OGH 2Ob165/14z

OGH2Ob165/14z2.10.2014

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Hofrat Dr.

Veith als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. E. Solé, Dr. Schwarzenbacher, Dr. Nowotny und Dr. Rassi als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1.) F***** L*****, 2.) B***** L*****, beide vertreten durch Dr. Reinfried Eberl ua, Rechtsanwälte in Salzburg, gegen die beklagte Partei A***** T*****, vertreten durch Dr. Franz Linsinger, Rechtsanwalt in St. Johann im Pongau, wegen 16.926,35 EUR sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Zwischenurteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 23. Mai 2014, GZ 3 R 81/14y‑67, womit das Urteil des Landesgerichts Salzburg vom 6. Jänner 2014, GZ 3 Cg 37/12s‑63, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0020OB00165.14Z.1002.000

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die beklagte Partei ist schuldig, den klagenden Parteien die mit 1.153,73 EUR (darin enthalten 192,29 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Das Dach des Stallgebäudes des beklagten Landwirts wurde am 16. Februar 2006 durch Schneemassen eingedrückt. Dadurch wurde die Unterbringung der Tiere des Beklagten in anderen Ställen notwendig. 17 Kälber wurden im Stall der Kläger untergebracht.

Im Jahr davor waren im Betrieb des Beklagten zwei Tiere geschlachtet worden, weil sie an Bovine‑Virus‑diarrhoe (BVD) erkrankt gewesen waren. Sowohl der Beklagte als auch sein langjähriger Tierarzt, der allerdings am Unglücksort nicht anwesend war, wussten im Zeitpunkt des Unglücks, dass es sich damals beim Betrieb des Beklagten um einen BVD‑infizierten Betrieb handelte. Auch dem anwesenden Amtstierarzt sowie dem Veterinäramt und der Veterinärdirektion war diese Tatsache bekannt, nicht aber den Klägern.

Zuletzt war am 25. Mai 2005 ein sogenannter Ausmerzbescheid der Bezirkshauptmannschaft nach der BVD‑Verordnung 2004 ergangen. Damals und zum Zeitpunkt des Stalleinsturzes 2006 legte die Behörde die Ausmerzbestimmungen der BVD‑Verordnung 2004 so aus, dass die neu geborenen Kälber ein Jahr (ab der Feststellung des Ausscheiders) nachzuuntersuchen seien. Zwischen dem Ausmerzbescheid und dem Stalleinsturz beim Beklagten erfolgten im Bestand des Beklagten keine Blutuntersuchungen auf BVD. Am 6. September 2005 hatte eine Tankmilchuntersuchung auf BVD‑AK einen hoch positiven Wert ergeben, womit eine stattgefundene BVD‑Infektion bestätigt war.

Nachdem die 17 Kälber des Beklagten ‑ ohne Einzeltieruntersuchung und ohne Zeugnis für eine Verbringung ‑ in den Stall der Kläger verbracht worden waren, beauftragte am darauffolgenden Tag der Amtstierarzt wegen der bestandenen BVD‑Problematik im Betrieb des Beklagten den Tierarzt des klägerischen Betriebs, an den dort eingestellten Kälbern Blutproben zu nehmen. Dadurch wurden am 23. Februar 2006 zwei dieser Tiere als persistent virusausscheidende Kälber diagnostiziert; eines dieser Kälber verendete, das andere wurde geschlachtet. Diese beiden Kälber haben die Krankheit BVD in den Betrieb der Kläger eingeschleppt. Am 30. März 2006 zeigten BVD‑Untersuchungen bei den Kalbinnen der Kläger einen positiven AK-Befund, womit die Ansteckung bestätigt war. Vorher war der klägerische Betrieb BVD‑frei gewesen. Im Herbst 2006 ergab die BVD‑AG Untersuchung der Kälber nach dem Abkalben der AK-positiven Kalbinnen der Kläger positive Ergebnisse; daraufhin ergingen für 13 Tiere Ausmerzbescheide.

Hätten die Kläger, deren Betrieb schon im Jahr 2002 von einer BVD‑Durchseuchung betroffen war, von der BVD-Infektion im Betrieb des Beklagten gewusst, dann hätten sie die 17 Tiere des Beklagten nicht in ihrem Stall einstellen lassen. Die Kläger haben allerdings vor der Aufnahme der Tiere auch keine Einzeltieruntersuchung iSd § 14 Abs 2 BVD‑Verordnung 2004 verlangt und auch nicht danach gefragt.

Als bekannt wurde, dass die Gefahr einer Ansteckung im Stall der Kläger bestand, teilte der Erstkläger dem Beklagten noch vor Rückgabe der im Stall der Kläger verwahrten 17 Kälber ausdrücklich mit, dass, wenn ihm ein Schaden aus einer von Kälbern des Beklagten eingeschleppten BVD‑Infektion entstehe, er diesen ersetzt haben möchte. Er forderte den Beklagten auch auf, seine Versicherung einzuschalten. Die konkrete Schadenssumme war zum Zeitpunkt der Zurückstellung der Kälber noch nicht bekannt.

