European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0020OB00018.14G.0429.000
Spruch:
Beide außerordentlichen Revisionen werden gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Begründung:
Der Kläger zu 6 Cg 33/12z und Beklagte zu 7 Cg 24/12h jeweils des Landesgerichts Salzburg ist der Legatar der Erblasserin und die in diesen Verfahren jeweils (gemeinsam) als Prozessgegner Auftretenden sind deren Erben.
Die Vorinstanzen haben der Klage des Legatars auf Zahlung von 6.000 EUR und auf Zustimmung zur Einverleibung seines Eigentumsrechts an einer Liegenschaft ebenso stattgegeben wie jener der Erben auf Zahlung von 361.988,80 EUR.
Das Berufungsgericht hat die ordentliche Revision jeweils für nicht zulässig erklärt.
Der Legatar macht in der Zulassungsbeschwerde seiner ‑ gegen die Verurteilung zur Zahlung von 361.988,80 EUR sA gerichteten ‑ außerordentlichen Revision geltend, das Berufungsgericht habe die Rechtsprechung zur Behandlung gemeinschaftlicher Vermögenswerte in der Verlassenschaft unberücksichtigt gelassen und sei zu Unrecht davon ausgegangen, der Legatar habe bloß Verfügungsgewalt über die Sparbücher der Erblasserin und nicht auch (Mit‑)Eigentum am Sparguthaben besessen. Nach dem deklarierten Willen der Erblasserin sei nämlich eine entgeltliche Zuwendungsvereinbarung vorgelegen. Die vom Beklagten für die Erblasserin jahrzehntelang vorgenommene Verwaltung habe sich in den Gemeinschaftssparbüchern manifestiert. Aufgrund der Verfügungsberechtigung über das Konto seien die Anforderungen an eine wirkliche Übergabe iSv § 943 ABGB erfüllt.
Die Erben machen in der Zulassungsbeschwerde ihrer ‑ gegen die Verurteilung zur Zahlung von 6.000 EUR sA und zur Zustimmung der Einverleibung des Eigentumsrechts gerichteten ‑ außerordentlichen Revision eine Fehlbeurteilung des § 542 ABGB durch das Berufungsgericht geltend. Das Verhalten des Legatars ‑ Abhebung des Sparguthabens und Nichtausfolgung an den Erbenmachthaber ‑ sei als Unterdrückung des Willens der Erblasserin und sohin als Erbunwürdigkeitsgrund zu qualifizieren.
Mit diesem Vorbringen hat weder die eine noch die andere Seite erhebliche Rechtsfragen iSv § 502 Abs 1 ZPO aufgezeigt. Beide außerordentlichen Revisionen sind daher unzulässig.
Rechtliche Beurteilung
1. Zur Revision des Legatars:
Der Revisionswerber beruft sich auf Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Begründung seiner Ansicht, im vorliegenden Fall seien die Formerfordernisse für die wirkliche Übergabe gemäß § 943 ABGB erfüllt worden. So wurde in 9 Ob 151/04b ausgesprochen, dass eine wirkliche Übergabe gemäß § 943 ABGB in der Einräumung einer Zeichnungsbefugnis für ein Wertpapierdepot liegen könne. Jedoch lag der Entscheidung ein Sachverhalt zugrunde, wonach der Erblasser wünschte, dass die Klägerin Mitinhaberin des Depots sei und dass ihr der Guthabensbetrag des Wertpapierkontos unabhängig von einem ihr zugedachten Vermächtnis zukommen solle. Auch die ‑ zum Teil auch vom Revisionswerber zitierten ‑ einschlägigen Rechtssätze zur „wirklichen Übergabe“ im Zusammenhang mit Bankguthaben (RIS‑Justiz RS0011213 [T1]; RS0122364; RS0070929; RS0119927; RS0011383; RS0018920) gehen jeweils vom „Beschenkten“ bzw „Geschenkgeber/nehmer“ aus und setzen somit das Vorliegen eines Schenkungsvertrags voraus.
Im vorliegenden Fall wurde hingegen festgestellt, dass dem Legatar die Zeichnungsberechtigung hinsichtlich der beiden Sparbücher eingeräumt wurde, damit insbesondere Arztrechnungen der Verstorbenen beglichen werden konnten. Aus diesem Grund wurden die Sparbücher umgeschrieben.
Es fehlt daher hier bereits an einem Titelgeschäft (Schenkungsvertrag), sodass die Frage, ob die Einräumung der Zeichnungsberechtigung hinsichtlich der Sparbücher als „wirkliche Übergabe“ im Sinn von § 943 ABGB zu qualifizieren sei, dahinstehen kann.
2. Zur Revision der Erben:
Der Regelung des § 542 ABGB liegt der Gedanke zugrunde, dass derjenige, der sich schwerer Verfehlungen gegen (die Person oder) den Willen des Erblassers schuldig gemacht hat, aus dem Nachlass nichts erhalten soll. Sanktioniert ist jede Handlung oder Unterlassung, die in der Absicht geschieht, den Willen des Erblassers zu vereiteln. Stets ist aber vorsätzliches Handeln erforderlich (RIS‑Justiz RS0012273).
Auch hier entfernt sich die Revision vom festgestellten Sachverhalt. Demnach hat der Legatar die Sparbücher samt Einlagestand dem Erbenmachthaber offengelegt. Die Behebungen nahm er aufgrund (falscher) Rechtsauskünfte vor. Die Tatsacheninstanzen haben keinen Vorsatz in die Richtung festgestellt, dass der Wille der Erblasserin vereitelt werden solle. Die vom Berufungsgericht daraus gezogene Schlussfolgerung, dass keine Erb‑ bzw Legatsunwürdigkeit vorliege, ist daher ‑ im Sinne der zitierten Rechtsprechung ‑ jedenfalls vertretbar.
Beide außerordentlichen Revisionen sind somit als unzulässig zurückzuweisen.
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