OGH 11Os100/13k

OGH11Os100/13k17.9.2013

Der Oberste Gerichtshof hat am 17. September 2013 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Zehetner als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schwab, Mag. Lendl, Mag. Michel und Dr. Oshidari als weitere Richter, in Gegenwart der Richteramtsanwärterin MMag. Vasak als Schriftführerin, in der Strafsache gegen Roman L***** wegen des Verbrechens der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 und Abs 2 zweiter Fall StGB über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Salzburg als Schöffengericht vom 4. Februar 2013, GZ 37 Hv 18/11s-45, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Roman L***** des Verbrechens der Veruntreuung nach § 133 Abs 1 und Abs 2 zweiter Fall StGB schuldig erkannt.

Danach hat er sich zwischen Juli 2008 und April 2010 in mehreren Angriffen in R***** ein Gut in einem 50.000 Euro übersteigenden Wert, das ihm als Leiter der von der L***** GmbH in R***** betriebenen S*****-Tankstelle anvertraut worden war, nämlich aus dem Betrieb eines in der Tankstelle aufgestellten Sport-Wett-Terminals erzielte Einnahmen in Höhe von insgesamt 52.838 Euro mit dem Vorsatz zugeeignet, sich dadurch unrechtmäßig zu bereichern, indem er die monatlichen Einnahmen nicht oder nicht vollständig in den Nachttresor der V***** einbezahlte, sondern abredewidrig für eigene Zwecke verwendete.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus Z 5, 5a, 9 lit a und 10 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten geht fehl.

Dem Vorbringen der Mängelrüge (Z 5 dritter Fall) zuwider schließen einander die Feststellungen, wonach die Einzahlungen der Provisionen aus dem Sport-Wett-Terminal einmal monatlich (ebenfalls durch Einwurf in den Nachttresor) erfolgten und die Konstatierungen, wonach 40 % der Nettoeinnahmen in die Tankstellenkasse bar einzubezahlen und die übrigen 60 % in eine verschließbare Tasche zu geben und in den Nachttresor der V***** einzuwerfen waren, denklogisch nicht aus (US 3, 5).

Entgegen dem Vorwurf der Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) bedurfte weder die nicht in einen Antrag mündende Einschätzung des Verteidigers, wonach die Ermittlung des Schadens „etwas seltsam anmute“, noch der Umstand, dass im Strafantrag ein geringerer Schadensbetrag als in der Strafanzeige angelastet wurde, einer Erörterung (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 424).

Die weder undeutlichen noch sich widersprechenden beweiswürdigenden Erwägungen der Tatrichter aus welchem Grund sie der leugnenden Verantwortung des Angeklagten nicht folgten (US 7 ff), sind der Anfechtung mit Mängelrüge entzogen (RIS-Justiz RS0106588).

Davon, dass nicht nur der Angeklagte, sondern auch zwei weitere Personen Zugang zum Tresor hatten, gingen die Tatrichter aus und legten empirisch einwandfrei dar, weshalb sie dennoch aus einer vernetzten Betrachtung mehrerer Umstände zur Überzeugung von der Täterschaft des Angeklagten gelangten (US 11 f).

Soweit die Rüge auch unter diesem Nichtigkeitsgrund das Fehlen von Feststellungen zur subjektiven Tatseite in Bezug auf das Überschreiten der Wertgrenze von 50.000 Euro behauptet, ist sie auf die Erledigung der Subsumtionsrüge zu verweisen. Nicht getroffene Feststellungen können nicht mit Mängelrüge bekämpft werden.

Indem die Beschwerde aus angesprochenen Verfahrensergebnissen an Hand eigener Beweiswerterwägungen ihrem Prozessstandpunkt entsprechende Schlüsse ableitet, wendet sie sich nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung in unzulässiger Weise gegen die tatrichterliche Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO).

Z 5a des § 281 Abs 1 StPO will als Tatsachenrüge nur geradezu unerträgliche Feststellungen zu entscheidenden Tatsachen (das sind schuld- oder subsumtionserhebliche Tatumstände, nicht aber im Urteil geschilderte Begleitumstände oder im Rahmen der Beweiswürdigung angestellte Erwägungen) und völlig lebensfremde Ergebnisse der Beweiswürdigung durch konkreten Verweis auf aktenkundige Beweismittel (bei gleichzeitiger Bedachtnahme auf die Gesamtheit der tatrichterlichen Beweiswerterwägungen) verhindern. Tatsachenrügen die außerhalb solcher Sonderfälle auf eine Überprüfung der Beweiswürdigung abzielen, beantwortet der Oberste Gerichtshof ohne eingehende eigene Erwägungen, um über den Umfang seiner Eingriffsbefugnisse keine Missverständnisse aufkommen zu lassen (RIS-Justiz RS0118780).

Soweit die Tatsachenrüge (Z 5a) das Vorbringen der Mängelrüge im Wesentlichen wiederholt, auf die leugnende Verantwortung des Angeklagten und auch darauf verweist, dass Roman L***** im Tatzeitraum teilweise Urlaub, teilweise keine Spätschicht hatte und nur möglicherweise das eine oder andere Mal freiwillig nach der Schicht im Betrieb geblieben sei, vermag sie beim Obersten Gerichtshof keine erheblichen Bedenken in Richtung eines unvernünftigen Gebrauchs des ihnen zukommenden Beweiswürdigungsermessens hervorzurufen (vgl überdies dazu [US 9 ff]).

Gegenstand einer prozessordnungsgemäßen Rechts- (Z 9 lit a) und auch einer Subsumtionsrüge (Z 10) ist der Vergleich des angewendeten materiellen Rechts (einschließlich prozessualer Verfolgungsvoraussetzungen) mit dem im gesamten Urteil festgestellten Sachverhalt (RIS-Justiz RS0099810).

Soweit die Rüge (nominell auch Z 5 und „Z 10a“, dSn nur Z 9 lit a) unter Verweis auf den festgestellten Zugang von zwei weiteren Personen, auch des „Chefs“, zum Tresor das Fehlen von Feststellungen zur Annahme eines Alleingewahrsams des Angeklagten behauptet, gleichzeitig aber die Konstatierungen übergeht, wonach Roman L***** als Tankstellenleiter eingesetzt sowie für die Betreuung des Sport-Wett-Terminals allein verantwortlich war (vgl RIS-Justiz RS0093781) und die inkriminierten Einnahmen an sich nahm (US 2, 4 ff), wird sie den Anfechtungskriterien zur Geltendmachung materiell-rechtlicher Nichtigkeit nicht gerecht.

Diese Vorgaben missachtet der Beschwerdeführer auch, wenn er das Fehlen von Feststellungen zur subjektiven Tatseite, und zwar zu einem die Wertgrenze von 50.000 Euro übersteigenden Vorsatz einwendet (nominell Z 5 und Z 9 lit a; dSn Z 10), dabei aber die genau in diesem Sinn unmissverständlich getroffenen Konstatierungen übergeht (US 7). Im Übrigen ist er auf den Zusammenrechnungsgrundsatz des § 29 StGB zu verweisen.

Auch die eine Unterstellung des Tatgeschehens unter den Tatbestand des schweren Diebstahls nach „§§ 127 und 128 StGB“ anstrebende Subsumtionsrüge (Z 10) argumentiert nicht auf Basis der zur Annahme des Alleingewahrsams getroffenen Konstatierungen und entzieht sich somit einer meritorischen Erwiderung.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung folgt (§ 285i StPO).

Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.

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