OGH 8Ob2/15z

OGH8Ob2/15z26.2.2015

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Spenling als Vorsitzenden sowie die Hofrätin Dr. Tarmann‑Prentner, die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Dr. Brenn und die Hofrätin Dr. Weixelbraun‑Mohr als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H***** ***** AG, *****, vertreten durch die Neumayer, Walter & Haslinger Rechtsanwälte‑Partnerschaft in Wien, gegen die beklagte Partei S***** Aktiengesellschaft, *****, vertreten durch die Fellner Wratzfeld & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, und die auf ihrer Seite beigetretene Nebenintervenientin A***** AG, *****, vertreten durch die Foglar‑Deinhardstein KG, Rechtsanwaltskanzlei in Wien, wegen Feststellung (Streitwert 500.000 EUR), über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 29. September 2014, GZ 4 R 1/14t‑33, mit dem das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 21. Oktober 2013, GZ 55 Cg 53/12y‑23, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

 

Der Revision wird teilweise Folge gegeben.

Die Urteile der Vorinstanzen werden dahin abgeändert, dass sie lauten:

„Es wird festgestellt, dass die beklagte Partei der klagenden Partei für die Verbindlichkeiten aus der von der klagenden Partei am 26. 4. 2007 um 5.000.000 EUR gezeichneten 5.000.000 Stück/Nominale C***** Ergänzungskapital-Bankschuldverschreibung, ISIN AT*****, haftet, und zwar nach Maßgabe der Zahlungsverpflichtung der Emittentin aus dieser Ergänzungskapital-Bankschuldverschreibung und betrags-mäßig beschränkt bis zur Höhe von 23.165.239,78 EUR unter Berücksichtigung aller aus dem Kaufpreis oder sonst von der beklagten Partei getilgten Verbindlichkeiten zugunsten von Gläubigern der Nebenintervenientin als Veräußerin des Bankbetriebs aufgrund des Unternehmens- und Anteilskaufvertrags vom 4. 12. 2009.

Das Mehrbegehren wird abgewiesen.“

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 4.417,10 EUR bestimmten Kosten des Verfahrens erster Instanz binnen 14 Tagen zu ersetzen. Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 8.863,50 EUR bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen. Die übrigen Verfahrenskosten werden gegeneinander aufgehoben.

 

Entscheidungsgründe:

Die Nebenintervenientin firmierte bis 16. 12. 2009 unter „C***** Aktiengesellschaft“. Bis zum Erlöschen ihrer Konzession war sie ein Kreditinstitut nach dem Bankwesengesetz. Am 22. 10. 2010 bestätigte die Finanzmarktaufsicht, dass das Unternehmen nicht mehr der Bankenaufsicht unterliegt. Damit wurde das Erlöschen der Bankkonzession bestätigt; die Eintragung im Firmenbuch erfolgte am 12. 1. 2011.

Die Nebenintervenientin hat die dem Rechtsstreit zugrunde liegende Ergänzungskapital-Bankschuld-verschreibung als Daueremission ab 26. 4. 2006 mit einer Laufzeit bis 25. 4. 2016 begeben. Das Kündigungsrecht der Inhaber der Bankschuldverschreibung wurde ausgeschlossen; der Bank stand ein Kündigungsrecht nach einer Laufzeit von sieben Jahren (erstmals zum 26. 4. 2013) zu. Am 26. 4. 2007 zeichnete die Klägerin bei der Nebenintervenientin Ergänzungskapital in Höhe von 5.000.000 EUR.

Aufgrund des Unternehmens- und Anteilskaufvertrags vom 4. 12. 2009 erwarb die Beklagte den Unternehmensteil „Bankbetrieb“ von der Nebenintervenientin um einen Kaufpreis von 23.165.239,78 EUR. Damit im Zusammenhang wurde am 17. 12. 2009 sowohl bei der Beklagten als auch bei der Nebenintervenientin folgender Haftungsausschluss im Firmenbuch eingetragen: „Haftungsausschluss gemäß § 38 Abs 4 UGB: Ausschluss der Haftung für nicht ausdrücklich im Unternehmens- und Anteilskaufvertrag übernommene Verbindlichkeiten des Unternehmens 'Bankbetrieb' von der C***** Aktiengesellschaft (FN *****)“.

