OGH 9ObA143/15t

OGH9ObA143/15t25.2.2016

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshof Dr. Dehn und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Hargassner sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Biereder und Mag. Schachner als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei H***** T*****, vertreten durch Freimüller/Obereder/Pilz Rechtsanwält_Innen GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei I*****, vertreten durch Dr. Witt & Partner Rechtsanwalt KG in Wien, wegen 7.519,98 EUR brutto sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei (Revisionsinteresse: 3.118,51 EUR) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen vom 26. August 2015, GZ 8 Ra 17/15a‑37, mit dem der Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Arbeits‑ und Sozialgerichts Wien vom 10. Dezember 2014, GZ 3 Cga 32/13s‑31, teilweise und jener der beklagen Partei nicht Folge gegeben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:009OBA00143.15T.0225.000

 

Spruch:

Der außerordentlichen Revision wird teilweise Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass die Entscheidung unter Einschluss des bereits in Rechtskraft erwachsenen Teils und des bestätigten Teils nunmehr zu lauten hat:

1. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei 5.916,48 EUR samt 8,38 % Zinsen seit 16. 4. 2012 binnen 14 Tagen zu bezahlen.

2. Das Mehrbegehren, die beklagte Partei sei weiters schuldig, der klagenden Partei 1.603,50 EUR samt 8,38 % Zinsen seit 16. 4. 2012 zu bezahlen, wird abgewiesen.

3. Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 2.977,56 EUR (darin 407,26 EUR USt und 534 EUR Barauslagen) bestimmten Prozesskosten binnen 14 Tagen zu ersetzen.“

Die beklagte Partei ist weiters schuldig, der klagenden Partei die mit 1.294,24 EUR (darin 126,93 EUR USt und 532,67 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Berufungs‑ und Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Entscheidungsgründe:

Die Klägerin war von 17. 1. 2011 bis 16. 4. 2012 als Lehrkraft beim beklagten Verein, der eine Privatschule mit Öffentlichkeitsrecht betreibt, angestellt.

Auf das Arbeitsverhältnis kommt der Mindestlohntarif für in privaten Bildungseinrichtungen beschäftigte Arbeitnehmer/innen (kurz Mindestlohntarif) zur Anwendung. § 2 des Mindestlohntarifs setzt die Mindestgehälter für die in Z 1 bis 7 aufgelisteten Beschäftigungsgruppen 1 bis 7 fest. § 2 Z 1 des Mindestlohntarifs normiert:

1. Beschäftigungsgruppe 1

Arbeitnehmer/innen mit unterrichtender Tätigkeit:

Das Mindestbruttogehalt beträgt pro Unterrichtseinheit von 50 Minuten einschließlich Vor- und Nacharbeiten in folgenden Jahren der Lehrtätigkeit:

...

Die Beschäftigungsgruppe 1 ist in drei Untergruppen a) bis c) unterteilt. Das konkrete Mindestbruttogehalt der Beschäftigungsgruppe 1 richtet sich in der Folge einerseits nach der Einstufung in die jeweilige Untergruppe und andererseits nach dem entsprechenden Berufsjahr, in dem sich der Arbeitnehmer befindet. Die Klägerin wurde von der Beklagten in die Beschäftigungsgruppe 1 b) des Mindestlohntarifs, 1. bis 5. Berufsjahr, eingestuft.

Für Jänner 2011 waren zwischen den Parteien 7 Unterrichtseinheiten, von Februar 2011 bis August 2011 8 Unterrichtseinheiten, von September 2011 bis Februar 2012 14 Unterrichtseinheiten und ab März 2012 15 Unterrichtseinheiten pro Woche festgelegt. Darüber hinaus teilte die Beklagte die Klägerin für eine fixe Sprechstunde für jede Unterrichtswoche ein. Vereinbarungen über die Entlohnung von Sprechstunden, Supplierstunden, Konferenzen, Elternsprechtagen ua trafen die Parteien nicht.

Die Klägerin verrichtete einteilungs‑ und auftragsgemäß an zahlreichen Tagen Pausenaufsichten in jeweils unterschiedlicher Dauer. Von 31. 1. 2011 bis 2. 2. 2011 waren Pausenaufsichten (von gesamt 55 Minuten) nicht notwendig, weil aufgrund eines Sozialpraktikums der Oberstufe kein Unterricht stattfand. Vom 14. 3. 2011 bis 17. 3. 2011 musste die Klägerin ebenfalls keine Pausenaufsichten (von gesamt 65 Minuten) wahrnehmen, weil in diesem Zeitraum eine Sportwoche stattfand. Am 9. 5. 2011 verrichtete die Klägerin (im Ausmaß von 15 Minuten) wegen Krankheit keine Pausenaufsicht.

