OGH 4Ob45/14t

OGH4Ob45/14t17.7.2014

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Vizepräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. D***** J*****, 2. E***** D*****, beide vertreten durch Zauner & Mühlböck Rechtsanwälte KG in Linz, gegen die beklagte Partei Land Oberösterreich, vertreten durch die Oö Landesregierung, Linz, Klosterstraße 7, vertreten durch Dr. Thomas Langer, Rechtsanwalt in Linz, wegen Vornahme einer Handlung bzw Abgabe einer Erklärung (Streitwert 1.700 EUR je Kläger) und 3.465,60 EUR sA, infolge Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Landesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 5. Dezember 2013, GZ 14 R 122/13d‑60, womit infolge Berufung der beklagten Partei das Urteil des Bezirksgerichts Linz vom 5. Juni 2013, GZ 9 C 461/11g‑54, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0040OB00045.14T.0717.000

 

Spruch:

 

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagenden Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der beklagten Partei die mit 614,86 EUR (darin 102,48 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Entscheidungsgründe:

Der Erstkläger, geboren 1970, und die Zweitklägerin, geboren 1966, sind Anfang der 1990er Jahre völlig erblindet. Sie lernten einander bei Rehabilitationsmaßnahmen kennen und leben seit 1994 unverheiratet in einer Lebensgemeinschaft. Der Erstkläger ist berufstätig, die Zweitklägerin bezieht eine Berufsunfähigkeitspension. Bei der Zweitklägerin wurde im Jahr 1999 bei bekanntem Diabetes mellitus Typ I mit Spätkomplikationen eine erfolgreiche Pankreas-/Nierentransplantation durchgeführt. Auch nach zwei Fehlgeburten blieb der Kinderwunsch der Kläger aufrecht. Da eine weitere Schwangerschaft eine Risikoschwangerschaft wäre, bemühten sich die Kläger in der Folge um eine Adoption. Der Erstkläger hatte Kenntnis von 15 blinden Waisenkindern in einem in Bulgarien betriebenen Hilfsprojekt, weshalb die Kläger daran dachten, ein blindes Waisenkind aus Bulgarien zu adoptieren, um so ihre eigene Kompetenz einem blinden Kind weiterzugeben. Sie bewarben sich deshalb im Sommer 2010 bei der ihrem Wohnsitz nach zuständigen Bezirkshauptmannschaft (in der Folge: Behörde), deren Rechtsträger das beklagte Bundesland ist, in getrennten Ansuchen um die Vermittlung eines Adoptivkindes. Die Behörde lehnte nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens die Ansuchen der Kläger um Vormerkung zur Adoption ab. Im Zusammenhang mit dem Ermittlungsverfahren erwuchsen den Klägern Kosten für Privatgutachten und Besuch eines aufgetragenen Vorbereitungsseminars in Höhe von 3.465,60 EUR.

Das bei Auslandsadoptionen zwischen Vertragsstaaten (darunter Österreich und Bulgarien) maßgebliche Recht des Haager Übereinkommens über den Schutz von Kindern und die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der internationalen Adoption vom 29. Mai 1993, BGBl III Nr 145/1999 ‑ Haager Adoptionsrechtsüberein-kommen (HAÜ) enthält folgende Bestimmungen:

Artikel 5: Eine Adoption nach dem Übereinkommen kann nur durchgeführt werden, wenn die zuständigen Behörden des Aufnahmestaats a) entschieden haben, dass die künftigen Adoptiveltern für eine Adoption in Betracht kommen und dazu geeignet sind [...]

Artikel 14: Personen mit gewöhnlichem Aufenthalt in einem Vertragsstaat, die ein Kind mit gewöhnlichem Aufenthalt in einem anderen Vertragsstaat adoptieren möchten, haben sich an die Zentrale Behörde im Staat ihres gewöhnlichen Aufenthaltes zu wenden.

Artikel 15 Abs 1: Hat sich die Zentrale Behörde des Aufnahmestaates davon überzeugt, dass die Antragsteller für eine Adoption in Betracht kommen und dazu geeignet sind, so verfasst sie einen Bericht, der Angaben zur Person der Antragsteller und über ihre rechtliche Fähigkeit und ihre Eignung zur Adoption, ihre persönlichen und familiären Umstände, ihre Krankheitsgeschichte, ihr soziales Umfeld, die Beweggründe für die Adoption, ihre Fähigkeit zur Übernahme der mit einer internationalen Adoption verbundenen Aufgaben sowie die Eigenschaften der Kinder enthält, für die zu sorgen sie geeignet wären.

Artikel 15 Abs 2: Sie übermittelt den Bericht an die Zentrale Behörde des Heimatstaats.

 

Die Kläger stellten in dem mit Klage vom 16. 6. 2011 eingeleiteten Verfahren zuletzt folgendes Begehren:

a) Die Beklagte ist schuldig, den Erstkläger und die Zweitklägerin für die Annahme eines Minderjährigen an Kindesstatt zu vermitteln; hilfsweise zu bestätigen, dass jeder der Kläger für eine Adoption in Betracht kommt und dazu geeignet ist; hilfsweise jedem der Kläger 1.700 EUR sA zu zahlen;

b) die Beklagte ist schuldig, den Klägern 3.465,60 EUR sA zu zahlen.