Die Klägerin begehrte die Feststellung der Haftung der Beklagten gemäß § 1409 ABGB und/oder § 38 UGB für alle ihr aus dem Ankauf der zugrunde liegenden Ergänzungskapital-Schuldverschreibung entstehenden „Schäden“. Die Beklagte habe das Unternehmen „Bankbetrieb“ der Nebenintervenientin fortgeführt. Die Ergänzungskapital-Anleihe sei zwingend mit dem Bankbetrieb verbunden, weshalb diese von der Beklagten übernommen worden sei. Der im Firmenbuch eingetragene Haftungsausschluss sei zu unbestimmt und daher unwirksam.

Die Beklagte entgegnete, dass die Klage unschlüssig sei, weil die Klägerin zu einem Schadenersatz kein Vorbringen erstattet habe. Außerdem sei ein genereller Haftungsausschluss zulässig. Aufgrund der Kündigungsbeschränkung in Bezug auf das Ergänzungskapital (für die Nebenintervenientin bis 26. 4. 2013) hätte das Ergänzungskapital ex lege gar nicht auf die Beklagte übertragen werden können. § 1409 ABGB sei nicht anwendbar, weil der Kaufpreis, der dem Wert des Bankbetriebs entspreche, treuhändig zur Befriedigung von Gläubigern der Verkäuferin hinterlegt worden sei.

Das Erstgericht gab dem (Haupt-)Begehren mit folgender Einschränkung statt: „... , soweit der Wert des von der beklagten Partei übernommenen Unternehmens 'Bankbetrieb' der ehemaligen C***** Aktiengesellschaft (FN *****) am 4. 12. 2009 23.165.239,78 EUR übersteigt“. Das Feststellungsinteresse sei zu bejahen, weil sich die Beklagte auf den Haftungsausschluss berufe. Ein genereller Haftungsausschluss für Altverbindlichkeiten aller nicht übernommenen Rechtsverhältnisse sei nach § 38 Abs 4 UWG zulässig und wirksam. Die Beklagte treffe aber die Haftung nach § 1409 ABGB. Der beim Notar treuhändig hinterlegte Kaufpreis begründe eine Gegenleistung mit gleichwertiger Befriedigungsmöglichkeit für die Gläubiger der Verkäuferin des Bankbetriebs; diese Gegenleistung sei als Haftungsbeschränkung zu berücksichtigen.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin, nicht aber auch jener der Beklagten Folge und fasste folgendes Feststellungsurteil: „Die beklagte Partei haftet der klagenden Partei für alle Verbindlichkeiten aus den von der klagenden Partei am 26. 4. 2007 um 5.000.000 EUR gezeichneten 5.000.000 Stück/Nominale C***** Ergänzungskapital‑Bankschuldverschreibung, ISIN AT*****“. Das von der Nebenintervenientin begebene Ergänzungskapital müsse dieser für einen gesicherten Rückzug aus dem Bankbetrieb auch nach der Zurücklegung der Bankkonzession zur endgültigen Abwicklung der früheren Geschäftsbeziehungen zwingend zur Verfügung stehen. Ein Belassen der Ergänzungskapital-Anleihe bei der Nebenintervenientin sei daher nicht nur zulässig, sondern sogar geboten gewesen. Der im Firmenbuch eingetragene Haftungsausschluss sei nach § 38 Abs 4 UGB unwirksam, weil die Gläubiger in der Lage sein müssten, sich allein aufgrund des Publizitätsakts Gewissheit darüber zu verschaffen, ob und inwieweit der Erwerber ihnen gegenüber hafte. Die Entscheidung 6 Ob 242/11y habe sich mit dieser Frage in Wirklichkeit nicht befasst. Die Beklagte hafte daher nach § 38 UGB und damit betraglich nicht beschränkt. Aus der Klagserzählung ergebe sich deutlich, dass die Klägerin die Beklagte allgemein als Rückzahlungsschuldnerin aus der Ergänzungskapital-Anleihe in Anspruch nehme. Der Urteilsspruch sei in diesem Sinn klarzustellen. Die ordentliche Revision sei zulässig, weil zur Frage der notwendigen Bestimmtheit eines Haftungsausschlusses nach § 38 Abs 4 UGB nur die Entscheidung 6 Ob 242/11y vorliege, von der das Berufungsgericht abgewichen sei. Außerdem liege zur Frage des Schicksals von Ergänzungskapital bei Aufgabe des Bankbetriebs noch keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs vor.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision der Beklagten, die auf eine gänzliche Abweisung des Klagebegehrens abzielt.

