European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0040OB00115.15P.1117.000
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung
Die Klägerin ist Berechtigte der Gemeinschaftswortmarke RED BULL und vertreibt unter dieser Marke ein mit „Energy Drink“ bezeichnetes alkoholfreies Erfrischungsgetränk in Dosen.
Die Beklagte produziert und vertreibt (auch mit Zielrichtung auf den österreichischen Markt) Flaschen und Dosen des Energy Drinks PIT BULL.
Die Vorinstanzen haben der Beklagten mit Teilurteil ‑ zusammengefasst ‑ verboten, Energy Drinks unter Verwendung des Kennzeichens PIT BULL und/oder eines anderen, der bekannten Marke RED BULL der Klägerin ähnlichen Kennzeichens im Gebiet der Europäischen Union herzustellen oder zu vertreiben bzw zu lassen, und ihr die Vernichtung der Eingriffsgegenstände sowie die Auskunft über Hersteller, Vertreiber, Lieferanten und Abnehmer, samt Rechnungslegung aufgetragen. Überdies wurde der Klägerin die Ermächtigung zur Urteilsveröffentlichung im Magazin „Cash“ erteilt.
Das Berufungsgericht hat ausgesprochen, dass der Wert des Streitgegenstands 30.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision nicht zulässig sei.
Rechtliche Beurteilung
Der Beklagte zeigt in ihrer außerordentlichen Revision keine Rechtsfragen in der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO auf:
1. Der Senat hat bereits mit der in dieser Sache im Provisorialverfahren ergangenen Entscheidung 4 Ob 221/12x die Beurteilung der Vorinstanzen, wonach die Beklagte durch die Verwendung des Begriffs PIT BULL (zumindest) die Unterscheidungskraft der bekannten Marke der Klägerin in unlauterer Weise ausnütze, gebilligt, zumal sie nicht von europäischer Rechtsprechung (EuGH C‑408/01, Adidas-Salomon ; EuGH C-487/07 , L'Oréal ; EuGH C‑252/07, Intel Corporation ) und höchstgerichtlicher Rechtsprechung zum Schutz der bekannten Marke (RIS‑Justiz RS0120364; RS0120365; 17 Ob 15/09v ‑ Styriagra; vgl auch OPM Om 5/10, Red Bull/Pitbull ) abweicht.
Im Hauptverfahren sind keine Umstände hervorgekommen, die eine davon abweichende Beurteilung nahelegen würden.
Dem Argument der Beklagten, die übermäßige Bekanntheit der Marke der Klägerin habe dazu geführt, dass eine gedankliche Verbindung und Ausbeutung verhindert werde (too well known to be confused) ‑ zu welcher Frage auch der EuGH angerufen werden möge ‑, ist entgegenzuhalten, dass die Maßstäbe für die Beurteilung der gedanklichen Verknüpfung im Streitfall durch die Rechtsprechung des EuGH hinreichend geklärt sind. Danach setzt eine gedankliche Verknüpfung zwischen den Zeichen keine Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion voraus, weil nur der Schutz einer Marke gegen Verwechslungsgefahr eine Beeinträchtigung der Herkunftsfunkton erforderlich macht, nicht aber der Identitätsschutz und der Schutz der bekannten Marke (BGH I ZR 108/09 = GRUR 2011, 1043 Rz 60 ‑ TÜV II ; EuGH C‑252/07 = GRUR 2009, 56 Rz 58, Intel/CPM; BGH I ZR 59/13 Rz 36, Puma/Pudel ).
2. Die Beklagte hat die Frage der territorialen Beschränkung des Unterlassungsbegehrens und der diesbezüglichen Behauptungs‑ und Beweislast für die Bekanntheit in den Mitgliedstaaten in der Berufung nicht geltend gemacht. Eine in zweiter Instanz unterlassene ordnungsgemäße Rechtsrüge kann in dritter Instanz nicht erfolgreich nachgeholt werden (RIS‑Justiz RS0043480).
3. Art 10 Abs 3 der RL 2004/48/EG (Enforcement‑Richtlinie) regelt, dass bei der Prüfung eines Antrags auf Anordnung von Abhilfemaßnahmen die Notwendigkeit eines angemessenen Verhältnisses zwischen der Schwere der Verletzung und den angeordneten Abhilfemaßnahmen sowie die Interessen Dritter zu berücksichtigen sind.
Die Beklagte vermisst dazu eine präzisierende Judikatur des EuGH und regt auch diesbezüglich die Vorlage an. Auch damit zeigt die Beklagte jedoch keine erhebliche Rechtsfrage auf, weil die Frage der Auswahl der Abhilfemaßnahmen nach den Umständen des Einzelfalls zu beurteilen ist. Im Übrigen hat sie in erster Instanz nicht vorgebracht, dass und durch welche andere Maßnahmen eine Beseitigung des gesetzwidrigen Zustands sichergestellt werden könnte.
4. Die angefochtene Entscheidung hängt insgesamt von den Besonderheiten der Fallgestaltung ab, was eine richtungsweisende, die Rechtsentwicklung vorantreibende und für zukünftige Entscheidungen nutzbringende Judikatur des Obersten Gerichtshofs ausschließt (vgl RIS‑Justiz RS0102181).
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