OGH 9ObA43/15m

OGH9ObA43/15m24.6.2015

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Mag. Ziegelbauer, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Dehn sowie die fachkundigen Laienrichter Mag. Gerald Fuchs und Wolfgang Cadilek als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei A***** S*****, vertreten durch Dr. Reinhard Tögl Rechtsanwaltgesellschaft mbH in Graz, gegen die beklagte Partei V***** e.Gen., *****, vertreten durch Kunz Schima Wallentin Rechtsanwälte OG in Wien, wegen Feststellung (Streitwert: 250.000 EUR), über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 26. Jänner 2015, GZ 7 Ra 65/14d‑38, mit dem der Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Leoben als Arbeits- und Sozialgericht vom 7. Mai 2014, GZ 21 Cga 155/12i‑34, Folge gegeben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:009OBA00043.15M.0624.000

 

Spruch:

Die Revision der beklagten Partei wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 2.536,36 EUR (darin 422,72 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Begründung:

I. Die Revision ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 508a Abs 1 ZPO) Zulässigkeitsausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig. Die Zurückweisung kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 510 Abs 3 ZPO).

II. Der Kläger war seit 1973 Angestellter und seit 1988 Geschäftsleiter und Vorstandsvorsitzender der Beklagten. Mit Bescheid vom 15. Oktober 2013 wurde festgestellt, dass er seit 24. Mai 2012 dem Kreis der begünstigten Behinderten angehört.

Zwischen dem Kläger und einem zweiten Vorstandsmitglied, das mit ihm gleichzeitig zum Geschäftsleiter bestellt worden war, kam es erstmals um das Jahr 2002 zu Streitigkeiten bezüglich Kreditvergaben. Ab den Jahren 2008/2009 bestanden Auffassungsunterschiede insbesondere hinsichtlich der Ressortverteilung, der Pouvoirmatrix, der Gestionierung von Kreditengagements, Eigengeschäften iSd § 28 BWG und des Risikomanagements. Sie mündeten in Vorwürfen des Klägers, dass dem zweiten Vorstandsmitglied bei einer Reihe von Kreditvergaben Unregelmäßigkeiten anzulasten seien. Diese waren in der Folge auch Gegenstand von Vorstands-, Kreditausschuss- und Aufsichtsratssitzungen, führten zu einer externen Prüfung und im Jahr 2010 zu Verbesserungsvorschlägen durch den Genossenschaftsverband und zur Bestellung eines dritten Geschäftsleiters.

Der Konflikt flammte zu Beginn des Jahres 2012 anlässlich der Bestellung eines neuen Dienstautos für das zweite Vorstandsmitglied, der Mobbingvorwürfe von zwei Mitarbeiterinnen und der schlechten wirtschaftlichen Lage der Bank, die eine Sektorhilfe erforderlich machte und zu einer Konkretisierung von Fusionsplänen mit zwei weiteren Banken führte, wieder auf. Im Mai 2012 informierte der Kläger auch den Präsidenten des Genossenschaftsverbandes von den seit 2008/2009 bestehenden Problemen. Dieser meinte, dass ihm dann, wenn er weder beim Aufsichtsrat noch bei Verbandsorganen Gehör finde, auch eine Anzeige bei der Finanzmarktaufsicht offenstehe. Nach der gemeinsamen Sitzung des Aufsichtsrats und des Vorstands vom 25. Juni 2012, in der zur Vorantreibung der Fusion mehrheitlich eine Wiederbestellung des Klägers und des zweiten Vorstandsmitglieds um ein Jahr beschlossen worden war, war für den Kläger klar, dass er für die neue fusionierte Bankengruppe unter Umständen als Vorstand nicht mehr benötigt würde und kündigte dem Aufsichtsratsvorsitzenden seine allfällige Absicht an, die Finanzmarktaufsicht einzuschalten. Dieser entgegnete, dass er eine solche Anzeige machen solle, wenn er dafür einen Anlass sehe. Der Kläger kontaktierte seinen Anwalt, weil er die Missstände festgestellt wissen wollte und glaubte, zur Einschaltung der Finanzmarktaufsicht verpflichtet zu sein, um selbst keine Pflichtwidrigkeiten oder Nachlässigkeiten verantworten zu müssen. Er wollte bestätigt bekommen, keine Versäumnisse im Rahmen seiner Organfunktion vertreten zu haben.