Mit ihrer Revisionsbeantwortung beantragt die Klägerin, das Rechtsmittel der Gegenseite zurückzuweisen, in eventu, diesem den Erfolg zu versagen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist aus den vom Berufungsgericht angeführten Gründen zulässig. Sie ist im Ergebnis teilweise auch berechtigt.

1.1  Die behauptete Nichtigkeit und die geltend gemachten Verfahrensmängel liegen ‑ wie der Oberste Gerichtshof geprüft hat ‑ nicht vor.

Die von der Beklagten angesprochene Bindungswirkung der materiellen Rechtskraft setzt unter anderem Parteienidentität voraus (RIS‑Justiz RS0041572), die im Verhältnis zum Verfahren 5 Ob 4/14w nicht gegeben ist. Der Verkehrswert des übertragenen Bankbetriebs war Thema im erstinstanzlichen Verfahren. Die Beklagte musste nicht vom Gericht angehalten werden, allfällige weitere Beweismittel vorzulegen. Die Mitteilungspflicht nach § 473a ZPO bezieht sich nur auf dislozierte Feststellungen (RIS‑Justiz RS0113473).

Für die Beurteilung, ob bei einer Klarstellung bzw Verdeutlichung des Klagebegehrens durch das (Berufungs-)Gericht ein Verstoß gegen § 405 ZPO vorliegt, kommt es vor allem auf den Inhalt der Klagserzählung an (RIS‑Justiz RS0037440; RS0038852). Im Anlassfall strebt die Klägerin eine Feststellung der Haftung der Beklagten nach § 38 Abs 4 UGB, in eventu nach § 1409 ABGB, aus dem Ankauf der Ergänzungskapital-Schuldverschreibung an. In ihrem Vorbringen bezieht sie die rechtsgeschäftlichen Verbindlichkeiten, für die die Beklagte einzustehen habe, auf die Verzinsung und die Rückzahlung der Schuldverschreibung. Mit der Anpassung des Urteilsbegehrens hat das Berufungsgericht den Rahmen des § 405 ZPO nicht überschritten.

1.2  Auch die behauptete Aktenwidrigkeit und die gerügten Stoffsammlungsmängel liegen nicht vor.

Die Negativfeststellung zum Verkehrswert des übertragenen Bankbetriebs gründete das Erstgericht unter anderem auf die Aussage von Zeugen. Die Beweiswürdigung der Tatsacheninstanzen kann in dritter Instanz nicht mehr angegriffen werden (RIS‑Justiz RS0069246). Im Übrigen entspricht es nicht nur der Beweiswürdigung des Erstgerichts, sondern auch den Ausführungen der Beklagten, dass bestimmte immaterielle Vermögensgegenstände in die Ermittlung des Kaufpreises nicht einbezogen wurden.

2.1  Mit der Frage der Wirksamkeit eines im Firmenbuch eingetragenen Haftungsausschlusses nach § 38 Abs 4 UGB hat sich der Oberste Gerichtshof in der Entscheidung 6 Ob 242/11y näher befasst. In dieser Entscheidung wurde ausgeführt:

„Bei Erwerb eines Unternehmens haftet der Erwerber den Unternehmensgläubigern gegenüber für Verbindlichkeiten aus unternehmensbezogenen Rechtsverhältnissen auch dann, wenn er diese Rechtsverhältnisse vom Veräußerer nicht übernommen hat (§ 38 UGB). Um diese Haftung auszuschließen oder einzuschränken, bedarf es einer besonderen abweichenden Vereinbarung (Haftungsausschluss), die Dritten gegenüber allerdings nur dann wirksam wird, wenn sie [unter anderem] in das Firmenbuch eingetragen wird (§ 38 Abs 4 UGB). Diese Vereinbarung muss zwischen Veräußerer und Erwerber tatsächlich vereinbart worden sein, und zwar spätestens beim Unternehmensübergang, wie sich zwingend aus § 38 Abs 4 letzter Satz UGB ergibt. Eine aus dem Titelgeschäft hervorgehende Nichtübernahme des betreffenden Rechtsverhältnisses genügt dabei, weil auch daraus der eindeutige Parteiwille hervorgeht, dass der Erwerber mit den diesbezüglichen Verbindlichkeiten nichts zu tun haben will. […]