Von 14. 2. 2011 bis 29. 2. 2012 hielt die Klägerin an 33 Tagen Sprechstunden von jeweils 50 Minuten ab.

Von 24. 2. 2011 bis 29. 2. 2012 verrichtete die Klägerin zahlreiche Supplierstunden. Die Supplierstunde am 11. 5. 2011 konnte die Klägerin wegen Krankheit nicht abhalten.

Zusätzlich zu den vereinbarten Unterrichtsstunden nahm die Klägerin einteilungs‑ und auftragsgemäß an vier Tagen (gesamt 780 Minuten) an Elternsprechtagen bzw ‑abenden, zweimal an Tagen der offenen Tür, an drei Tagen (gesamt 450 Minuten) an Konferenzen und an zwei Tagen an Lehrausgängen teil.

Die Klägerin begehrt von der Beklagten ‑ nach Einschränkung um das Begehren auf Ausstellung eines Dienstzeugnisses ‑ 7.519,98 EUR brutto sA, resultierend aus der Differenz zwischen den von der Beklagten geleisteten Zahlungen und den der Klägerin nach dem Mindestlohntarif zustehenden Entgelten für die gesamte Beschäftigungszeit. Für die von der Klägerin infolge Einteilung durch die Beklagte geleisteten Mehrstunden für die Verrichtung von Pausenaufsichten, Sprechstunden und Supplierungen sowie der Teilnahme an Elternsprechtagen, Tagen der offenen Tür und Konferenzen stünde ihr zusätzlich zum Entgelt für die einzelne Unterrichtseinheit eine Entlohnung zu. Auch für die von ihr nicht verrichteten Pausenaufsichten in den Zeiten des abgehaltenen Sozialpraktikums und der Sportwoche gebühre ihr eine Entlohnung, weil der Grund für den Entfall ihrer Arbeitsleistung der Sphäre der Beklagten zuzurechnen sei und sie sich während der angegebenen Zeiten arbeitsbereit gehalten habe. Auch die Mehrarbeit, die sie wegen Krankheit nicht verrichten habe können, sei ihr zu bezahlen.

Der Beklagte bestritt, beantragte Klagsabweisung und wandte ein, dass bei der Entlohnung der Klägerin zu berücksichtigen sei, dass Ferienzeiten nicht in die Berechnung des Gehalts einfließen würden. Für die behaupteten Mehrleistungen sei die Klägerin beweispflichtig.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren mit 2.860,06 EUR sA statt und wies das Mehrbegehren der Klägerin von 4.659,92 EUR sA ab. Die Entlohnung der Klägerin nach dem Mindestlohntarif sei nur aliquot, also unter Berücksichtigung der unterrichtsfreien Zeit, vorzunehmen. Die von der Klägerin geleistete Mehrarbeit aufgrund von Supplierstunden, Lehrausgängen und Tagen der offenen Tür sei gesondert zu entlohnen, weil diese Tätigkeiten nicht zu den Vor- und Nacharbeiten iSd § 2 Z 1 des Mindestlohntarifs zählten. Nur Tätigkeiten, deren Verrichtung Voraussetzung für die Abhaltung des Unterrichts laut Lehrverpflichtung seien, seien vom Begriff der Vor- und Nacharbeiten umfasst. Darunter fielen nicht Sprechstunden und Elternsprechtage, weil sich Vor- und Nacharbeiten nicht bloß auf den allgemeinen Unterrichtsinhalt beziehen, sondern auch das Eingehen auf die Bedürfnisse und Leistungen der einzelnen Schüler umfassen würden. Zum Erörtern dieser sowie auch zum Finden allfälliger Problemlösungen oder Besprechung der Leistungsentwicklung dienten die Sprechstunden. Dies gelte auch für die Konferenzen. Die Notenkonferenzen zu Semesterende dienten der Leistungsfeststellung und Notengebung und stellten daher einen Teil der Nacharbeiten zum Unterricht dar. Die Konferenz zu Beginn des Schuljahres diene der Vorbereitung der organisatorischen Umsetzung der Erfüllung der jeweiligen Lehrverpflichtung und gehöre somit zu den Vorarbeiten. Es seien jedoch nur die Pausenaufsichten und Supplierstunden als Mehrstunden zu entlohnen, die von der Klägerin tatsächlich verrichtet worden seien. Ein fiktives Entgelt für geplante, aber tatsächlich aus organisatorischen oder gesundheitlichen Gründen entfallene Mehrarbeit, stünde der Klägerin nicht zu.

