Spruch:
I. Die Klagseinschränkung der siebentklagenden Partei auf 2.000 EUR samt 4 % Zinsen seit 1. 11. 2008 (Leistungsbegehren) sowie in eventu, es werde zwischen der siebentklagenden Partei und der beklagten Partei festgestellt, dass die beklagte Partei der siebentklagenden Partei für jenen Schaden hafte, den diese aus der Veranlagung in A***** Genussscheine dadurch erleide, dass sie im Falle des Verkaufs dieser A***** Genussscheine weniger an Erlös als 2.000 EUR erhalte, wird zurückgewiesen.
II.1. Der Revision der fünftklagenden Partei wird nicht Folge gegeben.
Die fünftklagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die anteiligen Kosten der Revisionsbeantwortung in Höhe von 1.138,04 EUR (darin 189,73 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
II.2. Der Revision der viertklagenden Partei wird im Umfang der Abweisung des Klagebegehrens,
a) die beklagte Partei sei schuldig, der viertklagenden Partei 38.217,79 EUR samt 4 % Zinsen aus 7.945,20 EUR seit 2. 6. 1999, aus 7.273,02 EUR seit 20. 9. 1999, aus 15.399,37 EUR seit 23. 8. 2000 und aus 7.600,20 EUR seit 8. 2. 2001 zu zahlen;
b) in eventu, die beklagte Partei sei schuldig, der viertklagenden Partei jeweils Zug um Zug gegen Übertragung der vom Viertkläger seinerzeit gekauften 34 A*****-Genussscheinen und Übertragung der hieraus entstehenden Rechte an die beklagte Partei 38.217,79 EUR samt 4 % Zinsen aus 7.945,20 EUR seit 2. 6. 1999, aus 7.273,02 EUR seit 20. 9. 1999, aus 15.399,37 EUR seit 23. 8. 2000 und aus 7.600,20 EUR seit 8. 2. 2001 zu zahlen;
c) in eventu, es möge zwischen der viertklagenden Partei und der beklagten Partei festgestellt werden, dass die beklagte Partei der viertklagenden Partei für jenen Schaden hafte, den die viertklagende Partei aufgrund der nicht gehörigen Erfüllung der der beklagten Partei in deren Funktion als Wirtschaftsprüfer, Abschlussprüfer, WAG-Prüfer, Prospektkontrollor der A*****-Gruppe und der A***** AG obliegenden Pflichten - aus der Veranlagung in A*****-Genussscheine (8 Stück am 2. 6. 1999, 7 Stück am 20. 9. 1999, 13 Stück am 23. 8. 2000 und 6 Stück am 8. 2. 2001 jeweils zu den in Punkt a) genannten Kaufpreisen), insbesondere dadurch erleide, dass die viertklagende Partei bei einem Verkauf oder einer Verwertung dieser A*****-Genussscheine weniger zurückerhalte als den von ihm aufgewendeten Gesamtkaufpreis samt Zinsen - wie in Punkt a) dargestellt;
d) in eventu, es möge zwischen der viertklagenden Partei und der beklagten Partei festgestellt werden, dass die beklagte Partei der viertklagenden Partei für jenen Schaden hafte, den die viertklagende Partei aufgrund der nicht gehörigen Erfüllung der der Beklagten in deren Funktion als Wirtschaftsprüfer, Abschlussprüfer, WAG-Prüfer, Prospektkontrollor der A*****-Gruppe und der A***** AG obliegenden Pflichten - aus der Veranlagung in A*****-Genussscheine (8 Stück am 2. 6. 1999, 7 Stück am 20. 9. 1999, 13 Stück am 23. 8. 2000 und 6 Stück am 8. 2. 2001 jeweils zu den in Punkt a) genannten Kaufpreisen), insbesondere dadurch erleide, dass die viertklagende Partei an Zahlungen des Masseverwalters in den Konkursen über die Vermögen der A***** Gruppe AG und A***** AG weniger zurückerhalte als den seinerzeitigen Gesamtkaufpreis samt Zinsen - wie in Punkt a) dargestellt;
nicht Folge gegeben.
Die viertklagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die anteiligen Kosten der Revisionsbeantwortung in Höhe von 598,01 EUR (darin 99,67 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.
II.3. Den Revisionen
a) der zweit- und drittklagenden Parteien
b) der siebentklagenden Partei im Umfang der Anfechtung
c) sowie der viertklagenden Partei im Umfang der Abweisung des Klagebegehrens,
aa) die beklagte Partei sei schuldig, der viertklagenden Partei weitere 22.698,05 EUR samt 4 % Zinsen aus 6.990,05 EUR seit 10. 1. 2002 und aus 15.708 EUR seit 24. 1. 2003 zu zahlen;
bb) in eventu, die beklagte Partei sei schuldig, der viertklagenden Partei jeweils Zug um Zug gegen Übertragung der vom Viertkläger seinerzeit gekauften 15 A*****-Genussscheinen und Übertragung der hieraus entstehenden Rechte an die beklagte Partei weitere 22.698,05 EUR samt 4 % Zinsen aus 6.990,05 EUR seit 10. 1. 2002 und aus 15.708 EUR seit 24. 1. 2003 zu zahlen;
cc) in eventu, es möge zwischen der viertklagenden Partei und der beklagten Partei festgestellt werden, dass die beklagte Partei der viertklagenden Partei für jenen Schaden hafte, den die viertklagende Partei aufgrund der nicht gehörigen Erfüllung der der beklagten Partei in deren Funktion als Wirtschaftsprüfer, Abschlussprüfer, WAG-Prüfer, Prospektkontrollor der A*****-Gruppe und der A***** AG obliegenden Pflichten - aus der Veranlagung in A*****-Genussscheine (5 Stück am 10. Jänner 2002 und 10 Stück am 24. Jänner 2003), insbesondere dadurch erleide, dass die viertklagende Partei bei einem Verkauf oder einer Verwertung dieser A*****-Genussscheine weniger zurückerhalte als den von ihm aufgewendeten Gesamtkaufpreis samt Zinsen - wie in Punkt aa) dargestellt;
dd) in eventu, es möge zwischen der viertklagenden Partei und der beklagten Partei festgestellt werden, dass die beklagte Partei der viertklagenden Partei für jenen Schaden hafte, den die viertklagende Partei aufgrund der nicht gehörigen Erfüllung der der beklagten Partei in deren Funktion als Wirtschaftsprüfer, Abschlussprüfer, WAG-Prüfer, Prospektkontrollor der A*****-Gruppe und der A***** AG obliegenden Pflichten - aus der Veranlagung in A*****-Genussscheine (5 Stück am 10. Jänner 2002 und 10 Stück am 24. Jänner 2003 jeweils zu den in Punkt aa) genannten Kaufpreisen), insbesondere dadurch erleide, dass die viertklagenden Partei an Zahlungen des Masseverwalters in den Konkursen über die Vermögen der A***** Gruppe AG und A***** AG weniger zurückerhalte als den seinerzeitigen Gesamtkaufpreis samt Zinsen - wie in Punkt aa) dargestellt;
wird Folge gegeben.
Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden insoweit aufgehoben; die Rechtssache wird insoweit zur neuerlichen Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückverwiesen.
Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind insoweit weitere Verfahrenskosten.
Text
Entscheidungsgründe:
Die erst-, sechst- acht- und neuntklagenden Parteien haben keine Revisionen erhoben; ihnen gegenüber sind die klagsabweisenden Urteile der Vorinstanzen in Rechtskraft erwachsen.
Zu I.:
Die Siebentklägerin nahm in ihrer außerordentlichen Revision eine Klagseinschränkung vor. Eine Klagseinschränkung im Revisionsverfahren ist aber nur möglich, soweit der betreffende Anspruch Gegenstand des Revisionsverfahrens ist (vgl zum Berufungsverfahren Pimmer in Fasching/Konecny 2 § 483 Rz 19 ff, insbes Rz 21). Dies ist hier im Betrag von über 2.000 EUR sA (bzw betreffend das entsprechende Eventualfeststellungsbegehren) nicht der Fall. Insoweit sind die klagsabweisenden Urteile der Vorinstanzen in Rechtskraft erwachsen.
Zu II.:
Die Beklagte als Wirtschaftsprüfer im Sinne des Wirtschaftstreuhandberufsgesetzes (WTBG) fungierte von 2000 bis 2008 als Prüfer gemäß § 268 UGB und §§ 23, 23a WAG aF bzw § 74 WAG 2007 der A***** AG und von 2001 bis 2008 als Prüfer gemäß § 268 UGB der A***** Beteiligungs AG (seit 16. Februar 2007 „A***** Gruppe AG“, im Folgenden wird zur Vereinfachung nur diese Bezeichnung gewählt). Die A***** Gruppe AG ist seit 2001 zu ca 75 % an der A***** AG beteiligt. Soweit generell beide Unternehmen gemeint sind oder eine Differenzierung nicht möglich oder erforderlich ist, wird die Bezeichnung „A*****“ verwendet.
Die Jahres- und Konzernabschlüsse samt uneingeschränkten Bestätigungsvermerken der A***** AG wurden wie folgt im Firmenbuch eingereicht:
Jahresabschluss 2000: am 23. Mai 2001;
Jahresabschluss 2001: am 15. Mai 2002;
Jahresabschluss 2002: am 5. Mai 2003;
Jahresabschluss 2003: am 30. April 2004;
Jahres- und Konzernabschluss 2004: am 13. Mai 2005;
Jahres- und Konzernabschluss 2005: am 2. Mai 2006;
Jahres- und Konzernabschluss 2006: am 27. April 2007;
Jahres- und Konzernabschluss 2007: am 25. April 2008;
Jahres- und Konzernabschluss 2008: am 29. Mai 2009.
Für 2008 wurde der Bestätigungsvermerk bzw. Bestätigungsbericht eingeschränkt und ergänzt.
Die Jahres- und Konzernabschlüsse samt uneingeschränkten Bestätigungsvermerken der A***** Gruppe AG wurden wie folgt im Firmenbuch eingereicht:
Jahresabschluss 2001: am 16. Juli 2002;
Konzernabschluss 2001: am 13. September 2002;
Jahresabschluss 2002: am 6. Juni 2003;
Konzernabschluss 2002: am 18. August 2003;
Jahresabschluss 2003: am 4. Juni 2004;
Konzernabschluss 2003: am 24. August 2004;
Jahres- und Konzernabschluss 2004: am 24. August 2005;
Jahres- und Konzernabschluss 2005: am 3. Juli 2006;
Jahres- und Konzernabschluss 2006: am 26. Juni 2007;
Jahres- und Konzernabschluss 2007: am 30. Juni 2008;
Jahres- und Konzernabschluss 2008: am 10. September 2009.
Für 2008 wurde der Bestätigungsvermerk eingeschränkt und ergänzt.
Der Prospekt für die von der A***** Gruppe AG emittierten Genussscheine der Serie 2001 wurde am 17. September 2001 für den Freiverkehr an der Frankfurter Börse veröffentlicht.
Am 4. Mai 2010 wurde über die Vermögen der A***** AG und der A***** Gruppe AG das Konkursverfahren eröffnet, weshalb die Prüfung 2009 zu beiden Gesellschaften abgebrochen und durch die Beklagte die Redepflicht ausgeübt wurde.
Der ehemalige Vorstandsvorsitzende der A***** Gruppe AG und der A***** AG, Dr. W***** A*****, wurde wegen der Verbrechen des gewerbsmäßig schweren Betrugs nach §§ 146, 147 Abs 3, § 148 zweiter Fall StGB, der Untreue nach § 153 Abs 1 und 2 zweiter Fall StGB, der betrügerischen Krida nach § 156 Abs 1 und 2 StGB iVm § 161 Abs 1 StGB sowie der Vergehen nach § 255 Abs 1 Z 1 und Z 4 AktG, nach § 15 Abs 1 Z 1 KMG und der Fälschung eines Beweismittels nach § 293 Abs 1 StGB rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von acht Jahren verurteilt. Der Vorwurf lautete unter anderem im Zusammenhang mit der Emission von Genussscheinen auf Vorgabe hohen Eigenkapitals, Vorgabe einer jederzeitigen Rückverkaufsmöglichkeit ausgegebener Genussscheine, massive Verstöße gegen die Wohlverhaltensregeln, Vorgabe eines Anlageprodukts mit hoher Einlagensicherheit, Vorgabe konservativer Investition (stattdessen Investition in hoch-spekulative derivative Produkte und Optionen ohne erforderliche Bankenkonzession), Vorgabe einer Kapitalgarantie, Vorgabe einer hohen Wertdeckung durch Unternehmenssubstanz, Vorgabe der Kursbildung am freien Kapitalmarkt (stattdessen Kursmanipulation).
Die nunmehr revisionswerbenden Kläger begehrten die Zahlung der im Urteilskopf genannten Beträge, teils (hilfsweise) Zug um Zug gegen Übertragung der von ihnen erworbenen A*****-Genussscheine, in eventu die Feststellung der Haftung der Beklagten für sämtliche ihnen aus dem Erwerb der Genussscheine entstehende Schäden. Sie hätten zu im Einzelnen genannten, zwischen 1999 und 2005 liegenden Zeitpunkten die jeweils genannte Anzahl an von der A***** Gruppe AG emittierten A*****-Genussscheine zu den jeweiligen Streitwerten entsprechenden Preisen gekauft. Die Käufe seien - soweit nach dessen Veröffentlichung gelegen - insbesondere im Vertrauen auf die Richtigkeit des A*****-Prospekts aus 2001, für den die Beklagte anlässlich des Umtauschs und der Neuemission von Genussscheinen der A***** bzw der A***** Gruppe AG Prospektprüfer im Sinne des KMG gewesen sei, sowie der jährlichen Überprüfung der Geschäftstätigkeit der A***** durch die Beklagte und unter der Bedingung einer Kapitalgarantie und der jederzeitigen Verfügbarkeit des investierten Kapitals erfolgt. Nachdem der vormalige Abschlussprüfer Anfang 2001 gegenüber Dr. A***** geäußert habe, der Bestand von A***** sei gefährdet, schwerwiegende Verstöße der gesetzlichen Vertreter lägen vor, es bestünden schwerste Bedenken, ob die den einzelnen Genussscheinkäufern versprochene Rückkaufsgarantie durch die A***** AG erfüllt werden könne, sei die Rechtsvorgängerin der Beklagten zum Abschlussprüfer ab 2000 bestellt worden, weil Dr. A***** angesichts der korrekterweise ausgeübten Redepflicht durch den vormaligen Abschlussprüfer einen „genehmeren“ Abschlussprüfer gewünscht habe. Die Beklagte habe zumindest grob fahrlässig wichtige Fakten „unter den Tisch fallen lassen“, was wesentlich zur Schädigung der Kläger beigetragen habe. Die Prüfberichte und die testierten Jahresabschlüsse seien mit der Geschäftsführung der A***** AG abgestimmt bzw „geschönt“ worden. Wäre die Beklagte ihrer Warn- oder Einwandspflicht nachgekommen, hätten die Kläger die Genussscheine nicht gekauft bzw die gehaltenen Genussscheine unverzüglich verkauft. Im Oktober 2008 hätten die Kläger erfahren, dass die Genussscheine nicht mehr - wie zuvor - von A***** zum jeweils gültigen Monatskurs zurückgenommen würden, sondern nahezu wertlos seien und weder eine Einlösungsverpflichtung noch Risikolosigkeit, wie sie die A***** zugesagt habe, vorliege. Die Forderungen der Kläger seien vom Masseverwalter und der A***** bestritten worden, sodass derzeit mit einem Totalverlust des veranlagten Kapitals zu rechnen sei. Die Kläger stützten ihre Ansprüche auf § 1300 Satz 1 ABGB. Die Beklagte habe gewusst bzw wissen müssen, dass ihre Prüfungen potenzielle Investoren zu einer vermögensrechtlichen Entscheidung veranlassen würden. Die Beklagte habe weiters die als Schutzgesetze zu qualifizierenden § 255 AktG und § 159 StGB verletzt. Die in § 275 Abs 5 UGB normierte absolute Verjährungsfrist von fünf Jahren sei auf die Ansprüche der Kläger nicht anzuwenden; diese unterlägen der Verjährung nach § 1489 ABGB, die nicht eingetreten sei, weil die Kläger erst ab Bekanntwerden des Sachverhalts im Zuge der strafrechtlichen Erhebungen Kenntnis von Schaden und Schädiger erlangt hätten. Selbst bei Anwendbarkeit von § 275 Abs 5 UGB sei keine Verjährung eingetreten, weil die dort normierte Fünfjahresfrist nicht vor Eintritt des Schadens zu laufen begonnen habe. Der Schaden könne frühestens mit der Veröffentlichung der Einschränkung und Ergänzung des Bestätigungsvermerks vom 14. April 2009 und 31. Juli 2009 im Firmenbuch sowie der Ausübung der Redepflicht der Beklagten eingetreten sein. Tatsächlich hätten die Kläger erst mit Vorliegen des Gutachtens im Strafverfahren gegen Dr. A***** bzw der Eröffnung der Insolvenzverfahren über die A***** AG und A***** Gruppe AG einen Ursachenzusammenhang zwischen Schaden und Beklagter herstellen und konkrete Ansprüche gegen die Beklagte erheben können.
Die Beklagte wendete ein, die fünfjährige Verjährungsfrist des § 275 Abs 5 UGB laufe auch dann, wenn der Geschädigte in diesem Zeitraum keine Kenntnis von Schaden und Schädiger erlangt habe. Die Ansprüche sämtlicher Kläger seien daher gemäß § 275 Abs 5 UGB verjährt. Ein den Klägern entstandener Schaden sei überdies nicht von ihr verursacht worden. Weiters bestritt die Beklagte die ihr von den Klägern vorgeworfenen Sorgfaltspflichtverletzungen.
Das Erstgericht traf die eingangs wiedergegebenen Feststellungen und wies alle Klagebegehren ab. Der Primärschaden der Kläger sei schon mit dem Ankauf der Genussscheine entstanden. Die fünfjährige Verjährungsfrist des § 275 Abs 5 UGB laufe - abweichend von § 1489 ABGB - auch dann, wenn der Geschädigte keine Kenntnis von Schaden und Schädiger erlangt habe. § 275 Abs 5 UGB sei analog auch auf Ansprüche Dritter, so auch auf die gegenständlichen Anlegeransprüche, anzuwenden. Diese seien daher verjährt. Ebenso seien allfällige Ansprüche aus der Prospekthaftung der Beklagten gemäß § 11 Abs 7 KMG verjährt. Das Vorbringen der Kläger, sie hätten bei Kenntnisnahme von negativen Bestätigungsvermerken der Beklagten mit Hinweis auf das Schneeballsystem der Veranlagung die Genussscheine sofort verkauft (und somit den Schaden abgewendet), sei unschlüssig: Bei Versagung des Bestätigungsvermerks wäre der Markt für A*****-Genussscheine ebenso zusammengebrochen, wie dies tatsächlich nach Einstellung des Rückkaufs nach 2008 der Fall gewesen sei. Die Genussscheine wären dann unverkäuflich gewesen.
Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichts und ließ die ordentliche Revision nicht zu. Der Oberste Gerichtshof habe in 1 Ob 35/12x zur Anwendbarkeit des § 275 Abs 5 UGB auf Schadenersatzansprüche geschädigter Dritter unter ausführlicher Befassung mit Rechtsprechung und Lehrmeinungen zu den Grundlagen der Dritthaftung ausgeführt, dass es sich bei dieser Bestimmung um eine lex specialis zur allgemeinen Verjährungsvorschrift des § 1489 ABGB handle, die nach herrschender Meinung als objektive, von Kenntnis des Schadens und des Schädigers unabhängige Frist nicht nur die kurze, sondern auch die lange Frist des § 1489 ABGB verdränge. Die in § 275 Abs 5 UGB normierte fünfjährige Verjährungsfrist beginne mit Eintritt des (primären) Schadens zu laufen. Dies gelte auch im Bereich der Dritthaftung, was schon deshalb nahe liege, weil sich nach Judikatur und herrschender Lehre der Dritte auch die in § 275 Abs 2 UGB für die geprüfte Gesellschaft gesetzlich vorgesehene betragsmäßige Beschränkung der Haftung des Abschlussprüfers gefallen lassen müsse. Die Verjährungsfrist beginne mit dem Eintritt des Schadens zu laufen. Als maßgeblicher Zeitpunkt dafür sei jener anzusehen, in dem eine Vermögensumschichtung eingetreten sei, die der Geschädigte nicht vorgenommen hätte, hätte er die Unrichtigkeit des Jahresabschlusses gekannt. Der den Klägern entstandene (reale) Schaden sei bereits mit dem Erwerb der Genussscheine eingetreten. Die Klagen aller Kläger seien mehr als fünf Jahre nach jenen Zeitpunkten eingebracht, zu denen sie nach ihrem Vorbringen ihre Genussscheine erworben hätten.
Die Klagsansprüche seien daher verjährt. Die in 1 Ob 35/12x offen gelassene Frage, ob die Verdrängung der allgemeinen Verjährungsvorschrift des § 1489 ABGB durch § 275 Abs 5 UGB für Fälle nicht gelten sollte, in denen die Voraussetzungen der zweiten Variante des § 1489 S 2 ABGB (wenn der Schaden aus einer oder mehreren gerichtlich strafbaren Handlungen, die nur vorsätzlich begangen werden können und mit mehr als einjähriger Freiheitsstrafe bedroht sind, entstanden ist) vorliegen, müsse nicht untersucht werden: Die Begehung strafbarer Handlungen im Sinne der letztgenannten Bestimmung hätten die Kläger der Beklagten nicht vorgeworfen.
Soweit die Kläger ihre Ansprüche auf eine sorgfaltswidrige Prospektkontrolle der Beklagten stützten, sei auf die Entscheidung 10 Ob 88/11f zu verweisen, woraus sich ergebe, dass auch auf das KMG gestützte Ansprüche im vorliegenden Fall verjährt seien.
