OGH 12Os41/14t

OGH12Os41/14t8.5.2014

Der Oberste Gerichtshof hat am 8. Mai 2014 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Bachner‑Foregger, Mag. Michel und Dr. Michel‑Kwapinski als weitere Richter in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Pichler als Schriftführerin in der Strafsache gegen David P***** wegen des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren durch Einbruch im Rahmen einer kriminellen Vereinigung begangenen Diebstahls nach §§ 12 zweiter Fall, 127, 128 Abs 2, 129 Z 1 und 3, 130 zweiter, dritter und vierter Fall, 15 Abs 1 StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie über die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Eisenstadt als Schöffengericht vom 8. November 2013, GZ 12 Hv 83/13d‑344, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde David P***** des Verbrechens des gewerbsmäßigen schweren durch Einbruch im Rahmen einer kriminellen Vereinigung begangenen Diebstahls nach §§ 12 zweiter Fall, 127, 128 Abs 2, 129 Z 1 und 3, 130 zweiter, dritter und vierter Fall, 15 Abs 1 StGB (A./), der Vergehen der kriminellen Vereinigung nach §§ 12 zweiter Fall, 278 Abs 1 StGB (B./) sowie des Vergehens der falschen Beweisaussage nach §§ 15 Abs 1, 12 zweiter Fall, 288 Abs 1 StGB (C./) schuldig erkannt.

Gemäß § 20 Abs 1 StGB wurde ein Betrag in der Höhe von 234.000 Euro für verfallen erklärt.

Danach hat David P***** in Ungarn (zusammengefasst und zur Klarstellung verdeutlicht)

A./ zwischen 1. April 2012 und 16. Juli 2012 (im Urteil irrig 2011) in insgesamt 17 Angriffen, wobei es in den zu II./ genannten Fällen beim Versuch blieb, als Mitglied einer kriminellen Vereinigung mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz und in der Absicht, sich durch die wiederkehrende Begehung von Diebstählen durch Einbruch und von schweren Diebstählen eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen, die im Urteil bezeichneten Mitglieder dieser kriminellen Vereinigung auf die dort geschilderte Weise zu der jeweils durch Einbruch in Österreich erfolgten Wegnahme von Autoreifen und Felgen im Gesamtwert von 470.000 Euro, somit einem 50.000 Euro übersteigenden Gesamtwert bestimmt und durch die im Urteil geschilderte Weise auch dazu beigetragen;

B./ am 17. März 2012 und am 14. Juli 2012 sich durch Bestimmung der im Urteil bezeichneten Personen, in N***** und in H***** Einbruchsdiebstähle zu begehen, und indem er zur Durchführung der Taten Fahrzeuge zur Verfügung stellte und in laufendem telefonischen Kontakt mit den Genannten stand, an einer kriminellen Vereinigung als Mitglied in dem Wissen beteiligt, dass er dadurch die Vereinigung oder deren strafbare Handlungen fördert (US 10 f);

C./ zwischen 28. März 2013 und 2. Juli 2013 in E***** versucht, Norbert K***** durch die Aufforderung, sein Geständnis und damit die Belastungen gegen ihn zurückzuziehen, dazu zu bestimmen, als Zeuge bei seiner förmlichen Vernehmung zur Sache vor Gericht falsch auszusagen.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen aus Z 5, 5a, 9 lit a und 10 des § 281 Abs 1 StPO erhobenen Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten kommt keine Berechtigung zu.

Die Rüge fasst die Beschwerdepunkte nach Urteilsfakten getrennt zusammen. Aus Gründen der Übersicht folgt der Oberste Gerichtshof dieser Systematik.

