European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0100OB00066.15A.0119.000
Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass das Urteil des Erstgerichts zu lauten hat:
„Das Klagebegehren, die zu Gunsten des Beklagten ersichtlich gemachte Urkundenhinterlegung für ein Bauwerk auf Grundstück Nr ***** gemäß § 10 Abs 1a UHG wird im Gutbestandsblatt der Liegenschaft EZ 1899 GB ***** (Eigentümerin H*****) gelöscht, wird abgewiesen.“
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 4.020,80 EUR (davon 465,96 EUR USt und 1.225 EUR Barauslagen) bestimmten Verfahrenskosten aller drei Instanzen binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin ist Eigentümerin einer Liegenschaft, auf der sich ein Superädifikat (Sommerhaus mit Schwimmbecken, Geräteschuppen und Kinderhaus) befindet. Sie vermietete die Liegenschaft K*****. Der Mietvertrag sieht vor, dass die Überlassung des Mietobjekts an Dritte unter welchem Titel auch immer der Genehmigung des Vermieters bedarf und der Mieter des Mietgegenstands und der Eigentümer des darauf befindlichen Superädifikats identisch sein müssen. Die Übertragung des Superädifikats an Dritte setzt daher voraus, dass mit dem Erwerber des Superädifikats auch ein Mietverhältnis hinsichtlich des Mietgegenstands begründet wird. Im Vertrag ist für den Fall der Beendigung des Bestandverhältnisses aus welchem Grund immer bestimmt, dass der Vermieter das Wahlrecht hat, entweder die Wiederherstellung des früheren Zustands einschließlich der Beseitigung aller Pflanzungen und Abtragung aller Anlagen, Investitionen und Herstellungen auf Kosten und Gefahren des Mieters innerhalb angemessener Frist zu verlangen oder die Übertragung in das Eigentum des Vermieters zu fordern, wobei für den Fall, dass eine behördlich genehmigte und kollaudierte Baulichkeit als Superädifikat besteht, der Vermieter nur für diese Baulichkeit im Fall dieser Wahl eine Ablöse in der Höhe des halben Zeitwerts des Superädifikats zu leisten hat.
Im gerichtlichen Scheidungsfolgenvergleich vom 25. 1. 2012 vereinbarten K***** und der Beklagte, dass K***** ihre Mietrechte an der von der Klägerin gemieteten Liegenschaft „samt Haus (Superädifikat) und Einrichtung“ auf den Beklagten überträgt. Sie erteilte ihre Einwilligung zur Hinterlegung dieser Urkunde in die Sammlung der bei Gericht hinterlegten und eingereihten Urkunden zum Zweck des Erwerbs des Eigentumsrechts an dem ihr angeblich gehörigen auf der Liegenschaft der Klägerin errichteten Superädifikat.
Mit Beschluss des Bezirksgerichts Neulengbach vom 23. 3. 2012 wurde die Hinterlegung des Scheidungsvergleichs in die Sammlung der bei Gericht hinterlegten und eingereihten Urkunden zum Zweck des Erwerbs des Eigentumsrechts von K***** an dem auf der Liegenschaft der Klägerin errichteten Superädifikat durch den Beklagten bewilligt. Weiters wurde mit diesem Beschluss die Ersichtlichmachung der Urkundenhinterlegung für ein Bauwerk im Gutbestandsblatt der Liegenschaft der Klägerin gemäß § 10 Abs 1a UHG angeordnet.
Die Klägerin erteilte niemals die Zustimmung zur Übertragung des Eigentumsrechts am Superädifikat von K***** auf den Beklagten.
Das Mietverhältnis zwischen der Klägerin und K***** wurde mit rechtskräftigem Versäumungsurteil des Bezirksgerichts Neulengbach, AZ 2 C 655/12m, aufgelöst.
Die Klägerin begehrt mit ihrer Klage, die zu Gunsten des Beklagten ersichtlich gemachte Urkundenhinterlegung für ein Bauwerk auf Grundstück Nr ***** gemäß § 10 Abs 1a UHG im Gutbestandsblatt der Liegenschaft EZ 1899 GB ***** zu löschen, weil sie der Übertragung der Mietrechte bzw des Rechts am Superädifikat ‑ wie dies auch ausdrücklich im Mietvertrag vereinbart worden sei ‑ nicht zugestimmt habe. Das Mietverhältnis sei vorzeitig nach § 1118 ABGB aufgelöst und dies durch rechtskräftiges Versäumungsurteil bestätigt worden.
Der Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. K***** habe „das Recht am Bauwerk“ rechtswirksam dem Beklagten übertragen. Trotz Beendigung des Mietvertrags seien „die Rechte“ des Beklagten am Bauwerk unverändert aufrecht, weil der halbe Zeitwert des Bauwerks nicht abgegolten worden sei.
Das Erstgericht gab im zweiten Rechtsgang dem Klagebegehren statt. Es traf die eingangs wiedergegebenen Feststellungen. Da die Klägerin ihre Zustimmung zur Übertragung der Mietrechte bzw des Rechts am Superädifikat, wie im Mietvertrag vereinbart, nicht gegeben habe, seien ihre Rechte aus dem Mietvertrag durch die Übertragung des Superädifikats verletzt worden. Trotz Kenntnis des Mietvertrags hätten K***** und der Beklagte die Eigentumsübertragung vereinbart. Zu keinem Zeitpunkt hätten die Mietrechte wirksam übertragen werden können, weil die Klägerin ihre Zustimmung dazu verweigert habe. Im Hinblick auf die Regelungen im Mietvertrag, wonach Mieter und Eigentümer des Superädifikats ident sein müssen, und auf die detaillierte Regelung über das Schicksal des Superädifikats für den Fall der Aufgabe der Mietrechte könnten im konkreten Fall das Mietverhältnis und das Eigentumsrecht am Superädifikat nicht gänzlich getrennt voneinander beurteilt werden. Vielmehr bestehe durch den Mietvertrag eine Vereinbarung, die „das Mietrecht und das Eigentumsrecht am Superädifikat nur in seiner Gesamtheit gemeinsam beurteilen lasse“. Durch die eigenmächtige Übertragung des Eigentumsrechts von K***** an den Beklagten sei die Klägerin in ihren Rechten verletzt worden und dadurch „durch das Superädifikat in ihrem Eigentumsrecht belastet“.
Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Die bisherige Mieterin habe schon nach § 86 Abs 2 EheG ihre Mietrechte im Scheidungsvergleich ohne Zustimmung der Klägerin nicht wirksam auf den Beklagten übertragen können. Nach dem Inhalt des Mietvertrags habe die Überlassung des Mietobjekts an Dritte unter welchem Titel auch immer der Genehmigung der Vermieterin bedurft. Wenn im Vertrag festgehalten sei, dass der Mieter des Mietgegenstands und der Eigentümer des darauf befindlichen Superädifikats identisch sein müssen, sowie dass die Übertragung des Superädifikats an Dritte voraussetzt, dass mit dem Erwerber des Superädifikats auch ein Mietverhältnis begründet wird, so sei dies nur dahingehend auszulegen, dass nicht nur für die Übertragung der Mietrechte, sondern auch des Eigentums an dem Superädifikat die Zustimmung der Klägerin erforderlich sei.
Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision zu, weil zu den Fragen, ob die Übertragung des Eigentums an einem Superädifikat auch der Zustimmung des Liegenschaftseigentümers nach § 86 Abs 2 EheG bedürfe sowie ob eine Löschungsklage in analoger Anwendung des § 61 GBG dem Liegenschaftseigentümer auch dann zustehe, wenn das Eigentum am Superädifikat ohne eine allenfalls nach § 86 Abs 2 EheG erforderliche oder eine vertraglich vereinbarte Zustimmung des Grundeigentümers in einem Scheidungsvergleich übertragen worden sei, höchstgerichtliche Rechtsprechung nicht vorliege.
Rechtliche Beurteilung
Die von der Klägerin beantwortete Revision des Beklagten ist zulässig; sie ist auch berechtigt.
Die Revision macht im Wesentlichen im Ergebnis geltend, dass die fehlende Zustimmung der Klägerin den Übergang des Eigentums am Superädifikat von der geschiedenen Ehefrau des Beklagten auf ihn nicht hindern konnte.
1. Vorweg ist festzuhalten, dass der Scheidungsvergleich zu einem Zeitpunkt geschlossen wurde, als die geschiedene Ehefrau des Beklagten noch Mieterin der Liegenschaft der Klägerin war. Dies lässt sich dem Vorbringen der Klägerin, den Feststellungen des Erstgerichts (auch indiziert durch das Aktenzeichen des Versäumungsurteils) und dessen rechtlicher Beurteilung entnehmen, wäre doch eine Zustimmung der Klägerin zur Übertragung der Mietrechte K*****s auf den Beklagten nicht möglich gewesen, wäre das Mietverhältnis am 25. 1. 2012 nicht mehr aufrecht gewesen.
Tatsächlich hat die Klägerin die Räumungsklage, in der sie die Auflösung des Bestandverhältnisses erklärte, am 26. 7. 2012 zu 2 C 655/12m des Bezirksgerichts Neulengbach eingebracht.
2. Der abgeleitete Eigentumserwerb an einem Bauwerk gemäß § 435 ABGB (Superädifikat) erfordert als spezifischen sachenrechtlichen Modus die Urkundenhinterlegung (§§ 434, 435 ABGB; 5 Ob 55/13v) und setzt die Berechtigung des Vormanns voraus. Die Klägerin hat nie behauptet, dass K***** im Zeitpunkt der Urkundenhinterlegung nicht Eigentümerin des Superädifikats war. Sie stützt ihre Klage vielmehr auf den Umstand, dass sie weder der Übertragung der Mietrechte noch des Eigentums am Superädifikat auf den Beklagten zugestimmt habe.
3. Nach der Rechtsprechung steht dem Grundeigentümer gegen eine Urkundenhinterlegung, die sein Eigentum zu Unrecht mit einem Bauwerk iSd § 435 ABGB (Superädifikat) „belastet“, eine Löschungsklage analog zu § 61 GBG zu (RIS‑Justiz RS0037897; ablehnend Hoyer, Glosse zu 5 Ob 32/10g, NZ 2010/764 [GBSlg], nach dessen Ansicht der von einer Hinterlegung Betroffene im Hinblick auf § 1 Abs 1 Z 2 UHG gegen den Antragsteller eine Klage auf Feststellung des Nichtbestehens des durch Hinterlegung oder Einreihung ausgewiesenen Rechts erheben kann, weil gegen eine Urkundenhinterlegung nach UHG dieses Gesetz eine Löschungsklage nicht zulässt und sich aus der Ersichtlichmachung nach § 10 Abs 1a UHG keine dinglichen Rechte ergeben).
4. Das Begehren der Klägerin ist auf Löschung der gemäß § 10 Abs 1a UHG erfolgten Ersichtlichmachung gerichtet. Diese setzt die Urkundenhinterlegung als sachenrechtlichen Modus für den Rechtserwerb an einem Bauwerk iSd § 435 ABGB voraus, was im Gutbestandsblatt des betroffenen Grundstücks erkenntlich (ersichtlich) zu machen ist. Sie betrifft damit eine „unbestreitbare Rechtstatsache“ und wirkt in keiner Weise rechtsbegründend. Die Formulierung des Klagebegehrens ist daher verfehlt (vgl 5 Ob 55/13v). Es kommt aber auch einem auf Löschung der Urkundenhinterlegung gerichteten Begehren, worauf die Klage in Wahrheit abzielt, keine Berechtigung zu.
5.1. Entgegen der Ansicht der Vorinstanzen und der Klägerin führt die mangelnde Zustimmung der Klägerin nicht zu einem materiell unwirksamen Scheidungsvergleich (Titel für den Eigentumserwerb am Superädifikat durch den Beklagten).
5.2. Mit Beendigung des Nutzungsverhältnisses geht das Eigentum am Superädifikat nicht unter (1 Ob 513/93; 5 Ob 28/04k). Der Eigentümer des Bauwerks hat dieses aber ‑ je nach Vereinbarung ‑ unter Umständen zu beseitigen (8 Ob 97/11i). Zulässig ist auch die Vereinbarung, dass es (mit oder ohne Entschädigung) an den Grundeigentümer zu übertragen ist (3 Ob 76/86; 1 Ob 14/06z); auch in diesem Fall ist für den Eigentumserwerb des Grundeigentümers die Urkundenhinterlegung erforderlich (5 Ob 278/07d).
5.3. Zur Übertragung eines Bauwerks durch Urkundenhinterlegung ist die Zustimmung des Liegenschaftseigentümers nicht erforderlich (RIS‑Justiz RS0077190).
5.4. Die Möglichkeit der Veräußerung des Bauwerks hängt rechtlich nicht vom schuldrechtlichen Benützungsverhältnis ab. Es kommt nicht darauf an, ob eine wirksame Vertragsübernahme, eine zulässige oder unzulässige Untervermietung oder was hinsichtlich des Grundstücks sonst vorliegt. Dass mit Beziehung auf den erzielbaren Preis die Veräußerung des Bauwerks in aller Regel davon abhängig ist, dass der Erwerber nach Lage des schuldrechtlichen Benützungsverhältnisses damit rechnen kann, dass der Grundeigentümer dieses Verhältnis nicht beendet, begründet bloß eine wirtschaftliche Abhängigkeit. Es ist allein Sache des Erwerbers, wie er sich mit dem Grundeigentümer auseinandersetzt (F. Bydlinksi, Das Recht der Superädifikate, 48 f). Er trägt das Risiko, dass er „auf Abbruch“ gekauft hat.