Rechtliche Beurteilung
Die Revisionen der Zweit-, Dritt-, Viert-, Fünft- und Siebentkläger sind zulässig; die Revision des Klägers im Verfahren 26 Cg 255/11x (Kläger zu 5.)) sowie teilweise die Revision des Klägers im Verfahren 24 Cg 19/12b (Kläger zu 4.)) sind nicht berechtigt; die übrigen Revisionen und teilweise die Revision des Klägers im Verfahren 24 Cg 19/12b (Kläger zu 4.)) sind im Sinne des (hilfsweise) gestellten Aufhebungsantrags berechtigt.
Zur Revision der fünftklagenden Partei (II. 1.):
Der Fünftkläger hat in erster Instanz behauptet, er habe die A*****-Genussscheine am 6. März 2002 gekauft. Er habe diese Investition aufgrund der von der Beklagten der A***** Gruppe AG in den Jahren 2000 bis 2007 erteilten uneingeschränkten Bestätigungsvermerke, die im öffentlichen Firmenbuch für jedermann ersichtlich und dem Fünftkläger vor seiner Kaufentscheidung bekannt gewesen seien, getätigt.
Da aber feststeht, dass der erste von der Beklagten für die A***** Gruppe AG testierte Jahresabschluss für 2001 am 16. Juli 2002 und der erste für diese Gesellschaft von der Beklagten testierte Konzernabschluss 2001 am 13. September 2002, somit jeweils nach dem vom Fünftkläger behaupteten Kaufzeitpunkt, beim Firmenbuch eingereicht wurden, können diese Bestätigungsvermerke der Beklagten für den Kaufentschluss des Fünftklägers nicht kausal gewesen sein.
Soweit der Fünftkläger vorbringt, er hätte seine Genussscheine sofort verkauft, wenn die Beklagte nach seinem Kauf einen Bestätigungsvermerk versagt hätte, ist er auf die schon vom Erstgericht dargestellte Unschlüssigkeit seines Vorbringens zu verweisen; dieser Beurteilung ist der Fünftkläger schon in der Berufung nicht entgegengetreten (vgl auch 9 Ob 61/12d; 10 Ob 57/12y).
Zu allfälligen Prospekthaftungsansprüchen nach dem KMG führt der Fünftkläger in seiner Revision nichts aus, weshalb solche Anspruchsgrundlagen nicht zu prüfen sind.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 46 (analog) und 50 ZPO. Die revisionswerbenden Kläger sind im Fall ihres Obsiegens nicht gemeinschaftlich berechtigt. Der auf die Revision des Fünftklägers entfallende Streitwert macht 38,34 % des gesamten Revisionsinteresses aller fünf Revisionswerber aus, weshalb der Fünftkläger der Beklagten diesen Anteil an den Kosten ihrer Revisionsbeantwortung ersetzen muss.
Zur Revision des Viertklägers (II.2.):
Der Viertkläger hat nach seinem Vorbringen 8 Genussscheine am 2. 6. 1999 um 7.945,20 EUR, 7 Genussscheine am 20. 9. 1999 um 7.273,02 EUR, 13 Genussscheine am 23. 8. 2000 um 15.399,37 EUR, 6 Genussscheine am 8. 2. 2001 um 7.600,20 EUR, 5 Genussscheine am 10. 1. 2002 um 6.990,05 EUR und 10 Genussscheine am 24. 1. 2003 um 15.708,00 EUR gekauft.
Da alle Käufe bis 8. Februar 2001 vor dem ersten beim Firmenbuch eingereichten Jahres- bzw Konzernabschluss mit Bestätigungsvermerk der Beklagten erfolgten, können Testate der Beklagten für den Kaufabschluss nicht kausal gewesen sein. Dies macht 38.217,79 EUR aus.
Für den Erwerb am 10. Jänner 2002 steht die mangelnde Kausalität von Testaten der Beklagten für den Kaufabschluss des Viertklägers nicht fest. Es fehlen nämlich Tatsachenfeststellungen, ob der Viertkläger Genussscheine der A***** AG oder der A***** Gruppe AG gekauft hat; im ersten Fall könnte der am 23. Mai 2001 beim Firmenbuch eingereichte Jahresabschluss 2000 der A***** AG samt Bestätigungsvermerk der Beklagten für den Kaufabschluss kausal gewesen sein.
Hiezu ist eine Ergänzung des Verfahrens erforderlich. Der Viertkläger hat in seiner Berufung keine Rechtsrüge zu Fragen der Prospekthaftung nach dem KMG erstattet. Auch für ihn ist daher die Prospekthaftung nach dem KMG aus dem Prüfungsrahmen herausgefallen (vgl RIS-Justiz RS0043573 [T31, T36, T42 ua]).