Zum Schuldspruch A./:

Entgegen der auf eine Inhaftierung des Beschwerdeführers bis zum 14. November 2011 (US 6) verweisenden Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) blieben die von den Tatrichtern auf das Geständnis des Angeklagten gestützten Feststellungen zum Schuldspruchpunkt A./I./8./b./ nicht unbegründet (US 11). Im Übrigen handelt es sich beim im Urteilstenor genannten Tatzeitpunkt 16. Juli 2011 mit Blick auf die chronologische Auflistung der Taten und die am 16. Juli 2012 erfolgte Festnahme der unmittelbaren Täter um einen bloßen Schreibfehler (vgl ON 111, Faktum 17, S 97 ff, 1015 ff). Einer darüber hinausgehenden Erörterung der Inhaftierung bedurfte es somit nicht.

Mit dem Einwand, es wäre schwer vorstellbar, dass der Angeklagte die Tat von der Vollzugsanstalt aus begangen habe, wird zudem kein Aspekt des § 281 Abs 1 Z 5 StPO angesprochen, sondern unzulässig die tatrichterliche Beweiswürdigung nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung kritisiert.

Der A./II./ betreffende Vorwurf des Fehlens von Feststellungen (nominell Z 5, der Sache nach Z 9 lit a) übergeht den auf US 9 erfolgten, in den Bereich der Entscheidungsgründe überführenden Verweis auf den ins Detail gehenden Urteilsspruch A./, der sämtliche Unterpunkte, somit auch die auf das Geständnis des Angeklagten gegründeten Versuchsfakten (US 11 f) erfasst (RIS‑Justiz RS0119090 [T4]). Welche Feststellungen zur rechtlichen Beurteilung darüber hinaus erforderlich sein sollten, legt der Rechtsmittelwerber entgegen der Verfahrensordnung nicht dar.

Soweit der Beschwerdeführer Unklarheiten zur Tatzeit behauptet, macht er nicht deutlich, weshalb der genaue Zeitpunkt der Tatbegehung zur Individualisierung der Tat erforderlich sein sollte, zumal eine Verjährung nicht im Raum steht (RIS‑Justiz RS0117498).

Die Rüge (der Sache nach Z 9 lit a) legt auch nicht dar, weshalb es bei der dem Angeklagten angelasteten Bestimmungstäterschaft konkreterer Feststellungen zum (auch geleisteten) Tatbeitrag bedurft hätte. Lediglich der Vollständigkeit halber sei festgehalten, dass die Art strafbarer Beteiligung nach § 12 StGB angesichts der rechtlichen Gleichwertigkeit der Täterschaftsformen weder aus Z 5 noch aus Z 5a des § 281 Abs 1 StPO angefochten werden kann (RIS‑Justiz RS0117604).

Soweit die Aufklärungsrüge (Z 5a) behauptet, das Erstgericht habe seine Pflicht zu amtswegiger Wahrheitsforschung vernachlässigt, legt sie nicht dar, wodurch der Beschwerdeführer an der Ausübung seines Rechts, die gewünschte Beweisaufnahme in der Hauptverhandlung sachgerecht zu beantragen, gehindert war (RIS‑Justiz RS0115823 [T4]).

Soweit die Subsumtionsrüge (Z 10) Feststellungen zum zeitlichen Element des Zusammenschlusses der kriminellen Vereinigung vermisst, ist sie auf US 6 zu verweisen. Weshalb diese Feststellung im Zusammenhalt mit der von den Tatrichtern angenommenen Begehung längere Zeit hindurch fortgesetzter Straftaten im Rahmen der kriminellen Ausrichtung der Vereinigung über einen Zeitraum von mehr als drei Monaten dem Tatbestandserfordernis nicht genügen sollte, leitet das Vorbringen nicht methodengerecht aus dem Gesetz ab. Die Kritik an einer § 278 Abs 2 StGB folgenden Tatsachenfeststellung legt nicht dar, weshalb dies trotz Herstellung eines Sachverhaltsbezugs (US 7 ff) zu beanstanden sei (RIS‑Justiz RS0119090 [T1]).

Die vermissten Feststellungen zur subjektiven Tatseite der anderen Mitglieder, sich zu einer kriminellen Vereinigung zusammenzuschließen, finden sich auf US 6.

