OGH 6Ob30/15b

OGH6Ob30/15b19.3.2015

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.‑Prof. Dr. G. Kodek und Dr. Hargassner als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei MMag. Dr. K***** P*****, vertreten durch Suppan & Spiegl Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. K***** GmbH, *****, sowie 2. T***** GmbH & Co KG, *****, beide vertreten durch Ruggenthaler, Rest & Borsky Rechtsanwälte OG in Wien, wegen Unterlassung (Streitwert 30.000 EUR) und Urteilsveröffentlichung (Streitwert 5.000 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 23. Dezember 2014, GZ 2 R 113/14y‑12, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0060OB00030.15B.0319.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1.1. § 23 MedienG regelt die verbotene Einflussnahme auf ein Strafverfahren. Der sachliche Anwendungsbereich der Vorschrift erfasst präjudizierende Veröffentlichungen über gerichtliche Strafverfahren. Dabei besteht in zeitlicher Hinsicht eine ausdrückliche Einschränkung auf solche präjudizierenden Veröffentlichungen, die während eines Hauptverfahrens im Zeitraum zwischen Rechtswirksamkeit der Anklageschrift bzw im Verfahren vor dem Einzelrichter des Landesgerichts oder im bezirksgerichtlichen Verfahren nach Anordnung der Hauptverhandlung und vor dem Urteil erster Instanz erscheinen. Der Wortlaut des § 23 MedienG wurde im Zuge der StPO‑Reform 2008 nur terminologisch angepasst ( Berka in Berka/Heindl/Höhne/Noll , MedienG § 23 Rz 2).

1.2. Die StPO‑Reform hat an der grundsätzlichen Trennung zwischen Ermittlungsverfahren und Hauptverfahren nichts geändert. Vielmehr wurde die Trennung sogar dadurch stärker akzentuiert, dass das Gericht des Ermittlungsverfahrens ‑ anders als nach altem Recht ‑ mit der Anklage nicht befasst wird (ErläutRV 1165 BlgNR 21. GP 222). Die Gefahr einer Beeinflussung des sodann das Hauptverfahren leitenden Richters ist nach der neuen Rechtslage durch Berichterstattungen während des Ermittlungsverfahrens wohl sogar weniger gegeben als nach der alten Rechtslage. Die inkriminierte Veröffentlichung fällt schon aus zeitlichen Gründen nicht in den Anwendungsbereich des § 23 MedienG.

2. Schutzgut des § 23 MedienG ist ‑ im Gegensatz zu § 7b MedienG ‑ auch nicht das Individualinteresse des Beschuldigten, sondern die Sicherung der Unparteilichkeit der Rechtsprechung ( Berka in Berka/Heindl/Höhne/Noll , MedienG 3 § 23 Rz 3).

3. Im Übrigen beschränkt sich der inkriminierte Artikel auf eine wahrheitsgemäße Wiedergabe des Ergebnisses eines im Vorverfahren eingeholten Gutachtens. Bei dieser Sachlage besteht aber für die von der Revision begehrte Erstreckung von Wertungen des § 23 MedienG auf § 78 UrhG oder § 16 ABGB im Wege einer Analogie schon im Ansatz keine Grundlage. Einer derartigen Argumentation steht der eindeutige Gesetzeswortlaut und die klare gesetzgeberische Absicht entgegen (RIS‑Justiz RS0008880 [T19]). Der Persönlichkeitsschutz ist zudem durch die §§ 16, 1330 ABGB sowie § 78 UrhG ausreichend gewährleistet.

4. Zusammenfassend bringt die Revision daher keine Rechtsfrage der in § 502 Abs 1 ZPO geforderten Bedeutung zur Darstellung, sodass sie spruchgemäß zurückzuweisen war.

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