Die Behörde habe im Rahmen der Überprüfung der Eignung der Kläger eine Stellungnahme ihres psychologischen Fachdienstes abgegeben, nach der die Kläger aus psychologischer Sicht nicht geeignet seien, Adoptivwerber und damit in weiterer Folge Adoptiveltern zu sein. Diese Beurteilung diskriminiere die Kläger iSd § 5 Bundes-BehindertengleichstellungsG, weil sie allein auf deren Erblindung beruhe. Hilfsweise stützen die Kläger ihr Begehren auch auf Bestimmungen des Oö Antidiskriminierungsgesetzes (Oö ADG), da die Beklagte in Vollziehung des Oö JugendwohlfahrtsG (Oö JWG) im Rahmen der Vermittlung von Adoptivkindern (§ 28 Oö JWG) diskriminierend tätig geworden sei. Damit überhaupt eine annahmewillige Person einen Vertrag zur eigentlichen Adoption abschließen könne, sei zuvor die „Vermittlung“ eines Adoptivkindes notwendig, welche ausschließlich durch die Behörde in Form einer Auswahl persönlich geeigneter und fachlich vorbereitender Personen für ein zur Adoption bestimmtes Kind erfolge. Diese Vermittlungstätigkeit erbringe die Behörde im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung, wobei aufgrund der Drittwirkung der Grundrechte sämtliche maßgeblichen Grundrechte einzuhalten seien. Durch ihr beanstandetes Vorgehen habe die Beklagte insbesondere das Gleichheitsrecht (Art 7 B‑VG), das Diskriminierungsverbot (Art 14 EMRK) und das in § 1 Oö ADG normierte Diskriminierungsverbot verletzt, das gemäß § 2 Abs 2 Z 2 dieses Gesetzes auch im Bereich der Privatwirtschaftsverwaltung gelte. Für die Vermittlung minderjähriger inländischer oder ausländischer Kinder zur Adoption bestehe kein Markt, eine Vermittlung gegen Entgelt sei verboten und sogar strafbar. Die legale Vermittlung könne daher faktisch nur durch Mitwirkung der Beklagten als öffentlicher Jugendwohlfahrtsträger [nunmehr: Kinder- und Jungendhilfeträger] erfolgen, die insoweit Monopolstellung besitze; damit sei ein Kontrahierungszwang gerechtfertigt. Die Beklagte dürfe daher nur aus sachlich gerechtfertigten Gründen die Vermittlung einer Adoption ablehnen. Beide Kläger seien als Annehmende einer Adoption persönlich geeignet und fachlich vorbereitet, es bestünden keine sachlichen Gründe dafür, die Vermittlungstätigkeit für sie nicht zu erbringen. Vielmehr sei die Beklagte gemäß Art 23 Abs 2 des Übereinkommens über die Rechte von Menschen mit Behinderung verpflichtet, auch im Zusammenhang mit der Adoption die Rechte der Kläger im gleichen Maße zu gewährleisten wie bei Menschen ohne Behinderung. Den Klägern stehe daher ein Anspruch gegen die Beklagte auf Erbringung der der Beklagten gesetzlich vorbehaltenen Vermittlungstätigkeit im Zusammenhang mit einer beabsichtigten Adoption zu. Darüber hinaus habe die Behörde, deren Rechtsträger die Beklagte ist, gemäß Art 15 HAÜ als Zentrale Behörde des Aufnahmestaats einen Bericht zu verfassen, in dem unter anderem Eigenschaften jener Kinder enthalten seien, für die ein Adoptionswerber geeignet wäre; ein Adoptionswerber benötige daher nicht zwingend die Eignung betreffend jedes für eine Adoption in Betracht kommende Kind, um eine internationale Adoption vornehmen zu können. Nach Art 5 HAÜ habe die Zentrale Behörde des Aufnahmestaats zu bestätigen, dass ein Adoptionswerber für eine Adoption in Betracht komme und dazu geeignet sei. Das Zahlungsbegehren umfasse einerseits eine Entschädigung für die erlittene persönliche Beeinträchtigung der Kläger in Höhe von jeweils 1.700 EUR sowie den Ersatz der im bisherigen Behördenverfahren frustrierten Kosten für Gutachten und Einführungsseminare für Adoptionswillige.

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Es seien weder § 5 Bundes‑BehindertengleichstellungsG noch das Oö ADG anwendbar, da ein Adoptionsverfahren vom jeweiligen Bezirksgericht durchzuführen sei und dem Jugendwohlfahrtsträger nur ein Anhörungsrecht zukomme. Der Staat müsse dafür sorgen, dass Adoptivkinder die bestmöglichen Lebensbedingungen erhielten, weshalb persönliche Behinderungen und besondere Bedürfnisse von Adoptivwerbern, die dem Kindeswohl entgegenstünden, zur Ablehnung einer Vermittlung führen müssten. Darin liege aber keine Diskriminierung, weil das Kindeswohl bestimmte Voraussetzungen verlange. Seien Beurteilungskriterien oder tatsächliche Vorgangsweisen durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel zur Erreichung dieses Zieles erforderlich und angemessen, liege keine Diskriminierung vor (§ 4 Z 2 lit a Oö ADG). Eine gemeinsame Adoption durch die nicht verheirateten Kläger sei nach derzeit geltender Rechtslage ohnehin ausgeschlossen. Das Auswahlverfahren der Behörde habe begründete Bedenken gegen die Eignung der Kläger in den Bereichen Sicherheit, Pflege, Gesundheit, Erziehung und Förderung sowie Auseinandersetzung mit der Herkunft des Kindes ergeben. Nur bei einer Auslandsvermittlung sei ein Kontakt zwischen Herkunftsfamilie und den Adoptivwerbern ohne Vermittlung durch die zuständige Behörde verboten, eine inländische Adoption ohne Vermittlung sei möglich und den Klägern grundsätzlich unbenommen. Selbst im Fall eines Kontrahierungszwangs bestünde kein Rechtsanspruch der Kläger auf ein bestimmtes Ergebnis oder darauf, als potentielle Adoptionswerber in Vormerk genommen zu werden; es sei Aufgabe der Beklagten, für zu adoptierende Kinder die bestmöglichen Eltern auszuwählen.

