OGH 6Ob188/15p

OGH6Ob188/15p26.11.2015

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.‑Prof. Dr. Kodek und Mag. Wurzer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dipl.‑Ing. E***** K*****, vertreten durch Mag. Dominik Maringer, Rechtsanwalt in Vöcklabruck, gegen die beklagten Parteien 1. D***** S*****, vertreten durch Mag. Mathias Kapferer, Rechtsanwalt in Innsbruck, 2. Dr. H***** R*****, Deutschland, 3. S***** C*****, beide vertreten durch Mag. Günther Eybl, Rechtsanwalt in Gmunden, 4. P***** C*****, 5. Dr. D***** L*****, beide *****, beide vertreten durch Mag. Mathias Kapferer, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Unterlassung (Streitwert 4.500 EUR) und Leistung (Streitwert 3.000 EUR), über die Revisionen der beklagten Parteien gegen das Urteil des Landesgerichts Wels als Berufungsgericht vom 13. Mai 2015, GZ 22 R 65/15p‑49, mit dem das Urteil des Bezirksgerichts Vöcklabruck vom 5. Dezember 2014, GZ 50 C 397/13z‑44, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0060OB00188.15P.1126.000

 

Spruch:

 

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden mit der Maßgabe bestätigt, dass die Entscheidung nunmehr zu lauten hat:

„Die beklagten Parteien sind schuldig, auf dem Grundstück ***** der Liegenschaft EZ ***** Grundbuch *****, Bezirksgericht Vöcklabruck,

a) die dort befindlichen Waschbetonplatten und die Thujenhecke binnen 14 Tagen zu entfernen und eine neuerliche Verlegung von Waschbetonplatten sowie eine neuerliche Anpflanzung einer Thujenhecke beziehungsweise ähnliche Handlungen zu unterlassen;

b) ab sofort das Abstellen von Kraftfahrzeugen zu unterlassen.

Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei die mit 6.658,28 EUR (darin 954,58 EUR Umsatzsteuer und 930,80 EUR Barauslagen) bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz binnen 14 Tagen zu ersetzen."

Die beklagten Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der klagenden Partei die mit 2.285,82 EUR (darin 380,97 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Entscheidungsgründe:

Nach § 510 Abs 3 Satz 1 ZPO kann der Oberste Gerichtshof als Revisionsgericht in der Ausfertigung seiner Entscheidung die Wiedergabe des Parteivorbringens und der tatsächlichen Entscheidungsgrundlagen auf das beschränken, was zum Verständnis seiner Rechtsausführungen erforderlich ist.

In diesem Sinn ist festzuhalten, dass der Kläger Eigentümer der Liegenschaft EZ ***** Grundbuch *****, Bezirksgericht Vöcklabruck, ist, welche in ihrem nordwestlichen Bereich an die Liegenschaft EZ ***** desselben Grundbuchs angrenzt. Die Beklagten sind Mit- und Wohnungseigentümer dieser Liegenschaft, die im Jahr 1973 von der Liegenschaft EZ ***** desselben Grundbuchs, deren Eigentümer die Eltern von E***** M***** waren, abgeschrieben worden ist.

Nach dem Erwerb dieser Liegenschaft im Jahr 1982 begründete O***** L***** Wohnungseigentum und schuf vier Eigentumswohnungen (W 1 bis 4). Über verschiedene Zwischeneigentümer erwarben in weiterer Folge die Beklagten ihre Miteigentumsanteile samt Wohnungseigentum. Zubehör-Wohnungseigentum ist im Grundbuch nicht eingetragen. Mit Beschluss des Bezirksgerichts Vöcklabruck vom 2. 2. 1990, Msch *****, wurden die Nutzwerte neu festgesetzt. Demnach gehören zur Wohnung W 1 eine nicht überdachte Terrasse mit einer Fläche von 9,88 m² und ein PKW-Abstellplatz mit einer Fläche von 15 m². Zur Wohnung W 2 gehört ein PKW-Abstellplatz mit einer Fläche von 15 m². Zur Wohnung W 3 gehören eine nicht überdachte Terrasse mit einer Fläche von 83,92 m², eine Garage mit einer Fläche von 26,25 m² und ein Vorplatz zur Garage mit einer Fläche von 32 m². Zur Wohnung W 4 gehören eine überdachte Terrasse mit einer Fläche von 25,92 m² und ein PKW-Abstellplatz mit einer Fläche von 15 m². In dem dieser Nutzwertfestsetzung zugrunde liegenden Gutachten vom 16. 1. 1989 sind die PKW-Abstellplätze der Wohnungen W 1, 2 und 4 jeweils wie folgt beschrieben: „1/3 von 45 m².“ Eine konkrete Zuordnung jedes einzelnen Abstellplatzes zu einer bestimmten Wohnung und die konkrete räumliche Abgrenzung der einzelnen Abstellplätze sind weder dem Gutachten noch den angeschlossenen Plänen zu entnehmen.

