OGH 9ObA81/13x

OGH9ObA81/13x29.10.2013

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kuras und Dr. Hargassner sowie die fachkundigen Laienrichter ADir. Brigitte Augustin und Mag. Andreas Hach als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei Betriebsrat der F***** GmbH & Co KG, Zweigniederlassung Salzburg, *****, vertreten durch Mag. Dieter Kieslinger, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei F***** GmbH & Co KG, *****, vertreten durch Siemer ‑ Siegl ‑ Füreder & Partner, Rechtsanwälte in Wien, wegen Feststellung gemäß § 54 Abs 1 ASGG, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen vom 11. April 2013, GZ 11 Ra 20/13k‑17, mit dem der Berufung der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Wels als Arbeits‑ und Sozialgericht vom 25. Jänner 2013, GZ 14 Cga 121/12y‑13, nicht Folge gegeben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei hat die Kosten ihres erfolglosen Rechtsmittels selbst zu tragen.

Text

Entscheidungsgründe:

Zwischen den Parteien ist unstrittig, dass der Kläger als Betriebsrat des selbständigen Betriebsteils der Zweigniederlassung Salzburg der Beklagten gemäß § 54 Abs 1 ASGG klagslegitimiert ist und bei der Beklagten eine Vielzahl von Dienstnehmern (30 namentlich genannte) beschäftigt sind, die für die Beklagte Arbeiten auf der Innkreisautobahn A 8 verrichten.

Der Zusatzkollektivvertrag (zum Kollektivvertrag für Bauindustrie und Baugewerbe) vom 25. Mai 1955 in der geltenden Fassung vom 20. April 2004 zur Regelung der Arbeitsbedingungen auf den „Autobahn‑ und Schnellstraßen- Baustellen“ (idF: Zusatz‑KV) lautet auszugsweise wie folgt:

§ 1 Geltungsbereich

1. Dieser Zusatzkollektivvertrag erstreckt sich

a) sachlich: auf alle von der Bundesstraßenverwaltung A im Zuge der Errichtung der Autobahnen und Schnellstraßen gemäß lit. e) und f) vergebenen Bauten mit Ausnahme der Hochbauten. Diese Einschränkung gilt jedoch nicht, wenn gleichzeitig mit der Ausführung der Trasse vom gleichen Auftragnehmer auch ein Hochbau ausgeführt wird, der an einem in dem gleichen Bundesland in Ausführung begriffenen Trassenstück liegt;

b) fachlich: auf alle Betriebe, deren Inhaber Mitglieder der Bundesinnung der Baugewerbe oder des Fachverbandes der Bauindustrie sind bzw. auf die von diesen Betrieben gebildeten Arbeitsgemeinschaften;

c) persönlich: auf alle Arbeitnehmer (einschließlich der Lehrlinge), die nicht Angestellte im Sinne des Angestelltengesetzes sind und bei einem der in b) genannten Betriebe bzw. einer von diesen gebildeten Arbeitsgemeinschaft beschäftigt sind;

d) örtlich: auf alle Bundesländer;

e) auf den Bau der Bundesstraße Innsbruck bis Schönberg (Brenner Straße), in den die Baulose Stilltalbrücke III (Europabrücke), Remmos, Abrenberg, Patsch, Schönberg usw. fallen, und zwar auch dann, wenn dieser Bau nicht unter die Kompetenz der Bundesstraßenverwaltung A fällt, auf den Bau von Schnellstraßen, die richtungsgetrennt mit vier oder mehr Fahrstreifen ausgeführt werden.

f) auf die Baulose der Teilstrecken (BGBl. Nr. 300/1981) der A 2 Süd-Autobahn von Grimmenstein über den Wechsel bis Sinnersdorf, der S 6 Semmering‑Schnellstraße von Oberdanegg über den Semmering bis St. Michael bei Leoben, der S 36 Murtal-Schnellstraße von St. Michael bei Leoben bis Thalheim bei Judenburg.

2. Sofern im Folgenden nichts anderes bestimmt wird, gilt der Kollektivvertrag für Bauindustrie und Baugewerbe (im Folgenden Kollektivvertrag genannt) in seiner jeweiligen Fassung.

§ 3 Erschwerniszulagen

1. Die gemäß § 6 I d) 3 bb) des Kollektivvertrages vorgesehene Zulage für Arbeiten mit Zement unter außerordentlicher Staubentwicklung gebührt auch dem Arbeitnehmer, der aus Zementsilos Zement abfüllt.

2. Für Arbeiten an Straßen mit fließendem Verkehr, erhalten die mit diesen Arbeiten beschäftigten Arbeitnehmer eine Zulage von 10 Prozent pro Stunde auf den jeweiligen kollektivvertraglichen Stundenlohn.

§ 10 Wirksamkeit

Dieser Zusatzkollektivvertrag tritt in der vorliegenden Fassung am 1. Mai 2004 in Kraft. Er ist eine Wiederverlautbarung des Zusatzkollektivvertrages vom 25. Mai 1955 mit seinen bis 1. Mai 2004 erfolgten Abänderungen. Bezüglich der Kündigung gelten die Bestimmungen des § 16 des Kollektivvertrages.

Im vorliegenden Feststellungsverfahren nach § 54 Abs 1 ASGG begehrt der klagende Betriebsrat die Feststellung, dass jene Dienstnehmer der Beklagten, die für die Beklagte auf der Baustelle Innkreisautobahn A 8 Arbeiten verrichten bzw verrichtet haben, gemäß § 3 des Zusatzkollektivvertrags vom 25. Mai 1955 in der Fassung vom 20. April 2004 zur Regelung der Arbeitsbedingungen auf den „Autobahn‑ und Schnellstraßen‑Baustellen“ einen Anspruch auf Bezahlung der Erschwerniszulage von 10 % pro Stunde auf den jeweiligen kollektivvertraglichen Stundenlohn haben. Der Zusatz‑KV beziehe sich auf alle Autobahnen. Alle auf der Baustelle A 8 tätigen Arbeitnehmer hätten daher Anspruch auf die Erschwerniszulage gemäß § 3 Z 2 Zusatz‑KV (idF: Fließverkehrszulage).

Die Beklagte beantragte die Abweisung des Klagebegehrens. Der erwähnte Zusatzkollektivvertrag sei schon seinem Wortlaut nach nicht auf Baustellen der A 8 anzuwenden.

Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Vom sachlichen Geltungsbereich des Zusatz‑KV seien nur Baustellen auf jenen Autobahnen und Schnellstraßen erfasst, die in § 1 Abs 1 lit e) und f) aufgelistet seien. Außerdem sei der Zusatz‑KV nur auf die von der Bundesstraßenverwaltung vergebenen Bauten anzuwenden. Beide Voraussetzungen seien für das Baulos A 8 nicht gegeben. Die begehrte Fließverkehrszulage gebühre zudem nur jenen Arbeitern, die Tätigkeiten gemäß § 3 Abs 1 des Zusatz‑KV verrichteten.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des klagenden Betriebsrats nicht Folge. Der Wortlaut des § 1 Abs 1 lit a) des Zusatz‑KV sei mehrdeutig und widersprüchlich: Die in lit e) und f) genannten Projekte beträfen nicht nur Schnellstraßen, sondern in lit e) Bundesstraßen und in lit f) die A 2 Südautobahn. Wären alle Autobahnen erfasst, hätte es der speziellen Anführung der A 2 Südautobahn in lit f) nicht bedurft. Für eine systematisch‑logische Auslegung fehlten geeignete Anhaltspunkte im Zusatz‑KV. In subjektiv-historischer Sicht zeige jedoch ein Blick über den Kollektivvertragsrand, dass es aus Sicht der Kollektivvertragsparteien notwendig gewesen sei, in anderen Zusatzkollektivverträgen, etwa in jenen zur Regelung der Arbeitsbedingungen der Tauernautobahn-baustellen und (für bestimmte Strecken) der Pyhrn-Autobahnbaustellen nochmals eine Zulage für Arbeiten mit Zement unter außerordentlicher Staubentwicklung (idF: Staubzulage), wie sie § 3 Abs 1 des Zusatz‑KV ohnehin vorsehe, zu regeln. Die Kollektivvertragsparteien hätten auch offenbar bewusst die im sachlichen Geltungsbereich für die Vergabe der Bauten zuständige Person, nämlich die Bundesstraßenverwaltung, bis heute unverändert gelassen. Sie hätten damit zum Ausdruck gebracht, dass sie den Anwendungsbereich des Zusatz‑KV nicht auch auf alle von der ASFINAG in Auftrag gegebenen Bauten ausdehnen wollten. Die Revision sei aufgrund der über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung der Auslegung des Zusatz‑KV zulässig.

In seiner dagegen gerichteten Revision beantragt der klagende Betriebsrat die Abänderung des Berufungsurteils im Sinne einer Klagsstattgebung; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagte beantragt, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise ihr keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, jedoch nicht berechtigt.

Die Vorinstanzen haben die von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze für die Auslegung eines Kollektivvertrags zutreffend dargestellt. Danach sind die dem normativen Teil eines Kollektivvertrags angehörenden Bestimmungen nach den Grundsätzen der §§ 6, 7 ABGB, also nach der eigentümlichen Bedeutung der Worte in ihrem Zusammenhang und der Absicht des Normgebers auszulegen (RIS‑Justiz RS0008782; RS0008807). Maßgeblich ist daher, welchen Willen des Normgebers der Leser dem Text entnehmen kann (RIS‑Justiz RS0010088). Denn die Normadressaten, denen nur der Text des Kollektivvertrags zur Verfügung steht, können die Vorstellungen, die die Kollektivvertragsparteien beim Abschluss vom Inhalt der Norm besessen haben, weder kennen noch feststellen. Sie müssen sich vielmehr darauf verlassen können, dass die Absicht der Parteien in erkennbarer Weise im Vertragstext ihren Niederschlag gefunden hat (RIS‑Justiz RS0010089 [T2]; RS0010088 [T3 und T18]; jüngst 9 ObA 33/13p mwN). In der Rechtsprechung ist auch anerkannt, dass bei der Auslegung von Kollektivvertragsbestimmungen auch ein „Blick über den Kollektivvertragsrand“ als zusätzliches Auslegungskriterium herangezogen werden kann (9 ObA 56/10z; 8 ObA 76/10z ua).

Ausgehend von diesen Auslegungsgrundsätzen erweist sich die Rechtsansicht der Vorinstanzen, vom sachlichen Geltungsbereich des Zusatz‑KV seien nur Baustellen auf jenen Autobahnen und Schnellstraßen erfasst, die in § 1 Abs 1 lit e) und f) aufgelistet seien, als zutreffend, sodass zunächst darauf verwiesen werden kann (§ 510 Abs 3 Satz 2 ZPO). Die wesentlichen Gründe sind wie folgt zusammenzufassen:

1. Die Erforschung des Wortsinns als primäre Auslegungsregel scheitert hier an der in sich widersprüchlichen Formulierung des Geltungsbereichs des Zusatz‑KV. Sollten mit den Worten „ alle von der Bundesstraßenverwaltung A im Zuge der Errichtung der Autobahnen und Schnellstraßen gemäß lit. e) und f) vergebenen Bauten“ in § 1 Abs 1 lit a) des Zusatz‑KV zum einen ohnehin alle Autobahnen und zum anderen (nur) die in § 1 Abs 1 lit e) und f) genannten Schnellstraßen gemeint sein, so stellt sich die Frage, weshalb in § 1 Abs 1 lit f) des Zusatz‑KV die „A 2 Süd-Autobahn“ angeführt ist. Wollten die Kollektivvertragsparteien mit der genannten Formulierung aber den sachlichen Geltungsbereich des Zusatz‑KV auf all jene Autobahnen und Schnellstraßen angewendet wissen, die in lit e) und f) taxativ aufgezählt sind, dann stehen damit die einzelnen Baulose der aufgezählten Bundesstraßen nicht in Einklang.

2. Da somit im Rahmen des möglichen Wortsinns erhebliche Unklarheiten über die konkrete Bedeutung des sachlichen Geltungsbereichs des Zusatz‑KV bestehen, muss versucht werden, aus dem Bedeutungszusammenhang ein eindeutiges Auslegungsergebnis zu erzielen (systematisch-logische Auslegung). Diese Auslegung zieht zum besseren Verständnis einer Norm andere damit im Kontext stehende Normen heran, um Wertungswidersprüche innerhalb eines Gesetzes bzw der Rechtsordnung zu vermeiden (vgl 10 ObS 50/12v ua; P. Bydlinski in KBB³ § 6 ABGB Rz 4). Auch aus dem Aufbau eines Kollektivvertrags und dem jeweiligen Standort einer Norm lassen sich Schlüsse auf ihren Anwendungsbereich ziehen. In diesem Zusammenhang spielen auch Überschriften eine wesentliche Rolle, die vielfach Rückschlüsse auf den Anwendungsbereich der jeweils folgenden Normen zulassen (vgl Schauer in Kletečka/Schauer, ABGB‑ON 1.00 § 6 Rz 10).

Doch auch mit dieser Auslegungsmethode ist hier kein eindeutiges Ergebnis zu erzielen. Andere Normen des Zusatz‑KV, auf die hier zur Klärung des sachlichen Geltungsbereichs des Zusatz‑KV zurückgegriffen werden könnte, sind nicht ersichtlich. Der Titel des Zusatz‑KV lässt jede Auslegungsvariante offen. Wenn die Kollektivvertragsparteien für auf Autobahnbaustellen beschäftigte Arbeiter ‑ aus welchen Gründen auch immer ‑ je nach Baulos unterschiedliche kollektivvertragliche Regelungen, etwa ‑ wie hier ‑ in Bezug auf Arbeitszeit und Entgelt (Zulagen, Trennungsgeld, Kosten von Heimfahrten) treffen, dann bedeutet dies für sich allein gesehen auch noch keinen Wertungswiderspruch, der zwecks Vermeidung einer Ungleichbehandlung dieser Arbeiter hintangehalten werden müsste.

3. Die historische Auslegung, welche an den feststellbaren Absichten des Gesetzgebers anknüpft (vgl 10 ObS 77/11p ua; P. Bydlinski in KBB³ § 6 ABGB Rz 5), spricht hingegen für die von den Vorinstanzen vertretene Rechtsansicht:

3.1. In seiner ursprünglichen Fassung vom 25. 5. 1955 lautete der Titel des Zusatz‑KV „... zur Regelung der Arbeitsbedingungen auf den Autobahnbaustellen“ (die Schnellstraßen hatten noch keinen Eingang gefunden). Der sachliche Geltungsbereich erstreckte sich auf „ alle von der Bundesstraßenverwaltung A im Zuge der Errichtung der Autobahnen vergebenen Bauten mit Ausnahme der Hochbauten“ (§ 1 Abs 1 lit a) Zusatz‑KV). Der Zusatz-KV beinhaltete unter anderem Bestimmungen zur Arbeitszeit, zum Anspruch des Arbeitnehmers auf eine Staubzulage, auf Trennungsgeld und auf Bezahlung der Reisekosten für Heimfahrten.

Am 7. 9. 1959 (rückwirkend mit 1. 8. 1959 in Kraft getreten) wurde dem § 1 Abs 1 Zusatz‑KV bei gleichbleibendem Titel und Beibehaltung der lit a) eine neue lit e) hinzugefügt, die jedoch keine Autobahn, sondern die im Zuge der Errichtung der Europabrücke (Autobahnbrücke) zu bauenden Bundesstraßen erwähnte.

Am 24. 3. 1972 wurde ab 1. 4. 1972 der sachliche Geltungsbereich auf „alle von der Bundesstraßenverwaltung A im Zuge der Errichtung der Autobahnen und Schnellstraßen gemäß lit. e) vergebenen Bauten mit Ausnahme der Hochbauten“ erweitert (§ 1 Abs 1 lit a) Zusatz-KV). § 1 Abs 1 lit e) Zusatz‑KV wurde um die Wortfolge „ auf den Bau von Schnellstraßen, die richtungsgetrennt mit vier oder mehr Fahrstreifen ausgeführt werden“ ergänzt.

3.2. Dennoch hatten die Kollektivvertragsparteien bereits am 15. 4. 1971 mit Wirksamkeitsbeginn 1. 4. 1971 einen „Zusatzkollektivvertrag zur Regelung der Arbeitsbedingung der Tauernautobahnbaustellen Eben/Pongau bis Rennweg/Liesertal“ (idF: Zusatz‑KV Tauernautobahn) geschaffen. Dieser erstreckte sich räumlich auf „alle Autobahnbaustellen A 10 im Streckenabschnitt Eben/Pongau bis Rennweg/Liesertal“ und beinhaltete ebenfalls ‑ inhaltlich jedoch im Vergleich zum Zusatz-KV großteils unterschiedliche ‑ Regelungen zur Arbeitszeit, zur Erschwerniszulage, zum Trennungsgeld und zu den Heimfahrten. Arbeitnehmer, auf die dieser Zusatz‑KV Tauernautobahn anwendbar war, erhielten darüber hinaus ‑ im Gegensatz zum Zusatz‑KV auch eine Höhenzulage.

Mit 1. 10. 1973 wurde der Titel des Zusatz‑KV Tauernautobahn auf „ Zusatzkollektivvertrag zur Regelung der Arbeitsbedingungen der Tauernautobahnbaustellen (Bundesstraße A 10 im Verzeichnis 1 zu BGBl. Nr. 286/1971) “ und sein räumlicher Geltungsbereich auf „ alle Baustellen der Bundesstraße (Bundesautobahn) A 10 (Verzeichnis 1 zu BGBl. Nr. 286/1971) “ geändert.

Mit dem am 1. 9. 1971 in Kraft getretenen Bundesstraßengesetz 1971 ‑ BStG 1971 (BGBl 1971/286) wurden erstmals die Strecken der einzelnen als Bundesautobahnen bezeichneten Bundesstraßen A beschrieben; die A 10 Tauernautobahn mit „Salzburg (A 1)‑Altenmarkt bei Radstadt-Katschberg-Spittal/Drau‑Villach (A 2)“.

Mit Wirksamkeitsbeginn 1. 4. 1974 traten geringfügige Änderungen des Zusatz‑KV Tauernautobahn in Kraft, der räumliche Geltungsbereich blieb jedoch unverändert.

3.3. Am 15. 3. 1974 wurde weiters mit Wirksamkeitsbeginn 1. 3. 1974 ein „ Zusatzkollektivvertrag vom 25. 3. 1974 zur Regelung der Arbeitsbedingungen auf der Pyhrn‑Autobahn A 9 auf der Strecke St. Michael bis Deutschfeistritz (Gleinalm‑Autobahn) “ (idF: Zusatz‑KV Pyhrn‑Autobahn A 9 ) abgeschlossen. Sein räumlicher Geltungsbereich erstreckte sich „a uf die Baustellen der Pyhrn‑Autobahn A 9 in der etwa 32 km langen Strecke von St. Michael bis Deutschfeistritz (Gesellschaftsstrecke der Gleinalm‑Autobahn AG), Bundesgesetz vom 2. 12. 1971, BGBl. Nr. 479, betreffend die Finanzierung der Pyhrn-Autobahn im Abschnitt von St. Michael bis Deutschfeistritz. “ Der Zusatz‑KV Pyhrn‑Autobahn A 9 enthielt wortgleiche Regelungen wie der Zusatz‑KV Tauernautobahn idF vom 1. 4. 1974.

In § 1 Abs 1 des Pyhrn Autobahn‑Finanzierungsgesetzes, BGBl 1971/479, war festgehalten, dass der Bund die Herstellung, Erhaltung und Finanzierung der mit Bundesgesetz vom 16. Juli 1971, betreffend die Bundesstraßen, BGBl Nr 286, im Verzeichnis 1 über Bundesstraßen A (Bundesautobahnen) unter A 9 angeführten Pyhrn‑Autobahn in der etwa 32 km langen Strecke von St. Michael bis Deutschfeistritz (Gleinalm‑Autobahn) einschließlich der in ihrem Zug befindlichen Tunnel, Brücken und sonstigen zur Autobahn gehörigen Anlagen einer Gesellschaft zu übertragen hat.

Mit 1. 7. 1976 wurde der räumliche Geltungsbereich des Zusatz‑KV Pyhrn‑Autobahn A 9 unter gleichzeitiger Änderung seines Titels um Baustellen der Pyhrn‑Autobahn A 9 „in der etwa 10.8 km langen Strecke von Spital/Pyhrn bis zum Knoten Selzthal (Bosruck‑Tunnel), § 1 Abs. 1 lit. a und b des Bundesgesetzes vom 2. Dezember 1971, betreffend die Finanzierung von Abschnitten der Pyhrn‑Autobahn (Pyhrn Autobahn‑Finanzierungsgesetzes in der Fassung des BGBl. 640/1975)“ erweitert.

Auch dieses Gesetz sah vor, dass der Bund die Herstellung, Erhaltung und Finanzierung von bestimmten Abschnitten der Pyhrn‑Autobahn einer Aktiengesellschaft zu übertragen hat.

3.4. Am 1. 4. 1974 trat der „Zusatz-Kollektivvertrag zur Regelung der Arbeitsbedingungen auf der Arlberg-Schnellstraße in der Teilstrecke von St. Anton am Arlberg bis Langen am Arlberg“ (idF: Zusatz‑KV Arlberg-Schnellstraße) in Kraft. Räumlich erstreckte sich dieser Zusatz‑KV „auf alle Baustellen der Schnellstraße S 16 im Bereich der Arlberg-Tunnelstrecke St. Anton am Arlberg bis Langen am Arlberg, deren Baudurchführung gemäß Bundesgesetz vom 14. 2. 1973, BGBl. Nr. 113, einer Aktiengesellschaft übertragen worden ist“. Wiederum wurde den diesem Kollektivvertrag unterliegenden Arbeitnehmern neben einer Staubzulage auch eine Höhenzulage gewährt.

In § 1 Abs 1 des Arlberg Schnellstraße Finanzierungsgesetzes, BGBl 1973/113, war festgehalten, dass der Bund den Bau, die Erhaltung, den Betrieb und die Finanzierung der im Bundesstraßengesetz 1971, BGBl Nr 286, angeführten Arlberg Schnellstraße (S 16) in der Teilstrecke St. Anton am Arlberg bis Langen am Arlberg (Arlberg Schnellstraße Tunnelstrecke) einer Aktiengesellschaft zu übertragen hat. Auch die diesem Zusatz‑KV Arlberg-Schnellstraße unterliegenden Arbeitnehmer erhielten eine Zulage für Arbeiten mit Zement unter außerordentlicher Staubentwicklung und eine Höhenzulage.

3.5. Mit dem Bundesgesetz vom 20. 5. 1981 betreffend die Errichtung einer Autobahnen‑ und Schnellstraßen‑Gesellschaft, BGBl 1981/300, wurde der Bund verpflichtet, die Planung und Errichtung folgender Abschnitte der im Bundesstraßengesetz 1971, BGBl Nr 286, angeführten Autobahnen und Schnellstraßen einer Kapitalgesellschaft zu übertragen:

a) die Teilstrecke der A 2 Süd Autobahn von Grimmenstein über den Wechsel bis Sinnersdorf,

b) die Teilstrecke der S 6 Semmering Schnellstraße von Oberdanegg über den Semmering bis St. Michael bei Leoben,

c) die Strecke der S 36 Murtal Schnellstraße von St. Michael bei Leoben bis Thalheim bei Judenburg (§ 1).

Mit dem Bundesgesetz vom 8. 10. 1982 wurde schließlich der Bund verpflichtet, die Autobahnen‑ und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft zu errichten. (ASFINAG‑Gesetz).

3.6. Genau die in § 1 lit a) bis d) des Bundesgesetzes vom 20. 5. 1981 aufgezählten Baulose finden sich wortgleich im Zusatz‑KV idF vom 28. 4. 1988 (§ 1 Abs 1 lit f). § 3 Zusatz‑KV wurde um die „Zulage fließender Verkehr“ (Abs 2) erweitert. Die bereits in der bisherigen Fassung des Zusatz‑KV festgelegte Zulage wurde mit der Überschrift „Staubzulage“ versehen.

3.7. In der Fassung des Zusatz‑KV vom 1. 5. 1998 scheinen die Überschriften „Staubzulage“ und „Zulage fließender Verkehr“ in § 3 nicht mehr auf.

3.8. Am 1. 5. 2004 wurde der gegenständliche Zusatz‑KV, wie bereits eingangs beschrieben, wiederverlautbart (§ 10).

3.9. Diese detaillierte Darstellung der historischen Entwicklung des Zusatz‑KV und anderer vergleichbarer Zusatzkollektivverträge zeigt auf, dass die Kollektivvertragsparteien die räumlichen Geltungsbereiche der jeweiligen Zusatzkollektivverträge immer exakt den entsprechenden Baulosen angepasst haben. Sie beabsichtigten gerade nicht, einen „allgemeinen“, auf alle Autobahnbaustellen in Österreich anzuwendenden Zusatzkollektivvertrag zu schaffen. Offenbar abgestellt auf die konkreten Arbeitsanforderungen der jeweiligen Baulose (vgl die Gewährung einer Höhenzulage im Zusatz‑KV Tauernautobahn und im Zusatz‑KV Pyhrn‑Autobahn A 9 oder die unterschiedlichen Regelungen der Arbeitszeit und der Heimfahrten in den verschiedenen Zusatzkollektivverträgen), vereinbarten die Kollektivvertragsparteien unterschiedliche Regelungen. Nach wie vor stehen (nur) für ganz bestimmte Baulose eigene Zusatzkollektivverträge in Kraft (vgl ZKV A 12 betreffend Inntalautobahn/Tschirgantt oder ZKV A 9 Pyhrnautobahn Abschnitt Bosruck uva). Hätten die Kollektivvertragsparteien ungeachtet der vorstehenden Gegebenheiten tatsächlich beabsichtigt, dass gerade die (soweit ersichtlich, nur) im Zusatz‑KV zumindest seit 1. 5. 1988 enthaltene Fließverkehrszulage auch Arbeitnehmern zustehen soll, die auf anderen Autobahnbaustellen tätig seien, hätte dies einfach und ausdrücklich geregelt werden können.

Damit muss der Revision des Klägers ein Erfolg versagt bleiben. Die von beiden Vorinstanzen erörterte Frage zum Wechsel der die Arbeiten in Auftrag gebenden Person von der Bundesstraßenverwaltung A auf die ASFINAG kann dahingestellt bleiben. Auch eines Eingehens auf die vom Erstgericht vertretene Ansicht zu den inhaltlichen Voraussetzungen der begehrten Erschwerniszulage bedarf es nicht.

Die Entscheidung über die Kosten des Klägers beruht auf §§ 40, 50 ZPO. Die Beklagte hat in ihrer Revisionsbeantwortung keine Kosten verzeichnet.

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