Spruch:
Die Revision der klagenden Partei wird zurückgewiesen.
Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 373,86 EUR (darin 62,28 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Text
Begründung
Das Berufungsgericht hat die ordentliche Revision mit der Begründung zugelassen, dass sich der zu beurteilende Sachverhalt von dem der Entscheidung 8 ObA 87/10t zugrunde gelegenen insofern unterscheide, als die Beklagte die Klägerin nicht zur Abdeckung von Belastungsspitzen, sondern zur Aufrechterhaltung des normalen Geschäftsbetriebs tageweise beschäftigt und die Klägerin überwiegend mehrere Dienste pro Monat geleistet habe. Dem schloss sich die Revisionswerberin zur Begründung der Zulässigkeit ihrer Revision an, zumal mehrere gleichgelagerte Verfahren gerichtsanhängig seien und im Hinblick auf das bereits beim Obersten Gerichtshof anhängige Verfahren 8 ObA 50/13f eine höchstgerichtliche Klarstellung geboten sei, wann ein Dienstnehmer als fallweise beschäftigt gelte und wann von einem durchgehenden Beschäftigungsverhältnis auszugehen sei.
Rechtliche Beurteilung
Die Begründung der Zulassung der ordentlichen Revision durch das Berufungsgericht traf zwar im Zeitpunkt der Entscheidung des Berufungsgerichts zu, ist aber in der Zwischenzeit überholt, weil der Oberste Gerichtshof in den Verfahren 8 ObA 50/13f und 9 ObA 153/13k, die ebenfalls die hier Beklagte betrafen, die der Zulassung der Revision zugrundeliegende Frage beurteilt und entschieden hat. Nach ständiger Rechtsprechung ist das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage nach dem Zeitpunkt der Entscheidung über das Rechtsmittel durch den Obersten Gerichtshof zu beurteilen. Eine im Zeitpunkt der Einbringung des Rechtsmittels aufgeworfene erhebliche Rechtsfrage fällt somit weg, wenn die Frage durch eine andere Entscheidung des Obersten Gerichtshofs bereits geklärt wurde (RIS‑Justiz RS0112921 ua). Die Zurückweisung der ordentlichen Revision wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage (§ 502 Abs 1 ZPO) kann sich nach § 510 Abs 3 Satz 4 ZPO auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken.
In den genannten Parallelverfahren hat der Oberste Gerichtshof zu gleichgelagerten Sachverhalten bereits ausführlich dargelegt, dass eine Vertragsgestaltung wie die vorliegende eine fallweise kurzfristige Beschäftigung begründet, die die zeitlichen Voraussetzungen für einen kollektivvertraglichen Anspruch auf Jahresremuneration nicht erfüllt. All diese ‑ hier nochmals kurz zusammengefassten ‑ Aspekte gelten auch im vorliegenden Fall:
1. Der Begriff der „fallweise beschäftigten Personen“ stammt aus dem Bereich des Sozialversicherungsrechts. Nach § 471b ASVG sind darunter Personen zu verstehen, die in unregelmäßiger Folge tageweise beim selben Dienstgeber beschäftigt werden, wenn die Beschäftigung für eine kürzere Zeit als eine Woche vereinbart ist. Die fallweise Beschäftigung besteht demnach in der unregelmäßigen unterbrochenen Aneinanderreihung verschiedener, kurzzeitig befristeter Arbeitsverhältnisse. Aus arbeitsrechtlicher Sicht handelt es sich bei solchen fallweisen Beschäftigungen um (zulässige) aufeinanderfolgende befristete Dienstverhältnisse auf Basis einer Rahmenvereinbarung als rechtliche Klammer (auch 8 ObA 32/13h). Entgegen der Ansicht der Klägerin ist die Abdeckung von Belastungsspitzen kein notwendiges Merkmal für eine fallweise Beschäftigung.
2. Bei der Beurteilung eines einheitlichen, durchgehenden Arbeitsverhältnisses ist entscheidend auf das Bestehen einer Arbeitspflicht abzustellen. Der beiderseitige fortdauernde Bindungswille muss sich auf verpflichtende Tätigkeiten beziehen. Behält sich der Arbeitnehmer die Auswahl von Anzahl, Häufigkeit und Lage oder die Einteilung der Arbeitseinsätze nach seinen Interessen (sanktionslos) vor, so spricht dies gegen ein einheitliches Arbeitsverhältnis, das von den Parteien hier auch nicht gewollt war (anders zum „Rahmendienstvertrag“ 8 ObA 116/04y).
Die hier zugrundeliegende Rahmenvereinbarung und deren tatsächliche Gestaltung begründete für die Klägerin keine Arbeitspflicht. Umgekehrt verschaffte sie ihr aber auch keinen Anspruch auf Beschäftigung zu bestimmten Zeiten oder in einem bestimmten Mindestausmaß. Zu einem konkreten Arbeitsverhältnis kam es jeweils erst dann, wenn die Klägerin zu den monatlichen Besprechungen erschien, sich für bestimmte, frei gewählte Tage zum Einsatz bereit erklärte und einteilen ließ. Die Klägerin konnte ihre Einsätze selbst gestalten und dabei ua auf die Ausübung ihres Berufs als Bürokauffrau Bedacht nehmen. Auch nach der monatlichen Einteilung waren noch Änderungen möglich. Die Teilnahme an den monatlichen Dienstbesprechungen resultierte nicht aus einer vertraglichen Arbeitspflicht, sondern war Voraussetzung für die Organisation der konkreten Einsätze im Folgemonat. Auch wenn die Klägerin rückblickend im gesamten Tätigkeitszeitraum an durchschnittlich rund 35 Arbeitstagen, überwiegend an Freitagen und Samstagen und in diesem Sinn „regelmäßig“ im Einsatz war, kommt es doch wesentlich darauf an, dass sie dazu ‑ im Unterschied zu einem durchgehend teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer ‑ nicht verpflichtet gewesen wäre. Es ist daher das Vorliegen verpönter „Kettenarbeitsverträge“ zu prüfen (8 ObA 116/04y).
3. Kettenarbeitsverträge sind nur dann rechtmäßig, wenn die Aneinanderreihung einzelner auf bestimmte Zeit abgeschlossener Arbeitsverträge im Einzelfall durch besondere soziale oder wirtschaftliche Gründe, die in der Person des Arbeitnehmers liegen müssen, gerechtfertigt ist (RIS-Justiz RS0028327). Es bedarf einer Interessenabwägung im Sinne des beweglichen Systems, bei der nicht nur das Ausmaß der Unterbrechungszeiten, sondern auch das Ausmaß der zwischen diesen Unterbrechungszeiten liegenden Beschäftigungszeiten zu berücksichtigen ist. Übersteigt die Dauer der Zeiten der Unterbrechung ‑ wie bei der Klägerin ‑ erheblich die der Beschäftigung, spricht dies tendenziell gegen eine unzulässige Vertragskette (RIS‑Justiz RS0021824; RS0110312).
Auch der vorliegende Sachverhalt lässt keine Gründe erkennen, aus denen die Aneinanderreihung befristeter Arbeitsverhältnisse nach den Umständen des Einzelfalls als sittenwidrig zu beurteilen wäre.
4. Nach Pkt 14 lit a des Kollektivvertrags für Arbeiter im Hotel- und Gastgewerbe gebührt eine Jahresremuneration nur jenen Arbeitnehmern, die mindestens zwei Monate ununterbrochen im selben Betrieb beschäftigt sind. Diese Voraussetzung ist bei der Klägerin nicht erfüllt.
5. Da die Qualifikation von Dienstverhältnissen wie jenem der Klägerin bereits höchstgerichtlich geklärt ist, ist ihre Revision mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 41, 50 ZPO. Die Beklagte hat auf die Unzulässigkeit der Revision in ihrer Revisionsbeantwortung hingewiesen (RIS‑Justiz RS0035979).
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