OGH 2Ob158/13v

OGH2Ob158/13v23.10.2013

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Baumann als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Veith, Dr. E. Sol, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H***** Gesellschaft m.b.H., *****, vertreten durch Dr. Bernhard Hundegger Rechtsanwalt GmbH in Villach, gegen die beklagte Partei H*****gmbH, *****, vertreten durch Mag. Martin Winter, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen Feststellung, Einwilligung, Beseitigung und Unterlassung, über die Revisionen beider Parteien gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Berufungsgericht vom 16. Mai 2013, GZ 2 R 70/13s-22, womit das Urteil des Bezirksgerichts Villach vom 11. Februar 2013, GZ 9 C 718/12k-16, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revisionen werden zurückgewiesen.

Die Parteien haben die Kosten ihrer jeweiligen Revisionsbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung

Die Klägerin ist schlichte Miteigentümerin, die Beklagte ist Wohnungseigentümerin einer Liegenschaft, auf der sich eine Appartementanlage mit 124 Appartements befindet. Die Klägerin bewirtschaftet von diesen Appartements zusammen mit anderen schlichten Minderheitseigentümern, die die Anteile von der Klägerin erworben haben, 40 Appartements im Rahmen eines Urlaubs-Time-Sharing-Modells. Die Beklagte betreibt auf der Liegenschaft 27 Appartements. Im Bereich der der Beklagten gehörenden Wohnungseigentumseinheit im Parterre des Gebäudes befindet sich die Hausschwimmbadanlage.

Sowohl die Gäste der Beklagten als auch die Gäste, Nutzer und Miteigentümer auf der Seite der Klägerin konnten jahrelang das Hausschwimmbad ohne jede Einschränkung kostenlos benützen. Aufgrund von Streitigkeiten zwischen den Streitteilen über offene Abrechnungen ließ die Beklagte ab März 2009 das Hausschwimmbad für die Time-Sharer und deren Gäste auf Seite der Klägerin sperren.

Mit der vorliegenden Klage begehrt die Klägerin

1. die Feststellung der Dienstbarkeit der Nutzung der Schwimmbadanlage zugunsten der der Klägerin gehörenden Miteigentumsanteile als herrschender Liegenschaftsanteil zu Lasten der der Beklagten gehörigen Wohnungseigentumsanteile als dienender Liegenschaftsanteil;

2. die Verurteilung der Beklagten zur Einwilligung in die Einverleibung dieser Dienstbarkeit;

3. (auf Dienstbarkeit gestützt) die Verurteilung der Beklagten zur Beseitigung des Hindernisses des Zugangs zum Schwimmbad;

4. die Verurteilung der Beklagten zur Unterlassung künftiger Störungen der Ausübung der Dienstbarkeit.

Hilfsweise begehrt die Klägerin die Verurteilung der Beklagten zur Duldung der Nutzung der Schwimmbadanlage durch die Klägerin und deren Rechtsnachfolger als Miteigentümer.

Die Vorinstanzen wiesen das Hauptklagebegehren ab und gaben dem Eventualklagebegehren statt. Sie vertraten zusammengefasst und übereinstimmend die Auffassung, die Klägerin habe weder ausdrücklich noch schlüssig die behauptete Dienstbarkeit vertraglich erworben. Wohl aber könne das Verhalten der Beklagten als Duldung einer obligatorischen Nutzung des Schwimmbads durch die Klägerin und die Time-Sharer und deren Gäste verstanden werden.

Das Berufungsgericht ließ die Revision zu, weil keine höchstgerichtliche Entscheidung zur Frage vorliege, inwieweit Wohnungseigentümer gegenüber Gästen von schlichten Miteigentümern Duldungspflichten haben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revisionen beider Streitteile sind unzulässig.

1. Die Streitteile erwähnen in ihren Revisionen zwar die Begründung des Berufungsgerichts für die Zulässigkeit der Revision, führen dazu aber nichts aus. Selbst wenn das Berufungsgericht - zu Recht - ausgesprochen hatte, die ordentliche Revision sei zulässig, das Rechtsmittel aber dann nur solche Gründe geltend macht, deren Erledigung nicht von der Lösung erheblicher Rechtsfragen abhängt, ist die Revision trotz der Zulässigerklärung durch das Gericht zweiter Instanz zurückzuweisen (RIS-Justiz RS0102059).

2. Die Klägerin führt als weitere erhebliche Rechtsfrage ins Treffen, das Berufungsgericht sei von der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abgewichen, weil es die Ansicht vertrete, dass ein dingliches Recht von einer Vereinbarung über die grundbücherliche Sicherstellung abhänge. Nach der Entscheidung 7 Ob 542/91 bestehe die Verpflichtung zur Zustimmung zur Einverleibung auch dann, wenn dies nicht ausdrücklich vereinbart worden sei. Die Vereinbarung über eine grundbücherliche Sicherstellung sei für die Begründung einer Dienstbarkeit nicht zwingend erforderlich.

Diese Rechtsausführungen der Klägerin sind an sich zutreffend; sie haben aber auf das Ergebnis keinen Einfluss: Die Klägerin hat die von ihr behauptete Dienstbarkeit auf Vertrag (Kaufvertrag aus dem Jahr 1991 und schlüssige Einräumung durch Duldung der Nutzung) gestützt. Zur Beurteilung der von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche kommt es daher auf Fragen der Vertragsauslegung an. Vertragsauslegung ist in der Regel einzelfallbezogen und bildet keine erhebliche Rechtsfrage, es sei denn, das Auslegungsergebnis der zweiten Instanz ist eine auffallende Fehlbeurteilung (RIS-Justiz RS0044358 [T7, T11, T15, T32, T33] ua).

Nach den erstgerichtlichen Feststellungen ist im Kaufvertrag des Jahres 1991 keine Rede von der Einräumung einer Dienstbarkeit oder gar von der beabsichtigten grundbücherlichen Einverleibung einer solchen.

Wenn die Vorinstanzen sowohl die ausdrückliche Vereinbarung einer Dienstbarkeit als auch die schlüssige Einräumung einer solchen durch Duldung der Nutzung durch die Time-Sharer und deren Gäste verneint haben, hält sich dies durchaus im Rahmen der Rechtsprechung (vgl RIS-Justiz RS0111562; RS0011661; RS0011650).

3. Die Entscheidung 6 Ob 155/00p = RIS-Justiz RS0114011 ist eine Entscheidung im Einzelfall, die schon deshalb mit dem vorliegenden Fall nicht vergleichbar ist, weil sich dort - anders als hier - die Streitteile wechselseitig (Wege-)Rechte eingeräumt haben.

4. Die Klägerin meint schließlich, es fehle oberstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage, ob die Regelungen des ABGB von der Gemeinschaft des Eigentums und insbesondere der vom Berufungsgericht herangezogene § 828 ABGB anzuwenden seien, wenn sich der Kläger - primär durch einen Vertrag und hilfsweise durch eine schlüssige Einräumung - auf eine dingliche Dienstbarkeit berufe. Beide Revisionswerberinnen relevieren als erheblich die Rechtsfrage, ob § 828 ABGB anzuwenden ist, wenn schlichtes Miteigentum neben Wohnungseigentum auf einer Liegenschaft bestehe.

Die Revisionswerberinnen unterlassen jedoch Ausführungen dazu, inwiefern die Beantwortung dieser Fragen für die Lösung des vorliegenden Falls bedeutsam sein soll. Eine solche Relevanz ist auch nicht ersichtlich.

5. Die in beiden Rechtsmitteln gerügten Verfahrensmängel des Berufungsverfahrens liegen nicht vor (§ 510 Abs 3 Satz 3 ZPO).

6. Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 50, 41 ZPO. Die Streitteile haben in ihren Revisionsbeantwortungen auf die Unzulässigkeit der jeweils gegnerischen Revision nicht hingewiesen.

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