Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Das angefochtene Urteil des Berufungsgerichts wird dahin abgeändert, dass die Entscheidung des Erstgerichts in der Hauptsache wiederhergestellt wird.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 2.134,44 EUR (darin enthalten 139,74 EUR an USt und 1.296 EUR an Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Dem Berufungsgericht wird die Fällung der Entscheidung über die Kosten des Verfahrens erster und zweiter Instanz aufgetragen.
Text
Entscheidungsgründe:
Die Klägerin war von 2. 1. 1974 bis 31. 10. 1984, von 4. 1. 1988 bis 30. 4. 2001 und ab 1. 6. 2001 beim Vorgänger der beklagten Rechtsanwälte OG als Sekretärin beschäftigt. Das frühere Dienstverhältnis vom 4. 1. 1988 bis 30. 4. 2001 wurde als Vordienstzeit ua für die gesetzliche Abfertigung angerechnet. Mit 1. 1. 2009 ist das Dienstverhältnis gemäß § 3 AVRAG mit allen Rechten und Pflichten auf die beklagte Rechtsanwälte OG (eine Rechtsanwältin und ein Rechtsanwalt) übergegangen. Die Klägerin hat zuletzt 2.255 EUR brutto monatlich verdient. Mit der Übernahme der Kanzlei wurde der Standort der Kanzlei verlegt und eine neue Kanzleisoftware verwendet. Zum Aufgabengebiet der Klägerin zählte die Sachbearbeitung, das Schreiben von Diktaten und die Postbearbeitung. Die Klägerin war für Grundbuchseingaben zuständig, hatte Insolvenzakten und Sachwalterschaftsakten zu betreuen und bereitete auch selbständig Klagen vor. Sämtliche Arbeiten, die die Klägerin durchzuführen hatte, wurden von einem Juristen angeordnet, kontrolliert und vor Abfertigung unterfertigt.
Die Umstellung der verantwortlichen Juristen der Kanzlei brachte für die Klägerin massive Probleme mit sich, da sie das Gefühl hatte, dass der männliche Rechtsanwaltspartner mit ihrer Arbeitsleistung nicht zufrieden war, sie massiv kritisierte und sie sich massiv unter Druck gesetzt fühlte. Sie klagte zunehmend über Arbeitsüberlastung, was zu Umschichtungen in der Arbeitsaufteilung führte. Da die Beklagte massive Zweifel an der von der Klägerin erbrachten Arbeitsleistung hatte, wurde der Klägerin als einziger Dienstnehmerin der Beklagten im Juli 2009 aufgetragen, eine schriftliche Leistungserfassung durchzuführen. Dies empfand die Klägerin als Schikane. Bei von der anderen Partnerin zur Vorbereitung übergebenen Klagen kritisierte der männliche Partner die Klägerin, dass sie diese nicht sofort abgearbeitet hatte. Die Klägerin wurde aber weder verwarnt, noch wurde ihr für den Fall eines bestimmten Verhaltens irgendeine Konsequenz angedroht. Am 17. 6. 2009 kam es zu einem Gespräch, bei dem die Klägerin von diesem Partner auf ihre mangelhafte Arbeitsleistung angesprochen wurde, und angab, er möge sie doch kündigen, wenn er mit ihrer Leistung nicht zufrieden wäre.
Die Klägerin war dann vom 18. 6. 2009 bis 7. 7. 2009 im Krankenstand und konsumierte von 8. 7. 2009 bis 21. 7. 2009 Urlaub. Danach arbeitete die Klägerin bis 4. 8. 2009. Die Klägerin befand sich ab dem 5. 8. 2009 durchgehend bis zur Entlassung am 16. 2. 2010 im Krankenstand. Die Klägerin litt seit mehreren Jahre unter Asthma bronchiale. Bereits ab Juni 2009 versuchte die Klägerin durch Psychotherapie ihren Gesundheitszustand zu verbessern. Für die psychotherapeutische Behandlung wurde ihr ein Kostenzuschuss für 50 Therapiesitzungen bewilligt.
Aufgrund von Belastungsstörungen, Somatisierungsstörungen, einem Burn‑out‑Syndrom und einer mittelgradig depressiven Episode war die Klägerin längerfristig nicht in der Lage, ihre Arbeit bei der Beklagten auszuführen. Die Dauer der Arbeitsunfähigkeit war selbst im Zeitpunkt der Entlassung nicht abschätzbar. Die Klägerin informierte die Beklagte mehrmals telefonisch über ihren Gesundheitszustand und hoffte auf die Wiedererlangung ihrer Dienstfähigkeit. Sie plante einen Kuraufenthalt im März 2010 und einen Aufenthalt in einem Psychosomatischen Zentrum, um ihre Dienstfähigkeit wieder zu erlangen. Sie teilte der Beklagten im Dezember mit, dass sie jedenfalls bis 22. 2. 2010 im Krankenstand ist (kontrollärztliche Untersuchung).
In der ersten Februarwoche fuhr die Klägerin ‑ wie seit vielen Jahren ‑ auf Urlaub. Das wurde kontrollärztlich bewilligt. Am 1. 2. und 2. 2. 2010 versuchte die Beklagte mehrfach vergeblich die Klägerin telefonisch am Handy zu erreichen.
Am 2. 2. 2010 forderte die Beklagte die Klägerin schriftlich unter Hinweis auf die mehrfachen telefonischen Versuche auf, einen Termin in dieser Woche zu vereinbaren, jedenfalls aber telefonisch Kontakt aufzunehmen. Die Beklagte wies auf die Dringlichkeit hin.
Die Klägerin hatte ihr Handy in der Wohnung gelassen und wurde über die Anrufe und den Brief von ihrem Sohn in Kenntnis gesetzt. Der Ehemann der Klägerin rief in der Kanzlei der Beklagten an und ersuchte mit der Rechtsanwaltspartnerin verbunden zu werden. Das Gespräch wurde aber mit dem männlichen Rechtsanwaltspartner verbunden. Dieser teilte dem Ehemann der Klägerin mit, dass die Klägerin noch diese Woche in die Kanzlei kommen müsse.
Die Beklagte richtete am 3. 2. 2010 ein weiteres Schreiben an die Klägerin, in dem sie auf dieses Telefonat Bezug nahm und die Klägerin ersuchte, am Donnerstag, dem 11. 2. 2010 um 9:00 Uhr in die Kanzlei zu kommen.
Am 10. 2. 2010 suchte die Klägerin ihre Psychiaterin auf, die feststellte, dass die Klägerin aus psychiatrischer Sicht nicht in der Lage ist, mit ihrem Arbeitgeber ein Gespräch zu führen. Die Klägerin richtete am 10. 2. 2010 ein Schreiben an die Beklagte, in dem sie auf das Telefonat vom Dezember 2009 verwies, in dem sie ja mitgeteilt hatte, dass der nächste Kontrollarzttermin erst am 22. 2. 2010 vorgesehen sei und sie vom 9. 3. bis 30. 3. 2010 auf Kur gehe und einen Krankenhausaufenthalt im Psychosomatischen Zentrum habe. Sie befinde sich noch im Krankenstand und es sei ihr aus gesundheitlichen Gründen nicht möglich, den Termin am 11. 2. 2010 wahrzunehmen. Nach dem Kontrollarzttermin werde sie mitteilen, ob sie weiter arbeitsunfähig sei.
Am 10. 2. 2010 richtete der männliche Partner der Beklagten ein Schreiben an die Klägerin. Er sei verwundert, dass die Klägerin den Termin aus gesundheitlichen Gründen nicht wahrnehmen könne, umso mehr, da es ihr möglich war, das Haus zu verlassen, um die Arbeiterkammer aufzusuchen und sie die Woche davor eine längere Reise antreten konnte. Er wies darauf hin, dass die Beklagte mehrere dringende Themen in einem kurzen Gespräch von 20 Minuten abklären möchte. Es gehe vor allem um interne Schulungsmaßnahmen, eine Frage zu einem Mandanten, Unterlagen zu denen nur die Klägerin Zugang habe und schließlich den Kanzleischlüssel, der benötigt werde. Die Klägerin wurde daher aufgefordert am Dienstag, dem 16. 2. 2010 um 9:00 Uhr in die Kanzlei zu kommen. Jedenfalls wurde die Klägerin aufgefordert, längstens bis zu diesem Termin einen geeigneten Termin zu vereinbaren. Sollte sich die Klägerin grundsätzlich weigern, mit den Beklagten überhaupt zu sprechen, so werde dies als eine beharrliche Verletzung einer dienstlichen Anordnung und eine krasse Verletzung ihrer Treuepflichten erachtet. Aus diesem Schreiben konnte die Klägerin eindeutig entnehmen, dass es um ihr persönliches Erscheinen in der Kanzlei ging.
Auf das Schreiben der Beklagten vom 10. 2. reagierte die Klägerin mit Schreiben vom 12. 2. 2010, dem sie die ärztliche Bestätigung anschloss und in dem sie mitteilte, dass sie sich nicht grundsätzlich weigere, mit den Beklagten zu sprechen. Sobald es ihr Gesundheitszustand zulasse, werde sie mit den Beklagten einen Termin vereinbaren. Auch werde sie, sobald sie wieder arbeitsbereit und arbeitsfähig sei, an Schulungen teilnehmen. Es sei nicht richtig, dass die Klägerin alleine Zugang zu Unterlagen habe. Alle Unterlagen seien auf den öffentlichen Stellen, zu denen jeder Mitarbeiter Zugriff habe, abgelegt worden. Den Kanzleischlüssel habe ihr Mann bereits abgegeben. Die ausgestellte Bestätigung entsprach dem Gesundheitszustand der Klägerin. Deren gegenüber ihrer Ärztin gemachten Angaben entsprachen den von ihr empfundenen Tatsachen. Die Klägerin hat weder übertriebene noch unrichtige Angaben gemacht.
Mit Schreiben vom 14. 2. 2010 wies die Beklagte darauf hin, dass es nicht um die Teilnahme an internen Schulungsmaßnahmen ginge, sondern um koordinative Fragen. Die Klägerin verletze durch ihr Verhalten die ihr als Dienstnehmerin obliegende Treuepflicht so erheblich, dass arbeitsrechtliche Konsequenzen unausweichlich seien, wenn die Klägerin nicht ein Mindestmaß an Kooperation zeigt. Die Beklagten hätten Verständnis mit dem Gesundheitszustand der Klägerin, hätten aber zum Wohle der Kanzlei im Sinne der übrigen Mitarbeiter zu planen. Die von der Klägerin übergebene ärztliche Bestätigung sei keine geeignete Grundlage, das Gespräch mit der Beklagten zu verweigern. Das Gespräch sei auch bislang möglich gewesen. Die Klägerin habe, solange sie in einem Dienstverhältnis zur Beklagten stehe, auch die Interessen der Beklagten zu berücksichtigen. Dies gelte umso mehr, als es der Klägerin möglich gewesen sei, einen einwöchigen Schiurlaub anzutreten und Termine bei der Arbeiterkammer wahrzunehmen. Der Hausarzt bestätige ganztägige Ausgehzeiten, die die Klägerin auch wahrnehme. Der männliche Kanzleipartner forderte die Klägerin letztmalig auf, am Dienstag um 9:00 Uhr für 20 Minuten zur Abklärung dieser Themen in die Kanzlei zu kommen oder die Beklagten bis längstens mittags an diesem Tag persönlich telefonisch zu kontaktieren. Andernfalls werde die beklagte Partei das Dienstverhältnis aufgrund der Verhaltensweise der Klägerin fristlos beenden.
Der Klägerin war es im Februar 2010 nicht möglich, mit der Beklagten persönlich Kontakt aufzunehmen. Eine solche persönliche Kontaktaufnahme hätte mit einer Verschlechterung der Gesundheit einhergehen können. Aus medizinischen Gründen wäre zwar eine kurze telefonische Kontaktaufnahme mit der weiblichen Rechtsanwaltspartnerin möglich gewesen, keinesfalls aber ein persönliches Gespräch. Hätte die Klägerin selbst in der Kanzlei angerufen, wäre es nicht sicher gewesen, dass sie nicht mit dem männlichen Rechtsanwaltspartner verbunden worden wäre.
Die Klägerin war aus gesundheitlichen Gründen auch nicht in der Lage, ihre Tätigkeit bei der Beklagten weiter auszuüben. Die Klägerin hat alles in ihrem Bereich liegende getan, um ihre Arbeitsfähigkeit wiederherzustellen. Die Klägerin hat wöchentliche psychotherapeutische Behandlungen in Anspruch genommen. Die Klägerin war sowohl in lungenfachärztlicher als auch in psychiatrischer Behandlung. Die Klägerin hat sich regelmäßig den Untersuchungen und Terminen des Kontrollarztes unterzogen. Zum Zeitpunkt der Entlassung war die Klägerin im Krankenstand und war weder zu einer Arbeitsleistung noch zu einem persönlichen Gespräch mit dem Dienstgeber in der Lage. Die Klägerin hat alles ihr zumutbare getan, um den Forderungen der Beklagten nachzukommen.
Die Klägerin hat sämtliche Unterlagen und Aktenbestandteile in der Kanzlei belassen.
Das Dienstverhältnis wurde von den Beklagten mit Schreiben vom 16. 2. 2010 durch Entlassung aufgelöst. Die Klägerin beantragte eine Berufsunfähigkeitspension, die ab Stichtag 1. 3. 2010 auch unbefristet gewährt wird.
Darüber hinaus hat das Erstgericht noch verschiedene, von der Beklagten bekämpfte Feststellungen zu der psychischen Verfassung der Klägerin zu bestimmten Zeitpunkten, ihren Wissensstand und Eindrücken der Klägerin vom Inhalt der Schreiben der Beklagten, aber auch deren Organisation getroffen.
Mit ihrer Klage begehrte die Klägerin im hier noch maßgeblichen Umfang die der Höhe nach unstrittige gesetzliche Abfertigung. Die Klägerin habe keinen Entlassungsgrund gesetzt. Seit der Übernahme der Kanzlei sei sie massivem psychischen Druck ausgesetzt gewesen und gegenüber jüngeren Kolleginnen gemobbt worden.
Die Beklagte beantragte die Klagsabweisung und wendete zusammengefasst ein, dass die Klägerin infolge begründeter Entlassung keinen Anspruch auf Abfertigung habe. Wenige Wochen nach dem Standortwechsel der Kanzlei habe sich gezeigt, dass die Klägerin nicht bereit gewesen sei, den Standortwechsel und die mit dem Wechsel der Anwaltssoftware verbundenen Änderungen mitzutragen. Die Klägerin sei ab 5. 8. 2009 in einem nicht absehbaren Krankenstand gewesen. Die Klägerin habe bei den Telefonaten, die sie regelmäßig mit der Kanzlei geführt habe, mitgeteilt, dass sie aufgrund ihrer Asthmabeschwerden Therapien mache und zuversichtlich sei, dass dies bald besser werde. Bei den weiteren Telefonaten habe die Klägerin auch mitgeteilt, dass sie auch wegen Depressionen in Behandlung sei. Ende Jänner 2010 habe sich aufgrund offener Fragen die Notwendigkeit ergeben, in einem von der Klägerin bis dahin betreuten Akt mit ihr zu sprechen. Die offensichtliche, unbegründete Weigerung der Klägerin, mit der Beklagten in Kontakt zu treten, stelle eine grobe Verletzung der Treuepflicht der Klägerin dar und eine beharrliche Verletzung einer dienstlichen Anordnung. Die Klägerin erfülle jedenfalls den Tatbestand der Arbeitsunfähigkeit, da sie über ein Jahr arbeitsunfähig gewesen sei.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Es ging davon aus, dass die Klägerin aus gesundheitlichen Gründen nicht in der Lage gewesen sei, ein persönliches Gespräch mit dem Dienstgeber zu führen. Darüber hinaus seien die Forderungen der Beklagten auch schikanös gewesen. Zwar liege der Entlassungsgrund der Dienstunfähigkeit vor. Dieser beeinträchtigte jedoch den Abfertigungsanspruch nicht. Jedenfalls habe es die Beklagte unterlassen, Behauptungen zu einem Verschulden der Klägerin an der Entlassung aufzustellen.
Das Berufungsgericht gab der gegen dieses Urteil erhobenen Berufung der Beklagten Folge und änderte es im klagsabweisenden Sinne ab. Es bejahte den Anspruch der Beklagten auf Kontaktaufnahme im Krankenstand und verneinte das Vorliegen einer schikanösen Rechtsausübung durch die Beklagte. Die Beklagte habe nicht substantiiert bestritten vorgebracht, dass der Kanzleivorgänger hinsichtlich eines bestimmten Aktes auf die Klägerin verwiesen habe. Aus den Urkunden sei abzuleiten, dass es der Beklagten nicht nur um ein persönliches Gespräch gegangen sei, sondern auch um eine telefonische Kontaktaufnahme. Diese wäre der Klägerin ‑ allenfalls unter Einschaltung ihres Ehemanns ‑ auch zumutbar gewesen. Dass sie das unterlassen habe verwirkliche den Entlassungstatbestand der Vertrauensunwürdigkeit nach § 27 Z 1 AngG. Für dessen Verwirklichung reiche auch bloße Fahrlässigkeit aus, die der Klägerin anzulasten sei. Da die Klägerin einen Entlassungstatbestand verschuldet verwirklicht habe, bestehe kein Anspruch auf Abfertigung. Hinsichtlich der Behandlung der Kostenrüge der Beklagten verwies das Berufungsgericht auf diese Entscheidung.
Die Revision erachtete das Berufungsgericht mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage bei der Beurteilung der Berechtigung einer Entlassung im Einzelfall als nicht zulässig.
Rechtliche Beurteilung
Die gegen dieses Urteil des Berufungsgerichts erhobene außerordentliche Revision der Klägerin ist zulässig und auch berechtigt. Zutreffend zeigt die Revision auf, dass eine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage, inwieweit eine unterlassene Kontaktaufnahme des Arbeitnehmers während des Krankenstandes eine Vertrauensunwürdigkeit im Sinne des § 27 Z 1 AngG bewirkt, nicht besteht.
I. Der Tatbestand der Vertrauensunwürdigkeit iSd § 27 Z 1 letzter Fall AngG erfasst Handlungen oder Unterlassungen eines Angestellten, die mit Rücksicht auf ihre Beschaffenheit und auf ihre Rückwirkung auf das Arbeitsverhältnis den Angestellten des dienstlichen Vertrauens seines Arbeitgebers unwürdig erscheinen lässt, weil dieser befürchten muss, dass der Angestellte seine Pflichten nicht mehr getreulich erfüllen werde, sodass dadurch die dienstlichen Interessen des Arbeitgebers gefährdet sind (RIS‑Justiz RS0029547).
Bei der Beurteilung der Vertrauensunwürdigkeit kommt es darauf an, ob für einen Arbeitgeber vom Standpunkt vernünftigen kaufmännischem Ermessens die gerechtfertigte Befürchtung bestand, dass seine Belange durch den Angestellten gefährdet seien, wobei nicht das subjektive Empfinden des Dienstgebers entscheidet, sondern ein objektiver Maßstab anzulegen ist (RIS‑Justiz RS0029833; vgl auch RS0029733). Die Vertrauenswirkung kann selbst durch Handlungen des Angestellten bewirkt werden, die mit dem Dienstverhältnis in keinem unmittelbaren Zusammenhang stehen (RIS‑Justiz RS0029333; dazu, dass an das außerdienstliche Verhalten kein so strenger Maßstab anzulegen sei: RIS‑Justiz RS0029333 [T7]).
II. Die allgemeinen Rahmenbedingungen für die Beurteilung des Verhaltens des Arbeitnehmers im Krankenstand wurden durch die Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs bereits geklärt. Es wird davon ausgegangen, dass sich für den Arbeitnehmer aus dem Arbeitsvertrag die Verpflichtung ergibt, sich im Falle einer Krankheit und einer dadurch ausgelösten Arbeitsunfähigkeit so zu verhalten, dass die Arbeitsfähigkeit möglichst bald wiederhergestellt wird (RIS‑Justiz RS0060869; Holzer in Marhold/Burgstaller/Preyer , AngG‑Kommentar § 8 Rz 37 mwN). Ein Dienstnehmer darf die Gebote allgemein üblicher Verhaltensweisen im Krankenstand nicht betont und offenkundig verletzen. Schon die Eignung des Verhaltens, den Krankheitsverlauf negativ zu beeinflussen oder den Heilungsprozess zu verzögern, kann Vertrauensunwürdigkeit begründen (RIS‑Justiz RS0029337). Wesentlich bleibt dabei aber immer, dass das objektiv sorgfaltswidrige Verhalten dem Angestellten auch subjektiv vorwerfbar ist. Dies ist jedenfalls bei Zuwiderhandlungen gegen eine ausdrückliche ärztliche Anordnung der Fall (RIS‑Justiz RS0029456).
III.1. Hier geht es nun aber im Wesentlichen nicht um die Einhaltung der während des Krankenstandes zur Erlangung der Arbeitsfähigkeit gebotenen Schonung, sondern genau gegenteilig darum, inwieweit Arbeitnehmer auch während des Krankenstandes verpflichtet sind, dem Arbeitgeber für bestimmte Auskünfte zur Verfügung zu stehen.
III.2. Allgemein haben Arbeitnehmer aufgrund der sie treffenden Treuepflicht die betrieblichen Interessen des Arbeitgebers zu wahren. Sie haben insbesondere alles zu unterlassen, was den unternehmerischen Tätigkeitsbereich, dessen Organisationswert und dessen Chancen beeinträchtigt und die Interessen des Arbeitgebers zu gefährden geeignet ist (RIS-Justiz RS0021449). An Arbeitnehmer in gehobener Position sind auch in diesem Zusammenhang strengere Anforderungen zu stellen, als an andere Arbeitnehmer (RIS‑Justiz RS0029341). Zu diesen gehörte die Klägerin aber nicht.
Es kann nun nicht generell ausgeschlossen werden, dass Angestellte mit einem Krankheitsbild, wie es die Klägerin hat, auch während des Krankenstandes für die Bekanntgabe unbedingt erforderlicher Informationen, deren Vorenthaltung zu einem wirtschaftlichen Schaden des Arbeitgebers führen würde, in einem Ausmaß ‑ etwa telefonisch ‑ zur Verfügung stehen, das ihren Genesungsprozess nicht beeinträchtigt. Dies erfordert jedoch, dass vom Arbeitgeber konkretisiert wird, um welche Informationen es sich handelt, warum diese nicht anderweitig beschafft werden können und warum aus dem Fehlen der Information ein schwerer wirtschaftlicher Schaden entstehen würde.
III.3. All diesen Anforderungen genügen die Aufforderungen der Beklagten nicht. Weder wurde der Klägerin mitgeteilt, um welche konkreten Informationen es sich handelt, noch warum diese nicht anders beschafft werden können und inwieweit daraus ein schwerer wirtschaftlicher Schaden entstehen könnte. Im Übrigen wurde hier festgestellt, dass für die unter anderem an einem Burn‑out‑ Syndrom leidende Klägerin nicht nur das Erscheinen in der Rechtsanwaltskanzlei, sondern jeglicher persönlicher Kontakt mit dem männlichen Rechtsanwaltspartner aus gesundheitlichen Gründen unzumutbar war. Die konkrete Aufforderung im Schreiben vom 14. 2. 2010 bezog sich aber auf einen persönlichen Kontakt.
IV. Im Ergebnis konnte die Beklagte das Vorliegen eines von der Klägerin verschuldeten Entlassungsgrund nach § 27 AngG nicht nachweisen. Die Entscheidung des Berufungsgerichts war daher in der Hauptsache dahin abzuändern, dass die Entscheidung des Erstgerichts wiederhergestellt wird.
V. Die Kostenentscheidung zum Revisionsverfahren gründet sich auf die §§ 50 und 41 ZPO.
Hinsichtlich der Kosten des erst‑ und berufungsgerichtlichen Verfahrens war im Hinblick auf den Umfang der zu klärenden Fragen analog § 510 Abs 1 letzter Satz ZPO vorzugehen (RIS‑Justiz RS0124588; 9 Ob 65/12t; 8 Ob 106/12i).
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