Spruch:
Die Revision der klagenden Partei wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, den beklagten Parteien die mit 492,56 EUR (darin 82,09 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
Der nunmehrige Oppositionskläger wurde mit rechtskräftigem Urteil des Erstgerichts vom 28. Februar 2007 gegenüber den nunmehrigen Oppositionsbeklagten verpflichtet, binnen 6 Monaten bei sonstiger Exekution dafür zu sorgen, dass das Herabfallen von Mauerteilen vom Grundstück Nr 576/9 auf das benachbarte Grundstück Nr 576/10 der Oppositionsbeklagten, sowie die Ablagerung von Materialien auf dem Grundstück Nr 576/10 vermieden wird.
Mit Beschluss des Erstgerichts vom 10. Juni 2009 wurde den nunmehrigen Beklagten - rechtskräftig - die Exekution zur Erwirkung vertretbarer Handlungen nach § 353 EO (Abtragen der alten und Errichtung einer neuen Steinschlichtung mit Kosten von 6.677,52 EUR laut einem vorgelegten Kostenvoranschlag) bewilligt. Die betreibenden Parteien wurden antragsgemäß „ermächtigt, selbst oder durch einen von ihnen zu wählenden Dritten die im östlichen Teil des Grundstücks Nr 576/9 … bestehende Steinschlichtung auf einer Länge von rund 18 m abzutragen (wobei die ersten 5 m von der Toranlage beginnend bestehen bleiben) und in dem abzutragenden Bereich die Steinschlichtung mit einer mittleren Höhe von 1,25 m samt Schotterbett, Schotterhinterfüllung (Filterschicht) und Fliesumhüllung sowie Drainagierung und Anschluss an die bestehende Leitung neu zu errichten“.
Der Oppositionskläger erhob am 29. Juni 2009 Einwendungen gegen den Anspruch (§ 35 EO) und brachte zusammengefasst vor, dass der Exekutionsanspruch erloschen sei. Er sei der geschuldeten Leistung nachgekommen; die weitere Rechtsverfolgung durch die Beklagten sei auch schikanös. Im Übrigen sei die Erfüllung des titulierten Anspruchs mangels Erlaubnis des Betretens des Grundstücks der Beklagten zur Errichtung einer Holzschlichtung unmöglich.
Bereits vor Einbringung des Exekutionsantrags habe der Kläger ein Gitter entlang der gesamten Steinmauer gelegt und somit ein Herabfallen von Material verhindert. Im weiteren Verlauf des Verfahrens brachte der Kläger vor, dass die Mauer zur Gänze entfernt worden sei, sodass es schon logischerweise ausgeschlossen sei, dass Material von dieser Mauer auf das Grundstück der Beklagten fallen könne.
Die Beklagten wandten ein, dass der Kläger der titulierten Verpflichtung nicht nachgekommen sei. Durch das Anbringen des Kunststoffnetzes sei das Ablösen von Gesteinsmaterial nicht beseitigt worden; vielmehr sei es so, dass lockeres Gesteinsmaterial im Netz hänge; die Beklagten müssten immer wieder herunterfallende Steine wegklauben. In weiterer Folge brachten die Beklagten vor, dass die Mauer zwar großteils entfernt worden sei, aber noch Teile der Mauer vorhanden seien; Teile der Mauer seien auf dem Grund der Beklagten gelagert und teilweise drohten sie vom Grund des Klägers auf den Grund der Beklagten zu rutschen.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren auch im zweiten Rechtsgang ab. Über den eingangs genannten Sachverhalt hinaus traf es unter anderem folgende Feststellungen:
Nach den Feststellungen im Titelurteil wurde an der unmittelbaren Grundstücksgrenze zwischen dem (höher liegenden) Grundstück Nr 576/9 und dem (tiefer liegenden) Grundstück Nr 576/10 auf Grund und Boden des Grundstücks Nr 576/9 in den Hang hinein eine im Wesentlichen senkrechte Steinschlichtmauer errichtet. Auf diese Steinschlichtmauer wurden Zaunsteher aufbetoniert; in weiterer Folge wurde ein Maschendrahtzaun gezogen. Durch Aufschüttungen kam der Hang tatsächlich ins Rutschen, wodurch die bloß lose aufeinandergelegten Steine der Mauer im unteren Bereich in Talrichtung auf das Grundstück der Beklagten hineinrutschten und die lose gewordenen Steine von der Mauer auf das Grundstück der Beklagten herabfielen.