Das Rekursgericht hat die Eintragung des Haftungsausschlusses auch deshalb für unzulässig gehalten, weil dieser zu unbestimmt formuliert sei. Da ein genereller Haftungsausschluss für Altverbindlichkeiten aller nicht übernommenen Rechtsverhältnisse zulässig ist, weshalb diese nicht im Einzelnen aufgezählt werden müssen, besteht dieses Eintragungshindernis nicht.

Die Eintragung des Haftungsausschlusses muss ‑ wenn dies der Publizitätsakt nach § 38 Abs 4 UGB ist - 'beim Unternehmensübergang' in das Firmenbuch eingetragen werden. Nach herrschender Auffassung reicht dabei zwar ein enger zeitlicher Zusammenhang aus. Ein derartiger enger zeitlicher Zusammenhang wird in der Literatur bereits bei Ablauf eines Monats seit dem Unternehmensübergang verneint. Dem ist angesichts des anzuwendenden strengen Maßstabs und der Formulierung des § 38 Abs 4 UGB beizupflichten; die Eintragung des Haftungsausschlusses soll den Gläubigern signalisieren, dass unter Umständen rasches Vorgehen gegen den Unternehmensveräußerer angebracht ist. [...]

Bei welcher der beiden Gesellschaften die Eintragung vorzunehmen wäre, ist jedoch nach § 3 FBG zu beurteilen, wobei die nunmehr ‑ vor allem auf der Entscheidung 6 Ob 2/92 und § 3 Z 15 FBG basierende ‑ Auffassung, ein Haftungsausschluss nach § 38 Abs 4 UGB sei, sofern dieser Publizitätsakt gewählt wird, sowohl beim Veräußerer als auch beim Erwerber einzutragen, durchaus vertretbar ist.

2.2  Allgemein ist anerkannt, dass sich ein außenwirksamer Haftungsausschluss für nicht übernommene Rechtsverhältnisse, konkret dessen Reichweite, aus dem Titelgeschäft klar und verständlich ergeben muss. Ausdrücklichkeit („ohne Auslegungserfordernis“) wird für den Haftungsausschluss nicht unbedingt verlangt ( Dellinger in Zib/Dellinger , UGB § 38 Rz 175 und 176). Dessen ungeachtet ist ‑ worauf Jennewein (Vereinbarung über den Ausschluss der Erwerberhaftung gemäß § 38 Abs 4 UGB, GeS 2012, 167) zutreffend hinweist ‑ streng zwischen der Vereinbarung der Nichtübernahme von Rechtsverhältnissen bzw einzelner Verbindlichkeiten einerseits und der Vereinbarung des Ausschlusses der Haftung des Erwerbers für solche nicht übernommenen Altverbindlichkeiten andererseits zu unterscheiden. Ein Haftungsausschluss kann aus einer vertraglichen Regelung über die bloße Nichtübernahme bestimmter Rechtsverhältnisse im Regelfall nicht abgeleitet werden. Dementsprechend ist Zib (in Zib/Dellinger , UGB § 3 FBG Rz 38) darin zuzustimmen, dass der Eintragungsinhalt des Haftungsausschlusses nicht die Aussage bilden sollte (richtig: nicht bilden darf), dass die im Betrieb des bisherigen Inhabers begründeten Rechtsverhältnisse vom neuen Inhaber nicht übernommen werden, weil dies gerade erst die Haftung nach § 38 Abs 4 UGB erzeugt. Erforderlich ist vielmehr die Eintragung, dass eine Haftung für die nicht übernommenen Altverbindlichkeiten gemäß § 38 Abs 4 UGB ausgeschlossen wird.

2.3  Der Haftungsausschluss kann sich entweder auf alle Verbindlichkeiten (genereller Haftungsausschluss) oder auf bestimmte Verbindlichkeiten (individueller Haftungsausschluss) aus den nicht übernommenen Rechtsverhältnissen beziehen ( Dellinger in Zib/Dellinger , UGB § 38 Rz 178; Karollus in Jabornegg/Artmann , UGB² § 38 Rz 67 und 72).

