OGH 8ObA84/13f

OGH8ObA84/13f27.2.2014

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kuras als Vorsitzenden und durch die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Tarmann‑Prentner, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Brenn sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Reinhold Hohengartner und Mag. Ernst Bassler als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Zentralbetriebsrat der B***** AG, *****, vertreten durch Freimüller Obereder Pilz & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, und der Nebenintervenientin auf Seiten der klagenden Partei M***** Mi*****, vertreten durch Mag. Johannes Schmidt, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei B***** AG, *****, vertreten durch Dr. Sieglinde Gahleitner, Rechtsanwältin in Wien, wegen Feststellung (Streitwert 21.800 EUR), über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 21. August 2013, GZ 9 Ra 47/13t‑14, mit dem das Urteil des Arbeits‑ und Sozialgerichts Wien vom 25. Jänner 2013, GZ 39 Cga 167/12g‑7, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:008OBA00084.13F.0227.000

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 1.462,61 EUR (darin enthalten 243,77 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Entscheidungsgründe:

Im Anlassfall ist die Auslegung einzelner Bestimmungen im „Kollektivvertrag betreffend Neuregelung der Pensionsrechte (Pensionsreform 1961)“ in der ab 1. Jänner 1997 geltenden Fassung, abgeschlossen zwischen dem Verband österreichischer Banken und Bankiers und dem Österreichischen Gewerkschaftsbund, Gewerkschaft der Privatangestellten, Sektion Geld und Kredit, strittig. Die Bestimmungen dieses Kollektivvertrags lauten auszugsweise wie folgt:

§ 1 Geltungsbereich

(1) Der Kollektivvertrag gilt für alle dem KV 49 unterliegenden, nicht aber dem jeweils geltenden Teilzeit‑KV unterliegenden aktiven Dienstnehmer des Verbandes österreichischer Banken und Bankiers und der nachfolgenden Banken, deren Dienstverhältnis vor dem 1. Jänner 1997 begründet wurde:

...

§ 3 Wartezeit

(1) Der Anfall jeder Pension nach diesem Kollektivvertrag setzt die Zurücklegung einer ununterbrochenen, in der Bank bis zum 31. Dezember 1996 tatsächlich verbrachten und für die Pension anrechenbaren Dienstzeit von mindestens fünf Jahren (Wartezeit) voraus. Für den Anfall der Administrativpension gilt die besondere Regelung des § 8. Eine Dienstzeit als teilzeitbeschäftigter Dienstnehmer wird nur in dem Ausmaß als tatsächliche Dienstzeit anerkannt, soweit sie gemäß § 2 Abs 1 zweiter Satz als pensionsfähige Dienstzeit angerechnet wird.

(2) Tritt Berufsunfähigkeit oder Tod ein, so wird von dem Erfordernis der Wartezeit abgesehen.

...

§ 5 Berufsunfähigkeitspension

(1) ...

(2) Verliert ein Berufsunfähigkeitspensionist infolge Wiedererlangung der Berufsfähigkeit den Anspruch auf die Berufsunfähigkeitspension nach § 271 Abs 1 ASVG und damit den Pensionsanspruch gemäß Abs 1, so erhält er bei Erfüllung der in § 8 geregelten Voraussetzungen eine Administrativpension, sofern er nicht von der Bank wieder zur Dienstleistung einberufen wird. Erfüllt er die in § 8 geregelten Voraussetzungen für den Anfall einer Administrativpension nicht, so ist er berechtigt, die Wiedereinstellung zu verlangen. Dieses Verlangen kann nicht gestellt werden, wenn die Bank dem Dienstnehmer eine Pension gewährt, die nach den Grundsätzen der Administrativpension und unter Zugrundelegung von mindestens 15 Dienstjahren berechnet wird. Diese Pension gebührt jedoch nur bis zum neuerlichen Entstehen eines gesetzlichen Pensionsanspruchs.

...

§ 8 Administrativpension

(1) Dienstnehmern, die vor dem 1. Jänner 1987 in die Bank eingetreten sind, gebührt eine Administrativpension bei einer durch die Bank ausgesprochenen Kündigung oder aufgrund eines die Pension zusichernden Einvernehmens zwischen Bank und Dienstnehmer, wenn im Zeitpunkt der Auflösung des Dienstverhältnisses mindestens 15 Dienstjahre vollendet wurden und Pensionsansprüche aus der gesetzlichen Pensionsversicherung der Angestellten nicht gebühren.

(2) Dienstnehmern, die ab 1. Jänner 1987 in die Bank eingetreten sind, gebührt eine Administrativpension bei einer durch die Bank ausgesprochenen Kündigung oder aufgrund eines die Pension zusichernden Einvernehmens zwischen Bank und Dienstnehmer, wenn im Zeitpunkt der Auflösung des Dienstverhältnisses mindestens 15 Dienstjahre vorliegen und der Dienstnehmer das 40. Lebensjahr bereits vollendet hat, sowie Pensionsansprüche aus der gesetzlichen Pensionsversicherung der Angestellten nicht gebühren.

(3) Die in Abs 1 und Abs 2 erwähnten Dienstjahre müssen in der Bank oder in einer von ihr übernommenen Bank tatsächlich verbrachte und für die Pension anrechenbare Dienstzeiten sein. Als tatsächlich verbrachte Dienstzeiten gelten auch Wehr‑ und Zivildienstzeiten (siehe Zitierung zu § 2). Eine Dienstzeit als teilzeitbeschäftigter Dienstnehmer wird nur in dem Ausmaß als tatsächliche Dienstzeit anerkannt, soweit sie gemäß § 2 Abs 1 zweiter Satz als pensionsfähige Dienstzeit angerechnet wird.

(4) Für Verwirkung, Ruhen und Erlöschen des Anspruchs gelten die §§ 23 bis 25 entsprechend.

(5) Treten in der Pension eines Administrativpensionisten Voraussetzungen für die Geltendmachung eines Pensionsanspruchs nach dem ASVG ein, so gebührt vom Zeitpunkt des Vorliegens dieser Voraussetzungen anstelle der Administrativpension eine Pension gemäß §§ 5, 6 oder 7 lit b. Die Berechnung derselben erfolgt gemäß § 20 Abs 5 lit a.

...

Die Vorgängerbestimmungen (Kollektivvertrag betreffend Neuregelung der Pensionsrechte vom 16. November 1961) lauten:

§ 3 Wartezeit

(1) Der Anfall jeder Pension nach diesem Kollektivvertrag setzt die Zurücklegung einer ununterbrochenen, in der Bank tatsächlich verbrachten und für die Pension anrechenbaren Dienstzeit von mindestens fünf Jahren (Wartezeit) voraus. Für den Anfall der Administrativpension gilt die besondere Regelung des § 8. Eine Dienstzeit als teilzeitbeschäftigter Dienstnehmer wird nur in dem Ausmaß als tatsächliche Dienstzeit anerkannt, soweit sie gemäß § 2 Abs 1 zweiter Satz als pensionsfähige Dienstzeit angerechnet wird.

(2) Tritt infolge eines Betriebsunfalls Berufsunfähigkeit oder Tod ein, so wird von dem Erfordernis der Wartezeit abgesehen. Als Betriebsunfall gelten auch Unfälle auf dem Weg zur bzw von der Arbeitsstätte, wenn gerichtlich das alleinige Verschulden des verunglückten Dienstnehmers festgestellt wurde.

§ 8 Administrativpension

(1) Eine Administrativpension gebührt bei einer durch die Bank ausgesprochenen Kündigung oder aufgrund eines die Pension zusichernden Einvernehmens zwischen Bank und Dienstnehmer, wenn im Zeitpunkt der Auflösung des Dienstverhältnisses mindestens 15 Dienstjahre vollendet wurden und Pensionsansprüche aus der gesetzlichen Pensionsversicherung der Angestellten nicht gebühren.

(2) Die in Abs 1 erwähnten Dienstjahre müssen in der Bank oder in einer von ihr übernommenen Bank tatsächlich verbrachte und für die Pension anrechenbare Dienstzeiten sein. Als tatsächlich verbrachte Dienstzeiten gelten auch Wehr‑ und Kriegsdienstzeiten (siehe Zitierung zu § 2). Eine Dienstzeit als teilzeitbeschäftigter Dienstnehmer wird nur in dem Ausmaß als tatsächliche Dienstzeit anerkannt, soweit sie gemäß § 2 Abs 1 zweiter Satz als pensionsfähige Dienstzeit angerechnet wird.

