OGH 6Ob1/14m

OGH6Ob1/14m10.4.2014

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Grohmann und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Univ.‑Prof. Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R***** P*****, vertreten durch Dr. Herwig Mayrhofer und andere Rechtsanwälte in Dornbirn, gegen die beklagte Partei S***** R*****, vertreten durch Mag. Klaus P. Pichler, Rechtsanwalt in Dornbirn, wegen 69.215,63 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 3. Oktober 2013, GZ 10 R 64/13g‑26, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Zutreffend erkannte das Berufungsgericht, dass die Frage, ob der Beklagte der Klägerin den Abschluss einer Lebensversicherung hätte empfehlen müssen, eine Rechtsfrage und nicht eine dem Sachverständigenbeweis zugängliche Tatfrage bildet.

Die Klägerin steht nach wie vor auf dem Standpunkt, der Beklagte sei vertraglich verpflichtet gewesen, ihr den Abschluss einer Ablebensversicherung zu empfehlen, die im Fall des Todes ihres Ehemanns die neu eingegangene Kreditverbindlichkeit abgedeckt hätte. Eine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung des Berufungsgerichts, dass die Klägerin mit dem Beklagten einen Vertrag nicht geschlossen hat, zeigt die Revisionswerberin nicht auf:

Nach den Feststellungen der Vorinstanzen kam es zum Geschäftskontakt zwischen dem Beklagten und dem Ehemann der Klägerin aufgrund der Mitteilung der Tochter der Klägerin, der Ehemann wolle einen Bankkredit umschulden. Die Beratungsgespräche führten nur der Ehemann und der Beklagte. Bei zwei Gesprächen war die Klägerin anwesend, beteiligte sich daran aber nicht. Den Wunsch, vom Beklagten beraten zu werden, äußerte sie nicht. Die Feststellungen geben keine Grundlage für einen ausdrücklichen Vertragsabschluss zwischen den Streitteilen. Ob ein bestimmtes Vertragsverhältnis schlüssig begründet wurde, ist regelmäßig eine Frage des Einzelfalls und deshalb keine Rechtsfrage von erheblicher Bedeutung im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO. Die Auffassung des Berufungsgerichts, das auch einen konkludenten Vertragsabschluss zwischen den Streitteilen verneinte, bedarf keiner Korrektur, wurde doch der Beklagte nach dem festgestellten Sachverhalt aufgrund des mit dem Ehemann der Klägerin geschlossenen Vertrags ‑ auch soweit mittelbar die Klägerin betroffen war ‑ tätig.

Erstmals in der Revision beruft sich die Klägerin darauf, dass ihr Ehemann den Vertrag mit dem Beklagten auch in ihrem Namen abgeschlossen habe. Für eine Stellvertretung von Ehegatten gelten ‑ abgesehen von der Bestimmung des § 96 ABGB, dessen Voraussetzungen hier nicht vorliegen ‑ die allgemeinen Grundsätze über die Stellvertretung (RIS‑Justiz RS0009510 [T1]). Dem Sachverhalt ist nicht zu entnehmen, dass der Ehemann seinen Willen, auch im Namen der Klägerin zu handeln, ausdrücklich oder aus den Umständen dem Beklagten unzweifelhaft erkennbar geäußert hat (vgl RIS‑Justiz RS0088906, RS0088884). Im Zweifel ist ein Eigengeschäft des Handelnden anzunehmen (vgl RIS‑Justiz RS0019516).

Soweit sich die Klägerin darauf beruft, dass der Beratungsvertrag zwischen ihrem Ehemann und dem Beklagten Schutzwirkungen zu ihren Gunsten entfaltet habe, ist ihr zu erwidern, dass die Annahme eines Vertrags mit Schutzwirkungen zugunsten Dritter nicht zur Bejahung einer Pflicht des Beklagten, die Klägerin zu beraten, führte. Beim Vertrag mit Schutzwirkungen zugunsten Dritter werden nämlich nur die Schutz- und Sorgfaltspflichten aus dem Vertragsverhältnis auf den Dritten erstreckt, nicht aber wird die Pflicht begründet, die Hauptleistung (hier: Beratung) dem Dritten zu erbringen (vgl G. Kodek in Kletečka/Schauer, ABGB‑ON 1.01 § 1295 Rz 53 mwN). Den Feststellungen ist nicht zu entnehmen, dass die Beratung der Klägerin Inhalt des Vertrags zwischen dem Beklagten und dem Ehemann gewesen wäre.

Das Erstgericht stellte fest, dass der Ehemann der Klägerin den vom Beklagten empfohlenen Abschluss einer Risikoversicherung in Höhe der abzutragenden Verbindlichkeit wegen der Prämienhöhe ablehnte und entgegen dem Rat des Beklagten eine Er‑ und Ablebensversicherung kündigte. Der Vorwurf, der Beklagte habe die Empfehlung des Abschlusses einer Lebensversicherung unterlassen, geht ins Leere.

Nach dem festgestellten Sachverhalt sind die Klägerin und ihr Ehemann vor Aufnahme des zur Umschuldung aufgenommenen endfälligen Fremdwährungskredits von der Bank umfassend über die damit und mit dem Tilgungsträger verbundenen Risken aufgeklärt worden. Dass der Klägerin trotzdem ein Spekulationsrisiko nicht bewusst war, wie sie in der Revision behauptet, stellte das Erstgericht nicht fest. Dieses konnte nicht feststellen, ob sich die Klägerin „völlig bewusst“ war, dass der nunmehrige Kredit deutlich risikoreicher als der vormalige ist. Dem Ehemann der Klägerin war das klar.

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