Alle angeführten Grundstücke sind nicht im Grenzkataster eingetragen.

Einer der Rechtsvorgänger der Beklagten, der im Jahr 1979 die Liegenschaft EZ ***** erworben hatte, setzte im Süden und Südosten eine Thujenhecke und verlegte im östlichen Grenzbereich Waschbetonplatten, auf denen in der Folge Bewohner des Hauses ihre Fahrzeuge abstellten.

Vom im Norden der angeführten Grundstücke verlaufenden öffentlichen Weg führt eine 3,2 bis 3,6 m breite geschotterte Zufahrtsstraße zum Haus des Klägers. Diese Zufahrt verläuft parallel zur Ostgrenze des Grundstücks der Beklagten. Zwischen dem Haus der Beklagten und der Zufahrt befindet sich eine 4,35 bis 4,40 m breite, mit Waschbetonplatten befestigte Parkfläche. Am südlichen Ende dieser Parkfläche beginnt parallel zur Zufahrt die Thujenhecke, die zunächst Richtung Süden verläuft und dann im rechten Winkel Richtung Westen. Der Parkplatz ragt an seinem südlichen Ende etwa 2,10 m in das Grundstück des Klägers, an seinem nördlichen Ende etwa 80 cm. Der Richtung Süden verlaufende Teil der Thujenhecke ist 7,7 m lang und befindet sich zur Gänze auf dem Grundstück des Klägers. Der Richtung Westen verlaufende Teil hat eine Länge von 19,2 m und befindet sich im Westen ebenfalls zur Gänze auf dem Grundstück des Klägers.

Die Vorinstanzen verpflichteten aufgrund der ‑ ausdrücklich so bezeichneten ‑ Eigentumsfreiheitsklage übereinstimmend die Beklagten zur Entfernung der auf dem Grundstück ***** befindlichen Waschbetonplatten sowie der Thujenhecke und zur Unterlassung der genannten Störungshandlungen beziehungsweise jeder ähnlichen Handlung sowie des Abstellens von Kraftfahrzeugen auf diesem Grundstück des Klägers. Das Berufungsgericht sprach darüber hinaus aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands einerseits hinsichtlich der Entfernung der Waschbetonplatten und der Unterlassung des Abstellens von Kraftfahrzeugen sowie des neuerlichen Verlegens von Waschbetonplatten und andererseits hinsichtlich der Entfernung der Thujenhecke und der Unterlassung des neuerlichen Anpflanzens einer solchen jeweils 5.000 EUR übersteigt und dass die ordentliche Revision zulässig ist; die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage, ob bei einer gegen Miteigentümer einer Liegenschaft gerichteten Unterlassungsklage wegen Anmaßung einer Grunddienstbarkeit ohne gleichzeitige Erhebung eines Feststellungsbegehrens eine einheitliche Streitgenossenschaft vorliegt, sei nicht ganz eindeutig.

In der Sache selbst bejahte das Berufungsgericht eine notwendige Streitgenossenschaft auf Seiten der Beklagten, weil der Kläger nicht eine schlichte Unterlassungsklage, sondern eine Eigentumsfreiheitsklage nach § 523 ABGB erhoben habe; damit seien alle Wohnungseigentümer unabhängig von ihrem individuellen Rechtsbesitz passiv legitimiert, der Kläger habe seine Entfernungsklage undifferenziert gegen alle Beklagten richten dürfen, wobei ihm der Beweis gelungen sei, dass sich Waschbetonplatten und Thujenhecke (teilweise) auf seinem Grund befinden. Der Nachweis der Ersitzung des Eigentumsrechts oder einer Dienstbarkeit an den betroffenen Grundflächen sei den Beklagten mangels guten Glaubens deren Rechtsvorgängers, der gewusst habe, dass Waschbetonplatten und Thujenhecke auf fremden Grund verlegt beziehungsweise gepflanzt wurden, nicht gelungen; auch die Beklagten seien auf die Eigentumsverhältnisse hingewiesen worden. Eine schlüssige Einräumung einer Dienstbarkeit sei im Zweifel nicht erfolgt; die Beklagten hätten auch keine kostspieligen Anlagen auf klägerischem Grund errichtet, deren Duldung als Einverständnis mit der Begründung einer Dienstbarkeit verstanden hätte werden können.

Rechtliche Beurteilung

Die Revisionen der Beklagten sind aus den vom Berufungsgericht angeführten Gründen zulässig; sie sind aber nicht berechtigt.

1. Das Berufungsgericht hat bei seinem Bewertungsausspruch nach § 500 ZPO die Begehren auf Entfernung der Waschbetonplatten und auf Unterlassung deren neuerlicher Verlegung sowie des Abstellens von Kraftfahrzeugen einerseits und auf Entfernung der Thujenhecke und auf Unterlassung deren Wiederanpflanzens andererseits jeweils gemäß § 55 Abs 1 Z 1 JN zusammengerechnet und gemeinsam bewertet. Zwar stehen mehrere Ansprüche aus einer Eigentumsfreiheitsklage nach § 523 ABGB, die sich auf verschiedene Eingriffshandlungen des Beklagten stützt, regelmäßig nicht in einem tatsächlichen oder rechtlichen Zusammenhang im Sinne des § 55 Abs 1 Z 1 JN (RIS‑Justiz RS0110012) und könnten deshalb auch das Abstellen von Fahrzeugen und die Verlegung von Waschbetonplatten als unterschiedliche Eingriffe angesehen werden. Allerdings konnte im Hinblick darauf, dass die Befestigung des Untergrunds mit Waschbetonplatten ganz offensichtlich primär dem Abstellen von Fahrzeugen auf dieser Fläche diente, ein Auftrag zur Ergänzung des Bewertungsausspruchs durch das Berufungsgericht unterbleiben.

2. Die Beklagten vertreten auch im Revisionsverfahren die Auffassung, sie seien in diesem Verfahren nicht als einheitliche Streitpartei im Sinne des § 14 ZPO anzusehen. Passivlegitimiert seien vielmehr nur jene von ihnen, die ein Recht an den strittigen Grundflächen in Anspruch nehmen beziehungsweise deren Wohnungseigentumsobjekt diese zugewiesen sind. Deshalb fehle es insbesondere hinsichtlich der Erst-, Viert- und Fünftbeklagten an einer für das Unterlassungsbegehren erforderlichen Wiederholungsgefahr; diese hätten dem Kläger im Laufe des erstinstanzlichen Verfahrens einen vollstreckbaren Unterlassungsvergleich angeboten. Im Übrigen wären nicht die Miteigentümer der Beklagtenliegenschaft als solche, sondern die Eigentümergemeinschaft passiv legitimiert, weil das Begehren des Klägers in den Bereich der Verwaltung der Liegenschaft der Beklagten falle.

2.1. Die Eigentümergemeinschaft gemäß § 18 WEG 2002 besitzt nur in Angelegenheiten der Verwaltung der Liegenschaft eine „Quasirechtspersönlichkeit“. Sie kann auch nur in Angelegenheiten der Verwaltung der Liegenschaft Rechte erwerben und Verbindlichkeiten eingehen sowie klagen und geklagt werden (RIS-Justiz RS0108020 [T14]; vgl auch Würth/Zingher/Kovanyi, Miet- und Wohnrecht II23 [2015] § 18 WEG Rz 6 f). Ob den jeweiligen Eigentümern (Miteigentümern) einer Liegenschaft gegenüber dem Eigentümer der Nachbarliegenschaft ein Nutzungsrecht an dieser zusteht, betrifft für sich keine Geschäftsführungshandlung, somit keine Angelegenheit der Verwaltung im Sinne des § 18 WEG. Gleiches gilt für die Frage der Grundstücksgrenzen (RIS-Justiz RS0108021 [T1]). Damit ist auch eine Eigentumsfreiheitsklage nach § 523 ABGB nicht gegen die Eigentümergemeinschaft, sondern gegen die Miteigentümer zu richten (vgl 5 Ob 230/97b; ebenso Koch in Koziol/Bydlinski/Bollenberger, ABGB4 [2014] § 523 Rz 13).

2.2. Nach § 14 ZPO bilden, wenn die Wirkung des zu fällenden Urteils sich kraft der Beschaffenheit des streitigen Rechtsverhältnisses oder kraft gesetzlicher Vorschrift auf sämtliche Streitgenossen erstreckt, dieselben eine einheitliche Streitpartei.

2.2.1. Ein Teil der ‑ insbesondere älteren ‑ Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs bejahte bei einer Unterlassungsklage gegen die Anmaßung einer Grunddienstbarkeit die Passivlegitimation aller Miteigentümer der (vorgeblich) herrschenden Liegenschaft im Sinne einer einheitlichen Streitpartei (RIS‑Justiz RS0012106 [T1, T5]). Dabei wurde zunächst auch vertreten, dass dann, wenn nur der Störer geklagt wird, der Mangel dieser Passivlegitimation von Amts wegen zu berücksichtigen sei (RIS-Justiz RS0012106 [T5]).

Von dieser Rechtsprechung ging der Oberste Gerichtshof zwar in der Folge regelmäßig ab und bejahte auch dann, wenn sich die Störungshandlung als Anmaßung einer Grunddienstbarkeit zu Gunsten eines im Miteigentum stehenden Grundstücks darstellt, die Möglichkeit, nach Wahl des gestörten Grundeigentümers auch nur den Störer alleine mit „schlichter Unterlassungsklage“ zu belangen (RIS‑Justiz RS0010425, RS0114280, RS0012106 [T14, T20]). Auch in späteren Entscheidungen wurde jedoch (weiterhin) eine Passivlegitimation sämtlicher Mit- und Wohnungseigentümer der Liegenschaft, von der die Störung ausging, im Sinne des § 14 ZPO für die Eigentumsfreiheitsklage bejaht (so etwa in der Entscheidung 5 Ob 230/97b, in der ein dem vorliegenden Sachverhalt ähnlicher Sachverhalt zu beurteilen war [bloßes Begehren auf Räumung, insbesondere durch Entfernung eines lebenden Zauns sowie von Fahrzeugen, Wiederherstellung und Unterlassung, ohne dass ein zusätzliches Begehren auf Feststellung des Nichtbestehens der angemaßten Dienstbarkeit erhoben worden wäre]; ähnlich auch 6 Ob 255/00v). Der Eigentumskläger muss nach diesen Entscheidungen vor Klagseinbringung nicht recherchieren, ob es sich bei der von ihm beanspruchten Fläche um einen allgemeinen Teil des Hauses handelt oder um einen solchen, an dem einem Wohnungseigentümer das ausschließliche Nutzungsrecht zusteht; er kann seine Räumungsklage undifferenziert gegen alle Wohnungseigentümer als Mitbesitzer der Liegenschaft richten. Auf die Besonderheiten des jeweiligen Wohnungseigentumsvertrags kommt es hierbei im Verhältnis zu ihm nicht an (5 Ob 392/97a).

In jüngerer Zeit stellte der Oberste Gerichtshof primär darauf ab, ob auch „das Bestehen eines vom Störer etwa beanspruchten Rechtes zum Gegenstand der Freiheitsklage gemacht wird“ (RIS-Justiz RS0012106 [T27]). Eine Auseinandersetzung mit der älteren Rechtsprechung erfolgte in der dieser Rechtsprechungslinie zugrunde liegenden Entscheidung 8 Ob 111/06s allerdings nicht. Vielmehr wurde eine Passivlegitimation der dortigen Beklagten schon als mittelbare Störer bejaht. In der Entscheidung 7 Ob 8/07p verneinte der Oberste Gerichtshof unter Berufung auf die Entscheidung 8 Ob 111/06s das Vorliegen einer Streitgenossenschaft nach § 14 ZPO, weil dort lediglich ein Unterlassungsbegehren gestellt worden war; das Vorliegen eines den Eigentümer zur Duldung verpflichtenden Rechtstitels bilde lediglich eine im Unterlassungsprozess zu lösende Vorfrage.