Das Erstgericht schloss das Verfahren erster Instanz am 9. 4. 2013 und wies das Hauptbegehren zu a) ab und gab dem ersten Eventualbegehren ebenso statt wie dem Zahlungsbegehren zu b). Es traf zusammengefasst folgende wesentlichen Feststellungen:

Die zuständige Referentin der Behörde führte mit den Klägern nach ihrer Bewerbung als Annehmende einer Adoption ein Erstgespräch. Nach Vorlage medizinischer Beurteilungen (die aus ärztlicher Sicht die Eignung der Kläger zur Aufnahme eines Adoptivkindes bestätigten) und Strafregisterbescheinigungen (die keine Verurteilungen auswiesen) kam es zu zwei Gesprächen mit einer Psychologin der Behörde in der Dauer von je eineinhalb Stunden, über deren Inhalt kein Protokoll verfasst wurde.

Am 23. 12. 2010 verfasste die Psychologin eine Stellungnahme an die zuständige Sozialarbeiterin, in dem sie die beiden Gespräche kursorisch zusammenfasste und als deren Ergebnis festhielt, dass bei den Klägern eine Kumulation von Risikofaktoren vorliege und die Vermittlung eines Adoptivkindes an sie daher nicht empfohlen werde. Unter anderem führte sie aus: „Das Grundbedürfnis des Kindes nach Schutz und Sicherheit kann durch blinde Eltern in außerhäuslichen, neuen Situationen nur bedingt erfüllt werden. Das Verletzungsrisiko ist für ein Kind, das bei blinden Eltern aufwächst, erhöht. Das Grundbedürfnis des Kindes, seinen Aktionsradius in der physischen Welt nach und nach zu erweitern, seine Umwelt zu erforschen (Neugierverhalten), kann im vorliegenden Fall nur erschwert und letztlich nur eingeschränkt erfüllt werden. Rollenumkehr: Die Wahrscheinlichkeit, dass ein sehendes Kind in Teilbereichen zu früh Verantwortung für seine blinden Adoptiveltern übernimmt, auch wenn diese eine derartige Entwicklung ablehnen und dies ausdrücklich nicht wollen, ist zumindest erhöht. Adoptivkinder sind bekanntermaßen Risikokinder. Die Wahrscheinlichkeit des Auftretens von Verhaltensauffälligkeiten und/oder Behinderungen ist erhöht. Dies trifft insbesondere für Kinder aus dem Ausland (unbekannte Vorgeschichte) und Kinder, die bei ihrer Adoption schon einige Jahre alt sind, zu. Die Wertschätzung der Herkunftseltern durch die Zweitklägerin wird derzeit als gering eingeschätzt. Die Vorerkrankungen von [Zweitklägerin] erhöhen das Risiko von Folgeerkrankungen.“

Mit Schreiben vom gleichen Tag teilte die Behörde den Klägern ohne nähere Begründung mit, dass aus psychologischer Sicht mehrere in verschiedenen Bereichen gelagerte Gründe dagegen sprächen, sie als Adoptivwerber vorzumerken. Nach Erhalt dieses Ablehnungsschreibens beauftragten die Kläger im Jänner 2011 eine klinische Psychologin und allgemein beeidete und gerichtlich zertifizierte Sachverständige, ihre Adoptionseignung zu beurteilen; weiters beauftragten sie eine psychologische Begutachtung durch einen Fachpsychologen, der ebenfalls ständig beeideter gerichtlicher Sachverständiger ist. Beide Sachverständige gelangten in ihren Gutachten zur Ansicht, dass die Erziehungsfähigkeit der Kläger aus fachlicher Sicht und deren Eignung zur Adoption vorliege und dass trotz einer nicht einfachen Ausgangssituation kein Grund gegeben sei, ihnen den Adoptionswunsch zu versagen. Diese beiden Gutachten übermittelten die Kläger der Beklagten.

Am 16. 5. 2011 fand ein abschließendes Gespräch bei der Behörde mit Behördenvertretern, ua der Psychologin, und den Klägern im Beisein eines Vertreters der Behindertenanwaltschaft statt. Den Klägern wurden die Gründe, die zur Ablehnung ihres Vermittlungsansuchens geführt hatten (und die schon in der ablehnenden Stellungnahme vom 23. 12. 2010 enthalten waren) dargelegt, und es wurde ihnen mitgeteilt, dass die vorgelegten Privatgutachten nicht anerkannt würden, da diese die Situation einseitig zugunsten der Kläger darstellten.