Da der Revisionsverband der Fusion nur zustimmen wollte, wenn der Kläger nicht Mitglied des neuen Vorstands werde, wurde mit ihm über eine Beendigung seines Dienstvertrags verhandelt. Mangels Einigung sprach die Beklagte am 6. Dezember 2012 die Kündigung seines Dienstverhältnisses zum 30. Juni 2013 aus.

Der Kläger brachte am 19. Dezember 2012 eine Feststellungsklage auf Fortbestand des Dienstverhältnisses ein, in der er die Sittenwidrigkeit der Kündigung behauptete. Dabei stützte er sich darauf, dass er die Pflichtverletzungen bzw das strafbare Verhalten des zweiten Vorstandsmitglieds aufgedeckt habe und deswegen gekündigt worden sei. Im vorbereitenden Schriftsatz vom 18. Februar 2013 (ON 3) konkretisierte er die Vorwürfe zu den behaupteten Verfehlungen bzw Unregelmäßigkeiten bei Kreditvergaben, die er der Beklagten angezeigt habe, und bezog sich in diesem Zusammenhang auf einzelne Kreditengagements und namentlich genannte Kunden. Mit Schriftsatz vom 15. April 2013 (ON 6) legte er Urkunden (./A ‑ ./LL) vor, die unter anderem auch die im Schriftsatz ON 3 genannten Kredite betrafen und deren Daten nicht geschwärzt waren. Der Kläger veranlasste überdies eine Sachverhaltsdarstellung über die behaupteten Unregelmäßigkeiten bei der Kreditvergabe an die Finanzmarktaufsicht.

Am 29. April 2013 wurde er von der Beklagten entlassen, weil er mit der Urkundenvorlage ON 6 gegen das Bankgeheimnis (§ 38 BWG) und gegen seine dienstvertragliche Verschwiegenheitspflicht verstoßen habe.

Am 30. April 2013 fand die vorbereitende Tagsatzung statt. Weder in dieser noch in den Folgeverhandlungen kam es zu einer formellen Verlesung der mit dem Schriftsatz ON 6 vorgelegten Urkunden. Verfahrensfremde Parteien waren nicht anwesend. Ein Antrag des Klägers auf Ausschluss der Öffentlichkeit wurde vom Erstgericht abgewiesen (ON 18).

Das Bundesamt für Soziales und Behindertenwesen stimmte der Kündigung des Klägers nicht zu.

Der Kläger begehrte zuletzt die Feststellung des aufrechten Fortbestands des Dienstverhältnis über den 29. April 2013 und auch über den 30. Juni 2013 hinaus. Die Kündigung sei mangels Zustimmung des Bundesamts für Soziales und Behindertenwesen unwirksam. Die Entlassung sei nicht berechtigt.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Es sah in der Urkundenvorlage einen Verstoß des Klägers gegen die ihn treffenden Verschwiegenheitspflichten und erachtete die Entlassung als berechtigt.

Das Berufungsgericht gab der dagegen vom Kläger erhobenen Berufung Folge und änderte die Entscheidung im Sinne einer Klagsstattgabe ab. Soweit revisionsgegenständlich, ging es davon aus, dass der Kläger die ihm obliegenden Geheimhaltungspflichten verletzt habe, die Fortsetzung des Dienstverhältnisses für die Beklagte jedoch nicht unzumutbar sei. Auch die Sachverhaltsdarstellung an die Finanzmarktaufsicht rechtfertige keine Entlassung.

Rechtliche Beurteilung

III. Die dagegen von der Beklagten erhobene Revision, in der sie sich auf die Rechtmäßigkeit der Entlassung des Klägers beruft, ist unzulässig.