In der Entscheidung 10 Ob 47/13d ging der Oberste Gerichtshof im Fall einer § 523 ABGB nachgebildeten Klage gemäß § 364 Abs 2 ABGB auf Unterlassung, Beseitigung und Schadenersatz wieder von einer einheitlichen Streitpartei mehrerer Miteigentümer des dort „störenden“ Baumes im Sinne des § 14 ZPO aus.

2.2.2. In der Kommentarliteratur vertritt etwa Memmer (in Kletečka/Schauer, ABGB-ON1.00 [2010] § 523 Rz 10) die Auffassung, im Falle einer Miteigentümergemeinschaft seien alle Miteigentümer gemeinsam im Sinne einer notwendigen Streitgenossenschaft passiv legitimiert; gegen einen einzelnen von ihnen könne nur dann mit schlichter Unterlassungsklage vorgegangen werden, wenn nur dessen Störung und nicht ein allen Miteigentümern gemeinsam zustehendes vermeintliches Recht Gegenstand ist (ebenso Koch in Koziol/Bydlinski/Bollenberger, ABGB4 § 523 Rz 13; ausschließlich für eine einheitliche Streitgenossenschaft eintretend Hofmann in Rummel, ABGB³ [2000] § 523 Rz 4; jüngst Schneider in Fasching/Konecny³ II/1 § 14 ZPO Rz 22, die ausdrücklich auch die Unterlassungsklage erwähnt). Spath (in Schwimann/Kodek, ABGB4 [2012] § 523 Rz 21) weist darauf hin, dass die Eigentumsfreiheitsklage (auch als Unterlassungsklage) gegen sämtliche Miteigentümer einer Liegenschaft gerichtet sein müsse, zumal sich regelmäßig die Wirkung des zu fällenden Urteils kraft Beschaffenheit des streitigen Rechtsverhältnisses notwendigerweise auf sämtliche Miteigentümer erstreckt.

2.2.3. Die herrschende Auffassung lässt sich somit dahin zusammenfassen, dass die Eigentumsfreiheitsklage gemäß § 523 ABGB grundsätzlich gegen sämtliche Miteigentümer einer Liegenschaft gerichtet sein muss. Der Oberste Gerichtshof hat sich in der Entscheidung 10 Ob 47/13d zutreffend auf die bereits angeführte Begründung von Spath (aaO) bezogen, wonach sich in der Regel die Wirkung des zu fällenden Urteils kraft Beschaffenheit des streitigen Rechtsverhältnisses notwendigerweise auf sämtliche Miteigentümer erstreckt (ebenso 6 Ob 70/14h ZVB 2015/39 [Oppel] = immolex 2015/55 [Limberg]). Nicht nur bei Feststellung des Nichtbestehens einer Dienstbarkeit (RIS-Justiz RS0101793), sondern auch bei der auf das Nichtbestehen einer behaupteten Dienstbarkeit gestützten Klage auf Wiederherstellung und Unterlassung ist nämlich regelmäßig die Gefahr unlösbarer Verwicklungen bei isolierter Entscheidung gegeben (vgl 10 Ob 47/13d).

Gegen einen einzelnen der Miteigentümer kann hingegen ‑ und nur ausnahmsweise ‑ dann mit schlichter Unterlassungsklage vorgegangen werden, wenn nur dessen Störung und nicht ein allen Miteigentümern gemeinsam zustehendes vermeintliches Recht Gegenstand des Verfahrens ist (so auch 6 Ob 70/14h). Dieser Ausnahmefall liegt hier schon allein deshalb nicht vor, weil der Kläger unter anderem die Entfernung der Waschbetonplatten und der Thujenhecke begehrt (vgl in diesem Sinn auch 10 Ob 47/13d ebenfalls zu einem Unterlassungs- und Beseitigungsbegehren). Dass ‑ wie die Zweit- und Drittbeklagten meinen ‑ sie diese nicht verlegt beziehungsweise ausgepflanzt haben, vermag daran nichts zu ändern. Die Aufrechterhaltung dieses von ihrem Rechtsvorgänger geschaffenen Zustands fällt nunmehr in ihre Verfügungsmacht als Eigentümer. Sowohl der Unterlassungsanspruch nach § 364 Abs 2 ABGB als auch jener nach § 523 ABGB kann sich auch gegen denjenigen richten, der die Störung nur mittelbar veranlasst hat. Der Eigentümer ist etwa für von einer Anlage ausgehende Störungen auch dann passiv legitimiert, wenn ein Dritter die Anlage errichtete (RIS‑Justiz RS0012131 [T17, T23], vgl insbesondere 6 Ob 70/14h).

