OGH 5Ob186/14k

OGH5Ob186/14k16.12.2014

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Lovrek, Dr. Höllwerth, Dr. Grohmann und Mag. Wurzer als weitere Richter in der Grundbuchsache der Antragstellerin I*****‑AG, *****, vertreten durch Burghofer Rechtsanwalts GmbH in Wien, wegen Vorrangseinräumung ob der EZ 191 GB *****, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 11. September 2014, AZ 47 R 243/14d, mit dem infolge Rekurses der Antragstellerin der Beschluss des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 1. Juli 2014, TZ 5557/2014, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Begründung

Die Antragstellerin und die Ing. C***** D***** GesmbH, *****, sind jeweils die grundbücherlichen Hälfteeigentümer der Liegenschaft EZ 191 GB *****. In der Aufschrift dieser Liegenschaft ist Wohnungseigentum in Vorbereitung ersichtlich gemacht. Ob beiden Liegenschaftsanteilen ist sub B‑LNR 2e bzw 3e jeweils zu TZ 8053/2013 die „Rangordnung für die beabsichtigte Einräumung von Wohnungseigentum gem § 42 WEG 2002; Treuhänder: Dr. R***** B***** geb *****“ angemerkt. Sub C‑LNR 3, 5, 16, 17, 18, 19, 20, 21, 22, 23, 24, 25, 26, 27, 29, 30, 31, 32, 33, 34, 35 und 36 sind Pfandrechte für unterschiedliche Höchstbeträge zugunsten näher bezeichneter Pfandgläubiger einverleibt.

Die Antragstellerin begehrt die Eintragung der Einräumung des Vorrangs der Rangordnung für die beabsichtigte Einräumung von Wohnungseigentum gemäß § 42 WEG 2002 vor den zu C‑LNR 3, 5, 16, 17, 18, 19, 20, 21, 22, 23, 24, 25, 26, 27, 29, 30, 31, 32, 33, 34, 35 und 36 eingetragenen Pfandrechten. Die Antragstellerin legte dazu eine „Vorrangseinräumung“ vom 21. 5. 2014 vor, die auszugsweise folgenden Inhalt aufweist:

„...

(Die näher bezeichneten Pfandgläubiger) räumen der Rangordnung für die beabsichtigter (sic) Einräumung von Wohnungseigentum gemäß § 42 WEG (TZ 8053/2013) den Vorrang vor den jeweils für sie eingetragenen Pfandrechten ein.

Die Hälfte‑Liegenschaftseigentümerin (Antrag-stellerin) stimmt dieser Vorrangeinräumung ausdrücklich zu. Die Parteien erteilen ihre Einwilligung, zur bücherlichen Anmerkung dieses Vorbehalts bei der vortretenden Rangordnung.

(Die näher bezeichneten Pfandgläubiger) erteilen daher ihre ausdrückliche Einwilligung, dass ohne ihr weiteres Wissen und Einvernehmen für die von ihnen eingetragenen Pfandrechte der Vorrang zugunsten der Rangordnung für beabsichtigter (sic) Einräumung von Wohnungseigentum gemäß § 42 WEG (TZ 8053/2013) einverleibt wird.

Der vortretende Rangordnungsberechtigte unterfertigt die Urkunde zum Zeichen seines Einverständnisses.

...“

Diese Urkunde ist vom angemerkten Treuhänder, einem Vertreter der Antragstellerin und sodann wiederum 24‑mal von Dr. R***** B***** (= Treuhänder) als Vertreter der Pfandgläubiger notariell beglaubigt unterfertigt.

Die Antragstellerin legte 24, von den Pfandgläubigern notariell beglaubigt unterfertigte, großteils befristete Vollmachten vor, mit denen diese Dr. R***** B***** jeweils wie folgt ermächtigten:

„... Pfandrechte auf Liegenschaften, die nicht dem Vollmachtgeber gehören, eintragen und löschen zu lassen.

Er wird weiters ermächtigt, Pfandurkunden für den Vollmachtgeber zu unterschreiben, wobei der Vollmachtgeber bei diesen Pfandurkunden nicht als Pfandschuldner sondern nur als Pfandgläubiger aufscheinen darf.

Er ist auch berechtigt, … in meinem Namen Löschungserklärungen zu unterfertigen, mit denen das eingetragene Pfandrecht wieder gelöscht wird.

Ich bin damit einverstanden, dass Herr Rechtsanwalt Dr. … auch mehrmals Pfandrechte löscht und neu einträgt. Ich bevollmächtige ihn auch mit der grundbücherlichen Durchführung, also mit der Eintragung der Pfandrechte und deren Löschung.“

Das Erstgericht wies das Eintragungsbegehren ab. Rechtlich führte es aus, dass der Rang einer Anmerkung nicht getauscht werden könne, weil es sich nicht um ein verbüchertes Recht handle (LGZ Graz 2 R 579/60 RpflSlgG 370). So sei es etwa nicht möglich, einen Rangtausch betreffend die Anmerkung der vorbehaltenen Verpfändung im Sinn des § 40 WEG 2002 vorzunehmen. Zudem scheitere eine Eintragung in diesen Fällen auch daran, dass hier eine Forderung erst in der Zukunft eingetragen werde, weshalb der Antrag gemäß § 94 Abs 1 Z 3 GBG abzuweisen gewesen sei.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Antragstellerin nicht Folge. Es vertrat die Rechtsansicht, dass sich grundsätzlich alle eintragungsfähigen Rechte für einen Rangtausch eigneten. Der Rang einer Anmerkung könne nach herrschender Auffassung allerdings nicht getauscht werden, weil es sich dabei nicht um ein verbüchertes Recht handle. Zudem scheitere eine Eintragung in diesen Fällen auch daran, dass hier eine Forderung erst in der Zukunft eingetragen werde.

Die für die Praxis wichtige Bedeutung der Anmerkung gemäß § 42 WEG 2002 liege darin, dass die Treuhänderrangordnung ihren, im Regelfall „früheren“ Grundbuchrang für sämtliche später gemäß § 40 Abs 2 WEG 2002 anzumerkenden Wohnungseigentumsbewerber wahre, wenn der Treuhänder deren Eintragung im Rang der Treuhänderrangordnung beantrage. Die Treuhänder-rangordnung sollte sinnvollerweise entweder erstrangig oder ‑ in der Praxis wohl häufiger ‑ im Rang nach dem im Lastenblatt der Liegenschaft eingetragenen Pfandrecht für die Finanzierungsbank des Bauträgers, welche die Projektkosten vorfinanziere, eingetragen werden.

Schon aus dem Wortlaut des § 42 Abs 2 WEG 2002 folge, dass es sich bei der dort angeführten Rechtshandlung um eine bloße Anmerkung im Sinn des § 8 Z 3 GBG handle. Dem Erstgericht sei daher beizupflichten, dass diese nicht als eine Art von Recht zu verstehen sei, das im Sinn des § 30 GBG im Rang getauscht werden könne.

Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteigt und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei, weil keine Rechtsfrage zu lösen gewesen sei, deren Bedeutung über den Einzelfall hinausgehe.

Gegen diese Entscheidung des Rekursgerichts richtet sich der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragstellerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im Sinn der Bewilligung des Grundbuchgesuchs. Hilfsweise stellt die Antragstellerin auch einen Aufhebungsantrag. Die Antragstellerin macht in ihrem Revisionsrekurs zusammengefasst geltend, dass § 42 Abs 1 WEG 2002 dem Treuhänder das Recht einräume, Wohnungseigentumsbewerber im Rang der Anmerkung eintragen zu lassen und bei Eintragung nachrangige Pfandrechte zu löschen. Damit sei klar, dass schon die Rangordnung an sich eine wesentliche Rechtsposition darstelle und diese Rechte zunächst einmal unabhängig von der Eintragung von Wohnungseigentum bestünden. Der Treuhänder müsse die Möglichkeit haben, mit Zustimmung der jeweiligen Pfandgläubiger einen Rangvorbehalt eintragen zu können, weil er anders seine gesetzliche Funktion nicht wahrnehmen könne. Er sei verpflichtet, den Rang für die jeweiligen Wohnungseigentumsbewerber zu wahren, und müsse daher auch die Möglichkeit haben, eine nachrangige Eintragung von Pfandrechten zu erwirken.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs der Antragstellerin ist zulässig, aber im Ergebnis nicht berechtigt.

1.1. Ist auf einer Liegenschaft zumindest eine Anmerkung der Einräumung von Wohnungseigentum (§ 40 Abs 2 WEG 2002) eingetragen oder das Miteigentum an einem Anteil aufgrund eines Vertrags einverleibt, der Anspruch auf eine derartige Anmerkung gibt, so ist gemäß § 42 Abs 1 WEG 2002 auf Antrag des nach § 12 BTVG bestellten Treuhänders im Grundbuch die unbefristete Rangordnung für die beabsichtigte Einräumung von Wohnungseigentum anzumerken. In dieser Anmerkung ist der Treuhänder anzugeben. Eine solche Anmerkung liegt hier vor.

1.2. Nach § 42 Abs 2 WEG 2002 hat die Anmerkung folgende Rechtswirkungen:

Z 1: Soweit für wohnungseigentumstaugliche Objekte noch keine Wohnungseigentumsbewerber vorhanden sind, übt der Treuhänder die Rechte aus, die Wohnungseigentumsbewerbern nach § 41 Abs 2 WEG 2002 und § 44 WEG 2002 zustehen würden.

Z 2: Wohnungseigentumsbewerber können die Anmerkung der Einräumung von Wohnungseigentum im Rang der Anmerkung der Rangordnung verlangen.

1.3. Gemäß § 42 Abs 3 WEG 2002 kann die Anmerkung nur auf Antrag des Treuhänders gelöscht werden. Eine Bauträgeranmerkung nach § 42 Abs 4 WEG 2002 liegt hier nicht vor.

2. Die im Gesetz beschriebenen Rechtsfolgen einer auf § 42 Abs 1 WEG 2002 beruhenden Anmerkung der Rangordnung für die beabsichtigte Einräumung von Wohnungseigentum zeigen, dass diese der Sicherung der Rechte der (potenziellen) Wohnungseigentumsbewerber gegenüber dem Bauträger dient (5 Ob 219/13m). Aus der gesetzlichen Regelung, wonach eine Löschung der Anmerkung nach § 42 Abs 1 WEG 2002, die zugunsten eines nach § 12 BTVG bestellten Treuhänders erwirkt wurde, lediglich aufgrund eines Antrags des Treuhänders möglich ist, folgt, dass diesem bei der Wahrnehmung der aus der Anmerkung resultierenden Befugnisse die grundsätzlich allein entscheidende Schlüsselposition zukommt (vgl Vonkilch in Hausmann/Vonkilch, Österreichisches Wohnrecht, § 42 WEG Rz 9), wie sie ihm auch von der Antragstellerin in ihrem Revisionsrekurs zugeschrieben wird. Jedenfalls ist der Liegenschaftseigentümer (Bauträger) ‑ vom hier nicht vorliegenden Fall des § 42 Abs 4 WEG 2002 abgesehen ‑ nicht zur Disposition über eine Anmerkung nach § 42 Abs 1 WEG 2002 befugt. Schon mangels Antragslegitimation der hier allein antragstellenden Hälfteeigentümerin der Liegenschaft erweist sich daher die (Bestätigung der) Gesuchsabweisung durch die Vorinstanzen im Ergebnis als zutreffend.

3. Ob die Rangordnung für die beabsichtigte Einräumung von Wohnungseigentum gemäß § 42 Abs 1 WEG 2002, insbesondere auf Basis des § 43 Abs 3 WEG 2002 idF der WRN 2006 (BGBl I 2006/124), ‑ wie von den Vorinstanzen angenommen ‑ nicht Gegenstand einer Vorrangseinräumung sein kann oder insoweit doch einer besonderen Bewertung unterzogen werden muss, (vgl dazu auch Feil/Friedl in Feil/Friedl/Bayer [2013] § 30 GBG Rz 3; Friedl, ecolex 2011/351 [Entscheidungsanmerkung zu 5 Ob 193/10h]), bedarf hier keiner Klärung, weil die Antragstellerin ihr Gesuch mangels Legitimation nicht wiederholen kann (RIS‑Justiz RS0060544). Ob die von den Pfandgläubigern erteilten Vollmachten (auch) eine, jedenfalls nicht ausdrücklich erwähnte und den Pfandrang verschlechternde Vorrangseinräumung, etwa als minus gegenüber einer ‑ üblicherweise allerdings erst nach Tilgung oder anderweitiger Sicherstellung erfolgenden -Pfandrechtslöschung decken, muss aus dem zuvor genannten Grund ebenfalls nicht geprüft werden. Die vom Pfandgläubiger J***** S***** (C‑LNR 19) erteilte Vollmacht war jedenfalls befristet und nur bis 31. 12. 2012 gültig, während die Urkunde über die Vorrangseinräumung vom Bevollmächtigten erst am 21. 5. 2014 unterfertigt wurde.

4. Der Revisionsrekurs ist somit im Ergebnis nicht berechtigt.

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