(3) Für Verwirkung, Ruhen und Erlöschen des Anspruchs gelten die §§ 23 bis 25 entsprechend.

(4) Treten in der Pension eines Administrativpensionisten Voraussetzungen für die Geltendmachung eines Pensionsanspruchs nach dem ASVG ein, so gebührt vom Zeitpunkt des Vorliegens dieser Voraussetzungen anstelle der Administrativpension eine Pension gemäß §§ 5, 6 oder 7 lit b.“

Mit Gültigkeit ab 1. Jänner 1997 wurde zwischen dem Verband österreichischer Banken und Bankiers und dem Österreichischen Gewerkschaftsbund, Gewerkschaft der Privatangestellten, Sektion Geld und Kredit, der Pensionskassen‑Kollektivvertrag abgeschlossen. Dieser enthält auszugsweise folgende Bestimmungen:

§ 2 Persönlicher Geltungsbereich

Der Kollektivvertrag gilt für alle dem KV 49 und/oder der Pensionsreform 1961 in der Fassung vom 1. Jänner 1997 bzw ‑ mit Ausnahme der Ultimo‑Medio‑Kräfte (§ 1 Abs 3 lit b TZ‑KV 1986 in der Fassung 1996) ‑ dem jeweils geltenden Teilzeit‑KV unterliegenden aktiven Dienstnehmer, sowie für jene, dem KV 49 bzw ‑ mit Ausnahme der Ultimo‑Medio‑Kräfte (§ 1 Abs 3 lit b TZ‑KV 1986 in der Fassung 1996) ‑ dem jeweils geltenden Teilzeit‑KV unterliegenden Dienstnehmer, die ab 1. Jänner 1997 in den Dienststand des Verbandes österreichischer Banken und Bankiers oder der nachfolgenden Banken eintreten:

...

§ 4 Versorgungsziele, Arten der Versorgungsleistungen

Ziel dieses Kollektivvertrags ist es, den Anwartschaftsberechtigten (vgl dazu § 5 Abs 1 PKG in der jeweils geltenden Fassung), Leistungsberechtigten (vgl dazu § 5 Abs 2 PKG in der jeweils geltenden Fassung) und den Hinterbliebenen (vgl dazu § 5 Abs 3 PKG in der jeweils geltenden Fassung) einen Anspruch auf folgende Versorgungsleistungen zu sichern:

...

(4) Scheidet der Dienstnehmer infolge Kündigung seitens des Dienstgebers fünf Jahre vor Vollendung des Lebensjahres, ab dem weibliche Dienstnehmer einen gesetzlichen Anspruch auf vorzeitige Alterspension besitzen, aus der Bank aus, so hat er ‑ soferne im Zeitpunkt der Beendigung des Dienstverhältnisses 20 vollendete Dienstjahre vorliegen ‑ die Möglichkeit, bereits ab diesem Zeitpunkt Pensionskassenleistungen in Anspruch zu nehmen.

Der Kläger begehrte gemäß § 54 Abs 1 ASGG die Feststellung, dass all jene Arbeitnehmer, die vor dem 1. Jänner 1997 bei der Bank ***** AG eingetreten sind, aufgrund des Kollektivvertrags betreffend Neuregelung der Pensionsrechte (Pensionsreform 1961) Anspruch auf eine Administrativpension haben, sofern sie zum Zeitpunkt der Auflösung des Dienstverhältnisses die Voraussetzungen des § 8 erfüllen, dies auch dann, wenn die Wartezeit des § 3 nicht vor dem 1. Jänner 1997 absolviert wurde. Dazu brachte er vor, dass für die Administrativpension die Erfüllung der Wartezeit nach § 3 des Kollektivvertrags über Pensionsrechte (1997) nicht verlangt werde, weil es sich bei der Regelung in § 8 leg cit um eine lex specialis handle. Die Formulierung „jede Pension“ in § 3 Abs 1 erster Satz leg cit bezeichne lediglich die echten Pensionen, also die Alterspension, die vorzeitige Alterspension, die Berufsunfähigkeitspension und die Berufsunfallspension. Dabei handle es sich um allgemeine Pensionsarten, die auf die im ASVG geregelten Voraussetzungen Bezug nehmen würden. Die Administrativpension stelle hingegen einen Sonderfall dar, die der Absicherung des Lebensstandards des Dienstnehmers bis zur echten Pensionierung diene und mit den vom BPG geregelten Pensionsleistungen nichts zu tun habe. Für den Anfall der Administrativpension komme es daher lediglich auf eine ununterbrochene Dienstzeit nach den Bestimmungen des § 8 leg cit an.