2.2.4. Damit kommt es aber auf die Frage, ob die hier strittigen Flächen im Verhältnis zwischen den Beklagten einzelnen von ihnen zur alleinigen Nutzung zugewiesen ist, nicht an.

2.2.5. Auch die übrigen Argumente der Beklagten gegen ihre Passivlegitimation beziehungsweise das Vorliegen von Wiederholungsgefahr gehen ins Leere. Bei einer notwendigen Streitgenossenschaft hat die von einem Streitgenossen gegen den Willen des anderen Streitgenossen vorgenommene Prozesshandlung keine rechtliche Wirkung. Die Verschmelzung zu einem einheitlichen Prozesssubjekt bewirkt einen einheitlichen Prozess mit einem einheitlichen, gleichlautenden Urteil (RIS‑Justiz RS0035701 [T5]). Ein Vergleich lediglich einzelner von mehreren notwendigen Streitgenossen mit dem Gegner ist als nicht vorhanden zu betrachten, er ist unbeachtlich (vgl 3 Ob 8/54). Es trifft zwar zu, dass die Rechtsprechung in Rechtsstreitigkeiten zur Feststellung und Durchsetzung mietvertraglicher Ansprüche die Klagsführung gegen einzelne Streitgenossen einer einheitlichen Streitpartei zugelassen hat, wenn die anderen Streitgenossen den geltend gemachten Anspruch ausdrücklich anerkannt haben (vgl dazu 5 Ob 2310/96h mwN; aus jüngerer Zeit 8 Ob 8/14f); dass sich diese Rechtsansicht auf eine Eigentumsfreiheitsklage nach § 523 ABGB nicht übertragen lässt, hat der Oberste Gerichtshof jedoch bereits klargestellt (10 Ob 47/13d).

Das Anbot eines Vergleichs lediglich durch die Erst-, Viert- und Fünftbeklagten vermochte daher die Wiederholungsgefahr auch gegenüber den Erst-, Viert- und Fünftbeklagten nicht zu beseitigen.

3. Die Zweit- und Drittbeklagten stützen sich in ihrer Revision weiterhin auf eine Ersitzung des Eigentums an dem durch die Parkfläche und die Thujenhecke in Anspruch genommenen Grundteil. Dem ist jedoch allein schon deshalb nicht zu folgen, weil die Vorinstanzen den guten Glauben der Beklagten und deren Rechtsvorgänger an ihr Eigentum am strittigen Grundteil während der erforderlichen dreißigjährigen Ersitzungszeit zutreffend verneinten.

4.1. Die Redlichkeit ist selbständiges Erfordernis des Ersitzungsbesitzes (RIS‑Justiz RS0034191). Ein Rechtsbesitzer ist redlich, wenn er glauben kann, dass ihm die Ausübung des Rechts zusteht. Der gute Glaube, also die Redlichkeit des Besitzers, fehlt aber, wenn der Besitzer auch nur Zweifel an der Rechtmäßigkeit seines Besitzes hegen musste (RIS‑Justiz RS0010137 [T1]). Die Ersitzung erfordert, dass der gute Glaube des Besitzers nicht nur beim Besitzerwerb, sondern während der ganzen Ersitzungszeit vorhanden ist (RIS‑Justiz RS0010175, RS0034105), weshalb die Ersitzung etwa auch durch nachträgliche Schlechtgläubigkeit unterbrochen wird (RIS‑Justiz RS0034103). Der für die Ersitzung erforderliche gute Glauben fällt weg, wenn der Besitzer entweder positiv Kenntnis erlangt, dass sein Besitz nicht rechtmäßig ist, oder wenn er zumindest solche Umstände erfährt, die zu Zweifeln an der Rechtmäßigkeit seines Besitzes Anlass geben (RIS‑Justiz RS0010184).

