OGH 6Ob178/13i

OGH6Ob178/13i24.10.2013

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.-Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M***** D*****, vertreten durch Dr. Gerhard Ebenbichler, Rechtsanwalt in Wien, sowie des Nebenintervenienten auf Seiten der klagenden Partei Dr. M***** B*****, vertreten durch Lattenmayer, Luks & Enzinger Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei Dr. A***** K*****, vertreten durch Mag. Peter Abmayer, Rechtsanwalt in Mödling, wegen 128.500 EUR sA und Feststellung (Streitwert 5.000 EUR, Gesamtstreitwert 132.500 EUR sA), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 28. Juni 2013, GZ 11 R 130/13p-20, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. In einem Vorverfahren hat die Klägerin einen anderen Teilbetrag der hier geltend gemachten Forderung mit im Wesentlichen identem Vorbringen begehrt. In diesem Verfahren wies der Oberste Gerichtshof mit der Entscheidung 1 Ob 193/12g die außerordentliche Revision der Klägerin zurück. Demnach beschränke sich das Vorbringen der Klägerin, die die Voraussetzungen für die (deliktische) Haftung des Beklagten wegen eines wissentlichen Eingriffs in ihre Rechte gegenüber der Bauträgerin zu beweisen hätte, im Wesentlichen auf den Vorwurf, der beklagte Vertragserrichter hätte trotz Kenntnis der Vereinbarung zwischen der Klägerin und der Bauträgerin deren Verpflichtungen in den Verträgen nicht auf die Erwerber überbunden. Ein über die Errichtung eines Vertrags hinausgehendes (gezieltes) Einwirken des Beklagten auf die Entscheidung der Vertragsparteien, keine Überbindung der Forderungen der Klägerin auf die Erwerber zu vereinbaren, sei den Behauptungen der Klägerin nicht zu entnehmen.

2.1. Wird nur ein Teil einer Forderung eingeklagt, so tritt Streitanhängigkeit nur bezüglich des eingeklagten Teils ein; es tritt auch die Rechtskraftwirkung des Urteils nur bezüglich dieses Teils ein. In Ansehung des weiteren Rechtsanspruchs kann das Urteil keine Rechtskraft erzeugen (RIS-Justiz RS0039155). Die Einklagung (nur) eines Teils einer Forderung hindert aus prozessualer Sicht nicht die Geltendmachung weiterer Beträge (RIS-Justiz RS0039155). Die Einmaligkeitswirkung der Rechtskraft erfasst nämlich nur den eingeklagten Betrag (RIS-Justiz RS0041266). Dies gilt nach der Rechtsprechung auch im Fall der sogenannten verdeckten Teileinklagung, also dann, wenn die erste Klage nicht ausdrücklich als Teilklage bezeichnet wurde (RIS-Justiz RS0041449).

2.2. Einer weiteren Klage könnte die Rechtskraft einer Vorentscheidung nur entgegenstehen, wenn über einen Anspruch bereits abschließend entschieden wurde (RIS-Justiz RS0007165). Eine solche abschließende Regelung müsste sich aber aus der Entscheidung selbst ergeben, etwa aus der Abweisung eines Mehrbegehrens, aus der Tatsache, dass sich der ursprünglich und der dann geltend gemachte Anspruch voneinander quantitativ, nicht aber auch qualitativ unterscheiden, weil dem früheren und dem neuen Antrag derselbe anspruchsbegründende Sachverhalt mit der sich daraus ergebenden Rechtsfolge zugrundeliegt, oder aus der urteilsmäßigen Feststellung des Nichtbestehens einer (weiteren) Forderung (1 Ob 122/07s; 3 Ob 315/05b).

2.3. In der einen Pflichtteilsanspruch betreffenden Entscheidung hat der Oberste Gerichtshof zuletzt eine bindende Wirkung der stattgebenden Vorentscheidung auf einen Folgeprozess, in dem der Pflichtteilsberechtigte behauptet, der Wert der Verlassenschaft sei in Wahrheit höher als im Vorprozess, verneint (3 Ob 315/05b). Die Entscheidung 5 Ob 264/09y betraf lediglich die Heranziehung von Feststellungen des Vorprozesses zur Auslegung des Spruches.

2.4. Zum deutschen Recht ist nach einer in neuerer Zeit vor allem von Oberhammer (Wieder einmal: Rechtskraft bei Teilklagen und Risiko, FS Kollhosser [2004] 501 [505 f]) vertretenen Mindermeinung die Entscheidung über den Bestand einer „Sockelforderung“ präjudiziell für das Bestehen des im Folgeprozess geforderten Mehrbetrags. Der 4. Senat des Obersten Gerichtshofs hat in der Entscheidung 4 Ob 87/07h zwar darauf hingewiesen, dass es sich dabei auch aus Sicht des deutschen Rechts um eine Mindermeinung handelt, gleichwohl jedoch eine gewisse Sympathie für diese Auffassung erkennen lassen. Dabei handelte es sich jedoch um ein obiter dictum; zudem betraf dies nicht die Rechtskraftwirkung eines im Vorprozess ergangenen Urteils über die Klagsforderung, sondern über eine Gegenforderung. Diesbezüglich räumt aber auch der 4. Senat ein, dass die Gleichbehandlung von Klage und Gegenforderung keineswegs zwingend ist.

2.5. Diese Frage bedarf im vorliegenden Fall jedoch keiner abschließenden Klärung. Ob die zweite Klage nach erfolgloser Einklagung eines ersten Teils der Forderung wegen rechtskräftiger Verneinung des Bestands einer „Sockelforderung“ zurückzuweisen oder - wie im vorliegenden Fall durch die Vorinstanzen - aus materiellen Gründen abzuweisen ist, bildet nämlich keine erhebliche Rechtsfrage, betrifft in der konkreten Konstellation diese Frage doch lediglich die Entscheidungsform. Insoweit hängt die Entscheidung daher nicht iSd § 502 ZPO von einer erheblichen Rechtsfrage des Verfahrensrechts ab.

3.1. Von der der Entscheidung im Vorprozess zugrundegelegten rechtlichen Beurteilung, die die klagende Partei als unrichtig ansieht, abzugehen, besteht kein Anlass.

3.2. Zudem ist nach dem Vorbringen der klagenden Partei nicht zu erkennen, inwieweit durch den behaupteten Sachverhalt überhaupt ein bestehendes Forderungsrecht der Klägerin beeinträchtigt wurde. Die Klägerin hat nach ihrem Vorbringen Ansprüche auf Pönalezahlungen gegen eine andere Gesellschaft. Diese Forderungsrechte wurden durch Handlungen des beklagten Vertragsverfassers indes überhaupt nicht beeinträchtigt; deren Durchsetzung scheiterte vielmehr ausschließlich an der Überschuldung dieser Gesellschaft, mit der der Beklagte nichts zu tun hat. Darüber hinaus hat die Klägerin einen Anspruch gegen diese Gesellschaft auf Überbindung ihrer vertraglichen Verpflichtungen auf allfällige Käufer, wobei freilich einer derartigen Überbindung auch die betroffenen Dritten zustimmen müssten. Dass diese tatsächlich der Übernahme der Pönaleverpflichtung zugestimmt hätten, wurde aber nicht festgestellt.

4. Zusammenfassend bringt die klagende Partei daher keine Rechtsfragen der im § 502 Abs 1 ZPO geforderten Qualität zur Darstellung, sodass die Revision spruchgemäß zurückzuweisen war.

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