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 41, 46 (analog) und 50 ZPO. Die revisionswerbenden Kläger sind im Fall ihres Obsiegens nicht gemeinschaftlich berechtigt. Der Streitwert, mit dem der Viertkläger mit seiner Revision endgültig unterlegen ist, macht am gesamten Revisionsinteresse aller fünf Revisionswerber 20,14 % aus.
Zu II.3.
II.3.1. Zur Verjährung nach § 275 Abs 5 UGB:
Nach mittlerweile ständiger und gefestigter Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ist für Schadenersatzansprüche gegen den Abschlussprüfer die Verjährungsfrist des § 275 Abs 5 UGB bei bloß fahrlässigem Verschulden eine objektive, von der Kenntnis des Schadens und Schädigers unabhängige Frist (so schon 1 Ob 35/12x), bei vorsätzlichem Fehlverhalten aber eine subjektive Frist, deren Lauf mit der Kenntnis des Geschädigten von Schaden und Schädiger entsprechend § 1489 ABGB beginnt (3 Ob 230/12p; RIS-Justiz RS0128616 [T4, T5]).
Die Zweit-, Dritt-, Viert- und Siebentkläger haben der Beklagten schon in erster Instanz und auch noch in ihren Revisionen hinreichend deutlich vorsätzliches Fehlverhalten vorgeworfen. Nach der hier gegebenen Aktenlage kann eine Kenntnis der Kläger von der Wertlosigkeit der Genussscheine schon im Zeitpunkt ihres Erwerbs frühestens mit der Erteilung von nur eingeschränkten Bestätigungsvermerken bei den Jahresabschlüssen für 2008, die naturgemäß erst 2009 erteilt und beim Firmenbuch eingereicht wurden, angenommen werden.
Für den Fall, dass den Klägern der Beweis des vorsätzlichen Fehlverhaltens der Beklagten gelingt, wären daher ihre Ansprüche - soweit sie nicht schon aus den unter II.1. und II.2. ausgeführten Gründen nicht bestehen - nicht verjährt. Die Begründung der Vorinstanzen für die Klagsabweisung wegen Verjährung wäre nicht zutreffend.
Da die Vorinstanzen zu dem von den Klägern behaupteten vorsätzlichen Fehlverhalten der Beklagten keine Feststellungen getroffen haben, ist eine Aufhebung der Urteile der Vorinstanzen insoweit nötig, als nicht die mangelnde Berechtigung des Klagebegehrens (vgl II.1. und II.2.) bereits feststeht.
Im fortgesetzten Verfahren wird somit Folgendes zu beachten sein: Der zweite Rechtsgang hat sich auf die Prüfung der von den Klägern behaupteten vorsätzlichen Pflichtverletzungen der Beklagten, die vor ihrem (noch festzustellenden) Erwerb der Genussscheine stattgefunden haben sollen, zu beschränken. Das betrifft die Jahres- und Konzernabschlüsse, die vor den Käufen der Kläger datieren. Die später erteilten Bestätigungsvermerke können für den Kaufentschluss der Kläger nicht ursächlich gewesen sein. Des Weiteren wird die Höhe des Anspruchs zu prüfen sein (vgl 3 Ob 230/12p; 2 Ob 241/12y).
II.3.2. Zur Haftung nach dem KMG:
II.3.2.1. Die Zweit-, Dritt- und Fünftkläger führen in ihren Revisionen zu allfälligen Prospekthaftungsansprüchen nach dem KMG nichts aus, weshalb sie sich im fortgesetzten Verfahren auf solche Anspruchsgrundlagen nicht mehr stützen können.
II.3.2.2. Der Viertkläger hat in seiner Berufung keine Rechtsrüge zu Fragen der Prospekthaftung nach dem KMG erstattet. Auch für den Viertkläger ist die Prospekthaftung nach dem KMG daher aus dem Prüfungsrahmen herausgefallen (vgl RIS-Justiz RS0043573 [T31, T36, T42 ua]); er kann sich im weiteren Verfahren darauf nicht mehr stützen.
