OGH 4Ob29/16t

OGH4Ob29/16t23.2.2016

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Jensik, Dr. Musger, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Rassi als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. A***** N*****, und 2. J***** N*****, beide *****, beide vertreten durch Dr. Hans Günther Medwed und andere Rechtsanwälte in Graz, gegen die beklagten Parteien 1. F***** M*****, und 2. F***** OG, beide *****, beide vertreten durch Imre & Schaffer Rechtsanwälte OG in Gleisdorf, wegen Feststellung (Streitwert 15.500 EUR), über die Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 2. Dezember 2015, GZ 4 R 177/15d‑18, mit welchem das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 26. August 2015, GZ 35 Cg 194/14w‑14, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0040OB00029.16T.0223.000

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagenden Parteien sind schuldig, den beklagten Parteien die mit 1.260,66 EUR bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung (darin 210,11 EUR Umsatzsteuer) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Begründung

Die Kläger begehren mit dem im Revisionsverfahren allein strittigen Eventualbegehren die Feststellung, dass „der Anspruch der beklagten Parteien, aufgrund des Urteils [...] gegen die klagenden Parteien die Exekution durch Strafbeschlüsse zu beantragen, nicht besteht“. Zur Begründung führen sie aus, dass zwar gegen sie die Exekution nach § 355 EO bewilligt worden sei, sie jedoch die Geldstrafen bezahlt hätten, sodass diese Exekution beendet sei. Daher könnten sie mit Feststellungsklage geltend machen, dass der Unterlassungsanspruch erloschen sei. Durch Einbau einer neuen Lüftungsanlage und andere Maßnahmen sei sichergestellt, dass ihre Schweinezucht zu keinen Geruchsbelästigungen bei den Beklagten mehr führen könne.

Die Vorinstanzen wiesen dieses Begehren ab. Das Berufungsgericht führte aus, dass die Exekution wegen der aufrechten Exekutionsbewilligung noch immer anhängig sei, weswegen die Kläger Oppositionsklage erheben müssten. Ob ein titulierter Unterlassungsanspruch durch eine Änderung der Umstände erlöschen könne, ließ das Berufungsgericht offen. Die Revision ließ es zu, weil nicht eindeutig geklärt sei, ob bei Unterlassungstiteln allein das Vorliegen einer Exekutionsbewilligung dazu führe, dass der Verpflichtete nur Oppositionsklage erheben könne, und ob bei einer Dauerverpflichtung (Unterlassung) überhaupt ein Erlöschen des Anspruchs denkbar sei.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Kläger ist ungeachtet dieses den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruchs nicht zulässig.

1. Die höchstgerichtliche Rechtsprechung geht im Sinne der sogenannten „Kombinationstheorie“ davon aus, dass mit der Oppositionsklage alles erreicht wird, was auch mit einer negativen Feststellungsklage erreichbar ist (RIS‑Justiz RS0001652 ua). Ab Exekutionsbewilligung wird daher nur mehr die Oppositionsklage zur Feststellung des Erlöschens oder der Hemmung des Anspruchs als „zulässig“ angesehen (3 Ob 190/13g mwN; RIS‑Justiz RS0001715 [T8]). Diese Formulierung deutet darauf hin, dass eine trotz Anhängigkeit der Exekution eingebrachte Feststellungsklage wegen Fehlens einer Prozessvoraussetzung zurückzuweisen wäre. In der Entscheidung 2 Ob 93/00s hat der Oberste Gerichtshof jedoch klargestellt, dass es sich dabei um ein Problem des Feststellungsinteresses iSv § 228 ZPO handelt: Die Oppositionsklage verfolgt ein weiterreichendes Rechtsschutzziel als die negative Feststellungsklage, weil der Kläger damit auch die Unzulässigerklärung der Exekution anstrebt. Damit fehlt das rechtliche Interesse an der bloßen Feststellung des Erlöschens des Anspruchs (Jakusch in Angst/Oberhammer, EO3 § 35 Rz 8 f mwN). Die Feststellungsklage ist daher ‑ wie in anderen Fällen eines fehlenden Feststellungsinteresses (RIS-Justiz RS0039201) ‑ nicht zurück-, sondern abzuweisen (2 Ob 93/00s).

2. Die Exekution ist anhängig, wenn sie bewilligt wurde und weder eingestellt noch beendet ist ( Jakusch in Angst/Oberhammer , EO 3 § 35 Rz 66 mwN). Beendet ist die Exekution nur dann, wenn sie durch Vollzugsmaßnahmen zur vollen Befriedigung des Gläubigers geführt hat (3 Ob 74/80, SZ 53/112; RIS-Justiz RS0001245) oder (allenfalls) im Rahmen des Exekutionsverfahrens festgestellt wird, dass die Zwangsvollstreckung schon nach den Denkgesetzen nicht geeignet ist, dieses Ziel zu erreichen, etwa weil das Exekutionsobjekt nicht oder nicht mehr besteht (3 Ob 260/75, EvBl 1976/158; RIS-Justiz RS0001075; die zweite Alternative aus Gründen der Rechtssicherheit als Beendigungsgrund ablehnend 3 Ob 217/04i). Beides kommt bei der Unterlassungsexekution nicht in Betracht, weil insofern eine Dauerverpflichtung vorliegt (3 Ob 260/75, EvBl 1976/158; 3 Ob 46/83, RpflSlg E 10/84; RIS‑Justiz RS0001075; Jakusch in Angst/Oberhammer , EO 3 § 39 Rz 2/6 [mit Hinweis auf den hier nicht vorliegenden Ausnahmefall einer schon im Titel befristeten Unterlassungsverpflichtung]).

3. Damit ist die Auffassung des Berufungsgerichts, dass die bewilligte Unterlassungsexekution ungeachtet der Zahlung der Geldstrafen weiterhin anhängig war, durch die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs gedeckt. Eine erhebliche Rechtsfrage liegt daher in diesem Punkt nicht vor. Auf die Frage, ob ein Unterlassungsanspruch durch eine Änderung der Umstände erlöschen kann, kommt es unter diesen Umständen nicht an (vgl dazu 3 Ob 64/12a); andere erhebliche Rechtsfragen zeigt die Revision nicht auf.

4. Aus diesen Gründen ist die Revision der Kläger mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage zurückzuweisen. Da die Beklagten auf die Unzulässigkeit hingewiesen haben, haben die Kläger ihnen die Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte