OGH 1Ob191/13i

OGH1Ob191/13i21.11.2013

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski, Dr. Grohmann, Mag. Wurzer und Mag. Dr. Wurdinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Dr. H***** F*****, gegen die beklagten Parteien 1. Republik Österreich, vertreten durch die Finanzprokuratur in Wien, 2. Dr. M***** M*****, und 3. V***** GmbH, *****, beide vertreten durch Dr. Hubert Simon, Rechtsanwalt in Wien, wegen Leistung und Feststellung, über den Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz vom 13. August 2013, GZ 6 Nc 4/12g‑16, mit dem der Antrag der klagenden Partei auf Aufhebung der Bestätigung der Vollstreckbarkeit des Beschlusses des Obersten Gerichtshofs vom 15. November 2012, AZ 1 Ob 206/12v, abgewiesen wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2013:0010OB00191.13I.1121.000

 

Spruch:

Der Rekurs wird zurückgewiesen.

Die zweit- und drittbeklagten Parteien haben die Kosten ihrer Rekursbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung

Der Oberste Gerichtshof gab dem Rekurs des Klägers gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz vom 27. 8. 2012, GZ 6 Nc 4/12g‑4, mit dem es die Ablehnung mehrerer Richter dieses Gerichts abgewiesen hatte, mit Beschluss vom 15. 11. 2012, AZ 1 Ob 206/12v, nicht Folge. Der Kläger wurde zum Ersatz der Kosten der zweit‑ und drittbeklagten Parteien binnen 14 Tagen verpflichtet. Am 15. 1. 2013 bestätigte eine Richterin des Oberlandesgerichts Graz die Rechtskraft und Vollstreckbarkeit dieses Beschlusses. Die zweit‑ und drittbeklagten Parteien leiteten gegen den Kläger aufgrund des Kostentitels ein Exekutionsverfahren ein, in dem er Einspruch gemäß § 54c EO erhob. In eventu stellte er an das Oberlandesgericht Graz den Antrag, die Bestätigung der Vollstreckbarkeit des Beschlusses des Obersten Gerichtshofs nach § 7 Abs 3 EO aufzuheben.

Ein Senat des Oberlandesgerichts Graz wies diesen Antrag ab.

Der Kläger lehnte daraufhin die Mitglieder dieses Senats als befangen ab. Lediglich in eventu erhob er einen Rekurs gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz an den Obersten Gerichtshof.

Die abgelehnten Richter erklärten in einem Aktenvermerk, es werde von der Befassung des Ablehnungssenats und der Einholung einer weiteren gerichtlichen Entscheidung Abstand genommen. Verwiesen wurde auf die zu RIS‑Justiz RS0046015 ergangenen Judikatur des Obersten Gerichtshofs und dessen Entscheidung vom 15. 11. 2012.

Das Oberlandesgericht legte den Akt dem Obersten Gerichtshof zur Entscheidung über den Rekurs des Klägers vor. Der Rekurs ist unzulässig.

Rechtliche Beurteilung

1. Die Geltendmachung der Befangenheit oder des Ausschlusses von Richtern ist noch nach der Erlassung ihrer Entscheidung (auch) im Rechtsmittelschriftsatz zulässig. Vor Entscheidung über das Rechtsmittel ist dem zuständigen Ablehnungssenat der betroffenen Instanz die Entscheidung über die Ablehnung aufzutragen, weil dieser im Fall ihrer Stattgebung die vorangehende Entscheidung als nichtig aufzuheben hätte (stRsp, RIS‑Justiz RS0042028). Eine sofortige Entscheidung des Rechtsmittelgerichts ist nach der Judikatur des Obersten Gerichtshofs (RIS‑Justiz RS0042028 [T7, T15, T18]) jedoch unter anderem bei offenkundig rechtsmissbräuchlicher Ablehnung zulässig. Dass über solche Ablehnungen nicht formell entschieden werden muss (RIS‑Justiz RS0046015), hat der Oberste Gerichtshof dem Kläger in einem früheren Ablehnungsverfahren in der als rechtskräftig und vollstreckbar bestätigten Entscheidung (1 Ob 206/12v) bereits dargelegt.

2. In der vorliegenden Ablehnungssache wirft der Kläger den entscheidenden Richtern des Oberlandesgerichts Graz die Begehung einer strafbaren Handlung oder die Beteiligung daran im Zusammenhang mit der Bestätigung der Vollstreckbarkeit des zu AZ 1 Ob 206/12v ergangenen Beschlusses des Obersten Gerichtshofs vor. Diese Bestätigung sei mangels gesetzmäßiger Zustellung des letztinstanzlichen Beschlusses durch das Oberlandesgericht Graz gesetzwidrig erteilt worden, was den Tatbestand des § 311 StGB verwirkliche.

3. Der genannte Beschluss wurde aber nach der Aktenlage allen Parteien vom Obersten Gerichtshof iSd § 42 Abs 3 OGH-Geo 2005 idF der 6. Novelle 2010 direkt auf elektronischem Weg zugestellt. Das Oberlandesgericht Graz legte seinem Beschluss auf Abweisung des Antrags des Klägers auf Aufhebung der Vollstreckbarkeitsbestätigung die Gesetzmäßigkeit der Zustellung iSd zitierten Bestimmung zu Grunde. Dass der Kläger (ein Rechtsanwalt) ungeachtet des § 89 ZPO eine andere Rechtsmeinung zur Zulässigkeit dieser „Direktzustellung“ vertritt, kann eine Ablehnung nach der ständigen Rechtsprechung nicht rechtfertigen, weil Meinungsverschiedenheiten in Rechtsfragen grundsätzlich nicht im Ablehnungsverfahren auszutragen sind (1 Ob 206/12v mwN). Auch diese Judikatur musste dem Kläger, sollte er sie zuvor nicht gekannt haben, aufgrund der zitierten, ihn betreffenden Entscheidung des Obersten Gerichtshofs bewusst sein, was eine weitere Ablehnung nicht verständlich(er) erscheinen lässt. Noch einmal ist ‑ wie schon in jener Entscheidung - darauf hinzuweisen, dass der Kläger in diesem Zivilverfahren nach jeder nicht in seinem Sinn ergangenen Entscheidung sämtliche Mitglieder des jeweils erkennenden Senats ablehnte. Die Befassung des zuständigen Ablehnungssenats des Oberlandesgerichts Graz erübrigt sich aus diesen Erwägungen.

4. In seinem (Rechtsmittel-)Schriftsatz erklärte der Kläger ausdrücklich, dass der Rekurs an den Obersten Gerichtshof ausschließlich für den Fall erhoben werde, dass eine rechtskräftige antragsablehnende Entscheidung über die gleichzeitig erhobene Ablehnung der Richter des Oberlandesgerichts Graz als Erstgericht ergehen sollte. Entsprechend lauteten seine Anträge.

5. Bedingte Prozesshandlungen sind nach der ständigen Rechtsprechung (RIS‑Justiz RS0037502; RS0006441; RS0006954 [T4]) zulässig, wenn die Bedingung in einem innerprozessualen Umstand oder Vorgang besteht und ihre Beachtung nicht dazu angetan ist, die Vorhersehbarkeit des weiteren Prozessverlaufs für das Gericht oder den Prozessgegner in unerträglicher Weise zu beeinträchtigen.

6. Da die Ablehnung als offenkundig rechtsmissbräuchlich anzusehen ist und eine Entscheidung des zuständige Ablehnungssenats (wie bereits dargelegt) nicht zu fällen ist, konnte und kann die vom Kläger gesetzte Bedingung für die Erledigung seines Rekurses (nämlich die rechtskräftige Abweisung seiner Ablehnung) nie eintreten. Die in 5. genannten Voraussetzungen liegen daher nicht vor. Keiner Partei darf es im Übrigen ermöglicht werden, durch die Einbringung eines Eventualrekurses unter einer derartigen Bedingung eine Entscheidung über eine rechtsmissbräuchliche Ablehnung (mit allfälliger Ausschöpfung des Instanzenzugs) zu erzwingen, weil ansonsten der Eintritt der Rechtskraft des angefochtenen Beschlusses in Schwebe bliebe.

7. Der bedingt erhobene Rekurs des Klägers ist aus diesen Erwägungen als unzulässig zurückzuweisen (RIS‑Justiz RS0006954 [T3]).

8. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 40 und § 50 Abs 1 ZPO. Die Rekursgegner haben in der Rekursbeantwortung nicht auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen.

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