein Antrag auf Anmerkung einer Rangordnung könne nicht verbessert werden.
Das Rekursgericht ließ den ordentlichen Revisionsrekurs mangels gesicherter Rechtsprechung zu den Fragen zu, ob 1. die Anmerkung nach § 40 Abs 2 WEG 2002 hinsichtlich eines Objekts noch zulässig sei, an dem bereits Wohnungseigentum zugunsten des Wohnungseigentums-organisators erstmals einverleibt worden sei, 2. in einem solchen Fall Zustimmungserklärungen aller anderen Miteigentümer der Liegenschaft iSd § 40 Abs 2 WEG 2002 vorgelegt werden müssten und 3. eine Verbesserung des Antrags auf Anmerkung nach § 40 Abs 2 WEG 2002 iSd § 82a Abs 1 GBG ausscheide.
Gegen diese Entscheidung richtet sich der Revisionsrekurs der Antragstellerin und des Treuhänders.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs ist, soweit er vom Treuhänder erhoben wurde, unzulässig; soweit der Revisionsrekurs von der Antragstellerin erhoben wurde, ist er zwar zulässig, aber nicht berechtigt.
1.1 Die zu Gunsten des nach § 12 BTVG bestellten Treuhänders eingetragene Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Einräumung von Wohnungseigentum hat nach § 42 Abs 2 WEG 2002 folgende Rechtswirkungen:
Soweit für wohnungseigentumstaugliche Objekte noch keine Wohnungseigentumsbewerber vorhanden sind, übt der Treuhänder die Rechte aus, die Wohnungseigentumsbewerbern nach § 41 Abs 2 WEG 2002 und § 44 WEG 2002 zustehen würden (Z 1).
Wohnungseigentumsbewerber können die Anmerkung der Einräumung von Wohnungseigentum im Rang der Anmerkung der Rangordnung verlangen (Z 2).
1.2 Es ist vor allem Zweck der Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung von Wohnungseigentum, späteren Wohnungseigentumsbewerbern und Erwerbern von Wohnungseigentumsobjekten den Rang für die Anmerkung nach § 40 Abs 2 WEG 2002 zu wahren (Vonkilch in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht³, § 42 WEG Rz 8; Gartner in Illedits/Reich-Rohrwig, Wohnrecht², § 42 WEG Rz 8). Sie dient der Sicherung der Rechte der (potentiellen) Wohnungseigentumsbewerber gegenüber dem Bauträger (5 Ob 219/13m; 5 Ob 186/14k).
1.3 Der Oberste Gerichtshof hat bereits mehrfach entschieden, dass – abgesehen vom hier nicht vorliegenden Fall der künftigen Teilung des Objekts in selbständige Einheiten (5 Ob 277/00x mwN) – die Anmerkung der Zusage der Einräumung von Wohnungseigentum (§ 24a Abs 2 WEG 1975; § 40 Abs 2 WEG 2002) nicht mehr hinsichtlich eines Objekts erfolgen kann, an dem bereits Wohnungseigentum einverleibt ist (RIS‑Justiz RS0108146). Dies wurde damit begründet, dass die Möglichkeit der Rangordnung für die beabsichtigte Veräußerung und der Vormerkung des Eigentums dem künftigen Erwerber eines Wohnungseigentumsobjekts gleichwertigen Rechtsschutz bieten (5 Ob 276/00z).
1.4 Böhm (Anmerkung der Wohnungseigentums-zusage nach Wohnungseigentumsbegründung? immolex 2001, 53) kritisierte diese Rechtsprechung für jene in der Praxis häufigen Fälle, in denen das Wohnungseigentum des Wohnungseigentumsorganisators erstmals einverleibt wurde. Seiner Auffassung nach zeigte gerade der mit dem BTVG eingeführte § 24c WEG 1975 (Vorgängerbestimmung des § 42 WEG 2002), dass die Begründung von Wohnungseigentum die Anmerkung nach § 24a WEG 1975 nicht hinderte.
1.5 Zu 5 Ob 219/13m ließ der Oberste Gerichtshof die Löschung der Anmerkung nach § 42 Abs 1 WEG 2002 als gegenstandslos nicht zu, wenn der Wohnungseigentumsorganisator bzw Bauträger als erster Wohnungseigentümer im Rang nach der Rangordnung für die beabsichtigte Einräumung von Wohnungseigentum eingetragen wurde. Mit der Löschung werde der mit der Rangordnung verfolgte Zweck, nämlich der frühzeitige grundbücherliche Schutz potenzieller Wohnungseigentums-bewerber gegenüber dem Bauträger gänzlich verfehlt.