Die Beklagte entgegnete, dass nach § 3 des Kollektivvertrags über Pensionsrechte (1997) der Anfall „jeder“ Pension die Zurücklegung einer bis zum 31. Dezember 1996 tatsächlich verbrachten Dienstzeit von mindestens fünf Jahren voraussetze. Auch die Administrativpension sei von dieser Voraussetzung abhängig. Mit der Novellierung dieser Bestimmung zum 1. Jänner 1997 hätten die Kollektivvertragsparteien „einen Schnitt“ machen wollen, sodass jene Mitarbeiter, die mit Wirksamkeitsbeginn des Kollektivvertrags 1997 die fünfjährige Wartezeit noch nicht erfüllt hätten, keinen Anspruch auf Administrativpension mehr ableiten könnten. Dabei handle es sich um eine zulässige Stichtagsregelung. Der Pensionskassen-Kollektivvertrag gelte auch für jene Dienstnehmer, die vor dem 1. Jänner 1997 eingetreten seien. Für diese Mitarbeiter gelte daher ein abgestuftes Modell. Eine Trennung zwischen jenen Pensionsformen, die auch dem BPG unterliegen würden, und anderen sei nicht angebracht.

Das Erstgericht wies das Feststellungsbegehren ab. Der Beklagten sei zuzustimmen, dass die Formulierung „jede Pension“ auch die Administrativpension erfasse. Der nächste Satz in § 3 des Kollektivvertrags über Pensionsrechte (1997) weise (zusätzlich) auf die Voraussetzungen für den Anfall der Administrativpension nach § 8 hin. Nach § 3 Abs 2 leg cit werde vom Erfordernis der Wartezeit nur abgesehen, wenn Berufsunfähigkeit oder Tod eintrete. Die Ausnahmeregelung umfasse die Administrativpension nicht. Dies spreche dafür, dass für die Administrativpension die in § 3 Abs 1 Satz 1 statuierte Wartezeit gelten solle.

Das Berufungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Aus dem Wortlaut der Bestimmung des § 3 Abs 1 Satz 1 des Kollektivvertrags über Pensionsrechte (1997) gehe deutlich hervor, dass die dort normierte Wartezeit Voraussetzung für den Anfall „jeder Pension nach diesem Kollektivvertrag“ sei. Auch die Administrativpension sei eine solche Pension. Das Erstgericht habe auch zutreffend aufgezeigt, dass nach § 3 Abs 2 leg cit nur die Fälle der Berufsunfähigkeit und des Todes von der Wartezeit ausgenommen seien. Dafür, dass mit den ab 1. Jänner 1997 geltenden Änderungen des Kollektivvertrags über Pensionsrechte Stichtagsregelungen eingeführt worden seien, spreche insbesondere auch der vom Erstgericht festgestellte Umstand, dass zwischen den Kollektivvertragsparteien ein ab 1. Jänner 1997 gültiger Pensionskassen-Kollektivvertrag abgeschlossen worden sei. Die ordentliche Revision sei zulässig, weil der Auslegung von Kollektivverträgen stets eine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukomme.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision des Klägers, die auf eine Stattgebung des Feststellungsbegehrens abzielt.

Mit ihrer Revisionsbeantwortung beantragt die Beklagte, dem Rechtsmittel der Gegenseite den Erfolg zu versagen.

