OGH 1Ob163/13x

OGH1Ob163/13x19.9.2013

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ-Prof. Dr. Bydlinski, Dr. Grohmann, Mag. Wurzer und Mag. Dr. Wurdinger als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1.DI C***** M*****, und 2. Dr. M***** M*****, beide vertreten durch Dr. Othmar Knödl und Mag. Manfred Soder, Rechtsanwälte in Rattenberg, gegen die beklagten Parteien 1. Dr. J***** C*****, vertreten durch Dr. Michael E. Sallinger, LL.M, Rechtsanwalt in Innsbruck, 2. A***** B*****, 3. R***** K*****, 4. M***** M*****, jeweils vertreten durch Dr. Eckart Söllner, Rechtsanwalt in Innsbruck, 5. Dr. A***** G*****, 6. S***** L*****, vertreten durch die Sachwalterin Dr. Christine Fischer-Lode, 7. Dr. C***** F*****, weiters 8. Dr. M***** G*****, 9. B***** G*****, fünft-, sechst-, acht- und neuntbeklagte Parteien vertreten durch Dr. Christine Fischer-Lode, Rechtsanwältin in Innsbruck, und 10. Dr. M***** M*****, vertreten durch Dr. Eckart Söllner, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Einwilligung in die Einverleibung eines Fischereirechts, über die Revision der klagenden Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 16. Mai 2013, GZ 2 R 40/13v-19, mit dem das Urteil des Landesgerichts Innsbruck vom 4. Jänner 2013, GZ 17 Cg 127/12m-11, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird zurückgewiesen.

Die klagenden Parteien sind zur ungeteilten Hand schuldig, der erstbeklagten Partei die mit 1.308,17 EUR (darin enthalten 218,03 EUR USt), den zweit-, dritt-, viert- und zehntbeklagten Parteien die mit 1.488,42 EUR (darin enthalten 248,07 EUR USt) sowie den fünft- bis neuntbeklagten Parteien die mit 1.545,62 EUR (darin enthalten 257,60 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortungen jeweils binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Die Kläger und der Zehntbeklagte sind aufgrund des mit ihrer Mutter im Jahr 2008 geschlossenen Schenkungsvertrags zu je 4/288-Anteilen, die übrigen Beklagten zu den restlichen Anteilen Miteigentümer einer nur aus Gewässern bestehenden Liegenschaft. Die Kläger und der Zehntbeklagte sind als Erben auch Gesamtrechtsnachfolger ihrer im Jahr 2009 verstorbenen Mutter.

Die Kläger begehren die Einwilligung der Beklagten in die Einverleibung eines Fischereirechts ob der gemeinsamen Liegenschaft, in eventu 1) die Feststellung, dass ihnen ein Fischereirecht oder eine Fischereiberechtigung und die Einkünfte aus der Fischerei der gesamten Liegenschaft zu jeweils 7/96-Anteilen zustünden, 2) die Einwilligung in die Einverleibung des Fischereirechts in diesem Ausmaß.

Die Vorinstanzen wiesen die Klagebegehren ab. Das Berufungsgericht ließ die ordentliche Revision zu, weil Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Übertragung und grundbücherlichen Eintragung von Anteilen an einem Fischereirecht nach dem Tiroler Fischereigesetz 1952 und 2002 fehle.

Die Revision der Kläger ist entgegen dem nach § 508a Abs 1 ZPO nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts nicht zulässig.

Rechtliche Beurteilung

1. Das Fischereirecht kann nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (RIS-Justiz RS0110447) Ausfluss des Eigentumsrechts an einem eigenen Gewässer (für Privatgewässer: RIS-Justiz RS0103910) oder ein selbständiges dingliches Recht an einem fremden Gewässer sein. Ist es in letzterem Fall mit dem Eigentum an einer Liegenschaft verbunden, so ist es eine Grunddienstbarkeit (RIS-Justiz RS0010970; 1 Ob 19/01b), ansonsten eine frei veräußerliche und vererbbare unregelmäßige persönliche Dienstbarkeit (1 Ob 29/93; vgl 1 Ob 117/10b, je mwN; vgl § 2 Abs 1 Satz 1 Tiroler Fischereigesetz [Tir FischereiG] 1952, Tir LGBl 1952/15).