4.2. Nach den Feststellungen der Vorinstanzen wurde zwar der an der Ostseite des Hauses der Beklagten gelegene Parkplatz bereits von den Eltern von E***** M***** benützt, die auch Bewirtschaftungshandlungen im Bereich des südlich dieses Hauses verlaufenden Dorfgrabens, den sie als natürliche Grenze zwischen den Grundstücken der Parteien ansahen, durchführten. Die Liegenschaft der Beklagten wurde aber erst aufgrund des Teilungsplans vom 13. 12. 1972 von der Liegenschaft der Eltern von E***** M***** abgeschrieben und mit Kaufvertrag vom 28. 12. 1972 an Rechtsvorgänger der Beklagten verkauft.

Damit waren aber (spätestens) diese Rechtsvorgänger der Beklagten gehalten gewesen, sich aus dieser Planurkunde über die vermessenen Grenzen der Beklagtenliegenschaft zu informieren. Aus dieser Planurkunde hätten sie Zweifel über einen von ihnen allenfalls angenommenen Umfang der Beklagtenliegenschaft haben müssen, weshalb sie ab diesem Zeitpunkt nicht mehr als gutgläubig anzusehen waren. Damit wurde aber selbst dann, wenn die Eltern der E***** M***** als Voreigentümer noch in gutem Glauben an ihr Eigentum am strittigen Grundteil gewesen sein sollten, die noch nicht vollendete Ersitzung (den Feststellungen des Erstgerichts lässt sich als frühester Zeitpunkt des Beginns derselben das Jahr 1956 entnehmen) im Jahr 1972, mithin vor Ablauf der dreißigjährigen Ersitzungsfrist, unterbrochen. Auch eine eigene Ersitzung durch spätere Eigentümer der Beklagtenliegenschaft scheitert nach den Feststellungen am Erfordernis des guten Glaubens während der gesamten Ersitzungszeit.

5. Soweit sich die Zweit- und Drittbeklagten in ihrer Revision hilfsweise auch auf die Ersitzung einer dem Eingriff in das Eigentum des Klägers korrespondierenden Dienstbarkeit berufen, ist ihnen entgegenzuhalten, dass sie sich ‑ worauf bereits das Berufungsgericht zutreffend hingewiesen hat ‑ in ihrer Berufung auf diesen Rechtsgrund nicht (mehr) stützten; sie machten lediglich eine (stillschweigende) rechtsgeschäftliche Einräumung einer Dienstbarkeit geltend. Hat die Rechtsrüge in zweiter Instanz nur einen bestimmten Aspekt aufgegriffen, wurde das Ersturteil aber nicht aus dem nunmehr relevierten Grund bekämpft, dann kann die diesbezügliche rechtliche Beurteilung im Revisionsverfahren nicht mehr bekämpft werden (RIS‑Justiz RS0043338 [T11]; zuletzt etwa 10 Ob 28/15p).

6. Auch die behauptete (schlüssige) rechtsgeschäftliche Einräumung einer der Inanspruchnahme der Liegenschaft des Klägers entsprechenden Dienstbarkeit liegt nicht vor, wie das Berufungsgericht bereits zutreffend erkannt hat.

6.1. Ein Dienstbarkeitsvertrag kann zwar auch durch schlüssiges Verhalten im Sinne des § 863 ABGB zustandekommen (RIS‑Justiz RS0111562, RS0114010). Ein schlüssiger Dienstbarkeitsvertrag kommt jedoch nicht schon durch die bloße Duldung eines bestimmten Gebrauchs des dienenden Guts, sondern erst dann zustande, wenn zusätzliche Sachverhaltselemente den Schluss erlauben, der aus einem bestimmten Verhalten abzuleitende rechtsgeschäftliche Wille der (jeweils) Belasteten habe sich auf die Einräumung einer Dienstbarkeit als dingliches Recht bezogen. An die Annahme der schlüssigen Einräumung einer Dienstbarkeit sind, weil dies einem Teilrechtsverzicht gleichkommt, strenge Anforderungen zu stellen. Die sonst an die Ersitzung anknüpfenden Erfordernisse des rechtmäßigen, redlichen und echten Besitzes, einschließlich dem Ablauf der Ersitzungszeit, sollen nicht dadurch einfach umgangen werden können, dass man aus der Nichtausübung eines Rechts oder der stillschweigenden Duldung der Nutzung des Grundstücks durch eine andere Person während eines kürzeren Zeitraums als jenes für die Ersitzung bereits einen konkludenten Rechtsverlust durch rechtsgeschäftliche konkludente Einräumung von Dienstbarkeitsrechten bejaht (RIS‑Justiz RS0111562 [T5]).