1.6 Die Anmerkung nach § 40 Abs 2 WEG 2002 im Rang der Anmerkung der Rangordnung nach § 42 WEG 2002 ist im Sinn dieser Rechtsprechung zulässig, wenn an dem Objekt bereits das Wohnungseigentum des Wohnungseigentumsorganisators oder Bauträgers (erstmals) einverleibt wurde.
2.1 Gemäß § 42 Abs 3 WEG 2002 kann die Anmerkung nur auf Antrag des Treuhänders gelöscht werden.
2.2 Aus dieser gesetzlichen Regelung folgt, dass dem Treuhänder bei der Wahrnehmung der aus der Anmerkung resultierenden Befugnisse die entscheidende Schlüsselposition zukommt (Vonkilch in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht, § 42 WEG Rz 9). Der Liegenschafts‑(Mit‑)eigentümer (Bauträger) ist nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs jedenfalls – vom hier nicht vorliegenden Fall des § 42 Abs 4 WEG 2002 abgesehen – nicht zur Disposition über eine Anmerkung nach § 42 Abs 1 WEG 2002 befugt. Er ist daher nicht legitimiert, die Einräumung des Vorrangs der Rangordnung für die beabsichtigte Einräumung des Wohnungseigentums zu beantragen (5 Ob 186/14k = RIS‑Justiz RS0129910).
2.3 § 40 Abs 2 Satz 1 WEG 2002 berechtigt zwar neben dem Wohnungseigentumsbewerber grundsätzlich auch den Wohnungseigentumsorganisator, einen Antrag auf Anmerkung der Zusage der Einräumung von Wohnungseigentum zu stellen.
2.4 § 42 Abs 2 Z 2 WEG 2002 nennt als denjenigen, der die Anmerkung der Zusage der Einräumung von Wohnungseigentum im Rang der Anmerkung nach § 42 Abs 1 WEG 2002 verlangen und damit im Ergebnis die Treuhänderrangordnung zu seinen Gunsten ausnützen kann, aber ausschließlich den Wohnungseigentumsbewerber.
2.5 Auch die Inanspruchnahme der Rechtswirkungen des § 42 Abs 2 Z 2 WEG 2002 ist als Disposition anzusehen, zu der die antragstellende Mit‑ und Wohnungseigentümerin – zugleich Bauträgerin und Wohnungseigentumsorganisatorin – im Sinn der Entscheidung 5 Ob 186/14k nicht befugt ist.
2.6 Schon mangels Antragslegitimation erweist sich die Bestätigung der Abweisung des Gesuchs auf Anmerkung der Zusage der Einräumung von Wohnungseigentum im Rang der Treuhänderrangordnung im Ergebnis als zutreffend.
2.7 Die im Zulassungsausspruch als zweite und dritte genannten und im Revisionsrekurs behandelten Fragen müssen nicht beantwortet werden: Das vorliegende Gesuch der nicht zur Antragstellung berechtigten Bauträgerin und Wohnungseigentumsorganisatorin kann nicht wiederholt werden.
3.1 Im Grundbuchverfahren ist im Regelfall (neben dem mit seinem Rechtsschutzbegehren gescheiterten Antragsteller) derjenige zum Rekurs legitimiert, der geltend machen kann, durch die bekämpfte Entscheidung in seinen bücherlichen Rechten verletzt worden zu sein (RIS‑Justiz RS0006677; RS0006710); sei es, dass diese Rechte belastet, abgetreten, beschränkt oder aufgehoben werden (RIS‑Justiz RS0006710 [T5, T37]).
3.2 Dem Treuhänder kam – wie bereitsdargelegt – bei der Wahrnehmung der aus der Anmerkung nach § 42 Abs 1 WEG 2002 resultierenden Befugnisse die entscheidende Schlüsselposition zu. Er ist schon deshalb nicht dadurch beschwert, dass der Antrag der nicht legitimierten Bauträgerin und Wohnungseigentumsorganisatorin abgewiesen wurde. Sein Argument, wonach die Zurückweisung seines Rekurses ihm die Absicherung jener Käufer nicht ermögliche, die entgegen dem Kauf‑ und Bauträgervertrag keine Bankgarantie erlegen wollen, um sich deren Kosten zu sparen, begründet als (allfällige) Verletzung rein wirtschaftlicher oder schuldrechtlicher Interessen keine Rechtsmittellegitimation (RIS‑Justiz RS0006710), wie schon das Rekursgericht zutreffend erkannt hat.
3.3 Der Revisonsrekurs war daher, soweit er vom Treuhänder erhoben wurde, zurückzuweisen.
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