Mit Schreiben der Behörde an die Kläger vom 30. 5. 2011 erfolgte eine neuerliche begründete Ablehnung des Ansuchens um Vormerkung zur Adoption. Darin heißt es ua: „Im konkreten Fall haben wir aufgrund der Besonderheit der Umstände sowie der erstmalig aufgetretenen Thematik die im Dezember 2010 getroffene Entscheidung einer nochmaligen Prüfung unterzogen. In diesem Zusammenhang wurden u.a. auch die von Ihnen vorgelegten Privatgutachten einer Betrachtung unterzogen. Ein neuer Sachverhalt hat sich daraus jedoch nicht ergeben. Beide Gutachten beurteilen die Frage der Eignung ausschließlich aus dem Blickwinkel der Werber und blenden sowohl die Auswirkungen auf das Kind sowie den Auftrag des öffentlichen Jugendwohlfahrtsträgers vollkommen aus. Von einer nochmaligen Befassung des psychologischen Fachdienstes konnte daher Abstand genommen werden. Sämtliche im heurigen Jahr gesetzten Schritte zielten demnach ausschließlich auf die Überprüfung der bereits im Dezember 2010 getroffenen Entscheidung ab. Im Gespräch wurde nochmals die Aufgabe des öffentlichen Jugendwohlfahrtsträgers erörtert. Dazu wird zusammengefasst erläutert, dass der öffentliche Jugendwohlfahrtsträger dafür Sorge zu tragen hat, für ein Kind, das zur Adoption freigegeben wird, zu gewährleisten, dass seine Pflege und Erziehung, seine Förderung und Versorgung sowie auch seine Sicherheit in bestmöglicher Weise garantiert sind. Unter diesem Gesichtspunkt wurden auch bei Ihnen folgende Kriterien überprüft: Alter, Familienzustand, Vorstrafen, Beruf, Gesundheit, Wohnverhältnisse, Sicherheit, finanzielle Voraussetzungen, Auseinandersetzung mit der Herkunft des Kindes, realistische Einschätzung der eigenen Möglichkeiten und Grenzen, Erziehungsverhalten/Fähigkeit, Pflege. Dazu wird festgehalten, dass viele Kriterien sehr gut von Ihnen erfüllt werden. Für ein positives Prüfergebnis müssen die geforderten Kriterien jedoch in ihrer Gesamtheit so wie im Zusammenspiel erfüllt sein. Bedenken gibt es vor allem in folgenden Bereichen: Sicherheit, Pflege, Gesundheit, Erziehung, Förderung, Auseinandersetzung mit der Herkunft des Kindes und realistische Einschätzung der eigenen Möglichkeiten und Grenzen. Insgesamt wurde festgestellt, dass Ihr Fokus in Ihrem Engagement und der Möglichkeit, Defizite zu kompensieren, liegt und ist weniger auf die Befindlichkeit eines Kindes, die mit Ihrer Beeinträchtigung als Werber im Zusammenhang steht, ausgerichtet. Eine Ablehnung fällt nie leicht. Nichtsdestotrotz hat der öffentliche Jugendwohlfahrtsträger dem Wohl des Kindes höchste Priorität einzuräumen und Ihre Voraussetzungen der Eignung als Adoptivwerber ausschließlich aus dem Blickwinkel des Kindes zu beurteilen. Auch der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (Schwizgebel gegen die Schweiz, Urteil vom 10. 6. 2010, Bsw. 25762/07) hält fest, 'dass der Staat darüber zu wachen hat, dass adoptionswillige Personen Adoptivkindern auf allen Ebenen die bestmöglichen Lebensbedingungen anbieten'.“

Beide Kläger äußern die Bereitschaft, elterliche Verantwortung zu übernehmen. Die Erziehungsfähigkeit beider Kläger ist gesamt gesehen gegeben. Gesamt gesehen ist nach Bewertung der eltern-, kind- und kontextbezogenen Kriterien zur Sicherung des Kindeswohls festzuhalten, dass sich bei den Klägern durch das Vorliegen einer gut ausgeprägten Erziehungs- und Förderkompetenz sowie durch das Vorliegen einer nachvollziehbaren Bindungstoleranz und Kooperationsfähigkeit und auch das Fehlen von allfälligen tiefgreifenden psychischen Beeinträchtigungen keine Hinweise ergeben, dass das Kindeswohl bei einer etwaigen Adoption eines blinden Kindes aus Bulgarien gefährdet wäre. Auch aus entwicklungspsychologischer Sicht können keine Hinweise auf eine Gefährdung des Kindeswohls für den genannten Fall festgestellt werden. Die Stellungnahme des psychologischen Fachdienstes der Beklagten, die auch Grundlage für das Ablehnungsschreiben vom 30. 5. 2011 war, steht nicht in Einklang mit der wissenschaftlichen Literatur und ist daher nicht nachvollziehbar; die darin angeführten Bedenken liegen bei den Klägern nicht vor. Auf die Erziehungsfähigkeit der Zweitklägerin hat ihre Vorerkrankung keinen Einfluss. Aus medizinischer Sicht bestehen keine Bedenken, dass die Zweitklägerin für ein Kind sorgen könnte. Ihre Infektneigung ist etwas erhöht, die Kontinuität der Erziehung ist jedoch nicht gefährdet. Aufgrund der Transplantation ist es nicht erforderlich, dass die Zweitklägerin mehrere Stunden täglich ruhen müsste.

