OGH 2Ob236/13i

OGH2Ob236/13i27.11.2014

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Hofrätin Dr. E. Solé als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Veith, Dr. Schwarzenbacher, Dr. Nowotny und Dr. Rassi als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei T***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Herbert Heigl und Mag. Willibald Berger, Rechtsanwälte in Marchtrenk, gegen die beklagte Partei (nunmehr) m***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Paul Fuchs, Rechtsanwalt in Thalheim bei Wels, wegen 21.066,10 EUR sA, über den Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 14. Oktober 2013, GZ 1 R 156/13m‑18, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts Wels vom 6. August 2013, GZ 2 Cg 26/13w‑14, teilweise aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

1. Die Bezeichnung der beklagten Partei wird von „m***** GmbH“ auf „m***** GmbH“ berichtigt.

2. Der Rekurs wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 466,22 EUR (darin 77,70 EUR USt) bestimmten Kosten der Rekursbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Begründung

Zu 1.:

Nach der am 21. 6. 2013 mit Gesellschafterbeschluss beschlossenen und am 28. 6. 2013 zu FN ***** im Firmenbuch eingetragenen Änderung der Erklärung über die Errichtung der Gesellschaft wurde der Firmenwortlaut der beklagten Partei von „m***** GmbH“ geändert in „m***** GmbH“. Die Parteibezeichnung ist daher gemäß § 235 Abs 5 ZPO von Amts wegen zu berichtigen.

Zu 2.:

Am 22. 1. 2009 beauftragte die Bauherrin die beklagte Partei mit der Errichtung eines Doppelhauses. Das Vertragswerk bestand aus zwei Teilen, nämlich dem Werkvertrag samt „Leistungsbeschreibung Edelrohbau“ und einem „Verbindlichen Vermittlungsangebot für diverse Ausbauarbeiten“ samt „Leistungsbeschreibung Ausbaupakete Haus mit Platte“. Die beklagte Partei bezeichnete sich im Werkvertrag als Generalunternehmerin, die qualifizierte Unternehmen mit der Ausführung der Bauarbeiten beauftragt. Im „Vermittlungsangebot“ erklärte sie, die Firmen vor Baubeginn namentlich bekannt zu geben und einen Ablaufplan für Zahlung und Ausführung zu erstellen. Die im „Vermittlungsangebot“ enthaltene „Gewerksauflistung“ wies verschiedene Positionen samt Preisen aus. Die in einer „Gewerksauflistung“ angeführten Werkleistungen werden entweder von der beklagten Partei an Drittfirmen vermittelt oder von ihr selbst ausgeführt oder vom jeweiligen Bauherrn in Eigenleistung erbracht. Aus der gegenständlichen Auflistung ergab sich nicht, welche Positionen von der beklagten Partei vermittelt und welche von ihr selbst ausgeführt werden sollten. Das Unterkapitel „Edelausbau“ umfasste auch die Position „Fassade laut Leistungsbeschreibung“ zu einem Preis von 8.600 EUR. Die Fassadenarbeiten wurden von der klagenden Partei erbracht. Die beklagte Partei hatte der Bauherrin vor Baubeginn nicht mitgeteilt, dass es sich bei der klagenden Partei um eine von ihr vermittelte „Fremdfirma“ handle.

In einem von der klagenden Partei gegen die Bauherrin geführten Vorprozess wurde das Begehren auf Zahlung des Werklohns von 8.583,60 EUR rechtskräftig abgewiesen. Die Entscheidungsbegründung lautete, dass nur zwischen der Bauherrin und der beklagten Partei ein Vertragsverhältnis bestehe, nicht aber auch zwischen der Bauherrin und der klagenden Partei. Auch ein auf die Rechtsgründe der Geschäftsführung ohne Auftrag und der ungerechtfertigten Bereicherung der Bauherrin gestützter Anspruch der klagenden Partei wurde verneint.

Im gegenständlichen Verfahren begehrte die klagende Partei Zahlung von 21.066,10 EUR sA. Zu dem in diesem Rechtsmittelverfahren allein bedeutsamen Teilbegehren von 8.583,60 EUR brachte sie ua vor, die beklagte Partei habe sich gegenüber der Bauherrin auch zur Errichtung der Fassade verpflichtet. Zwischen der klagenden Partei und der Bauherrin sei hingegen kein Vertragsverhältnis zustande gekommen. Die beklagte Partei habe sich der klagenden Partei als Erfüllungsgehilfin bedient. Sollte zwischen den Streitteilen kein Vertragsverhältnis bestanden haben, werde der Anspruch auch auf Bereicherung gestützt.

Die beklagte Partei bestritt das Bestehen eines Vertragsverhältnisses zwischen den Streitteilen. Sie habe sich keineswegs der klagenden Partei als Subunternehmerin bedient, sondern sei lediglich als Vermittlerin zwischen der klagenden Partei und der Bauherrin aufgetreten. Da sie sich gegenüber der Bauherrin nicht zur Errichtung der Fassade verpflichtet habe, sei sie auch nicht bereichert.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Zwischen den Streitteilen sei kein wirksamer Vertrag über die Errichtung der Fassade geschlossen worden, Anhaltspunkte für eine Bereicherung der beklagten Partei lägen nicht vor.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung (insoweit rechtskräftig) im Umfang der Abweisung von 12.482,50 EUR sA als Teilurteil, hob sie jedoch im Umfang der Abweisung von 8.583,60 EUR sA zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht auf. Zum aufhebenden Teil seiner Entscheidung sprach es aus, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof zulässig sei.

Das Berufungsgericht teilte die Rechtsansicht des Erstgerichts, dass zwischen den Streitteilen kein Vertragsverhältnis zustande gekommen sei, bejahte allerdings einen Anspruch nach § 1042 ABGB. Diese Bestimmung sei anzuwenden, weil auch zwischen der klagenden Partei und der Bauherrin als Leistungsempfängerin keine Rechtsbeziehung bestanden habe, wohl aber zwischen der Bauherrin und der beklagten Partei. Unter den festgestellten Umständen habe die Bauherrin redlicherweise davon ausgehen können, dass sich die beklagte Partei selbst zur Erbringung der Fassadenarbeiten ‑ wie auch anderer Gewerke ‑ verpflichtet habe und die klagende Partei nur als Subunternehmerin der beklagten Partei tätig geworden sei. Die klagende Partei habe somit an die Bauherrin Leistungen erbracht, die die beklagte Partei selbst hätte erbringen müssen, und diese dadurch von ihrer vertraglichen Verpflichtung gegenüber der Bauherrin befreit. Die ‑ nach näher dargestellten Kriterien zu ermittelnde ‑ Höhe des Ersatzanspruchs könne nach den bisherigen Feststellungen aber noch nicht beurteilt werden, weshalb es einer Verfahrensergänzung bedürfe.

Den Rekurs an den Obersten Gerichtshof erachtete das Berufungsgericht mit der Begründung für zulässig, dass zur Frage des Umfangs des Aufwandsersatzanspruchs nach § 1042 ABGB im Fall der Erbringung von Werkleistungen noch keine höchstgerichtliche Rechtsprechung bestehe.

Rechtliche Beurteilung

Der von der beklagten Partei erhobene Rekurs ist entgegen dem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig.