1. Welche schwerwiegenden Gründe im Einzelfall die Unzumutbarkeit der Fortsetzung eines Dauerschuldverhältnisses bewirken und zu dessen Auflösung berechtigen, ist in aller Regel eine Frage der Abwägung im Anlassfall, der zur Wahrung der Rechtseinheit und Rechtsentwicklung keine erhebliche Bedeutung zukommt und die zur Wahrung der Rechtssicherheit im Rahmen einer Revision nur dann aufgegriffen werden könnte, wenn eine auffallende Fehlbeurteilung des Gewichts der Auslösungsgründe erkennbar wäre (RIS‑Justiz RS0042834; RS0106298).

2. Bei der Beurteilung der Vertrauensunwürdigkeit iSd § 27 Z 1 dritter Fall AngG kommt es vor allem darauf an, ob für einen Dienstgeber vom Standpunkt vernünftigen kaufmännischen Ermessens die gerechtfertigte Befürchtung bestand, dass seine Belange durch den Angestellten gefährdet sind, wobei nicht das subjektive Empfinden des Dienstgebers entscheidet, sondern an das Gesamtverhalten des Angestellten ein objektiver Maßstab anzulegen ist, der nach den Begleitumständen des einzelnen Falls und nach der gewöhnlichen Verkehrsauffassung angewendet zu werden pflegt (RIS‑Justiz RS0029833, RS0029733). Im Hinblick auf die Zulässigkeit der Revision bedürfte es auch in diesem Zusammenhang einer auffallenden Fehlbeurteilung des Berufungsgerichts. Eine solche liegt jedoch nicht vor.

3. Erst kürzlich war die Frage, ob und inwieweit das Bankgeheimnis nach § 38 BWG der Klagsführung eines Kreditinstituts gegen ihre vormaligen Aktionäre und Organwalter auf Schadenersatz entgegenstehen kann, Gegenstand einer Entscheidung des Obersten Gerichtshofs (6 Ob 157/14b). Darin wurde ausgesprochen, dass das Bankgeheimnis der Klagsführung des Kreditinstituts nicht entgegensteht, weil es diesem wie jedem anderen Rechtssubjekt möglich sein muss, unter den sonstigen Anspruchsvoraussetzungen Schadenersatz von Schädigern zu verlangen und gerichtlich durchzusetzen. Der Senat schloss sich erkennbar der Ansicht an, dass die Durchbrechung aber nur im unbedingt notwendigen Ausmaß zu erfolgen habe und dass die Personen, denen gegenüber das Bankgeheimnis offenbart werden müsse, zur Verschwiegenheit verpflichtet seien. Da dies auf die Volksöffentlichkeit nicht zutrifft, kam er unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des EGMR zu den Ausnahmen des Art 6 Abs 1 EMRK zum Ergebnis, dass in der betroffenen Verhandlungsphase die Volksöffentlichkeit auszuschließen ist.

4. Auf diese Grundsätze hat auch das Berufungsgericht Bedacht genommen und daraus gefolgert, dass der Kläger mit der Vorlage der Urkunden an das Erstgericht durch den Schriftsatz ON 6 die ihm obliegenden Geheimhaltungspflichten verletzt habe. Dies wird im Revisionsverfahren auch nicht in Frage gestellt, sodass dazu nicht weiter Stellung zu nehmen ist. Das Berufungsgericht war lediglich der Ansicht, dass die Umstände des vorliegenden Falles die Fortsetzung des Dienstverhältnisses der Beklagten noch nicht unzumutbar machten.

5. Nicht jeder Geheimnisverrat, der nicht auf Illoyalität gegenüber dem Dienstgeber zurückzuführen ist, rechtfertigt schon eine Entlassung (vgl 9 ObA 158/02d). Für den vorliegenden Fall ist überdies zu bedenken, dass nach Ausspruch der Entlassung liegende Umstände für die Beurteilung ihrer Berechtigung rechtlich bedeutungslos sind (RIS‑Justiz RS0028962), sodass es hier nur auf die inkriminierte Einbringung des Schriftsatzes ON 6 bei Gericht ankommt.

