OGH 14Os171/13y

OGH14Os171/13y17.12.2013

Der Oberste Gerichtshof hat am 17. Dezember 2013 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger und Mag. Marek, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Fürnkranz in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Mascha als Schriftführer in der Strafsache gegen Attila M***** und andere Angeklagte wegen des Verbrechens des gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen schweren Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 2, 129 Z 1, 130 dritter und vierter Fall, 15 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen der Angeklagten Attila M*****, Zsolt Z*****, György V***** und Sandor Me***** gegen das Urteil des Landesgerichts Feldkirch als Schöffengericht vom 14. Juni 2013, GZ 50 Hv 25/13b-99, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Zsolt Z***** und aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerden wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in der rechtlichen Unterstellung der dem Schuldspruch zugrunde liegenden Taten des Genannten und der Angeklagten György V***** und Sandor Me***** auch nach § 130 vierter Fall StGB sowie des Attila M***** auch nach § 130 dritter und vierter Fall StGB, demgemäß in den sämtliche Angeklagte betreffenden Strafaussprüchen (einschließlich der Vorhaftanrechnungen) sowie im Ausspruch über die Konfiskation aufgehoben und die Sache im Umfang der Aufhebung zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Landesgericht Feldkirch verwiesen.

Die Angeklagten György V***** und Sandor Me***** werden zur Gänze, der Angeklagte Attila M***** mit seiner Nichtigkeitsbeschwerde zum Teil sowie sämtliche Angeklagte mit ihren Berufungen auf diese Entscheidung verwiesen.

Die gegen den Schuldspruch 2 gerichtete Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten Attila M***** wird zurückgewiesen.

Den Angeklagten Attila M***** und Zsolt Z*****, fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurden Zsolt Z*****, György V***** und Sandor Me***** des Verbrechens des schweren gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1, 130 vierter Fall StGB sowie Attila M***** des Verbrechens des gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen schweren Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 2, 129 Z 1, 130 dritter und vierter Fall, 15 StGB schuldig erkannt.

Danach haben mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz fremde bewegliche Sachen, und zwar Attila M***** in einem 50.000 Euro sowie Zsolt Z*****, György V***** und Sandor Me***** jeweils in einem 3.000 Euro übersteigenden Wert anderen durch Einbruch weggenommen (1) oder wegzunehmen versucht (2), „wobei sie in der Absicht handelten, sich durch die wiederkehrende Begehung der Tat eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen“, und zwar

(1) sämtliche Angeklagte als Mittäter am 7. Dezember 2012 in N***** der W***** GmbH Maschinen und Werkzeug im Wert von 41.755,39 Euro sowie 580,23 Euro Bargeld, wobei Zsolt Z***** die übrigen Angeklagten in einem Lieferwagen zum Tatort chauffierte, György V***** vor dem Einbruchsobjekt Aufpasserdienste leistete, während Attila M***** und Sandor Me***** nach Einschlagen einer Fensterscheibe in das Betriebsgebäude eindrangen, dort weitere Scheiben einschlugen und Türen aufbrachen, die Maschinen, das Werkzeug sowie das Bargeld an sich nahmen und danach sämtliche Angeklagte die Beute im Lieferwagen verstauten;

(2) Attila M***** gemeinsam mit dem gesondert verfolgten György S***** am 23. August 2012 in St.V***** einen in einem Geschäftslokal aufgestellten Geldausgabeautomaten der F***** GmbH beinhaltend 81.090 Euro, wobei sie nach Aufzwängen der Doppelschiebetür des Haupteingangs mit einem Brecheisen in das Gebäude eindrangen und versuchten, den Geldausgabeautomaten mit einem an einem PKW befestigten Stahlseil aus der Verankerung zu lösen.

Rechtliche Beurteilung

Dagegen wenden sich die von Attila M***** aus Z 5 und 5a, von Zsolt Z***** aus Z 5 und 10, von György V***** aus Z 5 und 11 sowie von Sandor Me***** aus Z 11 jeweils des § 281 Abs 1 StPO ergriffenen Nichtigkeitsbeschwerden.

Die inhaltlich ausschließlich gegen die Annahme von Gewerbsmäßigkeit gerichtete Nichtigkeitsbeschwerde des Zsolt Z***** ist im Recht.

Zutreffend zeigt die Subsumtionsrüge (Z 10) auf, dass die mit Hilfe der verba legalia getroffenen Feststellungen zur Gewerbsmäßigkeit (US 7) keinen im Sinn der Rechtsprechung (RIS-Justiz RS0107402; Jerabek in WK2 StGB § 70 Rz 7) ausreichenden Sachverhaltsbezug hinsichtlich der Länge des Zeitraums, für den der Beschwerdeführer beabsichtigte, sich eine fortlaufende Einnahmequelle durch wiederkehrende Begehung von Einbruchsdiebstählen zu verschaffen, aufweisen (RIS-Justiz RS0119090).

Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerden überzeugte sich der Oberste Gerichtshof (§ 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO), dass dieses Feststellungsdefizit auch die Angeklagten Attila M*****, György V***** und Sandor Me***** betrifft. Ein Eingehen auf die weiteren gegen die Annahme von Gewerbsmäßigkeit gerichteten Einwände erübrigt sich damit ebenso, wie ein solches auf die Sanktionsrügen der Angeklagten György V***** und Sandor Me*****.

Denn der Rechtsfehler mangels Feststellungen erfordert eine Aufhebung der Subsumtion nach § 130 vierter Fall StGB bei sämtlichen Angeklagten und bei Attila M***** auch nach § 130 dritter Fall StGB schon bei der nichtöffentlichen Beratung (§ 285e StPO). Die Beseitigung der Strafaussprüche einschließlich der (fehlerhaften) Vorhaftanrechnung (ab „07.12.2013“) war die Folge.

Aus Anlass der Nichtigkeitsbeschwerden überzeugte sich der Oberste Gerichtshof zudem, dass dem Urteil im Ausspruch über die Konfiskation „sichergestellter Einbruchsutensilien“ nicht geltend gemachte, gemäß § 290 Abs 1 zweiter Satz erster Fall StPO von Amts wegen aufzugreifende Nichtigkeit nach § 281 Abs 1 Z 11 erster und dritter Fall StPO anhaftet. Denn weder bezeichnet das Erkenntnis den Gegenstand der Konfiskation mit dem pauschalen Hinweis auf (auch nicht grundsätzlich als „Einbruchsutensilien“ zu qualifizierende Gegenstände wie eine Schildkappe oder eine Getränkedose) „Einbruchsutensilien laut Standblätter Nr 1 und 2 vom 3. April 2013, ON 79“ konkret (US 3; Fuchs/Tipold in WK2 StGB § 19a Rz 20), noch sind dem Urteil differenzierte Feststellungen zu den Eigentümern der sichergestellten Gegenstände und zu deren Verwendung zur Begehung welcher vorsätzlichen Straftat zu entnehmen. Zudem hat das Erstgericht die - zwingend vorgesehene (§ 19a Abs 2 StGB) - Verhältnismäßigkeitsprüfung unterlassen (RIS-Justiz RS0088035; vgl 14 Os 132/13p).

Dieser Sanktionsausspruch war daher ebenso aufzuheben und dem Erstgericht auch insoweit die neuerliche Verhandlung und Entscheidung aufzutragen.

Soweit sich die Nichtigkeitsbeschwerde des Attila M***** gegen den Schuldspruch 2 wendet, verfehlt sie ihr Ziel. Mängel- (Z 5) und Tatsachenrüge (Z 5a) scheitern schon am Unterlassen der gebotenen Bezugnahme auf konkrete Fundstellen im Akt (RIS-Justiz RS0124172).

Im Übrigen haben die Tatrichter ihre Überzeugung von einer Täterschaft des Beschwerdeführers entgegen der Mängelrüge (Z 5 vierter Fall) nicht nur auf eine am Tatort sichergestellte, laut Mitteilung des Instituts für Gerichtliche Medizin österreichisches DNA-Zentrallabor dem Beschwerdeführer zuzuordnende DNA-Spur („DNA-Treffer“), sondern auch auf dessen gute Bekanntschaft mit dem Tatbeteiligten György S***** (dessen Fahrzeug er nach dessen Festnahme nach Ungarn verbrachte) und die fehlende Glaubwürdigkeit seiner (eine Anwesenheit am Tatort zunächst leugnenden und erst nach Konfrontation mit der DNA-Spur mit einem Einkaufsbesuch erklärenden) Verantwortung gegründet (vgl US 11 f), was unter dem Aspekt von Begründungstauglichkeit nicht zu beanstanden ist.

Dass die in der Hauptverhandlung vorgekommene (vgl ON 98 S 28) Information des Instituts für Gerichtliche Medizin (ON 44 S 31) nicht verwertbar sein solle, behauptet die Beschwerde, ohne solcherart tatsächlich die Verwertung einer verbotenen Beweiserhebung anzusprechen.

Die Argumentation, das Erstgericht hätte den Beschwerdeführer freisprechen müssen, weil weder ein Gutachten des Instituts für Gerichtliche Medizin, noch ein „erforderliches und auch nachvollziehbares Gutachten über die biostatistische Häufigkeit“ vorliege und ein solches von der Anklagebehörde beantragt oder vom Gericht eingeholt hätte werden müssen, übersieht, dass unterlassene Beweisaufnahmen kein Gegenstand der Rüge aus Z 5 sind (vgl Ratz, WK-StPO § 281 Rz 457), womit sich das Vorbringen der Mängelrüge insgesamt in einer Bekämpfung der tatrichterlichen Beweiswürdigung nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Berufung wegen Schuld erschöpft.

Mit der Kritik der Aufklärungsrüge (Z 5a) an der unterbliebenen „Wahrheitserkundigungsverpflichtung“ mangels (amtswegiger) Einholung eines Gutachtens betreffend die sichergestellte DNA-Spur legt der Beschwerdeführer nicht dar, wodurch er an einer darauf abzielenden (sachgerechten) Antragstellung in der Hauptverhandlung gehindert war (RIS-Justiz RS0115823).

In diesem Umfang war die Nichtigkeitsbeschwerde des Attila M***** demnach - in Übereinstimmung mit der Stellungnahme der Generalprokuratur - bereits bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO).

Die Kostenersatzpflicht, die die amtswegige Maßnahme nicht umfasst beruht auf § 390a Abs 1 StPO. Da die Nichtigkeitsbeschwerden der Angeklagten Györgi V***** und Sandor Me***** aufgrund der amtswegigen Maßnahme gegenstandslos geworden sind, trifft sie keine Verpflichtung zum Kostenersatz (vgl zum Ganzen Lendl, WK-StPO § 390a Rz 12).

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