Rechtliche Beurteilung

Die ordentliche Revision ist zulässig, weil zur Frage, ob für den Anfall der Administrativpension im Sinn des zugrunde liegenden Kollektivvertrags nur die Voraussetzungen des § 8 erfüllt sein müssen, oder ob zusätzlich (kumulativ) auch die Wartezeit nach § 3 eingehalten sein muss, höchstgerichtliche Rechtsprechung fehlt. Die Auslegung des Kollektivvertrags ist keineswegs klar und eindeutig (vgl RIS‑Justiz RS0109942; 8 ObA 79/13w). Die Revision des Klägers ist aber nicht berechtigt.

1. Bei der sogenannten „Administrativpension“ handelt es sich um eine Versorgungsleistung zur Absicherung des Dienstnehmers ab Beendigung des Dienstverhältnisses (vor allem) durch Dienstgeberkündigung bis zum Antritt einer gesetzlichen Pension.

Der Kläger steht auf dem Standpunkt, dass die Administrativpension eine Versorgungsleistung sui generis sei und § 8 des Kollektivvertrags über Pensionsrechte (1997) eine lex specialis zu § 3 Abs 1 Satz 1 leg cit darstelle, weshalb die Wartezeit nach § 3 nicht eingehalten sein müsse. Die Beklagte vertritt demgegenüber den Standpunkt, dass die Wartezeit nach § 3 für alle Pensionsarten ‑ außer für die besonders rücksichtswürdigen Fälle der Berufsunfähigkeit oder des Todes ‑ gelte. Bei § 3 Abs 1 Satz 1 handle es sich um eine zulässige Stichtagsregelung.

2. Nach ständiger Rechtsprechung hat die Auslegung normativer Bestimmungen eines Kollektivvertrags objektiv nach den Regeln der §§ 6 und 7 ABGB zu erfolgen (RIS‑Justiz RS0010088). Dabei ist in erster Linie der Wortsinn, auch im Zusammenhang mit den übrigen Regelungen, zu erforschen, wie er sich für den Normunterworfenen darstellt, sowie die sich aus dem Text des Kollektivvertrags ergebende Absicht der Kollektivvertragsparteien zu berücksichtigen (RIS‑Justiz RS0010089). Führt der Wortsinn der Bestimmung zu keinem eindeutigen Ergebnis, so ist mittels objektiv‑teleologischer Interpretation nach dem Sinn und Zweck zu fragen, den die Regelung ‑ mit Rücksicht auf den Systemzusammenhang ‑ vernünftigerweise haben kann (8 ObA 47/13i). Frühere Regelungen können insoweit zur Auslegung herangezogen werden, als die am Text des geltenden Kollektivvertrags orientierte Auslegung zu keinem eindeutigen Ergebnis führt (RIS‑Justiz RS0010089).

3.1 Nach der Beurteilung der Vorinstanzen statuieren § 8 und § 3 Abs 1 Satz 1 des Kollektivvertrags über Pensionsrechte (1997) für die Administrativpension kumulative Voraussetzungen, weil § 3 Abs 1 Satz 1 für „jede Pension nach diesem Kollektivvertrag“ gelte und auch die Administrativpension darunter falle, und weil § 3 Abs 2 leg cit eine Ausnahme vom Erfordernis der Wartezeit nur für die Pensionsleistungen wegen Berufsunfähigkeit oder Tod vorsehe.

3.2 In § 4 leg cit werden die Arten der Bankleistungen aufgezählt, bei denen es sich nach dem Verständnis des Kollektivvertrags um Pensions- bzw Versorgungsleistungen (im weiteren Sinn) handelt. Diese Regelung nennt auch die Administrativpension, weshalb die Beurteilung, dass auch diese Bankleistung eine „Pension nach diesem Kollektivvertrag“ ist, zutrifft (siehe dazu auch die Aufzählung in § 23 Abs 1 des Kollektivvertrags).

Die Wendung „jeder Pension“ in § 3 Abs 1 Satz 1 leg cit spricht daher für den Standpunkt der Beklagten. Der Verweis auf § 8 in § 3 Abs 1 Satz 2, der allerdings keinen Hinweis für eine kumulative Anordnung (zB zudem, zusätzlich, überdies, darüber hinaus) enthält, wurde von den Vorinstanzen als Klarstellung verstanden; zudem wurde auf den unterschiedlichen Charakter der geforderten „Dienstzeiten“ hingewiesen.