2. Nach den Feststellungen der Vorinstanzen verkaufte ein Miteigentümer seine 7/32-Anteile an der Liegenschaft (Gewässer) im April 1967 an insgesamt acht Käufer, darunter die (im Jahr 2009 verstorbene) Mutter und (auch) Gesamtrechtsvorgängerin der Kläger sowie des Zehntbeklagten. Zum Übergang der mit den verkauften Miteigentumsanteilen verbundenen, dem Verkäufer als Ausfluss seines Miteigentumsrechts zustehenden Fischereirechte verwies der Kaufvertrag auf die zwischen den Käufern im März 1967 getroffene Vereinbarung. Danach sollte das Fischereirecht des Verkäufers im Ausmaß von 7/32-Anteilen nicht aliquot auf sämtliche Käufer, sondern nur auf die Mutter der Kläger übergehen.

3. Die Kläger stützten ihre auf Eintragung eines Fischereirechts im Grundbuch gerichteten Begehren (Hauptbegehren und zweites Eventualbegehren) sowie das erste Eventualfeststellungsbegehren in erster Instanz primär auf den anteiligen Übergang des ihrer Mutter und Rechtsvorgängerin eingeräumten Fischereirechts, das sie rechtlich als von den 1967 erworbenen Miteigentumsanteilen abgesondertes, selbständiges dingliches Recht (RIS-Justiz RS0011675 [T1]; § 3 Abs 2 Tir FischereiG 2002, Tir LGBl 2002/54) in Form einer unregelmäßigen persönlichen Dienstbarkeit (§ 2 Abs 1 Tir FischereiG 1952) qualifizierten. Auch das Recht, aus der Fischerei zu 7/32-Anteilen Erlöse zu beziehen, sei untrennbar mit diesem Fischereirecht verbunden.

4. Nach den hier maßgeblichen Bestimmungen der Tiroler Fischereigesetze 1952 (§ 2 Abs 1 letzter Satz) und 2002 (§ 3 Abs 3) kann ein vom Eigentumsrecht abgesondertes selbständiges Fischereirecht (ebenso nach § 481 Abs 1 ABGB) nur durch Eintragung in das Grundbuch erworben und übertragen werden. Dass die Voraussetzung der grundbücherlichen Eintragung nie verwirklicht war, geben die Kläger zu. Stand ihrer Mutter mangels Eintragung im Grundbuch kein dingliches Fischereirecht zu, konnten sie ein solches aber auch nicht als Gesamtrechtsnachfolger (anteilig) erwerben.

5. Angesichts ihres Vorbringens zur Rechtsnatur des beanspruchten Fischereirechts als selbständiges dingliches Servitutsrecht ist nicht verständlich, dass sich die Kläger in der Revision darauf berufen, ihrem Hauptbegehren auf grundbücherliche Eintragung eines nicht mit einer Quote beschränkten Fischereirechts müsse schon deshalb stattgegeben werden, weil sie als Miteigentümer jedenfalls fischereiberechtigt seien. Das Recht eines (Mit-)Eigentümers, die Fischerei im eigenen Gewässer aus seinem (Mit-)Eigentumsrecht auszuüben, bedarf nicht der Eintragung im Grundbuch, ist es doch in diesem Fall im Sinn der bereits zitierten höchstgerichtlichen Judikatur eben keine Servitut, sondern Ausfluss seines Eigentumsrechts. Zudem gehen die Kläger selbst von der Begründung eines quotenmäßig beschränkten Fischereirechts zu Gunsten ihrer Rechtsvorgängerin aus, wie sie mehrfach betonen.

6. Die Kläger sprechen in der Revision von einer obligatorischen Servitut des Fischereirechts, die zu einer Quote von 7/32 von ihrer Rechtsvorgängerin ausgeübt worden, in diesem Ausmaß auf die Rechtsnachfolger übergegangen sei und diese berechtige, aus dem Erlös der Fischerei im genannten Ausmaß zu profitieren. Unabhängig von Fragen des Übergangs eines vertraglichen Anspruchs auf Einräumung einer Servitut auf die Einzel- oder Gesamtrechtsnachfolger der Verpflichteten übersehen die Kläger, dass sie das Recht, aus dem Erlös der Fischerei 7/32-Anteile zu beziehen, selbst nicht als selbständiges, ihrer Rechtsvorgängerin eingeräumtes Servitutsrecht qualifizierten, haben sie doch ausdrücklich vorgebracht, es stehe mit dem dinglichen Fischereirecht in untrennbarem Zusammenhang. Auf das (nach § 838a ABGB im außerstreitigen Verfahren zu klärende: RIS-Justiz RS0013563 [T15]; Egglmeier-Schmolke in Schwimann, TaKom2, § 838a ABGB Rz 1 f) Vorliegen einer Benutzungsvereinbarung zwischen Miteigentümern berufen sich die Kläger als unzulässige Neuerung (§ 504 Abs 2 ZPO) erstmals in der Revision.