 

Rechtlich führte das Erstgericht aus, das Hauptbegehren auf Vermittlung der Kläger zur Annahme an Kindesstatt sei unbestimmt, nicht exekutionsfähig sowie mangels konkreten Adoptionsfalls nicht fällig; dieser - unbekämpft gebliebene ‑ Ausspruch ist ebenso wenig Gegenstand des Revisionsverfahrens wie der (vom Berufungsgericht bestätigte) Zuspruch des auf Verletzung eines gesetzlichen Diskriminierungsverbots gestützten Schadenersatzanspruchs.

Zur Berechtigung des ersten Eventualbegehrens vertrat das Erstgericht die Auffassung, die Beklagte besitze Monopolstellung für die Vermittlung von Adoptionen und unterliege deshalb einem Kontrahierungszwang; daraus folge ein Rechtsanspruch der Kläger auf Bestätigung ihrer Eignung als Annehmende, die nach dem Sachverhalt feststehe.

Das Berufungsgericht änderte dieses Urteil dahingehend ab, dass es zu a) dem dritten Eventualbegehren mit einem Zuspruch von je 1.000 EUR sA an die Kläger stattgab und den Zuspruch des zu b) erhobenen Zahlungsbegehrens bestätigte; es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands insgesamt 5.000 EUR, nicht jedoch 30.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei.

Das Berufungsgericht verwarf die Nichtigkeitsberufung der Beklagten. Der Rechtsweg sei zulässig, da die Beklagte keine hoheitliche Verwaltungsentscheidung getroffen habe, die nur im verwaltungsrechtlichen Instanzenzug bekämpfbar wäre. Nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs sei das Verwaltungshandeln der Jugendwohlfahrtsbehörde selbst bei Maßnahmen wegen Gefahr in Verzug (§ 215 ABGB, nunmehr § 211 ABGB) stets der Privatwirtschaftsverwaltung zugeordnet (VfGH 8. 10. 1987, G 47/87; 20. 6. 2007, B 881/06). Darüber hinaus erfüllten die Schreiben der Behörde, worin den Klägern die Ablehnung zur Vormerkung als Adoptionswerber bzw Vermittlung einer Adoption mitgeteilt worden sei, nicht die Formerfordernisse einer bescheidmäßigen Erledigung nach den §§ 58 ff AVG.

Zu der ‑ in dritter Instanz allein angefochtenen ‑ Abweisung des ersten Eventualbegehrens zu a) (Abgabe einer Bestätigung der Adoptionseignung beider Kläger) führte das Berufungsgericht aus, die Kläger hätten vorgebracht, sich im Juni 2010 um eine Adoption eines ausländischen blinden Kindes bei der Behörde beworben zu haben, und sie hätten im Rahmen ihrer ‑ wenn auch kein Vorbringen ersetzendes ‑ Parteienaussagen ihr Ansinnen dahingehend konkretisiert, dass von ihnen die Adoption eines blinden Waisenkindes aus Bulgarien angestrebt werde. Schon aus den angeführten Bestimmungen des Haager Adoptionsrechtsübereinkommens ergebe sich, dass darin keine abstrakte Bestätigung, für eine Adoption in Betracht zu kommen und dazu geeignet zu sein ‑ wie sie die Kläger mit ihrem ersten Eventualbegehren fordern ‑, vorgesehen sei.

Weiters sei nach § 191 Abs 2 ABGB (vor dem KindNamRäG § 179 Abs 2 ABGB) eine Annahme eines Wahlkindes durch mehr als eine Person nur zulässig, wenn die Annehmenden miteinander verheiratet seien. Die Kläger erfüllten diese Voraussetzung nicht. Auch Artikel 81 Abs 1 des bulgarischen Familiengesetzbuches vom 18. 6. 2009 gestatte eine Adoption durch zwei Personen nur dann, wenn diese Ehegatten seien. Daher sei die Adoption eines bulgarischen Kindes durch beide Kläger, die unverheiratet in einer Lebensgemeinschaft lebten, von vornherein ausgeschlossen.

Letztlich sei zu bedenken, dass es sich bei der geforderten Bestätigung inhaltlich um eine gutachterliche Stellungnahme des Jugendwohlfahrtsträgers handle, die die Beurteilung einer Eignung im Sinne einer Wissenserklärung sei. Die Erstellung eines Gutachtens mit bestimmtem Inhalt bzw die Abgabe einer bestimmten Wissenserklärung sei jedoch nicht exekutionsfähig. Das zum ersten Hauptbegehren gestellte erste Eventualbegehren sei daher abzuweisen.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision der Kläger, gerichtet allein gegen die Abweisung des ersten Eventualbegehrens zu a), ist zulässig; das Rechtsmittel ist aber nicht berechtigt.

1. Vorauszuschicken ist, dass beide Kläger, die in Lebensgemeinschaft leben, nach ihrem unstrittig gebliebenen Vorbringen im Juni 2010 Anträge auf Vermittlung einer Adoption gestellt haben; dass es sich um einen gemeinsamen Antrag (als Ehegatten) gehandelt hätte, wurde weder behauptet noch festgestellt. Die Behörde hat zur Überprüfung der Adoptionseignung der Kläger folgerichtig zwei getrennte Verfahren geführt und ist auch nicht von einem gemeinsamen Antrag von Ehegatten ausgegangen. Auch das Klagebegehren stellt nicht auf eine Adoption als Ehepaar ab. Den Hinweisen des Berufungsgerichts auf die Adoptionsvoraussetzungen im Fall der Annahme eines Wahlkindes durch mehr als eine Person nach österreichischem und bulgarischem Recht fehlt daher die Relevanz.

