OGH 7Ob93/01d

OGH7Ob93/01d27.6.2001

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr. Schalich als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Hon. Prof. Dr. Danzl, Dr. Schaumüller, Dr. Hoch und Dr. Kalivoda als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Kurt Z*****, vertreten durch Dr. Karl-Heinz Götz und Dr. Rudolf Tobler jun., Rechtsanwälte in Neusiedl am See, gegen die beklagte Partei Walpurga P*****, vertreten durch Beck & Dörnhöfer, Rechtsanwälte OEG in Eisenstadt, wegen S 53.898,-- samt Anhang, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichtes Korneuburg als Berufungsgericht vom 21. November 2000, GZ 21 R 489/00k-30, womit das Urteil des Bezirksgerichtes Bruck/Leitha vom 3. August 2000, GZ 1 C 106/99i-23, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben und die Rechtssache zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.

Die Kosten des Berufungs- und Revisionsverfahrens bilden weitere Verfahrenskosten.

Text

Begründung

Der Kläger stellte der Beklagten für die Dauer der Reparatur ihres Fahrzeuges in seiner Kfz-Werkstätte ohne besonderes Entgelt einen PKW zur Verfügung. Am 4. 4. 1998 wurde das der Beklagten zur Verfügung gestellte Fahrzeug durch ein anderes beschädigt. Der Kläger wurde von der Beklagten telefonisch davon verständigt und besichtigte den Schaden an Ort und Stelle. Er führte die Beklagte in seine Werkstatt und übergab ihr einen anderen PKW. Das Erstgericht konnte nicht feststellen, dass der Kläger die Beklagte darauf hinwies, dass diese für den Schaden am zur Verfügung gestellten PKW aufzukommen habe. Am Fahrzeug des Klägers entstand ein wirtschaftlicher Totalschaden.

Der Kläger begehrte zuletzt die Bezahlung von S 53.898,-- an Schadenersatz von der Beklagten mit dem Vorbringen, dass sie ein Verschulden, zumindest ein Mitverschulden, an der Beschädigung des Fahrzeuges treffe.

Die Beklagte bestritt, dass ihr ein Verschulden zur Last liege. Im Übrigen habe der Kläger ihr das Fahrzeug unentgeltlich, sohin leihweise, zur Verfügung gestellt und die im § 982 ABGB genannte Frist zur Geltendmachung des Schadenersatzes nicht eingehalten. Die Klagsführung sei daher nicht mehr möglich.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren vollinhaltlich ab. Es schloss sich der Rechtsansicht der Beklagten an, dass das Klagerecht nach Ablauf der 30-tägigen Frist des § 982 ABGB mangels Rüge erloschen sei.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers mit der Begründung nicht Folge, dass in dem Fall, dass der Schaden für beide Parteien des Vertrages offensichtlich sei, der Verleiher zusätzlich irgendwie zum Ausdruck bringen müsse, dass er Ansprüche stellen wolle. Die Anzeige des Mangels habe hier keinen Sinn. Da das Klagerecht erloschen sei, sei die Einvernahme des Zeugen Miroslav M***** zur Klärung des Unfallhergangs entbehrlich.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision zulässig sei, weil es an oberstgerichtlicher Judikatur dazu fehle, ob bei Rückgabe eines ganz offensichtlich beschädigten Gegenstandes ausdrücklich Schadenersatz verlangt werden müsse.

Dagegen richtet sich die Revision des Klägers mit einem Abänderungsantrag, hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen, in eventu ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig, sie ist auch im Sinne des Aufhebungsantrags berechtigt.

Den Entlehner trifft grundsätzlich eine Verschuldenshaftung. Er haftet zwar nicht für die durch den vertraglich vereinbarten bzw üblichen Gebrauch bewirkte Abnützung, wohl aber für verschuldete Beschädigungen und für den verschuldeten Verlust der Sache (Schubert in Rummel I3, § 979 ABGB, Rz 1, SZ 60/157). Wenn der Verleiher nach der Zurücknahme des Leihstückes dessen Missbrauch oder übertriebene Abnützung innerhalb von 30 Tagen nicht rügt, so ist die Klage erloschen (§ 982 ABGB). Die Frist ist eine Präklusivfrist (Schubert in Rummel aaO, § 982 ABGB, Rz 1; Stanzl in Klang IV/1, S 691, Binder in Schwimann, ABGB2, § 982 ABGB, Rz 1 und § 967, Rz 7). Durch die 30-Tagesfrist soll dem Kontrahenten ermöglicht werden, kurz nach Übergabe, wo die Beweiserhebung noch ein Leichtes ist, die behaupteten Ansprüche auf ihre inhaltliche Richtigkeit zu überprüfen und zu verifizieren (Binder aaO). Die außergerichtliche Geltendmachung genügt (GlUNF 4162 und 4596). Die wenn auch nur außergerichtliche Geltendmachung eines ziffernmäßig konkretisierten Schadenersatzanspruches fordert das Gesetz nicht. Ein solcher Anspruch kann innerhalb dieser kurzen Frist vielfach auch noch gar nicht präzisiert werden. Der Rügeobliegenheit wird durch die Anzeige des Mangels entsprochen (SZ 60/157).

Die oben dargelegte Judikatur, dass schon die Anzeige des Mangels zur Fristwahrung genügt, bestätigt den Zweck der Bestimmung, dass innerhalb der 30-Tagesfrist Klarheit darüber bestehen soll, ob Schäden vorliegen, aus denen Ansprüche abgeleitet werden können. Die Geltendmachung des Anspruchs selbst hingegen ist nicht erforderlich. Dies bedeutet für den vorliegenden Fall, dass durch die gemeinsame Besichtigung des Schadens den Parteien des Leihvertrages die Tatsache der Beschädigung der Leihsache bekannt war, sodass allfällig notwendige Beweiserhebungen von beiden Seiten vorgenommen werden konnten. Damit ist aber dem Zweck der Bestimmung Genüge getan. Eine gesonderte Anzeige des Mangels ist bei Kenntnis der Parteien von den tatsächlichen Verhältnissen entbehrlich. Es ist vom Kläger nicht zu verlangen, abweichend von der oben dargestellten Rechtsprechung gesondert seine Schadenersatzansprüche ausdrücklich geltend zu machen, nur weil die Anzeige des Mangels bereits erfolgt ist und die Parteien an der Beschädigung der Leihsache nicht zweifeln. Im vorliegenden Fall kommt noch hinzu, dass die Parteien davon ausgingen, dass der Schaden von der Haftpflichtversicherung des Unfallgegners der Beklagten getragen werde. Es bestand kein Zweifel daran, dass der Kläger jedenfalls nicht selbst für den Schaden aufkommen werde.

Dies bedeutet, dass der Anspruch des Klägers nicht schon deshalb nicht zu Recht besteht, weil sein Klagerecht nach § 982 ABGB erloschen ist. Das Erstgericht wird daher im fortzusetzenden Verfahren das Beweisverfahren wie beantragt zu ergänzen und Feststellungen über den Unfallshergang zu treffen haben, um beurteilen zu können, ob die Beklagte an der Beschädigung der Leihsache ein Verschulden trifft.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.

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