6. Die Vorlage der Urkunden als solche war dem Kläger zur Darlegung der von ihm behaupteten Sittenwidrigkeit der Kündigung nicht prinzipiell zu verwehren. Sie erfolgte zunächst nur gegenüber dem Gericht. Richtig ist, dass der Kläger im Schriftsatz ON 6 den Ausschluss der Öffentlichkeit noch nicht beantragt hatte. Allerdings bestand zu jenem Zeitpunkt auch noch nicht die Gefahr der Aufdeckung von dem Bankgeheimnis unterliegenden Daten gegenüber Personen, die nicht ihrerseits einem Geheimnisschutz unterlagen. Die Entlassung des Klägers erfolgte einen Tag vor der vorbereitenden Tagsatzung vom 30. April 2013, sohin zu einem Zeitpunkt, als der Kläger noch einen Antrag auf Ausschluss der Öffentlichkeit stellen und damit der Realisierung der Gefahr vorbeugen konnte. Ungeachtet dessen, dass diese und die folgenden Tagsatzungen ohne verfahrensfremde Personen stattfanden, kam es in der Folge zu keiner formellen Verlesung der Urkunden, sodass die Urkundeninhalte tatsächlich niemandem, der nicht der Verschwiegenheitspflicht unterlag, zur Kenntnis gelangten. Danach ist es aber vertretbar, wenn das Berufungsgericht für den Zeitpunkt des Entlassungsausspruchs keine ausreichenden Anhaltspunkte für eine entlassungsbegründende Gefährdung der Interessen der Beklagten sah.

7. Die Beklagte beruft sich auch darauf, dass der Kläger mit der Offenbarung von Bankgeheimnissen den Tatbestand des § 101 Abs 1 BWG erfüllt habe, weil es ihm auf die Verschaffung eines Vermögensvorteils, nämlich die Stärkung seiner Verhandlungsposition im Zuge der einvernehmlichen Auflösung seines Dienstverhältnisses zur Beklagten, angekommen sei. Dieses Vorbringen ist nicht nachvollziehbar, weil der Kläger im Zuge der Verhandlungen gerade keine Bankgeheimnisse offenbarte, um ‑ so die erstgerichtlichen Feststellungen ‑ die Verhandlungen und einen möglichen Generalvergleich nicht zu gefährden. Die Vorlage der Urkunden erfolgte vielmehr zu einem Zeitpunkt, als ein solcher Vermögensvorteil für den Kläger nicht mehr zu erzielen war. Folgt man dem Standpunkt der Beklagten, dass die Bekanntgabe von Kundendaten für das Rechtsschutzziel des Klägers nicht erforderlich war, ist auch nicht ersichtlich, welchen konkreten Vermögensvorteil er sich durch die Bekanntgabe der Daten hätte verschaffen können. Ein solcher steht auch nicht fest.

8. Die Beklagte sieht die Entlassung auch in der Sachverhaltsdarstellung an die Finanzmarktaufsicht (FMA) begründet, die aus ihrer Sicht nicht notwendig gewesen sei.

Nach der Rechtsprechung zu § 27 Z 1 AngG trifft den Dienstnehmer bei strafrechtswidrigen Umtrieben des Dienstgebers keine Verschwiegenheitspflicht. Unlautere Geschäftspraktiken oder gesetzwidriges Verhalten zählen nicht zu den Umständen, an deren Geheimhaltung der Arbeitgeber ein objektiv berechtigtes Interesse hat. Wenn es um die Aufdeckung strafrechtlich relevanter Umstände geht, ist ein Dienstnehmer im Interesse der Allgemeinheit auch zur Erstattung einer Strafanzeige berechtigt, wobei er allerdings in einer für den Dienstgeber möglichst schonenden Form vorzugehen hat. Nur haltlose und subjektiv unbegründete Anschuldigungen bilden den Entlassungsgrund der Vertrauensunwürdigkeit (RIS‑Justiz RS0113682). Diese Grundsätze können auch bei in die Zuständigkeit der Finanzmarktaufsicht als Aufsichtsbehörde fallende Angelegenheiten herangezogen werden.