2. Die Kläger beabsichtigen nach den Feststellungen die Adoption eines blinden Kindes aus Bulgarien. Die Vorinstanzen haben das Klagebegehren daher zutreffend nur unter dem Aspekt einer grenzüberschreitenden Adoption in Anwendung des Haager Übereinkommen vom 29. Mai 1993 über den Schutz von Kindern und die Zusammenarbeit im Hinblick auf grenzüberschreitende Adoptionen, BGBl III Nr 145/1999 ‑ HAÜ beurteilt. Eine Eignungsprüfung außerhalb des HAÜ ist nicht Verfahrensgegenstand und im Revisionsverfahren eine unzulässige Neuerung.

3.1. Das HAÜ ist nach dessen Art 2 Abs 1 ua anzuwenden, wenn ein Kind mit gewöhnlichem Aufenthalt in einem Vertragsstaat („Heimatstaat“) nach seiner Adoption durch eine Person mit gewöhnlichem Aufenthalt in einem anderen Vertragsstaat („Aufnahmestaat“) in den Aufnahemstaat gebracht werden soll. Österreich und Bulgarien haben das Abkommen ratifiziert. Dieses Übereinkommen enthält zwingendes Recht (8 Ob 140/03a; 5 Ob 177/12h).

3.2. Nach Art 5 lit a HAÜ kann eine Adoption nach dem Übereinkommen nur durchgeführt werden, wenn die zuständigen Behörden des Aufnahmestaats (das ist gemäß Art 6 Abs 1 HAÜ die von jedem Vertragsstaat bestimmte Zentrale Behörde, in Österreich die jeweilige Landesregierung) „entschieden“ haben, dass die künftigen Adoptiveltern für eine Adoption in Betracht kommen und dazu geeignet sind.

Welche Behörde zuständig ist, ergibt sich aus dem jeweiligen nationalen Recht. Nach österreichischer Rechtslage obliegt die „Eignungsbeurteilung“ dem Land als Träger der Kinder- und Jugendhilfe (§ 33 Abs 1 Z 1 § 31 Abs 2 Bundesgesetz über die Grundsätze für Hilfen für Familien und Erziehungshilfen für Kinder und Jugendliche, Bundes-Kinder- und Jugendhilfegesetz 2013 ‑ B‑KJHG 2013, BGBl I Nr 69/2013, in Kraft seit 1. 5. 2013). Die jeweilige Landesregierung ist auch Zentrale Behörde iSd HAÜ.

3.3. Nach Art 15 Abs 1 HAÜ hat sich die Zentrale Behörde des Aufnahmestaats davon zu überzeugen, dass die Antragsteller für eine Adoption in Betracht kommen und dazu geeignet sind. Sodann hat sie einen Bericht zu verfassen, der ua Angaben zur Person der Antragsteller und über ihre rechtliche Fähigkeit und ihre Eignung zur Adoption enthält, und diesen Bericht der Zentralen Behörde des Heimatstaats zu übermitteln.

3.4. Die Adoptionsvermittlung und Eignungsbeurteilung sind nach innerstaatlichem Recht dem Kinder- und Jugendhilfeträger vorbehalten, der sich für Beratung, Vorbereitung und fachliche Begleitung der Beteiligten auch privater Kinder- und Jugendhilfeeinrichtungen bedienen darf (vgl nunmehr § 31 Abs 2 B‑KJHG 2013). Bei der Wahrnehmung dieser Aufgaben sind die Bestimmungen internationaler Verträge und sonstige völkerrechtliche Verpflichtungen, insbesondere jene nach dem HAÜ, einzuhalten (nunmehr ausdrücklich: § 33 Abs 2 B‑KJHG 2013).

4.1. Zentrale (Vor-)Frage dieses Verfahrens ist es, ob der Kinder- und Jugendhilfeträger in Erfüllung der ihm nach dem HAÜ übertragenen Aufgaben hoheitlich tätig wird. Die Feststellung der Hoheitlichkeit bestimmt auch über die Ausgestaltung des Rechtsschutzes ( Cohen , Amtshaftung bei schlichter Hoheitsverwaltung, JBl 2014 163, 165).

4.2. Nach der Rechtsprechung ist eine Verwaltungshandlung hoheitlich, wenn sie einen hinreichenden inneren und äußeren Zusammenhang mit einer hoheitlichen Materie aufweist, wofür auch ihre Zielsetzung sprechen könne (Nachweise bei Cohen aaO 166). Auch die hL stellt auf den Zusammmenhang zu einem Hoheitsakt bzw einer hoheitlichen Aufgabe ab („Zusammenhangstheorie“; Nachweise bei Cohen aaO 167).

4.3. Allgemein ist davon auszugehen, dass der Kinder- und Jugendhilfeträger in manchen Bereichen hoheitlich, in anderen nicht hoheitlich handelt. Zur Rechtslage vor dem Inkrafttreten des B‑KJHG vertritt Schragel (AHG³ Rz 108) die Auffassung, dass die der Jugendwohlfahrtspflege nach ABGB übertragenen Aufgaben keine mit Bescheid zu erledigenden hoheitlichen Maßnahmen seien.