Die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs hat zwar eine stillschweigende Einräumung einer Dienstbarkeit etwa in Fällen bejaht, in denen der Berechtigte eine kostspielige Anlage zu ihrer Ausübung errichtete und der Eigentümer dies duldete (RIS‑Justiz RS0011650, RS0114010). Im vorliegenden Fall haben die Beklagten allerdings gerade nicht behauptet, dass sie eine kostspielige Anlage errichtet hätten; vielmehr argumentierten sie im erstgerichtlichen Verfahren (im Rahmen der Streitwertbemängelung) sogar selbst mit einem geringen Wert der zu entfernenden Sachen. Wenn sich die Zweit- und Drittbeklagten nunmehr (erkennbar) auf einen hohen Wert beziehungsweise eine nur schwere Entfernbarkeit der Waschbetonplatten und der Thujenhecke stützen, so liegt insoweit eine unzulässige Neuerung vor (vgl RIS‑Justiz RS0041812, RS0042025).

Dass den Eigentümern der Beklagtenliegenschaft ein Zufahrtsrecht über den Zufahrtsweg eingeräumt wurde, ist ‑ unabhängig davon, ob dieses lediglich bis auf Widerruf, also prekaristisch, erfolgte oder nicht ‑ kein Umstand, aus dem auf eine schlüssige Einräumung der strittigen Dienstbarkeit geschlossen werden könnte; den Feststellungen des Erstgerichts lässt sich vielmehr entnehmen, das das Abstellen eines Fahrzeugs an der östlichen Hausmauer auch so (parallel) möglich ist, dass dieses nicht grenzüberschreitend abgestellt wird.

6.2. Den Vorwurf des Berufungsgerichts, dass sich die Beklagten im Verfahren erster Instanz auf eine (schlüssige) rechtsgeschäftliche Einräumung einer entsprechenden Dienstbarkeit explizit gar nicht stützten, lassen die Zweit- und Drittbeklagten in ihrer Revision im Übrigen unbestritten.

7. Die geltend gemachte Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO).

8.1. Damit haben die Vorinstanzen dem Entfernungs- und dem Unterlassungsbegehren des Klägers zutreffend stattgegeben, weshalb den Revisionen ein Erfolg zu versagen war.

8.2. Von den Beklagten zutreffend gerügt wird zwar die Fassung des Unterlassungsgebots, ist doch bei grammatikalischer Auslegung allein des Punkts 4. des Ersturteils nicht unbedingt klar, welche Störungshandlungen die Beklagten konkret unterlassen sollen. Dies führt aber nicht ‑ wie die Beklagten meinen ‑ zu einer (teilweisen) Abweisung des Klagebegehrens:

Das Gericht ist berechtigt, dem Urteilsspruch eine klare und deutliche, vom Begehren abweichende Fassung zu geben, wenn sich letztere im Wesentlichen mit dem Begehren deckt. Bei der Fassung des Urteilsspruchs ist nicht nur der Wortlaut des gestellten Begehrens, sondern auch das Klagsvorbringen, auf das sich das Begehren stützt, zu beachten. Das Gericht ist in der Regel zur Verdeutlichung verpflichtet. Dies muss insbesondere dort gelten, wo der von der klagenden Partei formulierte Wortlaut das Begehren von vornherein unzulässig machen würde (RIS‑Justiz RS0039357 [T2, T41]). Eine amtswegige deutlichere Fassung des Urteilsspruchs kann auch noch im Rechtsmittelverfahren durch den Obersten Gerichtshof erfolgen (RIS‑Justiz RS0039357 [T6]).

Aus dem gesamten Klagsvorbringen ergibt sich zweifelsfrei, dass der Kläger zum einen die Beseitigung der Waschbetonplatten sowie der Thujenhecke und zum anderen die Unterlassung einer neuerlichen Verlegung beziehungsweise Anpflanzung derselben sowie ähnlicher Handlungen anstrebt. In diesem Sinne war deshalb mit einer Maßgabebestätigung vorzugehen.

8.3.  Die Entscheidung über die Kosten des Rechtsmittelverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO.

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