5.5. In der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs wurde allerdings im Fall der Veräußerung eines Superädifikats durch gerichtliche Feilbietung eine rechtliche Verbindung zwischen dem Bauwerk und dem Grundbenützungsverhältnis hergestellt (RIS‑Justiz RS0011249; ablehnend F. Bydlinksi, Das Recht der Superädifikate, 49). Wird von einem Miteigentümer des Superädifikats das Recht auf Teilung (§ 830 ABGB) ausgeübt, so ist nach dieser Rechtsprechung eine Aufhebung der Eigentumsgemeinschaft am Superädifikat und an der Rechtsgemeinschaft an dem Bestandrecht an der Liegenschaft, auf der das Superädifikat errichtet wurde, durch gerichtliche Feilbietung nur möglich, wenn bereits im Zeitpunkt des Schlusses der Verhandlung erster Instanz die Zustimmung des Grundeigentümers zum Eintritt des Erwerbers in den bestehenden Bestandvertrag mit den Miteigentümern des Superädifikats vorliegt. In der Entscheidung 8 Ob 507/86 verneinte der Oberste Gerichtshof die Anwendbarkeit dieser Rechtsprechung, wenn einem Miteigentümer, der auf das seinem Miteigentumsanteil am Superädifikat zugrunde liegende Benützungsrecht an der Liegenschaft verzichtet hat, jedenfalls der Anspruch verbleiben muss, die Teilung durch Verkauf des Superädifikats auf Abbruch zu begehren. Dieses Begehren müsse er nicht bereits im Teilungsverfahren stellen. Es dürfe ihm nicht die Möglichkeit genommen werden, sich nach rechtskräftiger Bewilligung der Aufhebung der Eigentumsgemeinschaft durch Zivilteilung schlechthin um die Zustimmung des Grundeigentümers zur Benützung seines Grundes durch den Ersteher des Superädifikats zu bemühen.
5.6. Für den vom Berufungsgericht vertretenen Standpunkt ist aus der dargestellten Judikatur nichts zu gewinnen, weil sie die Frage der Wirksamkeit der Veräußerung des Superädifikats ohne Zustimmung des Grundeigentümers nicht behandelt.
6.1. Eine gegen ein vertragsmäßiges (mangels der Voraussetzungen des § 364c Satz 2 ABGB) nur schuldrechtlich zwischen den Vertragspartnern wirksames Veräußerungsverbot (§ 364c Satz 1 ABGB) erfolgte Verfügung des Verpflichteten über die verbotsbetroffene Sache ist wirksam (Leupold in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang³ § 364c Rz 29; Spielbüchler in Rummel³ I § 364c Rz 6; Holzner in Kletecka/Schauer, ABGB‑ON1.02 § 364c Rz 7; Oberhammer in Schwimann/Kodek 4 ABGB § 364c Rz 4). Eine „dingliche“ Wirkung des Verbots kann auch nicht dadurch erreicht werden, dass bei einer Zuwendung die Veräußerung zur auflösenden Bedingung gemacht wird, läge doch darin eine Umgehung des Gesetzes (Klang in Klang² II 187 mwN; Leupold in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang³ § 364c Rz 29; Spielbüchler in Rummel³ I § 364c Rz 6; Holzner in Kletecka/Schauer, ABGB‑ON1.02 § 364c Rz 7).
6.2. Hindert ein nur schuldrechtlich wirksames Veräußerungsverbot hinsichtlich eines Superädifikats nicht die Wirksamkeit einer verbotswidrigen Veräußerung, ist auch eine Veräußerung des Superädifikats ohne die mit dem Grundeigentümer vertraglich vereinbarte Zustimmung wirksam. Die Veräußerung ist auch nicht dadurch hinderbar, dass der Grundeigentümer mit dem Eigentümer des Superädifikats vereinbart, der Eigentümer des Superädifikats müsse zugleich Mieter der Liegenschaft sein, auf der das Superädifikat errichtet ist. Die Frage anders zu entscheiden, bedeutete die Möglichkeit der Umgehung des § 364c ABGB zu bejahen.
7. Da der Beklagte das Superädifikat wirksam erworben hat und dessen Eigentümer ist, ist die Liegenschaft der Klägerin nicht zu Unrecht mit diesem belastet. In Stattgebung der Revision war daher das Klagebegehren abzuweisen.
8. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO. Im Revisionsverfahren gebührt nur der einfache Einheitssatz.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)