Das Berufungsgericht gab der von der Beklagten gegen den klagsstattgebenden Teil dieser Entscheidung erhobenen Berufung nicht, jener der Klägerin gegen den klageabweisenden Teil dieser Entscheidung im Umfang eines weiteren Zuspruchs von 1.541,41 EUR sA Folge. Da die Lehrverpflichtung auch die unterrichtsfreie Zeit umfasse, habe die Klägerin mangels Vereinbarung einer unentgeltlichen Leistungserbringung für den gesamten Beschäftigungszeitraum einen Entlohnungsanspruch. Dieser umfasse gemäß § 8 AngG auch die von der Klägerin wegen Krankheit nicht erbrachten Arbeitsleistungen. Die von der Klägerin verrichteten Tätigkeiten im Zusammenhang mit Sprechstunden, Elternsprechtagen und Konferenzen seien hingegen als Vor- und Nacharbeiten iSd Mindestlohntarifs zu verstehen und nicht gesondert zu entlohnen, weil die Durchführung von Unterricht in einer Bildungseinrichtung wie der gegenständlichen, ohne Sprechstunden, Elternsprechtage und Konferenzen kaum denkbar sei. Eine Entlohnung für die wegen des Sozialpraktikums und der Sportwoche entfallenen Pausenaufsichten stehe der Klägerin nicht zu, weil die Abhaltung des Sozialpraktikums und der Sportwoche zweifellos schon längere Zeit vorher geplant gewesen und für die Klägerin daher erkennbar sein musste, dass in dieser Zeit keine Pausenaufsicht erforderlich sei.

Gegen die Berufungsentscheidung im Umfang der Klagsabweisung von 3.118,51 EUR sA richtet sich die außerordentliche Revision der Klägerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, die angefochtene Entscheidung im Sinne einer vollinhaltlichen Klagsstattgabe abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagte beantragt in ihrer vom Senat freigestellten Revisionsbeantwortung , die Revision der Klägerin mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Klägerin ist zulässig; sie ist auch teilweise berechtigt.

Im Revisionsverfahren ist die Berechnung des monatlichen Grundgehalts nicht mehr strittig. Streitpunkte zwischen den Parteien sind nur mehr zwei Themen: Zum einen ist strittig, ob die von der Klägerin verrichteten Sprechstunden, Elternsprechtage und Konferenzen unter den Begriff „Vor‑ und Nacharbeiten“ des § 2 Z 1 des Mindestlohntarifs fallen und daher diese Arbeitsleistungen mit dem für die verrichteten Unterrichtsstunden bezahlten Mindestbruttogehalt abgegolten sind oder von der Beklagten gesondert als weitere Leistungen zu vergüten sind. Zum anderen herrscht zwischen den Parteien Streit darüber, ob der Klägerin für die während des Sozialpraktikums und der Sportwoche entfallenen Pausenaufsichten eine Entlohnung zusteht.

Dazu hat der Senat erwogen:

1. Mindestlohntarife sind als Verordnungen nach den §§ 6 und 7 ABGB auszulegen (9 ObA 27/09z; RIS‑Justiz RS0008777). Einem Mindestlohntarif darf daher in der Anwendung kein anderer Verstand beigelegt werden, als welcher aus der eigentümlichen Bedeutung der Worte in ihrem Zusammenhang und aus der klaren Absicht des Normgebers hervorleuchtet. Die Normadressaten, denen nur der Text der Norm zur Verfügung steht, müssen (und können) sich darauf verlassen, dass die Absicht des Normgebers im kundgemachten Text ihren Niederschlag gefunden hat (9 ObA 92/08g; vgl RIS‑Justiz RS0010089 [T17]). Nur wenn der Wortsinn der Bestimmung zu keinem eindeutigen Ergebnis führt, so ist mittels objektiv‑teleologischer Interpretation nach dem Sinn und Zweck zu fragen, den die Regelung ‑ mit Rücksicht auf den Systemzusammenhang ‑ vernünftigerweise haben kann (9 ObA 63/14a; 9 ObA 97/14a ua).

Der Text des hier anzuwendenden Mindestlohntarifs, wonach das Mindestbruttogehalt „pro Unterrichtseinheit von 50 Minuten einschließlich Vor- und Nacharbeiten“ festgesetzt wird, bringt zum Ausdruck, dass die Vor‑ und Nacharbeiten, die vom Mindestbruttogehalt pro Unterrichtseinheit abgegolten sein sollen, einen unmittelbaren Bezug zur konkreten Unterrichtseinheit aufweisen müssen. Hätte der Normgeber einen umfassenderen Begriff der Vor- und Nacharbeiten vor Augen gehabt, die vom Mindestbruttogehalt pro Unterrichtseinheit abgegolten sein sollen, so wäre zumindest eine entsprechende Konkretisierung dieser Leistungen zu erwarten gewesen. Schließlich handelt es sich ‑ etwa im Gegensatz zu einem Monatsgehalt ‑ um ein Mindestbruttogehalt für die verhältnismäßig kurze Zeitspanne einer Unterrichtseinheit von 50 Minuten. Das festgesetzte Gehalt „pro Unterrichtseinheit von 50 Minuten einschließlich Vor- und Nacharbeiten“ würde seinen Zweck als Mindestgehalt verfehlen, wenn damit eine Vielzahl von zusätzlich vom Arbeitnehmer zu verrichtenden und im Übrigen nicht einmal exakt im Vorhinein überschaubaren Tätigkeiten abgegolten würde. Je nach Anzahl der vereinbarten Unterrichtseinheiten würde dies letztlich zu unterschiedlichen Entlohnungen der Lehrkräfte führen, was vom Normgeber des Mindestlohntarifs nicht gewollt sein kann, weil es den Zweck eines Mindestgehalts verfehlt.

Die Beklagte bestreitet im Revisionsverfahren nicht mehr, dass die von der Klägerin geleisteten Pausenaufsichten, Supplierstunden, Lehrausgänge und Tätigkeiten im Zusammenhang mit den Tagen der offenen Tür nicht vom Mindestbruttogehalt pro Unterrichtseinheit von 50 Minuten einschließlich Vor‑ und Nacharbeiten umfasst, sondern gesondert zu entlohnen sind. Wenn nun die Vorinstanzen, ausgehend vom Wortsinn der auszulegenden Bestimmung des § 2 Z 1 des Mindestlohntarifs, die Rechtsansicht vertreten, dass sich die Vor- und Nacharbeiten auf den konkreten Unterricht innerhalb der Unterrichtseinheit beziehen müssen, so ist diese Auslegung sachgerecht und wird auch von der Beklagten grundsätzlich nicht in Frage gestellt. Für eine von der Beklagten gewünschte, über den Wortsinn der in Rede stehenden Bestimmung hinausgehende Deutung des Begriffs der Vor- und Nacharbeiten dahin, dass davon alle Tätigkeiten der Lehrkraft umfasst seien, die „zwangsläufig“ anfallen bzw ohne die die Durchführung von Unterricht in einer Bildungseinrichtung wie der Beklagten kaum denkbar sei, besteht dann aber mangels eindeutiger Anhaltspunkte im Text des Mindestlohntarifs kein Anlass mehr.

Sprechstunden, Elternsprechtage und Konferenzen beziehen sich jedenfalls nicht auf die konkrete Unterrichtseinheit. Diese Tätigkeiten dienen zwar im weitesten Sinn auch der Qualitätssicherung des gesamten Unterrichts, sind aber für die Abhaltung der konkreten Unterrichtseinheit nicht unbedingt erforderlich. Sie sind daher nicht als Vor‑ und Nacharbeiten einer konkreten Unterrichtseinheit zu qualifizieren. Notwendig für konkrete Unterrichtseinheiten sind etwa die Vorbereitung von Unterlagen, Recherchen zu den Lehrinhalten, Dokumentationen des Unterrichts sowie die Verbesserung von Hausaufgaben und Schularbeiten. Die von der Klägerin für die Abhaltung von Sprechstunden sowie die Teilnahme an Elternsprechtagen und Konferenzen erbrachten Arbeitsleistungen sind somit zusätzlich zum Mindestbruttogehalt pro Unterrichtseinheit von 50 Minuten zu vergüten.

2. Auch für Dienstleistungen, die nicht zustande gekommen sind, gebührt dem Dienstnehmer das Entgelt, wenn er zur Leistung bereit war und durch Umstände, die auf Seiten des Dienstgebers liegen, daran verhindert worden ist (§ 1155 ABGB 1. Halbsatz).

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Entlohnung auch jener Pausenaufsichten, die wegen des Sozialpraktikums und der Sportwoche, also aus Gründen, die allein in der Sphäre der Beklagten gelegen seien, entfallen seien. Dieser Anspruch besteht nach § 1155 ABGB grundsätzlich zu Recht. Dem Argument des Berufungsgerichts, eine Entlohnung für die wegen des Sozialpraktikums und der Sportwoche entfallenen Pausenaufsichten stehe der Klägerin deshalb nicht zu, weil diese Veranstaltungen „zweifellos“ schon längere Zeit vorher geplant gewesen sein mussten und für die Klägerin daher erkennbar sein musste, dass in dieser Zeit keine Pausenaufsicht erforderlich sei, fehlt es nicht nur an entsprechenden Feststellungen sondern schon an einem konkreten Vorbringen der Beklagten. Das ergänzende Tatsachenvorbringen der Klägerin, sie sei an den strittigen Tagen für die Pausenaufsichten eingeteilt gewesen und habe sich auch arbeitsbereit gehalten, hat die Beklagte nicht substantiiert bestritten. Sie wandte lediglich in rechtlicher Hinsicht ein, das Vorbringen der Klägerin zum Ausfallsprinzip zu bestreiten. Die Tatsachenbehauptungen der Klägerin sind daher als von der Beklagten iSd § 267 Abs 1 ZPO zugestanden anzusehen (RIS‑Justiz RS0039927).

3. Ausgehend von den ‑ im Detail vom Erstgericht festgestellten ‑ von der Klägerin für Sprechstunden, Elternsprechtage und Konferenzen tatsächlich erbrachten sowie den für Pausenaufsichten entfallenen Arbeitsleistungen und der im Revisionsverfahren von keiner der Parteien in Frage gestellten Höhe der Entlohnung dieser Mehrleistungen, berechnen sich die weiteren Ansprüche der Klägerin wie folgt:

3.1. Im Jahr 2011 hat die Klägerin 2300 Minuten und im Jahr 2012 580 Minuten im Zusammenhang mit Sprechstunden, Elternsprechtagen und Konferenzen gearbeitet. Ausgehend vom Mindestbruttogehalt pro Unterrichtseinheit für das Jahr 2011 von 22,44 EUR und für das Jahr 2012 von 23,18 EUR, errechnet sich die Entlohnung dieser Mehrleistungen mit insgesamt 1.301,13 EUR ([22,44 / 50 * 2300] + [23,16 / 50 * 580]).

3.2. Für die in der Zeit des Sozialpraktikums und der Sportwoche entfallenen Pausenaufsichten von gesamt 120 Minuten steht der Klägerin ein Entgelt von 53,86 EUR (22,44 / 50 * 120) zu.

3.3. Unter Zugrundelegung der vom Berufungsgericht vorgenommenen (und von den Parteien im Revisionsverfahren ebenfalls nicht in Frage gestellten) Berechnungen stehen der Klägerin infolge ihres höheren Durchschnittsverdienstes (§ 3 Abs 1 des Mindestlohntarifs) höhere Sonderzahlungen zu: Die Weihnachtsremuneration 2011 beträgt 1.250,58 EUR (um 88,18 EUR mehr) und der Urlaubszuschuss 2012 sowie die Weihnachts-remuneration 2012 betragen jeweils 566,57 EUR (um je 35,92 EUR mehr). Daraus resultiert ein weiterer Zuspruch von 160,02 EUR. Einem Zuspruch der rechnerisch höheren Differenz an Urlaubszuschuss 2011 von 37,31 EUR (auf 372,61 EUR) steht der insoweit anerkannte und bezahlte Betrag der Beklagten von 600,54 EUR entgegen.

3.4. Der Revision der Klägerin ist danach teilweise ‑ im Sinne eines weiteren Klagszuspruchs von 1.515,01 EUR sA ‑ Folge zu geben und dem Klagebegehren in teilweiser Abänderung der klagsabweisenden Entscheidung der Vorinstanzen stattzugeben. Gründe für einen höheren Klagszuspruch werden in der Revision nicht dargelegt.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 43, 50 ZPO. Im erstinstanzlichen Verfahren ist die Klägerin mit ihrem Klagebegehren in beiden Verfahrensabschnitten mit rund 80 % ihres Begehrens durchgedrungen.

Im Berufungsverfahren hat die Klägerin mit ihrer Berufung mit rund 2/3 und mit ihrer Berufungsbeantwortung zur Gänze obsiegt. Für ihre Berufung gebühren der Klägerin daher Kosten von 580,11 EUR (darin 36,24 EUR USt und 362,67 EUR Barauslagen), für ihre Berufungsbeantwortung Kosten von 544,13 EUR (darin 90,69 EUR USt).

Im Revisionsverfahren hat die Klägerin mit rund der Hälfte des Revisionsinteresses von 3.118,51 EUR obsiegt. Die Beklagte hat der Klägerin daher die Hälfte der Pauschalgebühr (170 EUR) zu ersetzen.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte