Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 188,02 EUR (darin enthalten 31,34 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
Der Kläger war von 12. 10. bis 16. 12. 2011 bei der Beklagten zunächst als Getränketräger, ab 1. 11. 2011 als Kellner mit Inkasso mit einer Wochenarbeitszeit von 40 Stunden beschäftigt. Auf das Dienstverhältnis fand der Kollektivvertrag für Arbeiter im Hotel‑ und Gastgewerbe Anwendung. Das Dienstverhältnis endete durch Entlassung, nachdem der Kläger ab 9. 12. 2011 nicht mehr zum Dienst erschien. Tatsächlich war er krank, übermittelte jedoch keine Krankenstandsbestätigung und war für die Beklagte auch nicht mehr erreichbar.
Im Verfahren ist nicht mehr strittig, dass die Entlassung aufgrund der Erkrankung des Klägers ungerechtfertigt erfolgte, dem Kläger aber wegen der schuldhaften Verletzung der Mitteilungs‑ und Nachweispflichten im Krankenstand grundsätzlich ein Mitverschulden an der Entlassung im Ausmaß 1 : 1 anzulasten ist sowie dass er nach § 4 Abs 4 EFZG vom 9. 12. 2011 bis 16. 12. 2011 keinen Anspruch auf Entgeltfortzahlung hat.
Der Kläger begehrte zuletzt insgesamt 2.422 EUR brutto an offenem Gehalt, Kündigungsentschädigung, Urlaubsersatzleistung und Entgeltfortzahlung sowie ‑ revisionsgegenständlich ‑ für den Zeitraum 12. 10. bis 8. 12. 2011 anteilige Jahresremuneration und Sonderzahlung zur Urlaubsersatzleistung. Die Jahresremuneration berechnete er ausgehend vom kollektivvertraglichen Mindestlohn für Kellner mit Inkasso von 1.291 EUR monatlich mit 230 % dieses Betrags, aliquotiert auf die Beschäftigungsdauer von 8,29 Wochen mit 473,37 EUR brutto. Der Sonderzahlung zur Urlaubsersatzleistung legte er ebenfalls 230 % des kollektivvertraglichen Mindestlohns zugrunde; umgelegt auf den aliquoten Urlaubsanspruch von 4,77 Werktagen forderte er 45,39 EUR brutto.
Die Beklagte bestritt. Die Berechnungsbasis für die Jahresremuneration sei nach Art 14 lit a des anzuwendenden Kollektivvertrags nur der für die Normalarbeitszeit ins Verdienen gebrachte Lohn und nicht 230 % des Mindestlohns. Da eine Jahresremuneration bei einer gerechtfertigten Entlassung zur Gänze wegfalle, müsse sich der Kläger auf diese Forderung sein Verschulden anrechnen lassen. Auch für die Sonderzahlung zur Urlaubsersatzleistung dürfe nur der zweifache Kollektivvertragslohn als Berechnungsbasis herangezogen werden.
Das Erstgericht gab der Klage im zweiten Rechtsgang im Umfang von 1.681,70 EUR brutto sA Folge und wies das Mehrbegehren von 740,30 EUR brutto sA ab. Die aliquote Jahresremuneration betrage 466,16 EUR. Dabei sei vom 2,3‑fachen des kollektivvertraglichen Mindestlohns auszugehen. Eine Verschuldensteilung finde nicht statt, da eine solche nur bei Ansprüchen vorzunehmen sei, die aus der ungerechtfertigten Entlassung resultierten. Die Sonderzahlung zur Urlaubsersatzleistung betrage 45,39 EUR brutto, wobei ebenfalls vom 2,3‑fachen des Mindestlohns auszugehen sei.