Ob der kriminellen Vereinigung nur der Angeklagte, Balasz N*****, David H***** und Norbert K***** oder auch die als unmittelbare Täter bei den Einbrüchen auftretenden Personen angehörten, betrifft ebenso wenig einen entscheidungswesentlichen Umstand wie die von der Rüge aufgeworfene Frage, nach welcher Gesetzesstelle die abgesondert verfolgten Mitglieder der kriminellen Vereinigung verurteilt wurden.

Die gesetzmäßige Ausführung eines materiell‑rechtlichen Nichtigkeitsgrundes hat das Festhalten am gesamten im Urteil festgestellten Sachverhalt, dessen Vergleich mit dem darauf anzuwendenden Gesetz und die Behauptung, dass das Erstgericht bei Beurteilung dieses Sachverhalts einem Rechtsirrtum unterlegen ist, zur Voraussetzung (RIS‑Justiz RS0099810). Indem die Rechtsrüge (Z 9 lit a) bloß die Behauptung aufstellt, dass es einer Unterscheidung zwischen Bestimmung und Beitrag bedurft hätte (RIS‑Justiz RS0113616) und dass das festgestellte und vom Angeklagten zugestandene Auffordern zur Begehung der Einbruchsdiebstähle, das Zur‑Verfügung‑Stellen der Kastenwägen und das angenommene „Dirigieren“ während der Taten für einen Schuldspruch nicht ausreiche, verfehlt sie diese Anfechtungskriterien (RIS‑Justiz RS0116565).

Zum Schuldspruch B./:

Soweit die Rüge (der Sache nach Z 9 lit a) Feststellungen zur kriminellen Vereinigung vermisst, ist sie auf das bereits Dargelegte zu verweisen. Die Behauptung, es mangle an Feststellungen dahingehend, wann, mit wem, zu welchem Zweck und für welchen Zeitraum eine kriminelle Vereinigung begründet wurde, trifft nicht zu (US 6). Das weitere Vorbringen entzieht sich daher einer Erwiderung.

Zum Schuldspruch C./:

Die vermisste, eine Aussage als Zeuge im gegenständlichen Strafverfahren betreffende Feststellung findet sich auf US 11.

Soweit der Beschwerdeführer Unklarheiten über die Zeit der Bestimmung zur Falschaussage behauptet, macht er nicht deutlich, weshalb der zwischen 28. März 2013 und 2. Juli 2013 angenommene Tatzeitraum zur Individualisierung der Tat nicht genüge.

Mit nicht aus einem Vorkommen in der Hauptverhandlung abgeleiteten Spekulationen der Rüge, wonach sich die Aufforderung des David P***** zur Zurückziehung der Belastung lediglich auf das Verfahren des Norbert K***** beziehen könne, wird kein Begründungsmangel aufgezeigt. Der Einwand (der Sache nach Z 9 lit a), wonach Norbert K***** bei seiner Vernehmung im gegen ihn selbst geführten Verfahren nicht Zeuge sei, entzieht sich mangels Festhaltens am tatsächlich festgestellten Tatsachensubstrat einer meritorischen Erwiderung.

Die zum Verfallsausspruch vermissten Feststellungen (der Sache nach Z 11 dritter Fall) finden sich auf US 16. Soweit die Rüge die Urteilsannahmen zum erlangten Vorteil in Zweifel zieht, orientiert sie sich nicht an den Kriterien zur Geltendmachung materieller Nichtigkeit. Der Vollständigkeit halber sei auch festgehalten, dass § 20 StGB in der geltenden Fassung von einem Aufwendungen nicht berücksichtigenden Bruttoprinzip ausgeht. Soweit der Beschwerdeführer auf eine Abschöpfung der Bereicherung abstellt, ignoriert er den Verfallsausspruch. Hinsichtlich A./I./8./b./ wurde bereits klargestellt, dass es sich beim Tatzeitpunkt 16. Juli 2011 um einen bloßen Schreibfehler handelt.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher ‑ in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur ‑ bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Erledigung der Berufungen folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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