4.4. Diesen Standpunkt teilt der Verfassungsgerichtshof (G47/87 und B881/06) betreffend vorläufige Maßnahmen des Jugendwohlfahrtsträgers (nunmehr: Kinder- und Jugendhilfeträger) nach dem ABGB. Diese Entscheidungen betreffen allerdings spezielle Handlungsformen, nämlich die „Amtsvormundschaft“ (nun Obsorge) und vorläufige Maßnahmen. Letztere werden vom Obersten Gerichtshof ausdrücklich anders gesehen:

Nimmt der Jugendwohlfahrtsträger seine Kompetenz zur Ergreifung vorläufiger Maßnahmen der Pflege und Erziehung gemäß § 215 Abs 1 zweiter Satz ABGB durch die Unterbringung eines Minderjährigen in einer psychologischen Beobachtungsstation in Anspruch, um den Verdacht des sexuellen Missbrauchs eines Minderjährigen durch einen Obsorgeberechtigten zu klären, so handelt er hoheitlich (RIS‑Justiz RS0120111).

5.1. Ob die dem Kinder- und Jugendhilfeträger im Zusammenhang mit Adoptionen übertragenen Aufgaben mit Bescheid zu erledigende hoheitliche Maßnahmen sind, bedarf nach Auffassung des Senats einer differenzierten Betrachtung.

5.2. Für von einem inländischen Gericht nach den Bestimmungen des ABGB zu bewilligende Adoptionen ist es im Hinblick auf das familienrechtliche „Grundgeschäft“ im Sinne der Auffassung von Schragel zutreffend, dass eine der gerichtlichen Entscheidung vorgelagerte, diese unterstützende und begleitende Tätigkeit des Kinder- und Jugendhilfeträgers nicht hoheitlich zu qualifizieren ist: Bei Inlandsadoptionen besitzt der Träger nur ein Anhörungsrecht (§ 196 Abs 1 Z 4 ABGB). Folgerichtig ist auch kein Rechtsmittel (Rechtsbehelf) gegen seine Stellungnahme erforderlich; es handelt sich dabei nur um ein Gutachten, das der Beweiswürdigung durch das Gericht unterliegt. Ob dieses Handeln als hoheitlich oder nicht hoheitlich qualifiziert wird, hat zwar Folgen für die Anwendbarkeit des Amtshaftungsrechts. Mangels gesetzlicher Grundlage ist aber kein Bescheid zu erlassen, der verwaltungsgerichtlich bekämpft werden könnte.

5.3. Für Auslandsadoptionen nach dem Regime des HAÜ gilt jedoch Anderes. Eine grenzüberschreitende Adoption, die dem HAÜ unterliegt, bedarf zu ihrer Wirksamkeit einer positiven Eignungsentscheidung iSd Art 5 lit a HAÜ. Diese Bestimmung war auch im Anlassfall Grundlage für das Tätigwerden der Kinder- und Jugendhilfe. Danach kann eine Adoption nach dem Übereinkommen nur durchgeführt werden, wenn die zuständigen Behörden des Aufnahmestaats entschieden haben (engl. Fassung: have determined; frz. Fassung: ont constaté), dass die Adoptivwerber für eine Adoption in Betracht kommen und dazu geeignet sind. Ohne positive Eignungsbeurteilung ist das Verfahren nach dem HAÜ beendet; ein dennoch eingebrachter Antrag auf Adoptionsbewilligung wäre ohne inhaltliche Prüfung zurückzuweisen (RIS-Justiz RS0118995).

5.4. Eine Auslandsadoption ist von den inländischen Behörden ipso iure anzuerkennen, wenn eine Bescheinigung über das gesamte nach den Art 14 ff HAÜ geforderte Überprüfungsverfahren vorliegt ( Fucik , Anerkennung ausländischer Adoptionsentscheidungen, iFamZ 2009, 271, 272).

5.5. Auf der Grundlage dieses Konzepts, wonach bei Adoptionen im Anwendungsbereich des HAÜ die positive Eignungsbeurteilung Voraussetzung für die Fortsetzung des Verfahrens ist und es bei Verneinung der Eignung kein gerichtliches Adoptionsbewilligungsverfahren gibt, in dem diese Voraussetzung überprüft wird, muss die Eignungsbeurteilung nicht als bloßes (unverbindliches) „Gutachten“ im Rahmen eines Anhörungsrechts, sondern als hoheitliche Entscheidung qualifiziert werden, die die Behörde im Rahmen ihr vertragsvölkerrechtlich eingeräumter Befugnisse erstattet.

5.6. Auch die sprachliche Fassung von Art 5 lit a HAÜ spricht eindeutig für hoheitliches Handeln: Das englische „determine“ bedeutet im rechtlichen Kontext „entscheiden“; das französische „constater“ wird zwar meist als „feststellen“ übersetzt, dies jedoch ebenfalls im Sinn von „entscheiden“ (vgl http://www.linguee.fr/francais-allemand/traduction/la cour a constaté.html ).