Das Berufungsgericht gab der nur gegen den Zuspruch von 390,46 EUR brutto (364,81 EUR Jahresremuneration und 25,65 EUR Sonderzahlung zur Urlaubsersatzleistung) gerichteten Berufung der Beklagten teilweise Folge und änderte das erstgerichtliche Urteil dahingehend ab, dass dem Kläger insgesamt 1.392,27 EUR brutto sA zugesprochen wurde; das Mehrbegehren von 1.029,43 EUR brutto wurde abgewiesen. Der Kollektivvertrag unterscheide hinsichtlich der Jahresremuneration zwischen Dienstnehmern, deren Istlohn den Kollektivvertragslohn um weniger als 15 % übersteige und solchen, deren Istlohn den Kollektivvertrag um 15 % oder mehr übersteige. In der ersten Gruppe sei eine Durchschnittsberechnung des Istlohns anzustellen. Die Jahresremuneration entspreche dem Zweifachen des so errechneten Istlohns. In der zweiten Gruppe sei die Jahresremuneration mit 230 % des kollektivvertraglichen Mindestlohns limitiert. Der Kläger habe nur den kollektivvertraglichen Mindestlohn verdient, in den 8,29 Wochen seiner Beschäftigung umgerechnet auf ein Monat durchschnittlich 1.271,34 EUR. Die Jahresremuneration betrage daher 2.542,68 EUR, der anteilige Anspruch des Klägers (: 52 x 8,29) 405,36 EUR.
Für die Berechnung der anteiligen Sonderzahlungen zur Urlaubsersatzzahlung sei vom Kollektivvertragslohn bei Beendigung des Dienstverhältnisses von 1.291 EUR auszugehen. Zum aliquoten Urlaubsersatzanspruch für 4,77 Werktage stünden Sonderzahlungen von 39,47 EUR (1.291 x 2 : 12 : 26 x 4,77) zu.
Gemäß § 1162c ABGB habe der Richter nach freiem Ermessen zu entscheiden, ob und in welcher Höhe ein Ersatz gebühre, wenn beide Teile ein Verschulden an der vorzeitigen Lösung des Dienstverhältnisses treffe. Diese Regelung sei nach der Rechtsprechung auf alle beendigungsabhängigen Ansprüche anzuwenden. Da die Jahresremuneration nach dem Kollektivvertrag entfalle, soweit der Arbeitnehmer gerechtfertigt entlassen werde, handle es sich auch bei ihr um einen solchen beendigungsabhängigen Anspruch. Auch die Sonderzahlungen zur Urlaubsersatzleistung unterlägen der Mitverschuldensregelung. Der Kläger habe daher nur Anspruch auf 50 % der errechneten Beträge, 202,68 EUR brutto an Jahresremuneration und 19,74 EUR brutto an Sonderzahlung zur Urlaubsersatzleistung.
Die ordentliche Revision ließ das Berufungsgericht zu, weil die Frage der Berechnung der kollektivvertraglichen Jahresremuneration sowie der Kürzung des Anspruchs nach einer unberechtigten aber vom Arbeitnehmer mitverschuldeten Entlassung in ihrer Bedeutung über den Einzelfall hinausgehe.
Gegen die Abweisung eines Betrags von 289,13 EUR brutto sA richtet sich die Revision des Klägers mit dem Antrag, die erstinstanzliche Entscheidung wiederherzustellen. In eventu wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Die Beklagte beantragt, die Revision als unzulässig zu verwerfen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist aus den vom Berufungsgericht genannten Gründen zulässig, sie ist aber nicht berechtigt.
1. Der Kollektivvertrag für das Hotel‑ und Gastgewerbe für Arbeiter (im Folgenden KollV) regelt die Jahresremuneration in Art 14:
„a) Alle Arbeitnehmer (Arbeiter und Lehrlinge), die mindestens zwei Monate ununterbrochen im selben Betrieb beschäftigt sind, haben Anspruch auf Jahresremuneration in der Höhe von 230 Prozent des im jeweiligen Lohnübereinkommen festgelegten Mindestmonatslohnes, jedoch maximal bis zur Höhe des tatsächlich ins Verdienen gebrachten Lohnes für die Normalarbeitszeit. Die Berechnungsbasis für die Jahresremuneration von Arbeitnehmern, deren Verdienst den kollektivvertraglichen Mindestlohn um weniger als 15 Prozent übersteigt, bildet der Durchschnitt der letzten 12 vollen Kalendermonate vor Auszahlung dieser Jahresremuneration, bei kürzerer Dienstzeit die gesamte Dauer des Dienstverhältnisses.
(...)
c) Die Auszahlung erfolgt nach erreichter Anwartschaft jeweils zur Hälfte bei Urlaubsantritt und mit der Novemberauszahlung, längstens aber bis zum 15. Dezember des laufenden Jahres.
(...)
g) Der Anspruch auf Jahresremuneration entfällt, wenn ein Arbeitnehmer gemäß § 82 GewO 1859 entlassen wird oder ohne wichtigen Grund vorzeitig austritt oder die vorgesehene Kündigungsfrist nicht einhält. (...)“
Art 14 lit a KollV begrenzt somit die Jahresremuneration zweifach, einerseits mit 230 % des jeweiligen kollektivvertraglichen Mindestlohns, zugleich aber mit „der Höhe des tatsächlich ins Verdienen gebrachten Lohnes für die Normalarbeitszeit“. Aus der Gesamtschau der Regelung ergibt sich ‑ trotz missverständlichen Wortlauts ‑, dass als zweite Höchstgrenze nicht der einfache, sondern der zweifache Istlohn heranzuziehen ist. Dies lässt sich aus der grundsätzlichen Festlegung der Höhe der Jahresremuneration mit 230 % und nicht mit 115 % des jeweiligen kollektivvertraglichen Mindestlohns ableiten sowie aus der Auszahlung der Jahresremuneration in zwei Teilen ( Steinlechner/Weiß , Kollektivverträge für das Hotel‑ und Gastgewerbe für Arbeiter und Angestellte 109; vgl auch Gagawczuk/Thamm , Arbeitsrechtliche Ansprüche von A‑Z Rz 275).
Richtig hat das Berufungsgericht dargelegt, dass dadurch eine Unterscheidung zwischen Arbeitnehmern getroffen wird, deren Istlohn (für die Normalarbeitszeit) den Kollektivvertragslohn um weniger als 15 % übersteigt und Arbeitnehmern, deren Istlohn den kollektivvertraglichen Mindestlohn um 15 % oder mehr übersteigt. Nur Arbeitnehmer dieser zweiten Gruppe, bei denen das Doppelte des Istlohns 230 % des kollektivvertraglichen Mindestlohns ausmacht oder übersteigt, erhalten eine Jahresremuneration von 230 % des kollektivvertraglichen Mindestlohns. Diejenigen, bei denen der Istlohn 115 % des kollektivvertraglichen Mindestlohns nicht erreicht, haben nur Anspruch auf ‑ entsprechend der zuvor dargestellten Auslegung ‑ das Zweifache ihres Istlohns, das notwendigerweise unter 230 % liegt.
2. Bei diesen Dienstnehmern ist die Berechnungsbasis für die Jahresremuneration nach dem eindeutigen Wortlaut (vgl 8 ObA 30/04a zu einer gleichlautenden älteren Kollektivvertragsregelung) des zweiten Satzes des Art 14 lit a des Kollektivvertrags der Durchschnitt der letzten 12 Kalendermonate vor Auszahlung der Jahresremuneration, bei kürzerer Dienstzeit die gesamte Dauer des Dienstverhältnisses. Unstrittig hat der Kläger für seine Tätigkeit als Getränketräger sowie als Kellner mit Inkasso den jeweiligen kollektivvertraglichen Mindestlohn erhalten. Gegen die Richtigkeit des vom Berufungsgericht ermittelten durchschnittlichen kollektivvertraglichen Mindestlohnanspruchs von monatlich 1.271,34 EUR wendet sich auch der Revisionswerber nicht.
Daraus errechnet sich ein Anspruch auf Jahresremuneration von 2.542,68 EUR für das gesamte Kalenderjahr sowie ein anteiliger Anspruch des Klägers für die 8,29 Wochen seiner Beschäftigung von 405,36 EUR.
3. Auch bei Berechnung der Sonderzahlung zur Urlaubsersatzleistung ist nur vom Zweifachen des kollektivvertraglichen Mindestlohns, nicht wie vom Revisionswerber angenommen dem 2,3‑fachen auszugehen. Für die unstrittig abzugeltenden 4,77 Urlaubstage besteht daher grundsätzlich der vom Berufungsgericht richtig errechnete Anspruch von 39,47 EUR.