Der Unterlassungsausspruch im Titelurteil umfasst nur die Vermeidung des Herabfallens von Mauerteilen vom Grundstück Nr 576/9 auf das Grundstück Nr 576/10 sowie die Ablagerung von Mauerteilen auf dem Grundstück Nr 576/10.
Während des bereits laufenden Oppositionsverfahrens entfernte der Kläger am 30. September 2009 großteils die Steinmauer mit einem Bagger und errichtete eine Böschung. Im Bereich des Eingangstors der Beklagten errichtete der Kläger eine Steinschlichtung. Im Bereich zwischen dem Eingangstor der Beklagten und der vom Kläger im Jahr 2009 errichteten Steinschlichtung sind noch Teile der im Titelurteil erwähnten Steinmauer vorhanden. Auch vor dem Eingangstor der Beklagten ist die ursprüngliche Steinmauer, in diesem Bereich von Efeu bewachsen, noch vorhanden. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass von dem noch vorhandenen Teil der im Titelverfahren gegenständlichen Steinmauer Mauerteile auf das Grundstück der Beklagten fallen bzw dass Mauerteile auf dem Grundstück der Beklagten abgelagert werden.
Seiner rechtlichen Beurteilung legte das Erstgericht zugrunde, dass der dem Exekutionstitel zugrunde liegende Unterlassungsanspruch nach den Feststellungen nur die Steinmauer umfasse, und zwar das Herabfallen von Mauerteilen sowie die Ablagerung von Mauerteilen auf dem Grundstück der Beklagten. Da die Steinmauer nicht zur Gänze entfernt worden sei, könne nicht ausgeschlossen werden, dass von dem noch vorhandenen Teil der Steinmauer Mauerteile auf das Grundstück der Beklagten fallen bzw Mauerteile auf dem Grundstück der Beklagten abgelagert werden. Da der Unterlassungsanspruch noch nicht faktisch außer Kraft gesetzt und zum Erlöschen gebracht worden sei, sei die Oppositionsklage abzuweisen.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 5.000 EUR, nicht jedoch 30.000 EUR übersteige; die Revision sei zulässig. Es verneinte eine relevante Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens, übernahm die erstinstanzlichen Feststellungen und bestätigte die Rechtsansicht des Erstgerichts.
Als Klagetatbestand der Oppositionsklage, die sich gegen den betriebenen Anspruch richte, komme jeglicher nach Entstehung des Exekutionstitels verwirklichte Sachverhalt in Betracht, der nach der Rechtsordnung geeignet ist, den betriebenen Anspruch aufzuheben oder seine Fälligkeit hinauszuschieben. Hingegen bilde die Behauptung, der Exekutionstitel sei ungültig oder schon ursprünglich unrichtig gewesen, ebenso wenig ein geeignetes Vorbringen nach § 35 EO wie ein gegen die Rechtswidrigkeit der Exekutionsbewilligung gerichtetes Vorbringen. Die Oppositionsklage ziele somit darauf ab, dass aufgrund später eingetretener Umstände, die die Berechtigung des Anspruchs wegfallen haben lassen, der Exekutionstitel aufgehoben werde, im gegenständlichen Fall somit die Unterlassungsverpflichtung des Klägers, das Herabfallen von Mauerteilen und die Ablagerung derselben auf dem Grundstück der Beklagten zu unterlassen.
Der Exekutionstitel sei als Unterlassungsurteil zu qualifizieren. Wenngleich aufgrund des Urteils eine unrichtige Exekutionsbewilligung erfolgt sei, die mangels Rekurses des Klägers dagegen rechtskräftig geworden sei, könnte dem Oppositionsbegehren nur dann Berechtigung zukommen, wenn nach der Entstehung des Titels aufgrund faktischer Verhältnisse der Unterlassungsanspruch, wie er sich aus dem Urteil ergebe, nicht mehr existiere. An der Unterlassungsverpflichtung ändere sich auch durch die unrichtige Exekutionsbewilligung nichts. Ausgehend von der erstgerichtlichen Feststellung, wonach nicht ausgeschlossen werden könne, dass Mauerteile noch vom Grundstück des Klägers auf jenes der Beklagten fallen können bzw dort abgelagert werden können, liege kein faktischer Zustand vor, der nach dem Zeitpunkt des Entstehens des Exekutionstitels dessen Berechtigung wegfallen habe lassen, weshalb einer dagegen gerichteten Oppositionsklage keine Berechtigung zukommen könne. Hinsichtlich der Mauerteile vor dem Eingangstor sei darauf hingewiesen, dass dem Exekutionstitel eine Einschränkung in räumlicher Hinsicht nicht entnommen werden könne; der Kläger sei allgemein verpflichtet worden, das Herabfallen von Mauerteilen bzw die Ablagerung von Material von seinem Grundstück auf das Grundstück der Beklagten zu unterlassen, weshalb auch ein Herabfallen von Mauerteilen von der Mauer vor dem Eingang davon umfasst sein müsse.
