OGH 3Ob5/14b

OGH3Ob5/14b19.2.2014

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden sowie den Hofrat Univ.‑Prof. Dr. Neumayr, die Hofrätin Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch als weitere Richter in der Exekutionssache der betreibenden Partei Dr. J***** P*****, gegen die verpflichtete Partei H***** D*****, wegen Anordnung des Vollzugs einer zwangsweisen Pfandrechtsvormerkung (betriebene Forderung 14.163,30 EUR sA) über den Revisionsrekurs der betreibenden Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts Wels als Rekursgericht vom 9. Oktober 2013, GZ 22 R 277/13m‑7, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Gmunden vom 22. Juli 2013, GZ 11 E 1490/13p‑4, über Rekurs der betreibenden Partei bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Die betreibende Partei hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.

Begründung

Das Landesgericht Wels bewilligte dem Betreibenden mit Beschluss vom 4. Juni 2013, GZ 2 Cg 11/10k‑78, wider die Verpflichtete die Exekution zur Sicherstellung einer Kostenforderung von 14.163,30 EUR sA bis zu dem Zeitpunkt, zu dem die Vollstreckbarkeit des gesicherten Anspruchs eintritt, durch Forderungsexekution nach § 294a EO und durch zwangsweise Pfandrechtsbegründung durch Vormerkung des Pfandrechts auf der der Verpflichteten gehörenden Liegenschaft. Das Erstgericht wurde als Grundbuchs‑ und Vollzugsgericht um den Vollzug und die Verständigung der Beteiligten, nämlich des Betreibenden, der Verpflichteten und ihrer Rechtsvertreterin, ersucht.

Auf der Liegenschaft der Verpflichteten haftet unter CLNR 55a das Belastungs‑ und Veräußerungsverbot für die Tochter der Verpflichteten.

Das Erstgericht lehnte den Vollzug der bewilligten Pfandrechtsvormerkung auf der Liegenschaft der Verpflichteten mit der Begründung ab, dass ob dieser Liegenschaft das Belastungs‑ und Veräußerungsverbot für die Tochter der Verpflichteten hafte.

Das Rekursgericht bestätigte über Rekurs des Betreibenden die Vollzugsablehnung und sprach aus, dass der ordentliche Revisionsrekurs mangels Rechtsprechung zur Prüfungsbefugnis des Vollzugsgerichts unter Bedachtnahme auf § 55a EO zulässig sei und in Lehre und zweitinstanzlicher Rechtsprechung verschiedene Auffassungen vertreten würden. Der Nachprüfung durch das Grundbuchsgericht unterliege ausschließlich die Zulässigkeit der Eintragung mit Rücksicht auf den Grundbuchsstand. Die Prüfung von Bewilligungsvoraussetzungen, die nicht vom Grundbuchsstand abhängen, sei dem Grundbuchsgericht verwehrt. Es habe lediglich zu prüfen, ob sich aus dem Grundbuchsstand, der zur Zeit des Einlangens des Vollzugsersuchens gegeben und gemäß § 93 GBG maßgebend sei, Hindernisse gegen die bewilligte Eintragung ergeben. Da vom Gesetzgeber mit Einführung des § 55a EO kein Anlass für eine Anpassung des § 94 Abs 2 GBG an die geänderte Rechtslage im Exekutionsbewilligungsverfahren gesehen worden und auch nicht erkennbar sei, warum das erstmalige Aufgreifen eines im Grundbuch eingetragenen Veräußerungs‑ und Belastungsverbots durch das Vollzugsgericht eine unzulässige Überprüfung des Exekutionsbewilligungsbeschlusses bedeuten könnte, wenn weder im Exekutionsantrag noch im Bewilligungsbeschluss auf das eingetragene Veräußerungs‑ und Belastungsverbot zugunsten einer Person, die nicht solidarisch mit dem Verpflichteten für die betriebene Forderung hafte, eingegangen worden sei, dürfe das Vollzugsgericht das Eintragungshindernis wahrnehmen. Überdies habe das Exekutionsbewilligungsgericht die Verständigung der Verbotsberechtigten unterlassen.

Rechtliche Beurteilung

Im Revisionsrekursverfahren gelten die Bestimmungen des GBG (§ 88 Abs 2 EO), sodass das Rechtsmittel nicht wegen der Bestätigung der zweiten Instanz jedenfalls unzulässig ist ( Angst in Angst EO 2 § 88 Rz 14).

Der Revisionsrekurs des Betreibenden, mit dem er die uneingeschränkte Vollzugsanordnung anstrebt, ist aus den vom Rekursgericht genannten Gründen zulässig, aber nicht berechtigt.

Mit § 55a EO wurde durch die EO‑Novelle 2000 die Verpflichtung des Gerichts eingeführt, den Grundbuchsstand von Amts wegen zu ermitteln, wenn dessen Kenntnis für die Entscheidung von Bedeutung ist. Diese Verpflichtung gilt in jedem Exekutionsverfahren und erfasst auch das Bewilligungsverfahren. Vor der Entscheidung über den Antrag auf exekutive Begründung eines Pfandrechts (dessen Vormerkung) ist der Grundbuchsstand seit der EO‑Novelle 2000 vom Bewilligungsgericht zu erheben, selbst wenn es nicht zugleich Grundbuchsgericht ist. Die Anordnung, den Grundbuchsstand zu erheben, weil dessen Kenntnis für die Entscheidung selbst von Bedeutung ist, beinhaltet, dass die dabei gewonnenen Erkenntnisse der Entscheidung zugrunde zu legen sind (3 Ob 175/10x mwN).

Gemäß § 94 Abs 2 GBG hat sich das Grundbuchsgericht bei grundbücherlichen Eintragungen, die nicht von dem Grundbuchsgericht, sondern von einem anderen Gericht bewilligt werden, darauf zu beschränken, über die Zulässigkeit der Eintragung mit Rücksicht auf den Grundbuchsstand zu entscheiden. Der Nachprüfung durch das Grundbuchsgericht unterliegt daher ausschließlich die Zulässigkeit der Eintragung mit Rücksicht auf den Grundbuchsstand (vgl RIS‑Justiz RS0002519).

Der Regelung des § 94 Abs 2 GBG liegt erkennbar das Konzept zugrunde, dass das vom Bewilligungsgericht verschiedene Grundbuchsgericht nicht die Entscheidung des Bewilligungsgerichts überprüfen, sondern nur eine ergänzende Prüfung jener Voraussetzungen vornehmen soll, die vom Bewilligungsgericht noch nicht geprüft werden konnten, also etwa aufgrund zwischenzeitiger Änderungen des Grundbuchsstands. Der Anwendungsbereich in der Praxis des § 94 Abs 2 GBG wurde durch § 55a EO somit wesentlich eingeschränkt (vgl Angst , EO 2 § 88 Rz 10). Das Rekursgericht verweist aber völlig zutreffend darauf, dass im vorliegenden Fall das Bewilligungsgericht zwar aufgrund des an sich unveränderten Grundbuchsstands das Bewilligungshindernis des Belastungs‑ und Veräußerungsverbots wahrnehmen hätte können, offenkundig darauf aber nicht Bedacht genommen hat. Dieses der Bewilligung grundsätzlich entgegenstehende Hindernis (RIS‑Justiz RS0002595, RS0002572, RS0110893) wird in der Begründung überhaupt nicht erwähnt und es wurde überdies eine Zustellung an die Verbotsberechtigte nicht angeordnet. In einem solchen Fall darf die Prüfungsbefugnis des Vollzugsgerichts nicht auf zwischen der Entscheidung des Bewilligungsgerichts und dem Einlangen des Vollzugsersuchens beim Grundbuchsgericht eingetretene Änderungen des Grundbuchsstand beschränkt werden. Das Argument des Betreibenden, das Vollzugsgericht habe den Bewilligungsbeschluss infolge dessen Rechtskraft jedenfalls umzusetzen, geht schon deshalb fehl, weil eine Zustellung des Bewilligungsbeschlusses an die Verbotsberechtigte nicht erfolgte. Ihr gegenüber ist der Bewilligungsbeschluss noch nicht in Rechtskraft erwachsen.

Da in diesem Fall die Vollzugsablehnung durch das Grundbuchsgericht zulässigerweise und berechtigt erfolgte, musste der Revisionsrekurs des Betreibenden scheitern.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 40 und 50 ZPO iVm § 78 EO.

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