Die zitierte höchstgerichtliche Entscheidung bejaht die Zulässigkeit der Eintragung eines generellen Haftungsausschlusses. Zumindest in diesem Fall ist es demnach nicht geboten, dass die nicht übernommenen Rechtsverhältnisse, für die der Erwerber auch nicht haften soll, in der Eintragung im Einzelnen angeführt werden (vgl auch Zib in Zib/Dellinger , UGB § 3 FBG Rz 38; Dellinger in Zib/Dellinger , UGB § 38 Rz 175).

Bei einem individuellen Haftungsausschluss fordert Dellinger (in Zib/Dellinger , UGB § 38 Rz 178), dass sich die Gläubiger aufgrund des Publizitätsakts Gewissheit verschaffen können, ob und inwieweit der Erwerber ihnen gegenüber haftet. In dieser Hinsicht lässt er unter anderem einen Haftungsausschluss ausreichen, der auf ein in der Urkundensammlung enthaltenes Verzeichnis verweist. Karollus (in Jabornegg/Artmann , UGB² § 38 Rz 67 und 72) verlangt eine hinreichende Bestimmbarkeit des Haftungsausschlusses. Bei einem individuellen Haftungsausschluss werde eine genaue Individualisierung oder zumindest die Angabe genauer Zuordnungskriterien für die von der Haftung erfassten und nicht erfassten Verbindlichkeiten zu verlangen sein; für Verbindlichkeiten, deren Schicksal sich nach den in der Kundmachung gemachten Angaben nicht eindeutig ableiten lasse, greife ein Haftungsausschluss nicht ein. Bei einem längeren Text könne auch ein Verweis der Eintragung auf die Urkundensammlung erfolgen. Nach Fuchs/Schuhmacher (in Straube , UBG 4 § 38 Rz 90) kommt bei der nur teilweisen Übernahme der unternehmensbezogen Rechtsverhältnisse der genauen Beschreibung der zu übernehmenden Rechtsposition eine grundlegende Bedeutung zu.

Auch bei einem individuellen Haftungsausschluss fordert keiner der genannten Autoren, auf die sich das Berufungsgericht bezieht, für dessen Außenwirksamkeit eine Eintragung der einzelnen Verbindlichkeiten, die von der Haftung des Erwerbers nicht erfasst sind. Vielmehr wird für die Bestimmung der Reichweite des Haftungsausschlusses ein Verweis auf ein in der Urkundensammlung allgemein zugängliches Dokument für ausreichend erachtet. Dieses Ergebnis entspricht dem Zweck der Publizitätspflicht, die dem Gläubiger signalisieren soll, dass unter Umständen rasches Vorgehen gegen den Unternehmensveräußerer angebracht ist (6 Ob 242/11y unter Berufung auf Zib , WBl 1992/278; Dellinger in Zib/Dellinger , UGB § 38 Rz 178).

2.4  Im Anlassfall wurde laut Firmenbucheintragung die Haftung des Erwerbers für alle nicht ausdrücklich im Unternehmens- und Anteilskaufvertrag übernommenen Verbindlichkeiten ausgeschlossen. Dadurch wurde ein Gleichklang zwischen der Nichtübernahme von Altverbindlichkeiten des Veräußerers einerseits und der Nichthaftung andererseits hergestellt. Es handelt sich damit um einen generellen Haftungsausschluss für alle Verbindlichkeiten aus den nicht übernommenen Rechtsverhältnissen. Die Eintragung eines generellen Haftungsausschlusses ist nach § 38 Abs 4 UGB ohne weitere Spezifikation zulässig und wirksam.

3.1  Die Erwerberhaftung nach § 38 Abs 4 UGB bezieht sich auf Verbindlichkeiten aus unternehmensbezogen Rechtsverhältnissen. Davon sind jedenfalls Vertragsverhältnisse, gesetzliche Schuldverhältnisse und öffentlich-rechtliche Verbindlichkeiten erfasst. Ausgenommen ist die Haftung des Erwerbers für höchstpersönliche Rechtsverhältnisse des Veräußerers ( Karollus in Jabornegg/Artmann , UGB² § 38 Rz 25; Fuchs/Schuhmacher in Straube , UGB 4 § 38 Rz 80). Rechtsverhältnisse von Unternehmen sind regelmäßig nicht höchstpersönlicher Natur ( Fuchs/Schuhmacher in Straube , UGB 4 § 38 Rz 36). Dies gilt auch für Verbindlichkeiten aus der Begebung von Ergänzungskapital.