Die beklagte Partei geht in ihrem Rechtsmittel auf die vom Berufungsgericht als erheblich erachtete Rechtsfrage und die dazu angestellten Überlegungen in der angefochtenen Entscheidung mit keinem Wort ein. Selbst wenn daher das Berufungsgericht die Zulässigkeit des Rekurses zu Recht ausgesprochen haben sollte, ist diese nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs dennoch nicht gegeben, wenn im Rechtsmittel nur solche Rechtsfragen geltend gemacht werden, deren Erledigung nicht von der Lösung erheblicher Rechtsfragen abhängt (RIS-Justiz RS0102059). Letzteres ist hier der Fall:

1. Nach § 1042 ABGB hat derjenige, der für einen anderen einen Aufwand macht, den dieser nach dem Gesetz selbst hätte machen müssen, das Recht, den Ersatz zu fordern. Diese Bestimmung greift zwar dann nicht ein, wenn der Aufwand in Erfüllung einer eigenen Vertragspflicht gegenüber dem Empfänger erfolgte, ist aber nicht nur bei Erfüllung „gesetzlicher Ansprüche“, sondern auch fremder Vertragspflichten anwendbar (2 Ob 149/03f mwN; 2 Ob 157/12w; 1 Ob 249/12t; RIS-Justiz RS0028060 [T2, T5], RS0104142 [T4, T9]).

Die Rechtsmittelausführungen richten sich im Wesentlichen gegen die Auffassung des Berufungsgerichts, dass eine vertragliche Pflicht der beklagten Partei zur Errichtung der Fassade gegenüber der Bauherrin bestand. Dabei handelt es sich entgegen der Annahme der beklagten Partei um keine von der erstinstanzlichen Sachverhaltsgrundlage abweichende Tatsachenfeststellung, sondern um eine im Rahmen der rechtlichen Beurteilung getroffene Aussage des Berufungsgerichts. Diese betrifft die Auslegung des zwischen der Bauherrin und der beklagten Partei geschlossenen Werkvertrags samt „Vermittlungsangebot“.

2. Fragen der Vertragsauslegung kommt in der Regel keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu, sofern keine auffallende Fehlbeurteilung, also eine krasse Verkennung der Auslegungsgrundsätze vorliegt, die im Interesse der Rechtssicherheit durch den Obersten Gerichtshof wahrgenommen werden muss (6 Ob 123/10x; 6 Ob 125/14x; RIS-Justiz RS0042936, RS0112106). Ob auch eine andere Auslegung der rechtsgeschäftlichen Erklärungen der Parteien bzw beteiligten Personen vertretbar wäre, wirft dabei keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO auf (6 Ob 123/10x; 3 Ob 13/12a uva). Die Auslegung ist am Empfängerhorizont zu messen. Für die Beurteilung einer Willenserklärung ist weder auf den Willen des Erklärenden noch auf die subjektive Auslegung des Erklärungsempfängers abzustellen. Dieser ist in seinem Vertrauen nur dann geschützt, wenn er die Erklärung so verstanden hat, wie sie ein redlicher, verständiger Erklärungsempfänger unter Berücksichtigung des Geschäftszwecks und der gegebenen Umstände verstehen durfte (vgl 2 Ob 92/11k; 3 Ob 135/11s; 6 Ob 125/14x; RIS-Justiz RS0113932).

Das Berufungsgericht ist diesen Grundsätzen gefolgt und hat bei der Auslegung des zwischen Bauherrin und beklagter Partei geschlossenen Werkvertrags samt „Vermittlungsangebot“ im Einklang mit der erörterten Rechtsprechung auf das Verständnis eines redlichen Erklärungsempfängers abgestellt. Ob die klagende Partei davon Kenntnis hatte, dass sie nur aufgrund des „Vermittlungsangebots“ tätig werden sollte, ist für die Auslegung des Vertragsverhältnisses zwischen Bauherrin und beklagter Partei hingegen irrelevant. Die diesbezüglichen Feststellungen, auf welche die beklagte Partei in ihrem Rechtsmittel verweist, betreffen nur das Nichtzustandekommen eines Vertrags zwischen den Streitteilen, wovon die Vorinstanzen ohnehin ausgegangen sind.