4. Zutreffend gingen die Vorinstanzen davon aus, dass § 1162c ABGB ebenso wie § 32 AngG die Kürzung von aus der vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses resultierenden Ansprüchen bei Mitverschulden vorsieht. Diese Regelung ist jedenfalls dann anzuwenden, wenn die vorzeitige Auflösung berechtigt war, aber auch den Auflösenden (etwa infolge Provokation) ein Verschulden trifft. Ebenso kann aber auch den Arbeitnehmer ein Verschulden an der unberechtigten Entlassung treffen, wenn er einen ihm bekannten Rechtfertigungsgrund für ein an sich pflichtwidriges Verhalten (§ 82 lit f GewO 1859) dem Arbeitgeber schuldhaft nicht bekannt gibt und der Arbeitgeber bei Kenntnis dieses Rechtfertigungsgrundes die Entlassung aller Voraussicht nach nicht ausgesprochen hätte ( Kuderna , Entlassungsrecht 2 76; Spenling in KBB 4 § 1162c Rz 2; Schrammel in Fenyves/Kerschner/Vonkilch , Klang 3 §§ 1162a bis 1162d Rz 60; RIS‑Justiz RS0116894; RS0101991; RS0028246 9 ObA 108/05f ua).
Eine Entlassung ist ungerechtfertigt, wenn der Arbeitgeber sie bei Fernbleiben des Arbeitnehmers von der Arbeit trotz Vorliegens einen rechtmäßigen Hinderungsgrundes ausgesprochen hat. Ein Mitverschulden des Arbeitnehmers ist dann anzunehmen, wenn er dem Arbeitgeber einen Rechtfertigungsgrund wie zB Krankheit nicht bekannt gibt.
In diesem Sinn sind die Vorinstanzen (unbekämpft) von einem gleichteiligen Verschulden der Parteien ausgegangen. Die Revision des Klägers wendet sich nur gegen die Ansicht des Berufungsgerichts, dass auch die Jahresremuneration und die Sonderzahlung zur Urlaubsersatzleistung der Mitverschuldensregel des § 1162c ABGB unterliegt.
Nach der Rechtsprechung gilt die Mitverschuldensregel nicht nur für Schadenersatzansprüche im Sinne der §§ 1162a und 1162b ABGB, sondern auch für andere beendigungsabhängige Ansprüche, insbesondere Abfertigung oder Urlaubsentschädigung bzw Urlaubsersatzleistung (8 ObA 82/12k, 9 ObA 128/06y, 8 ObA 76/01m; 8 Ob 116/98m ua). Diese Rechtsprechung ist in der Literatur nicht unumstritten. Insbesondere Pfeil verweist darauf, dass weder bei gerechtfertigtem Austritt noch bei ungerechtfertigter Entlassung für diese Ansprüche Verschulden eine Rolle spielt. Da auch sonst kein Hinweis ersichtlich sei, der eine Differenzierung wegen Mitverschuldens erlauben würde, könne eine Anwendung des § 1162c ABGB hier nicht in Frage kommen, es sei denn, diese Ansprüche wären als Teil der Kündigungsentschädigung zu qualifizieren, weil sie erst während der fiktiven Kündigungsfrist entstanden seien ( Pfeil in Schwimann/Kodek § 1162c Rz 5, ders in ZellKomm² § 32 AngG Rz 15; ders wbl 1999, 220 f [Glosse zu 8 ObA 116/98m]; ders , Mitverschuldensregel bei vorzeitiger Auflösung des Arbeitsverhältnisses, wbl 1987, 178 f; ähnlich Schindler in Risak/Schima [Hrsg], Beendigungsrecht, Rz 165).
Dagegen verweist Wachter , Beiderseitiges Verschulden bei der vorzeitigen Auflösung des Arbeitsverhältnisses 42 f, darauf, dass der Zweck des § 1162c ABGB es gebiete, sämtliche von der vorzeitigen Beendigung des Arbeitsverhältnisses abhängigen Ansprüche dem Ermessen des Richters zu unterstellen. Kuderna führt aus, dass bei Anwendung der Bestimmungen über das Mitverschulden an der vorzeitigen Auflösung eines Dienstverhältnisses nicht zu prüfen sei, ob die an die Vertragsauflösung geknüpften Rechtsfolgen eingetreten seien oder nicht. Der Richter könne vielmehr im Rahmen des ihm eingeräumten freien Ermessens all jene Möglichkeiten voll ausschöpfen, die ihm durch Normen, welche die Rechtsfolgen einer vorzeitigen Auflösung des Dienstverhältnisses regeln, geboten werden, und zwar unabhängig davon, ob sie im konkreten Fall mit Rücksicht auf ein Verschulden eines Teils eingetreten seien oder nicht. Das bedeute, dass auch die Ansprüche auf Abfertigung, Urlaubsabfindung und Sonderzahlungen, soweit deren Bestand davon abhänge, ob die vorzeitige Vertragsauflösung gerechtfertigt gewesen sei, in den Kreis jener Ansprüche einzubeziehen seien, über die er nach freiem Ermessen entscheide ( Kuderna , Das Mitverschulden an der vorzeitigen Auflösung des Dienstverhältnisses, DRdA 1967, 186 f; ähnlich Kuderna , Entlassungsrecht 2 77).