3.2  Mit der Novelle zum Kreditwesengesetz 1986 (BGBl 1986/325) wurden den Banken mehrere neue Finanzierungsinstrumente zur Stärkung der Eigenkapitalbasis zur Verfügung gestellt. Das Ergänzungskapital wurde in § 12 Abs 7 KWG definiert und im Wesentlichen unverändert mit § 23 Abs 7 in das Bankwesengesetz 1993 (BGBl 1993/532; siehe auch § 23 Abs 1 Z 5 BWG idF BGBl I 2005/33 und § 103l BWG) übernommen. Das in § 23 Abs 7 BWG materiell definierte Ergänzungskapital zählte zu den ergänzenden Eigenmitteln. Die Qualität von Ergänzungskapital als anrechenbare ergänzende Eigenmittel setzte die in § 23 Abs 7 Z 1 bis 5 BWG geforderten Mindestmerkmale voraus. Dazu gehörte der vereinbarte Ausschluss des ordentlichen sowie des außerordentlichen Kündigungsrechts des Gläubigers für die Mindestlaufzeit (5 Ob 4/14w; vgl auch 2 Ob 84/13m). Das Ergänzungskapital, das ‑ anders als Partizipations-kapital ‑ nicht an der Substanz beteiligt war ( Brenn , Haftkapital und Partizipationskapital 74), unterlag danach nur einer relativen Dauerhaftigkeit im Sinn einer Mindestlaufzeit von acht Jahren. Über eingezahltes Ergänzungskapital durften Wertpapiere ausgegeben werden. Die vertragliche Ausgestaltung für die Aufnahme von Ergänzungskapital war gesetzlich nicht näher geregelt; als zivilrechtliche Vertragstypen kamen vor allem (Inhaber‑)Schuldverschreibungen und obligationsrechtliche Genussrechte in Betracht (vgl dazu Brenn aaO 30 und 74; siehe dazu auch 8 Ob 2351/96k). Der auf die Einräumung derartiger Gläubigerrechte gerichtete Vertrag begründete ein Dauerschuldverhältnis (5 Ob 4/14w).

3.3  Ergänzungskapital, das von Banken begeben wurde, gehörte zum „Haftkapital“ und hatte somit Eigenkapitalcharakter. Ergänzungskapital ist damit dem Bankbetrieb zuzuordnen. Wird dieser übertragen, so spricht aus zivilrechtlicher Sicht nichts dagegen, auch das Ergänzungskapital an den Erwerber des Bankbetriebs zu übertragen. Aus seiner (bankgesetzlich vorgegebenen, vertraglichen) zeitlich beschränkten Kündbarkeit kann ein Übertragungsverbot (für den Fall der Übertragung des Bankbetriebs) nicht abgeleitet werden.

Entgegen der Ansicht der Beklagten ist die zugrunde liegende Ergänzungskapital-Schuldverschreibung weder ex lege noch durch privatautonome Vereinbarung höchstpersönlicher Natur.

4.1 Die Beklagte stützt ihre behauptete Nichthaftung auf einen ‑ im Firmenbuch eingetragenen ‑ Haftungsausschluss nach § 38 Abs 4 UGB. Dies setzt eine Vereinbarung voraus, dass die betroffenen unternehmensbezogenen Rechtsverhältnisse des Veräußerers ‑ abweichend zu § 38 Abs 1 UGB ‑ vom Erwerber nicht übernommen werden. Daraus folgt, dass die Nebenintervenientin und die Beklagte die Ergänzungskapital-Schuldverschreibung als unternehmensbezogenes Rechtsverhältnis des vom Unternehmenserwerb betroffenen Bankbetriebs (§ 38 Abs 1 UGB) qualifiziert haben. Die Nichtübernahme dieses Rechtsverhältnisses resultiert aus der vertraglichen Gestaltung im Sinn des § 38 Abs 4 UGB.