3. Die Auslegung des Berufungsgerichts, wonach die Bauherrin von einer vertraglichen Leistungspflicht der beklagten Partei ausgehen durfte, ist angesichts des eingangs wiedergegebenen Sachverhalts jedenfalls vertretbar. Daran ändert nichts, dass sich der Vater der Bauherrin mit einer ersten Mängelrüge an die klagende Partei wandte und die Bauherrin die Bezahlung der ihr von der klagenden Partei übersandten Rechnung (auch) mit dem Hinweis auf weitere Mängel verweigerte. Der im Rekurs hervorgehobene Umstand, dass sich der Geschäftsführer der klagenden Partei bei der Bauherrin nach dem zwischen ihr und der beklagten Partei vereinbarten Preis für die Errichtung der Fassade erkundigte, stützt eher die zweitinstanzliche Auslegung, als den Standpunkt der beklagten Partei. Auch die Zahlung der von der beklagten Partei der Bauherrin in Rechnung gestellten Vermittlungsgebühr von 1.200 EUR indiziert kein gegenteiliges Auslegungsergebnis, steht doch nicht fest, dass die Herstellung des Kontakts mit der klagenden Partei von den Vermittlungsleistungen der beklagten Partei umfasst gewesen ist.

Es ist somit zusammenfassend festzuhalten, dass dem Berufungsgericht keine unvertretbare Auslegung der zwischen der Bauherrin und der beklagten Partei getroffenen vertraglichen Vereinbarungen vorzuwerfen ist. Eine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO liegt in diesem Zusammenhang nicht vor.

4. Anhaltspunkte dafür, dass die klagende Partei ihrerseits aus dem Verhalten der Bauherrin darauf schließen durfte, diese wolle mit ihr kontrahieren, gehen aus den Feststellungen nicht hervor und werden auch im Rekurs der beklagten Partei nicht aufgezeigt.

Die rechtsirrtümliche Annahme der klagenden Partei, mit der Errichtung der Fassade eine eigene vertragliche Verbindlichkeit gegenüber der Bauherrin zu erfüllen, begründete noch keinen Vertrag (so auch das Ergebnis des zwischen diesen Beteiligten geführten Vorprozesses). Soweit die beklagte Partei, gestützt auf die Entscheidung 4 Ob 201/07y, ins Treffen führt, der klagenden Partei stünde wegen ihres Rechtsirrtums nur die Leistungskondiktion nach § 1431 ABGB gegen die Bauherrin zur Verfügung, nicht aber auch der Verwendungsanspruch nach § 1042 ABGB gegen die beklagte Partei, genügt der Hinweis auf die im Schrifttum durchwegs positiv aufgenommene Entscheidung 2 Ob 157/10t, mit der die Konkurrenz zwischen den Ansprüchen nach § 1431 ABGB (gegen den Leistungsempfänger) und § 1042 ABGB (gegen den Schuldner) bejaht wurde, auch wenn sich letzterer den Aufwand nur vorläufig erspart (vgl dazu auch 2 Ob 207/12y mwN).

Davon abgesehen wurde in besagtem Vorprozess ein Bereicherungsanspruch der klagenden Partei gegenüber der Bauherrin bereits rechtskräftig verneint, sodass die beklagte Partei mit Erfüllungsansprüchen der Bauherrin grundsätzlich nicht mehr zu rechnen hat. Für die behaupteten Mängel der erbrachten Werkleistung fehlt es bisher an jeglichem Tatsachensubstrat. Die darauf gegründeten Schlussfolgerungen der beklagten Partei begründen schon deshalb keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO.

5. Die Behauptung, die klagende Partei habe kein ausreichendes Sachvorbringen zu § 1042 ABGB erstattet, widerspricht der eingangs zusammengefasst wiedergegebenen Aktenlage. Dabei schadet es nicht, dass sich die klagende Partei erstmals in der Berufung ausdrücklich auf diese Gesetzesstelle berief (vgl 2 Ob 149/03f).

6. Da es der Klärung von Rechtsfragen iSd § 502 Abs 1 ZPO nicht bedurfte, ist der Rekurs als unzulässig zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO (vgl RIS-Justiz RS0123222). Die klagende Partei hat auf die Unzulässigkeit des Rekurses hingewiesen.

Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)

Stichworte