Die Revision sei zulässig, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zu dem Fall fehle, dass aufgrund eines Unterlassungstitels eine Exekution zur Erlangung vertretbarer Handlungen bewilligt und dagegen eine Oppositionsklage eingebracht worden sei. Insbesondere sei in diesem Zusammenhang nicht ersichtlich, ob die Zulässigkeit der Oppositionsgründe nunmehr anhand des Exekutionstitels, der auf Unterlassung laute, zu bewerten sei oder aufgrund der tatsächlich bewilligten Exekution gemäß § 353 EO. Selbst wenn nicht von einer Häufigkeit derartiger rechtswidriger Exekutionsbewilligungen auszugehen sei, sei von einer über den Einzelfall hinausgehenden Bedeutung der Rechtsfrage auszugehen, zumal eine unrichtige Exekutionsbewilligung auch in Hinkunft nicht ausgeschlossen werden könne.
Die Revision des Klägers ist entgegen dem Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig.
Die Rechtsmittelausführungen des Klägers lassen sich folgendermaßen zusammenfassen: Eine Mangelhaftigkeit des Verfahrens liege darin, dass die Vorinstanzen den Antrag auf Beiziehung eines hydrogeologischen Sachverständigen zur Klärung der genauen Ursache für das Herabstürzen der Mauerteile abgelehnt hätten. Zu Unrecht sei auch der Antrag auf genaue Klärung des Grenzverlaufs abgelehnt worden. Aktenwidrigerweise und auf mangelhafter Grundlage sei feststellt worden, dass ein Herabfallen von Mauerteilen auf das Grundstück der Beklagten nicht ausgeschlossen werden könne. Da die alte Steinmauer weitgehend bereits abgetragen sei (die zwischenzeitige Entfernung im Laufe des Verfahrens könne als Oppositionsgrund geltend gemacht werden), könne der Kläger nicht dazu verpflichtet werden, entsprechend der Exekutionsbewilligung die Kosten der Ersatzvornahme zu tragen. Die in der Exekutionsbewilligung angeordnete Ersatzvornahme beziehe sich nicht auf die Mauerreste beim Eingangstor. Werde nur auf einen Teil des Anspruchs die Exekution bewilligt, so sei auch die Oppositionsklage nur diesbezüglich zulässig. Die Zulässigkeit der Oppositionsklage sei nicht anhand des auf Unterlassung lautenden Exekutionstitels, sondern anhand der Exekutionsbewilligung nach § 353 EO zu prüfen.
Damit wird keine erhebliche Rechtsfrage (§ 502 Abs 1 ZPO) dargestellt.
Rechtliche Beurteilung
1. Gegenstand des Oppositionsprozesses ist der materielle Bestand bzw die Fälligkeit des betriebenen Anspruchs. Der aus dem Exekutionstitel Verpflichtete kann das Bestehen bzw die Fälligkeit des Anspruchs mit dem Vorbringen bekämpfen, dass der Anspruch durch einen „nach Entstehung des … Exekutionstitels“ verwirklichten Sachverhalt berührt ist (Jakusch in Angst 2 § 35 EO Rz 5 und 12). Auch eine schikanöse Exekutionsführung berechtigt nur dann zur Oppositionsklage, wenn die Missbräuchlichkeit auf einer Änderung der Verhältnisse gründet (vgl 3 Ob 7/90 = SZ 63/49).
