OGH 3Ob68/16w

OGH3Ob68/16w27.4.2016

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hoch als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin Dr. Lovrek, die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch und die Hofrätin Dr. Kodek als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Parteien 1. Dr. T*****, 2. P*****, beide *****, beide vertreten durch Dr. Gernot Kerschhackel, Rechtsanwalt in Baden, gegen die verpflichtete Partei G***** reg GenmbH, *****, vertreten durch bpv Hügel Rechtsanwälte OG in Mödling, wegen Exekution nach § 354 EO, über den Revisionsrekurs der betreibenden Parteien gegen den Beschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt als Rekursgericht vom 22. Februar 2016, GZ 17 R 178/15w‑12, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Mödling vom 6. November 2015, GZ 12 E 5446/15y‑2, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0030OB00068.16W.0427.000

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Der Antrag der Verpflichteten auf Zuspruch der Kosten der Revisionsrekursbeantwortung wird abgewiesen.

 

Begründung:

Die Verpflichtete hat es aufgrund eines vollstreckbaren Urteils des Erstgerichts zu unterlassen, die (ihr gehörigen Eigentums‑)Wohnungen in einem näher bezeichneten Haus (zu ergänzen: Dritten) zur Nutzung als Arztpraxis zu überlassen.

Die Betreibenden beantragten aufgrund dieses Titels die Bewilligung der Exekution nach § 354 EO. Da die Verpflichtete der Titelverpflichtung, es zu unterlassen „die Wohnung“ (gemeint: jene Wohnung, deren Vermietung an eine Ärztin das Titelverfahren auslöste) zur Nutzung als Arztpraxis zu überlassen, nicht nachgekommen sei, möge ihr hiefür unter Androhung einer Geldstrafe eine Frist gesetzt werden.

Das Erstgericht bewilligte den Betreibenden die beantragte Exekution und trug der Verpflichteten unter Androhung einer Geldstrafe von 5.000 EUR auf, „binnen drei Monaten die [näher bezeichnete] Wohnung nicht als Arztpraxis zu überlassen“. Aus dem Spruch und den Entscheidungsgründen des Exekutionstitels ergebe sich, dass die Wohnung nicht mehr als Arztpraxis dienen solle. Dieses Ziel könne nur durch aktives Tun der Verpflichteten erreicht werden, weshalb die Exekution gemäß § 354 EO und nicht nach § 355 EO zu bewilligen sei. Der Verpflichteten sei eine angemessene Frist zu gewähren, um den bestehenden Vertrag lösen zu können.

Über Rekurs der Verpflichteten wies das Rekursgericht den Exekutionsantrag ab. Eine unvertretbare Handlung könne nur dann nach § 354 EO vollstreckt werden, wenn ihre Vornahme ausschließlich vom Willen des Verpflichteten abhänge. Die Exekution nach § 354 EO sei insbesondere bei einer ‑ hier vorliegenden  ‑ Verschaffungspflicht oder bei einem Anspruch auf „Entfernung“ eines Mieters unzulässig. Die beantragte Exekution nach § 354 EO sei aber auch deshalb unzulässig, weil nach dem Spruch des Exekutionstitels eindeutig (nur) ein Unterlassungstitel vorliege.

Das Rekursgericht ließ den ordentlichen Revisionsrekurs zur Frage zu, ob § 354 EO auch dann anwendbar sei, wenn zwar formal gesehen ein Dritter an der geschuldeten Handlung mitwirken müsse, es aber ‑ wie hier ‑ zunächst allein der Verpflichtete in der Hand habe, die Handlung mit Hilfe des Dritten vorzunehmen, also dessen Mitwirkung herbeizuführen.

Der Revisionsrekurs der Betreibenden ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Rekursgerichts nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

Die vom Rekursgericht aufgeworfene Rechtsfrage stellt sich nicht:

1. Bei der Entscheidung über einen Exekutionsantrag hat das Bewilligungsgericht zu prüfen, ob das Begehren durch den Exekutionstitel gedeckt ist. Es hat die Verpflichtung nur aufgrund des Titels festzustellen und nicht zu untersuchen, was der Verpflichtete nach dem Gesetz zu leisten hat, sondern nur, wozu er im Titel verpflichtet wurde (RIS-Justiz RS0000217). Nur bei Undeutlichkeit des Spruchs ist es zulässig, die Entscheidungsgründe zur Auslegung heranzuziehen (RIS-Justiz

RS0000296).

2. Der vorliegende Spruch des Exekutionstitels enthält nach seinem eindeutigen Wortlaut ausschließlich ein an die Verpflichtete gerichtetes Verbot, die Wohnungen der näher bezeichneten Liegenschaft (Dritten) zur Nutzung als Arztpraxis zu überlassen, gewährt den Betreibenden also ausschließlich einen entsprechenden Unterlassungsanspruch. Schon aus diesem Grund kommt, wie das Rekursgericht ohnehin erkannt hat, die Bewilligung der beantragten Exekution nach § 354 EO keinesfalls in Betracht.

3. Ob die Betreibenden die Beendigung der schon vor Schaffung des Titels erfolgten Überlassung einer der Wohnungen an eine Ärztin mit einem auf § 355 EO gestützten Exekutionsantrag erreichen könnten (vgl dazu 3 Ob 149/10y), ist hier ‑ mangels Vorliegens eines solchen Antrags ‑ ebenfalls nicht zu beantworten.

4. Kosten der Revisionsrekursbeantwortung sind nicht zuzusprechen: Das Exekutionsverfahren ist ‑ von hier nicht vorliegenden Ausnahmen abgesehen ‑ nach wie vor einseitig. Nach ständiger Rechtsprechung des Senats ist eine dennoch erstattete Revisionsrekursbeantwortung mangels gesetzlicher Anordnung nicht zurückzuweisen (RIS-Justiz RS0118686 [T11]); sie dient allerdings nicht der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung und ist daher nicht zu honorieren (RIS‑Justiz RS0118686 [T12]).

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte