OGH 12Os19/16k

OGH12Os19/16k7.4.2016

Der Oberste Gerichtshof hat am 7. April 2016 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé, Dr. Oshidari, Dr. Michel‑Kwapinski und Dr. Brenner in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Kühlmayer als Schriftführer in der Strafsache gegen Jonathan H***** (früher C*****) wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien als Schöffengericht vom 1. Juli 2015, GZ 33 Hv 52/14b‑37, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0120OS00019.16K.0407.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Gründe:

Mit dem angefochtenen, auch einen rechtskräftigen Freispruch von weiteren Betrugsvorwürfen enthaltenden, Urteil wurde Jonathan H***** des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3, 148 zweiter Fall StGB (aF) schuldig erkannt.

Danach hat er in W***** gewerbsmäßig mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz andere durch Täuschung über Tatsachen, nämlich durch die Vorgabe, ein rückzahlungsfähiger und ‑williger Darlehensnehmer zu sein, zu Handlungen verleitet, die diese in einem 50.000 Euro übersteigenden Betrag am Vermögen schädigten, und zwar:

A./ am 15. März 2011 Natascha Z***** zur Übergabe von 10.000 Euro,

„D./“ am 15. April 2010 Oliver Ha***** zur Übergabe von 100.000 Euro.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus Z 4 des § 281 Abs 1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten verfehlt ihr Ziel.

Die Verfahrensrüge (Z 4) moniert die Abweisung einer Reihe von Beweisanträgen.

Ihr ist vorauszuschicken, dass die bezughabenden Anträge erhebliche (vgl § 254 Abs 1 StPO) Tatsachen betreffen müssen, somit solche, die unmittelbar oder mittelbar (ohne dabei auf ‑ unzulässige ‑ Erkundungsbeweise abzuzielen) der Feststellung entscheidender (vgl § 281 Abs 1 Z 5 und Z 5a StPO) Tatsachen dienen; unter letzteren sind jene zu verstehen, die die Unterstellung unter ein Strafgesetz (Lösung der Schuldfrage) oder einen bestimmten Strafsatz betreffen (vgl RIS‑Justiz RS0116503).

Zudem sind in einem Beweisantrag nicht nur Beweismittel und Beweisthema konkret zu bezeichnen, sondern ist auch ‑ soweit dies nicht auf der Hand liegt ‑anzugeben, aus welchen Gründen die beantragte Beweisaufnahme das vom Antragsteller behauptete Ergebnis erwarten lasse und inwieweit dieses für die Schuld‑ oder Subsumtionsfrage von Bedeutung ist (RIS-Justiz RS0118444).

Bei der Prüfung der Berechtigung eines Antrags ist schließlich stets von der Verfahrenslage im Zeitpunkt der Stellung des Antrags und den bei seiner Stellung vorgebrachten Gründen auszugehen. Somit ist ein den Beweisantrag ergänzendes Beschwerdevorbringen im Hinblick auf das sich aus dem Wesen des beanspruchten Nichtigkeitsgrundes ergebende Neuerungsverbots unbeachtlich (RIS-Justiz RS0099618).

Diesen Anfechtungsvoraussetzungen wird das Rechtsmittel nicht gerecht.

Ob das Glücksspielprojekt „Wooonga‑Race“ real war, worüber die Zeugen Martin A*****, Thomas N*****, Selma P*****, Christian L***** und Gustav W***** laut Beschwerdevorbringen hätten berichten können (ON 36 S 115), spielt keine Rolle, weil dem Angeklagten eine Täuschung des Darlehensgebers Oliver Ha***** über die Existenz dieses Projekts gar nicht angelastet wurde. Vielmehr bezog sich der Vorwurf auf die Vorspiegelung von Rückzahlungsfähigkeit und -willigkeit.

Da der Beschwerdeführer nicht bekannt gab, welcher Umstand mit dem Beweisthema, dass die an Natascha Z***** übermittelten voice-mails (vgl US 22 f) aus dem „tatsächlich geschriebenen“ Buch „Undercover“ stammen (ON 36 S 115), angesprochen sein sollte, unterblieb auch die insoweit begehrte Anhörung des Zeugen Martin A***** zu Recht.

Der auf das Beweisergebnis, „dass es zwischen dem Angeklagten und Natascha Z***** keine Beziehung gab“ (ON 36 S 115), gerichtete Antrag auf Vernehmung der Eltern des Beschwerdeführers ließ die Relevanz des Beweisthemas für die Lösung der Schuldfrage nicht erkennen.

Der Antrag auf Vernehmung des Robert M***** zum Beweis, „dass der Angeklagte seit 2011 nicht mehr im Besitz seines Computers und des Geldes ist, und dass Herr M***** Zugriff auf den Computer des Angeklagten hatte und daher die Möglichkeit besteht, dass nicht alleE-Mails von ihm tatsächlich stammen“ (ON 36 S 116), betraf einen im Stadium der Hauptverhandlung unzulässigen Erkundungsbeweis. Denn das Begehren zielte bloß auf Abklärung, ob vom genannten Zeugen eine weitere Sachverhaltsaufklärung zu erwarten sei (RIS‑Justiz RS0118123).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

Stichworte