2. Die Oppositionsklage richtet sich, wie schon aus der Überschrift zu § 35 EO hervorgeht, gegen den - den Gegenstand der Exekution bildenden - Anspruch (siehe etwa RIS-Justiz RS0001454 [T1]). Die Wendung, dass zugunsten des Anspruchs Exekution bewilligt sein muss, grenzt nur ein, gegen welchen (Teil-)Anspruch die Oppositionsklage gerichtet werden kann; sie bewirkt aber nicht, dass generell die Verpflichtung laut Exekutionsbewilligung den Maßstab für die Beurteilung bilden würde, ob beispielsweise der Anspruch durch Erfüllung erloschen ist. Maßgeblicher Beurteilungsmaßstab bleibt immer der (betriebene) Anspruch (vgl Dullinger in Burgstaller/Deixler-Hübner, § 35 EO Rz 46). Wird beispielsweise nur ein Teilanspruch aus einem Titel in Exekution gezogen, kann wegen des übrigen Titelinhalts keine Oppositionsklage erhoben werden (RIS-Justiz RS0001366, RS0001538 [T1]).
Nach dem Exekutionsantrag war die im östlichen Teil des Grundstücks Nr 576/9 bestehende Steinschlichtung auf einer Länge von rund 18 m abzutragen, nicht dagegen die Steinschlichtung auf den „ersten 5 m“ von der Toranlage beginnend. Demzufolge ist insoweit eine Abgrenzung notwendig, als herabgefallene Ablagerungen im Bereich der ersten 5 m einem Erfolg der gegenständlichen Oppositionsklage nicht schädlich wären. Entscheidend ist daher, ob die titelmäßige Verpflichtung in Bezug auf die neu errichtete Mauer erfüllt wurde.
3. Die ständige Rechtsprechung versteht titelmäßige Verpflichtungen, die letztlich auf ein „Erfolgsverbot“ gerichtet sind, selbst dann, wenn vom Titelschuldner aktive Abhilfemaßnahmen gefordert werden (indem er für etwas „Sorge zu tragen hat“), als Unterlassungsverpflichtungen (zuletzt etwa 3 Ob 54/11d = EvBl 2011/95, 667 [Jelinek] = immolex 2012/17, 55 [Cerha] mwN), weshalb sie nicht der Exekution nach § 353 oder § 354 EO, sondern in weiter Auslegung des § 355 EO der Exekution zur Erwirkung von Duldungen und Unterlassungen unterliegen.
4. Wie bereits unter 2. ausgeführt, richtet sich die Oppositionsklage gegen den Bestand bzw die Fälligkeit des betriebenen Anspruchs, nicht gegen den Inhalt der Exekutionsbewilligung. Entscheidend ist daher im vorliegenden Fall, ob der betriebene Unterlassungsanspruch durch Tatsachen, die nach Schluss der Verhandlung erster Instanz im Titelprozess eingetreten sind, erloschen ist.
Nach dem Titel trifft den Kläger eine Unterlassungsverpflichtung dahingehend, dass das Herabfallen von Mauerteilen von seinem Grundstück auf das Nachbargrundstück sowie die Ablagerung von Materialien auf dem Nachbargrundstück vermieden wird. Mit anderen Worten ist sicherzustellen, dass es nicht mehr zum Herabfallen und zur Ablagerung von Materialien kommt. Wie unter 2. ausgeführt, ist dabei für das gegenständliche Verfahren nur die Länge der neu errichteten Steinschlichtung maßgeblich.
Das Berufungsgericht hat ausführlich dargelegt, dass die Ursache für das Herabfallen von Mauerteilen und der Ablagerung auf dem Grundstück der Beklagten in einer Bewegung des Hangs des Klägers in Richtung des Grundstücks der Beklagten liegt und jedenfalls davon ausgegangen werden kann, dass diese Ursache nicht beseitigt ist, weshalb nach wie vor nicht ausgeschlossen ist, dass es weiterhin zu den verbotenen Einwirkungen auf das Grundstück der Beklagten kommt. In diesem Sinn ist die Rechtsansicht des Berufungsgerichts durchaus vertretbar, dass der Kläger der betriebenen Unterlassungsverpflichtung nicht gänzlich nachgekommen ist, weshalb der betriebene Anspruch nicht durch gänzliche Erfüllung erloschen ist.
5. Soweit in der Revision eine vom Berufungsgericht verneinte Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens geltend gemacht und die Tatsachenfeststellungen angefochten werden, liegt von vornherein kein tauglicher Revisionsgrund vor.
6. Mangels erheblicher Rechtsfrage ist die Revision des Klägers zurückzuweisen.
Die Entscheidung über die den beklagten Parteien zu ersetzenden Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf den §§ 50, 41 ZPO. Die beklagten Parteien haben in ihrer Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.
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