Das weitere Argument der Vorinstanzen, dass die Ausnahmebestimmung des § 3 Abs 2 des Kollektivvertrags nur die Berufsunfähigkeit oder den Tod betreffe, geht von diesem Verständnis aus. Wären die Kollektivvertragsparteien allerdings davon ausgegangen, dass der Verweis in § 3 Abs 1 Satz 2 leg cit abschließend zu verstehen ist und § 8 daher eine Sonderregelung darstellt, so hätte für sie gerade kein Anlass bestanden, in Abs 2 auch die Administrativpension zu nennen.

3.3 § 5 Abs 2 des Kollektivvertrags über Pensionsrechte regelt die Vorgangsweise für den Fall, dass der Dienstnehmer die Berufsunfähigkeitspension wegen Wiedererlangung der Berufsfähigkeit verliert. Nach dieser Bestimmung „erhält er bei Erfüllung der in § 8 geregelten Voraussetzungen eine Administrativpension“.

3.4 Zu den vom Berufungsgericht erwähnten Vorgängerbestimmungen (Kollektivvertrag 1961) ist darauf hinzuweisen, dass sowohl in § 3 Abs 1 Satz 1 dieses alten Kollektivvertrags als auch in § 8 leg cit (im Wesentlichen) auf die in der Bank tatsächlich verbrachte und für die Pension anrechenbare Dienstzeit abgestellt wurde und nur die Zeitspanne unterschiedlich war.

4.1 Die Beantwortung der hier zu klärenden Rechtsfrage kann aber nicht ohne Blick auf das Konzept, das von den Kollektivvertragsparteien anlässlich der Änderung des Kollektivvertrags ab dem Jahr 1997 verfolgt wurde, geklärt werden. Aus diesem Grund kann die Beurteilung nicht nur aufgrund einer isolierten Betrachtung der einschlägigen Regelungen im Kollektivvertrag über Pensionsrechte (1997) und auch nicht aufgrund einer ergänzenden Gegenüberstellung der entsprechenden Bestimmungen im alten Kollektivvertrag 1961 erfolgen.

4.2 Zwischen den Parteien ist an sich unstrittig, dass die Administrativpension mit der Pensionsreform 1997 durch die Einführung des Pensionskassen-Kollektivvertrags weggefallen ist. Daraus folgt, dass es sich bei der Administrativpension um ein Auslaufmodell gehandelt hat, das aus dem Pensionssystem beseitigt wurde. Ab dem Jahr 1997 wurde das Instrument der Administrativpension nach dem Willen der Kollektivvertragsparteien somit beendet.

Die Beklagte weist zutreffend darauf hin, dass der Pensionskassen-Kollektivvertrag nach dessen § 2 auch für Dienstnehmer gilt, die vor 1997 in das Dienstverhältnis zu einer Bank eingetreten sind. „Alte Dienstnehmer“ wurden somit in den neuen Pensionskassen-Kollektivvertrag überstellt. Es wurde somit ein Systemwechsel im kollektivvertraglichen Pensionsrecht vollzogen.

Wie schon erwähnt, ist im neuen Pensionskassen-Kollektivvertrag die Administrativpension nicht mehr enthalten.

4.3 Bei einem Systemwechsel, wie er im Jahr 1997 vollzogen wurde, stellt sich die Frage nach der zeitlichen Abgrenzung des alten und des neuen Systems. Dafür sind an sich Übergangs- bzw Übertrittsregelungen typisch, die ‑ im Sinn eines Bestandschutzes ‑ die Behandlung der an sich noch in das alte System fallenden Dienstnehmer bestimmen. Für eine solche Regelung wird im Allgemeinen eine Übergangsfrist vorgesehen.