7. Lediglich in eventu zogen die Kläger in erster Instanz als Rechtsgrund die Ersitzung der Servitut des Fischereirechts heran. Auch mit diesem Vorbringen können sie jedoch nicht erfolgreich sein.

8. Dienstbarkeiten eines Miteigentümers an der gemeinschaftlichen Sache sind nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (RIS-Justiz RS0011528) zwar möglich. Für die Ersitzung einer Dienstbarkeit ist aber grundsätzlich eine für den Eigentümer des belasteten Guts erkennbare Rechtsausübung nötig, die ihrem Inhalt nach dem zu erwerbenden Recht entspricht. Erforderlich ist, dass die Ausübung des Rechtsinhalts (erkennbar) als Recht in Anspruch genommen wird. Die Inanspruchnahme des Gemeingebrauchs oder einer jedermann unter bestimmten Voraussetzung möglichen örtlichen Übung stellt keine Besitzausübung dar (zur Ersitzung einer Servitut durch einen Mit- und Wohnungseigentümer an allgemeinen Teilen der Liegenschaft: 5 Ob 249/04k mwN aus höchstgerichtlicher Judikatur und Lehre). Ob der Belastete erkennen kann, dass Besitzhandlungen in Ausübung eines Rechts erfolgen, hängt nach der höchstgerichtlichen Rechtsprechung (RIS-Justiz RS0033021) von den Umständen des Einzelfalls ab.

9. Die Kläger konkretisierten die den Inhalt des Besitzes sowie des zu ersitzenden Rechts bestimmenden (RIS-Justiz RS0010140) „Besitzergreifungshandlungen“ ihrer Rechtsvorgängerin (im Ausmaß von 7/32-Anteilen am Fischereirecht) insbesondere dahingehend, dass diese von 1967 bis 2009 selber gefischt, als bei der Behörde eingetragene Aufsichtsfischerin und Bewirtschafterin Fischereikarten ausgegeben, Vereinbarungen mit den Pächtern über die Ausgabe der Fischereikarten getroffen und daraus Einnahmen erzielt sowie sich um den Ankauf des Seebesatzes gekümmert habe und gegenüber der Behörde als Bewirtschafterin aufgetreten sei.

10. Nach diesem Vorbringen hätte ihre Rechtsvorgängerin somit ein allen Seemiteigentümern gemeinschaftlich zustehendes Fischereirecht in Vertretung aller Miteigentümer ausgeübt und als - von den Klägern auch ausdrücklich so bezeichnete - Bewirtschafterin in Ausübung des einer Personenmehrheit zustehenden Fischereirechts (vgl § 11 Abs 3 Tir FischereiG 2002) gehandelt, die alle Rechte und Pflichten, die den Fischereiberechtigten zukamen, trafen (vgl § 11 Abs 5 leg cit). Die Ausübung eines eigenen Servitutsrechts durch die Mutter wird demnach gar nicht behauptet. Daran ändert das Vorbringen der Kläger, wonach diese selbst gefischt habe, nichts, war sie zu dieser Nutzung doch bereits als Miteigentümerin berechtigt. Zudem ist nicht erkennbar, wie sich eine Besitzhandlung, die zur Ersitzung der Servitut des Fischereirechts (eines realen Nutzungsrechts) mit einer Quote von 7/32-Anteilen führen soll, aus der Sicht der übrigen Miteigentümer einer belasteten Liegenschaft erkennbar manifestieren sollte.

11. Da sich die vom Berufungsgericht als erheblich angesehene Rechtsfrage im konkreten Fall anhand eindeutiger hier relevanter landesgesetzlicher Bestimmungen sowie der in der höchstgerichtlichen Judikatur entwickelten Grundsätzen im Sinn der Entscheidung der zweiten Instanz beantworten lässt und es einer weiteren Klarstellung durch den Obersten Gerichtshof nicht bedarf, ist die Revision der klagenden Parteien als unzulässig zurückzuweisen.

12. Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 41 und § 50 Abs 1 ZPO. Der ERV-Zuschlag beträgt im Rechtsmittelverfahren nur 1,80 EUR und nicht 3,60 EUR wie von der erstbeklagten Partei verzeichnet. Die fünft- bis neuntbeklagten Parteien haben in ihrer Revisionsbeantwortung den Streitgenossenzuschlag falsch berechnet. Dieser Rechenfehler ist zu korrigieren.

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