Die Kläger begehren, gestützt auf § 967 ABGB sowie auf eine Schutzgesetzverletzung nach § 8 Z 3 lit e iVm § 2 Z 13 sowie § 14 Abs 2 und Abs 9 Z 2 BVD‑Verordnung 2004, einen Schadenersatzbetrag von 16.926,35 EUR sA. Nachdem im Rinderbestand des Beklagten im Jahr 2005 die Virusinfektion BVD aufgetreten sei, sei der Beklagte seiner gesetzlichen und ihm im Jahr 2005 behördlich aufgetragenen Verpflichtung, seinen Bestand nachuntersuchen zu lassen, nicht nachgekommen. Ebensowenig habe der Beklagte die Kläger bei der Einstellung seiner Kälber über die bei ihm im Jahr 2005 aufgetretenen BVD‑Fälle aufgeklärt. Erst rund eine Woche nach der Einstellung der Kälber habe der Beklagte den Erstkläger davon informiert.

Der Beklagte wendete ein, er habe davon ausgehen können, dass das am 16. Februar 2006 ohnehin anwesend gewesene Fachpersonal (Amtstierarzt und Sprengeltierarzt) die entsprechenden Vorsichtsmaßnahmen angeordnet habe. Er habe mit keinem der einstellenden Landwirte direkte Vereinbarungen über die Unterbringung seiner Tiere geschlossen. Der geltend gemachte Schaden sei auch wegen der dreißigtägigen Ausschlussfrist des § 967 ABGB verfristet.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab.

Das Berufungsgericht hat mit Zwischenurteil den Grund des Klagsanspruchs bejaht und die Revision zugelassen, weil eine höchstgerichtliche Judikatur zur Frage, ob ein Schadenersatzanspruch innerhalb der 30‑Tages Frist des § 967 Satz 3 ABGB ziffernmäßig zu konkretisieren sei, fehle. Die Entscheidung 7 Ob 93/01d sei zu § 982 ABGB ergangen, der einen anderen Wortlaut (als § 967 Satz 3 ABGB) habe.

Die vom Beklagten gegen das Berufungsurteil erhobene Revision ist jedoch entgegen diesem den Obersten Gerichtshof gemäß § 508a Abs 1 ZPO nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig.

Das Berufungsgericht hat keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO aufgezeigt:

1.1. Der Oberste Gerichtshof hat bereits in den Entscheidungen vom 11. März 1908, GlUNF 4162, und vom 27. April 1909, GlUNF 4596, übereinstimmend ausgesprochen, dass der im vorliegenden Fall anzuwendende § 967 ABGB (für den Verwahrungsvertrag) iSd § 982 ABGB (für den Leihvertrag) betreffend die Geltendmachung von Schäden innerhalb der in beiden Bestimmungen genannten Frist von 30 Tagen auszulegen ist. Danach genügt die außergerichtliche Geltendmachung.

Diese Rechtsprechung ist von unveränderter Aktualität, weil sich die Gesetzeslage nicht geändert hat und auch nicht etwa im Schrifttum (vgl nur Griss in KBB4 § 967 Rz 3; Parapatits in Schwimann/Kodek, ABGB4 § 967 Rz 12) inzwischen beachtliche Kritik geäußert worden wäre (vgl RIS‑Justiz RS0103384 [T2]).

1.2 Zu § 982 ABGB hat der Oberste Gerichtshof wiederholt judiziert, dass der Rügeobliegenheit durch die Anzeige des Mangels entsprochen wird; die Geltendmachung eines ziffernmäßig konkretisierten Schadenersatzanspruchs innerhalb der Rügefrist fordert das Gesetz nicht (RIS‑Justiz RS0019198). Nach der im vorigen Absatz zitierten Rechtsprechung gilt dies auch für den hier anzuwendenden § 967 ABGB, was der Beklagte in seinem Rechtsmittel auch gar nicht in Zweifel zieht. Argumentiert er doch selbst mit der Entscheidung 7 Ob 93/01d, die zu § 982 ABGB ergangen ist.

1.3. Die Auffassung des Beklagten, die Kläger hätten innerhalb der Frist des § 967 ABGB einen konkreten Schaden behaupten müssen, wirft aber keine erhebliche Rechtsfrage auf. Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, die Kläger hätten mit dem grundsätzlichen Verlangen nach Schadenersatz durch den Erstkläger noch vor Zurückstellung der Kälber gegenüber dem Beklagten die 30‑tägige Frist des § 967 Satz 3 ABGB (die mit dem Zeitpunkt der Zurückstellung der verwahrten Sache beginnt) für die Geltendmachung von Ersatzansprüchen eingehalten, ist jedenfalls vertretbar.

2. Da schon die vertragliche Haftung des Beklagten mit vertretbarer Begründung bejaht wurde, muss auf seine Überlegungen zur ‑ ebenfalls bejahten ‑ deliktischen Haftung nicht mehr eingegangen werden.

3. Die Revision des Beklagten zeigt auch keine sonstige erhebliche Rechtsfrage auf, weshalb sie zurückzuweisen ist.

4. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 50, 41 ZPO. Die Kläger haben in der Revisionsbeantwortung auf die Unzulässigkeit der Revision hingewiesen.

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