Die hier in Frage stehende Bestimmung des § 3 des Kollektivvertrags über Pensionsrechte (1997) enthält bei einer an sich identen Konzeption wie die Vorgängerbestimmung eine Modifikation dahin, dass die für den Anfall einer Pension geforderte Wartezeit bis zum 31. Dezember 1996 ununterbrochen fünf anrechenbare Dienstjahre betragen haben muss. Die Vorgängerbestimmung hat demgegenüber keinen Stichtag aufgewiesen.

Der in Rede stehende Stichtag nimmt, was sich aus dem maßgebenden Datum eindeutig ergibt, auf die Änderung des Kollektivvertrags ab 1997 und damit auf den ab diesem Zeitpunkt geltenden Systemwechsel Bezug. Diese Stichtagsregelung ergibt mit Bezug auf eine pensionsrechtliche Wartezeit dann Sinn, wenn sie mit der zeitlichen Abgrenzung des alten Pensionssystems zum neuen System in Verbindung gebracht wird. Dementsprechend ist sie auch dahin zu verstehen, dass Dienstnehmer, die bis zum Stichtag fünf anrechenbare Dienstjahre aufweisen, trotz Überführung in das neue System zusätzlich noch in den Genuss der alten Regelungen (gegebenenfalls in Verbindung mit Anrechnungsbestimmungen) kommen und von diesen Gebrauch machen können.

Die Stichtagsregelung für die Wartezeit in § 3 des Kollektivvertrags über Pensionsrechte (1997) ist damit als Übergangsregelung im Zusammenhang mit der Einführung des neuen Pensionssystems durch den Pensionskassen-Kollektivvertrag zu qualifizieren. Da vom Systemwechsel insbesondere auch die Administrativpension betroffen war, spricht dies dafür, dass diese Pensionsart nach dem kollektivvertraglichen Konzept („in jeder Pension“) nicht von der Übergangsregelung des § 3 ausgenommen werden sollte. Der an sich zutreffende Hinweis des Klägers, dass die Administrativpension ‑ anders als die übrigen Pensionsarten des Kollektivvertrags ‑ nicht die Ansprüche aus der gesetzlichen Pensionsversicherung ergänzt und daher nicht unter das Betriebspensionsgesetz fällt und keine echte Pensionsleistung darstellt (vgl 8 ObA 14/10g), kann bei systematischer Betrachtung nicht den Schluss rechtfertigen, dass die Wartezeit (in Form einer Übergangs- und Stichtagsregelung) in § 3 Abs 1 Satz 1 des Kollektivvertrags über Pensionsrechte (1997) für die Administrativpension nicht gelten soll. Vielmehr ist diese Übergangsregelung spätestens mit der Änderung des Kollektivvertrags ab dem Jahr 1997 als kumulatives Erfordernis zu den Voraussetzungen des § 8 des Kollektivvertrags zu sehen.

5.1 Zusammenfassend ergibt sich:

Bei Beurteilung der Frage, ob für den Anfall der Administrativpension nach dem „Kollektivvertrag betreffend Neuregelung der Pensionsrechte (Pensionsreform 1961)“ in der ab 1. Jänner 1997 geltenden Fassung zwischen dem Verband österreichischer Banken und Bankiers und dem Österreichischen Gewerkschaftsbund zusätzlich zu § 8 auch die Wartezeit nach § 3 erfüllt sein muss, ist auf das Konzept, das von den Kollektivvertragsparteien anlässlich der Änderung des Kollektivvertrags ab dem Jahr 1997 verfolgt wurde, Bedacht zu nehmen. Durch diese Änderung und die gleichzeitige Einführung des Pensionskassen-Kollektivvertrags wurde ein Systemwechsel im kollektivvertraglichen Pensionsrecht vollzogen und die Administrativpension abgeschafft. Bei der Wartezeit in § 3 Abs 1 Satz 1 des Kollektivvertrags über Pensionsrechte (1997) handelt es sich um eine Übergangsregelung mit einem Stichtag, die auch für die Administrativpension und daher zusätzlich zu den Voraussetzungen des § 8 des Kollektivvertrags gilt.

5.2 Ausgehend von diesen Grundsätzen erweist sich die Entscheidung der Vorinstanzen im Ergebnis als zutreffend. Der Revision des Klägers war daher der Erfolg zu versagen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO iVm § 2 ASGG.

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