Diese Sichtweise entspricht der Rechtslage. Ergänzungskapital soll als Eigenkapitalsurrogat den Banken die Erfüllung der Haftkapitalquote erleichtern. Mittel zur Kapitalausstattung sind grundsätzlich dem Betrieb des operativen Bankgeschäfts, hier jedenfalls auch dem übertragenen Bankbetrieb, zuzuordnen.

Auch die Erwerberhaftung nach § 1409 ABGB knüpft an der Unternehmensbezogenheit der Schulden (zum erworbenen Unternehmen oder Unternehmensteil gehörig) an (vgl 3 Ob 183/13b). Diese Haftung ist zwingend (Dellinger in Zib/Dellinger, UGB § 38 Rz 174; Fuchs/Schuhmacher in Straube, UGB4 § 38 Rz 91; vgl auch Karollus in Jabornegg/Artmann, UGB² § 38 Rz 67), weshalb sie durch eine vertragliche Gestaltung im Sinn des § 38 Abs 4 UGB nicht ausgeschlossen werden kann (siehe dazu Dellinger in Zib/Dellinger, UGB § 38 Rz 186 ff).

4.2 Genau den hier dargestellten Weg haben die Parteien des Unternehmens- und Anteilskaufvertrags beschritten. Dementsprechend leitet die Beklagte auch im vorliegenden Verfahren ihre Nichthaftung aus einer abweichenden Vereinbarung (zu § 38 Abs 1 UGB) und einem eingetragenen Haftungsausschluss im Sinn des § 38 Abs 4 UGB ab. Dazu hat sie nicht etwa vorgetragen, dass die Regelung über den Haftungsausschluss irrtümlich oder nur zur Klarstellung getroffen worden sei. Sie bestreitet auch nicht, dass der Schuldbeitritt nach § 1409 ABGB im Anlassfall grundsätzlich bestehen bleibt. Vielmehr geht sie in der Revision von einem identen Anwendungsbereich des § 38 UGB und des § 1409 ABGB aus. Die Nichtanwendbarkeit des § 1409 stützt sie auf die Wertäquivalenz des treuhändig hinterlegten Kaufpreises, also darauf, dass der Kaufpreis dem Verkehrswert des übertragenen Bankbetriebs entspreche und daher der Haftungsfonds für die Gläubiger der Nebenintervenientin durch die Übertragung des Bankbetriebs nicht verringert worden sei (siehe dazu auch die Außerstreitstellungen im Protokoll vom 10. 4. 2013, ON 8, S 2).

4.3 Das Argument der Beklagten, dass der Kaufpreis dem Verkehrswert des übertragenen Bankbetriebs entsprochen habe (vgl RIS‑Justiz RS0033117), weshalb die Haftung nach § 1409 ABGB nicht eintrete, scheitert schon an der Negativfeststellung zum Verkehrswert des Bankbetriebs im Zeitpunkt der Übergabe. Die Vorinstanzen gehen in dieser Hinsicht davon aus, dass der Verkehrswert tatsächlich höher als der Kaufpreis war.

Davon abgesehen lässt die Rechtsprechung die Haftung nach § 1409 ABGB nur insoweit entfallen, als der Kaufpreis vom Veräußerer tatsächlich für die Befriedigung seiner Gläubiger verwendet wurde (RIS‑Justiz RS0033117). Die Gegenleistung des Erwerbers ist haftungsbeschränkend weiters dann zu berücksichtigen, wenn diese den Altgläubigern des Veräußerers die gleiche Sicherheit und die gleiche Möglichkeit der Befriedigung wie das übertragene Vermögen bietet (RIS‑Justiz RS0033123; Neumayr in KBB4 §§ 1409‑1409a ABGB, Rz 1). Dabei ist zu beachten, dass Geld dem Zugriff der Gläubiger leichter entzogen werden kann als anderes Vermögen.

Eine Befriedigung von Gläubigern ergibt sich aus der Sachverhaltsgrundlage nicht. Nach den Feststellungen ist auch nicht gesichert, dass der Kaufpreis aufgrund der Anweisung an den Treuhänder ausschließlich den Altgläubigern der Verkäuferin zur Verfügung stehen soll. Von einer gleichwertigen Befriedigungsmöglichkeit kann daher nicht ausgegangen werden.

4.4 § 1409 ABGB sieht eine beschränkte Haftung vor. Der Erwerber haftet im Umfang beschränkt bis zur Höhe des Verkehrswerts des übernommenen Unternehmens (9 Ob 2/12b; 6 Ob 160/13t; Dellinger in Zib/Dellinger, UGB § 38 Rz 189 f; vgl auch Neumayr aaO Rz 6). Er haftet für jene Schulden, die er bei Übergabe kannte oder kennen musste; dies ist hier nicht fraglich.

Der Verkehrswert des übertragenen Bankbetriebs konnte nicht festgestellt werden. Fest steht lediglich der Kaufpreis für den Bankbetrieb. Auf prozessuale Mitwirkungspflichten der Beklagten zur Vorlage für die Beweisführung erheblicher Urkunden etwa nach §§ 303 ff ZPO ‑ hier zur Ermittlung der Grundlagen für die Bewertung des Bankbetriebs ‑ hat sich die Klägerin nicht berufen. Ihren Antrag nach § 82 ZPO (ON 5), der überdies nicht den Verkehrswert des Bankbetriebs betraf, hat sie in der Verhandlung vom 10. 4. 2013 zurückgezogen (ON 8, S 3). Für die betragsmäßige Haftungsbeschränkung bleibt daher der festgestellte Kaufpreis maßgebend.

5. Der Feststellungsklage liegt der Umstand zugrunde, dass die Beklagte die Haftung für die Verbindlichkeiten aus der Ergänzungskapital-Schuldverschreibung abgelehnt hat. Das Verfahren betrifft somit vor allem die Gültigkeit des im Firmenbuch eingetragenen Haftungsausschlusses. Da die Laufzeit der Ergänzungskapital-Schuldverschreibung erst am 25. 4. 2016 endet, kann der Rückzahlungsanspruch und damit die Frage des materiellen Anspruchs aus der Schuldverschreibung derzeit noch nicht endgültig beurteilt werden. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass die Beklagte keine weitergehende Haftung aus der Ergänzungskapital-Schuldverschreibung treffen kann, als die Emittentin selbst. Beim Ergänzungskapital handelt es sich um am Verlust beteiligtes sowie um nachrangiges Kapital nach § 45 Abs 4 BWG. Die Klägerin trägt das Risiko, das Kapital nur unter anteiligem Abzug der während der Laufzeit entstandenen Nettoverluste zu erhalten, sowie auch das Risiko, dass ihre Kapitalforderung im Insolvenz- oder Liquidationsfall nur nachrangig bedient wird (5 Ob 4/14w; Brenn, aaO 72 f).

Für das vorliegende Verfahren ist das Feststellungsinteresse zu bejahen, weil derzeit nicht auf Leistung geklagt, eine Zahlungspflicht der Beklagten aber auch nicht ausgeschlossen werden kann. Das Bestehen des Feststellungsinteresses wird von der Beklagten auch nicht ernsthaft bestritten.

6. Insgesamt ergibt sich, dass die Beklagte für die Verbindlichkeiten aus der zugrunde liegenden Ergänzungskapital-Schuldverschreibung zwar nicht unbeschränkt nach § 38 UGB, aber beschränkt nach § 1409 ABGB haftet.

Die Beurteilung des Berufungsgerichts hält der Überprüfung durch den Obersten Gerichtshof demnach nicht stand. In teilweiser Stattgebung der Revision war die Haftung der Beklagten nach Maßgabe der Zahlungspflicht der Emittentin sowie nach Maßgabe des § 1409 ABGB zu beschränken.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 43 Abs 1, 50 ZPO. Während das Klagebegehren auf die Feststellung der gänzlichen Rückzahlungspflicht der Beklagten aus der zugrunde liegenden Ergänzungskapital-Schuldverschreibung abzielt, strebt die Beklagte eine gänzliche Klagsabweisung an. Die Feststellung der (mehrfach) beschränkten Haftung der Beklagten kann als annähernd gleichteiliger Prozesserfolg gewertet werden. Die Vertretungskosten waren daher gegeneinander aufzuheben. Hingegen sind die gerichtlichen Barauslagen dem Gegner jeweils zur Hälfte zu ersetzen. Im Berufungsverfahren haben die Parteien jeweils gleich hohe Pauschalgebühren aufgewendet.

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