Entgegen der Ansicht der Beklagten handelte es sich bei der an die Finanzmarktaufsicht gerichteten Sachverhaltsdarstellung des Klägers nicht nur um weit in der Vergangenheit liegende, nicht mehr relevante Umstände und subjektiv unbegründete Anschuldigungen, weil darin etwa auch ein Kreditengagement aus dem Jahr 2012 mit dem Hinweis aufgezeigt wird, dass sich an der skizzierten Praxis betreffend die Kreditvergabe an Bekannte/Freunde des zweiten Vorstandsmitglieds nichts geändert habe, Versuche bestünden, die um Objektivität und Korrektheit der Abwicklung von Bankgeschäften bemühten Mitarbeiter (Vorstandssekretärin, Prokuristin und ehemalige Kreditreferentin) durch Mobbing und Bossing loszuwerden, seitens des Genossenschaftsverbandes keine konstruktive Reaktion oder Veranlassung erfolgt sei und sich durch die unangemessenen Verfahren das Kredit-, das operationelle Risiko und das Liquiditätsrisiko der Beklagten erhöht habe. Die Finanzmarktaufsicht sah sich aufgrund der Darstellung auch veranlasst, den Genossenschaftsverband um Beurteilung der Angelegenheit aus der Sicht des Bankprüfers zu ersuchen und die Staatsanwaltschaft einzuschalten, die in der Folge ein ‑ wenngleich zwischenzeitig eingestelltes ‑ Ermittlungs-verfahren gegen das zweite Vorstandsmitglied einleitete. Auch die Prüfung, ob die Beklagte wirksame, weitere Unregelmäßigkeiten ausschließende Maßnahmen gesetzt hatte, zählte aber zum Aufgabengebiet der Aufsichtsbehörde. Es ist daher nicht weiter korrekturbedürftig, wenn das Berufungsgericht die Anzeige des Klägers bei der Finanzmarktaufsicht nicht von vornherein als haltlose, subjektive Anschuldigung ansah.

9. Die Beklagte meint, dass die Sachverhaltsdarstellung nicht das gelindeste Mittel gewesen sei und ebenso eine Anzeige gegen das zweite Vorstandsmitglied in Frage gekommen wäre. Diese hätte jedoch nur in Bezug auf diesen Wirkung entfalten können, während der Kläger daran interessiert war, Missstände bei der Beklagten aufzuzeigen, auf die er aufgrund seines Ausscheidens auch nicht mehr Einfluss nehmen konnte. Ob dem Aufsichtsratsvorsitzenden im Zeitpunkt des Ausspruchs der Entlassung die Übermittlung der Sachverhaltsdarstellung bekannt war, ist hier insofern nicht ausschlaggebend, als er dem Kläger diese Möglichkeit bereits davor freigestellt hatte.

10. Es ist aber auch aus dem Hinweis der Beklagten auf die Rechtsprechung des EGMR, Entscheidung vom 21. Juli 2011, Bsw 28274/08 Heinisch/Deutschland, für sie nichts zu gewinnen, weil im Berufungsurteil die vom EGMR angesprochenen Parameter für die Zulässigkeit einer Entlassung nach einer Strafanzeige gegen den Arbeitgeber ‑ Meldung von Missständen zuerst an den Vorgesetzten oder eine andere kompetente Stelle; Vorhandensein anderer effektiver Mittel; Prüfung des Interesses der Öffentlichkeit an einer Offenlegung der Informationen im Verhältnis zu den vom Arbeitgeber dadurch erlittenen Schäden; Motiv des Arbeitnehmers ‑ nicht missachtet wurden.

11.  Zusammenfassend zeigt die Revision der Beklagten keine entscheidungsrelevante Rechtsfrage auf, der die Qualität des § 502 Abs 1 ZPO zukäme. Ihre Revision ist daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 50 ZPO. Der Kläger hat auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen (s 9 ObA 118/14i ua).

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