Kuras (in Marhold/Burgstaller/Preyer § 32 Rz 5) verweist darauf, dass die Ansicht Pfeils nur dann überzeugen könne, wenn der Beendigungsanspruch nach der gesamten gesetzlichen Ausgestaltung tatsächlich von dem „Verschulden“ an der Beendigung unabhängig sein solle. Dies treffe aber selbst auf die neue „Urlaubsersatzleistung“ nach § 10 UrlG nur auf den ersten Blick zu, weil sie völlig unabhängig von der Art der Beendigung im aliquoten Ausmaß zustehe. Anders sei aber schon die Frage allfälliger Rückforderungsansprüche des Arbeitgebers nach § 10 UrlG für einen über dieses aliquote Ausmaß hinaus verbrauchten Urlaub zu beurteilen (…). Da nach dem Gesamtsystem dieser Beendigungsansprüche der Bestand auch vom „Verschulden“ an der Auflösung abhängig sein könne ‑ wobei die unberechtigte Auflösung als solche dem schon gleichgestellt werde ‑, scheine es angemessen, auch die „Verschuldensteilung“ nach § 32 AngG anzuwenden.
Auch der erkennende Senat sieht keine Veranlassung, von seiner bisherigen Judikatur, dass nach dem Gesetz oder dem Kollektivvertrag beendigungsabhängige Ansprüche der „Mitverschuldensregelung“ unterliegen, abzugehen. Im Fall einer ungerechtfertigten Auflösung, die vom Vertragspartner vorwerfbar mitverursacht wurde, gebietet der Zweck des § 1162c ABGB, nicht nur allfällige aus der Auflösung resultierende Schadenersatzansprüche entsprechend dem „Mitverschulden“ zu teilen. Gerade wenn eine Vertragspartei die ‑ wenn auch ungerechtfertigte ‑ vorzeitige Beendigung des Arbeitsverhältnisses durch den anderen durch ihr Verhalten provoziert hat, ist es gerechtfertigt, sämtliche von der Art der Beendigung abhängige Ansprüche in die Verschuldensteilung einzubeziehen.
Nach Art 14 lit g des Kollektivvertrags für das Hotel‑ und Gastgewerbe (Arbeiter) entfällt der Anspruch auf Jahresremuneration bei Entlassung gemäß § 82 GewO 1859 oder bei Austritt ohne wichtigen Grund oder bei Ausscheiden des Arbeitnehmers ohne Einhaltung der Kündigungsfrist. Den Kollektivvertragsparteien ist es unbenommen, das Entstehen des Anspruchs auf Sonderzahlungen, auf die kein gesetzlicher Anspruch besteht, an bestimmte Bedingungen zu knüpfen. Ist vorgesehen, dass bei einer Entlassung nach § 82 GewO 1859 der Anspruch entfällt, bedeutet dies, dass dieser Anspruch bei einer gerechtfertigten Entlassung des Arbeitnehmers gar nicht erworben ist (RIS‑Justiz RS0048332). Da in einem solchen Fall die Kollektivvertragsparteien den Erwerb des Anspruchs davon abhängig gemacht haben, dass den Arbeitnehmer gerade kein Verschulden an der Beendigung des Arbeitsverhältnisses (dem unberechtigten Austritt, der berechtigten Entlassung) trifft, ist auch auf diese Ansprüche die „Mitverschuldensregel“ des § 1162c ABGB anzuwenden.
Zu Recht hat daher das Berufungsgericht die anteilige Jahresremuneration entsprechend dem unstrittigen Mitverschulden des Klägers von 50 % gekürzt.
5. Wie die Jahresremuneration und nach der Judikatur die Urlaubsersatzleistung selbst ist auch Sonderzahlung zur Urlaubsersatzleistung entsprechend dem Mitverschulden des Klägers auf die Hälfte zu kürzen.
Der Revision des Klägers kommt daher insgesamt keine Berechtigung zu.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO iVm § 2 ASGG.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)