5.7. Die nach dem ‑ unmittelbar anwendbaren ‑ Art 5 HAÜ zu treffende „Entscheidung“ ist daher nicht bloß ein Gutachten oder ein schlichtes Verwaltungshandeln, das die Grundlage für eine spätere gerichtliche Entscheidung bildet. Vielmehr hat dieser ausdrücklich als „Entscheidung“ bezeichnete Akt normativen Gehalt und bestimmt endgültig darüber, ob das Adoptionsverfahren weitergeht oder nicht. Damit ist es nach Ansicht des Senats ausgeschlossen, die „Entscheidung“ als nicht hoheitliches Handeln zu qualifizieren, das in gleicher Weise auch von einem Privaten (nicht aufgrund von Beleihung, sondern) aufgrund seiner Privatautonomie gesetzt werden könnte. Vielmehr setzt Art 5 HAÜ voraus, dass die „zuständige Behörde“ über die Eignung tatsächlich eine Entscheidung im strengen Sinn zu treffen hat. § 33 Abs 1 Z 1 B-KJHG und die Ausführungsgesetze der Länder sind ‑ auch wegen des ausdrücklichen Verweises auf das HAÜ in § 33 Abs 2 B-KJHG ‑ in diesem Sinn auszulegen. Mag nach dem Wortlaut der Bestimmung auch offen bleiben, in welcher Rechtsform die „Eignungsbeurteilung“ zu erfolgen hat, so zwingen doch die Vorgaben des HAÜ und die Rechtsfolgen ‑ Fortsetzung oder Beendigung des Verfahrens ‑ zur Annahme eines Verwaltungsakts. Gegen einen ablehnenden Bescheid steht dann die Beschwerde zum Landesverwaltungsgericht zur Verfügung, bei Verweigerung eines Bescheids die Säumnisbeschwerde.

5.8. Dies entspricht auch dem Verständnis des Art 5 lit a HAÜ in Deutschland: Die Ablehnung der Eignung wird dort als Verwaltungsakt gedeutet, der beim Verwaltungsgericht angefochten werden kann (vgl Reinhard , Adoptionsvermittlungsgesetz [2012] § 7 Rz 13).

6.1. Als Ergebnis ist daher festzuhalten, dass die Mitwirkung der zuständigen Behörden des Aufnahmestaats an einer Adoption nach dem HAÜ als hoheitliches Handeln einzustufen ist.

6.2. Das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs zu GZ 2013/11/0205 steht dem nicht entgegen: Der dort zugrundeliegende Antrag war undifferenziert, da er nicht zwischen In- und Auslandsadoption sowie Eignungsfeststellung und Vermittlung unterschieden hat, und nahm nicht ausdrücklich auf das HAÜ Bezug. Das Rechtsschutzargument (Art 13 EMRK) wurde vom Verwaltungsgerichtshof mit einem Hinweis auf die Anhörung des JWT nach § 90 Abs 1 Z 2 AußStrG abgetan, welche Bestimmung aber bei einer Adoption im Anwendungsbereich des HAÜ gerade nicht zur Anwendung kommt, wenn ‑ wie hier ‑ die Eignung verneint und damit das Verfahren nach dem HAÜ nicht weitergeführt wird. Ein dennoch eingebrachter Adoptionsbewilligungsantrag wäre ohne inhaltliche Prüfung zurückzuweisen.

7.1. Für die Entscheidung im Anlassfall bedeutet dieses Ergebnis, dass hier ‑ mangels Bescheiderlassung ‑ Säumnis der zuständigen Behörde im Rahmen der Hoheitsverwaltung vorliegt. In einem solchen Fall besteht kein zivilrechtlicher Anspruch der Kläger gegenüber der Behörde auf ein bestimmtes hoheitliches Verwaltungshandeln (hier: Abgabe einer positiven Eignungsbeurteilung nach Art 5 lit a HAÜ) im von ihnen eingeleiteten grenzüberschreitenden Adoptionsverfahren, wie er hier als zweites Eventualbegehren geltend gemacht wird.

7.2. Die Klage wäre daher, soweit sie auf dieses Begehren gerichtet war, wegen Unzulässigkeit des Rechtswegs zurückzuweisen gewesen. Das kommt hier allerdings nach der ständigen Rechtsprechung nicht in Betracht, weil eine darauf gestützte Nichtigkeitsberufung von den Vorinstanzen verworfen worden ist und damit vom Obersten Gerichtshof nicht mehr geprüft werden kann (RIS‑Justiz RS0043405, RS0035572). Damit ist in der Sache (beschränkt auf den Rahmen der Revisionsanträge) zu entscheiden.

7.3. Ein zivilrechtlicher Anspruch auf die Erlassung eines rechtsfehlerfreien Verwaltungsakts besteht nicht. Die angefochtene Entscheidung war daher in ihrem abweisenden Ausspruch hinsichtlich des zweiten Eventualbegehrens mangels Bestehens eines materiellrechtlichen Anspruchs zu bestätigen.

Das als weiteres Eventualbegehren geltend gemachte ‑ und vom Berufungsgericht teilweise zugesprochene ‑ Begehren auf Zahlung einer Entschädigung von jeweils 1.700 EUR sA an die Kläger für erlittene persönliche Beeinträchtigung blieb in dritter Instanz unangefochten.

8. Die Anregung der Revisionswerber, einen Antrag an den Verfassungsgerichtshof zur Aufhebung der §§ 27, 28 Oö JWG wegen fehlender Verfahrensbestimmungen und damit fehlenden Rechtsschutzes zu stellen, ist nicht aufzugreifen. Nach der hier vom Senat vertretenen Auffassung besteht keine Rechtsschutzlücke für die Kläger.

9. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41 Abs 1, 50 Abs 1 ZPO.

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