II.3.2.3. Nur die Siebentklägerin hat in allen drei Instanzen ein Vorbringen bzw eine Rechtsrüge zu Fragen der Prospekthaftung bzw der Verjährung von solchen Ansprüchen erstattet. Dazu ist Folgendes auszuführen:
II.3.2.3.1. Bereits die Vorinstanzen haben zutreffend auf die Entscheidung 10 Ob 88/11f verwiesen, in der Folgendes ausgeführt wurde:
Nach § 11 Abs 7 KMG müssen Ansprüche der Anleger nach dem KMG bei sonstigem Ausschluss binnen fünf Jahren (nunmehr gemäß BGBl I 2005/78: binnen zehn Jahren) nach Beendigung des prospektpflichtigen Angebots gerichtlich geltend gemacht werden. Diese Präklusivfrist verdrängt als lex specialis für Ansprüche der Anleger nach dem KMG die allgemeinen Verjährungsregeln des § 1489 ABGB (sowohl die kurze als auch die lange Frist). Mangels gegenteiliger Anordnung gilt hier das - aus Abs 6 des Kundmachungspatents des ABGB, JGS Nr 1811/946, abzuleitende - allgemeine Prinzip, dass im Fall von Verjährung bzw Präklusion das bei Begründung des jeweiligen Anspruchs geltende Gesetz maßgeblich ist (hier: § 11 Abs 7 KMG idF BGBl 1994/210).
II.3.2.3.2. Die hier maßgeblichen Feststellungen der Vorinstanzen beschränken sich - wie ausgeführt - darauf, dass der Prospekt für die von der A***** Gruppe AG emittierten Genussscheine der Serie 2001 am 17. September 2001 für den Freiverkehr an der Frankfurter Börse veröffentlicht wurde.
Die Vorinstanzen haben daraus unter Berufung auf Zivny, Kapitalmarktgesetz (2007), § 11 Rz 58, rechtlich gefolgert, dass mit der Einführung der Genussscheine im Freiverkehr an der Frankfurter Börse am 17. September 2001 das Angebot beendet gewesen sei, womit die (fünfjährige, vgl II.3.2.3.1.) Verjährungsfrist des § 11 Abs 7 KMG zu laufen begonnen habe, die somit vor Klagseinbringung abgelaufen sei.
Zivny (aaO) führt aus, die Beendigung des prospektpflichtigen Angebots (iSd § 11 Abs 7 KMG) trete mit dem Ende der Nachtragsverpflichtung gemäß § 6 Abs 1 KMG, somit mit dem Ende der Zeichnungsfrist, oder, wenn dies früher eintrete, der Zulassung zum Handel an einem geregelten Markt ein.
II.3.2.3.3. Die Siebentklägerin hat im gegebenen Zusammenhang Folgendes vorgebracht:
Die Beklagte sei Prospektprüfer des Verkaufsprospekts zu den A*****-Genussscheinen der Serie 2001 der A***** Gruppe AG gemäß § 8 KMG gewesen. Sie habe ihre Pflicht, darauf zu achten, dass im Prospekt der gesamte wirtschaftliche und rechtlich relevante Sachverhalt wahrheitsgetreu und richtig für die Anleger dargestellt werde, verletzt. In der Tätigkeit der Beklagten als Abschlussprüfer und Prospektprüfer sei eine unzulässige Kollision gelegen. Als jahrelange Abschlussprüferin habe die Beklagte den wahren Sachverhalt um die Genussscheine erkannt oder erkennen müssen. Diesen habe sie verschwiegen, weil sich im Prospekt darauf keinerlei Hinweis finde. Hätte die Beklagte pflichtgemäß auf den wahren Sachverhalt hingewiesen oder die Unterfertigung des Prospekts ohne einen solchen Hinweis verweigert, wäre das weitere Anbieten der Genussscheine nicht möglich gewesen und hätte die Siebentklägerin die Genussscheine nicht erworben. Die Frist des § 11 Abs 7 KMG beginne nicht mit der Prospektveröffentlichung im Jahr 2001 und auch nicht mit der Einführung der Genussscheine im Freiverkehr an der Frankfurter Börse am 17. September 2001 zu laufen. Die Klägerin habe 19 Genussscheine am 27. April 2005, somit nach dem 17. September 2001, direkt von der A***** Gruppe AG gekauft. Das Verkaufsangebot dieser AG könne daher - entgegen der Ansicht der Vorinstanzen - nicht schon am 17. September 2001 beendet gewesen sein. Die Rechtsansicht von Zivny (aaO), auf die sich die Vorinstanzen gestützt hätten, stelle nur auf den Fall ab, in dem mit der Zulassung an der Börse das öffentliche Angebot beendet und eine direkte „Zeichnung“ bei der Emittentin nicht mehr möglich sei. Im vorliegenden Fall seien die Genussscheine zwar ab September 2001 tatsächlich an der Frankfurter Börse gehandelt worden. Dennoch seien die Genussscheine bis zum „A*****-Crash“ Ende Oktober 2008 prospektgemäß weiterhin direkt von der Emittentin A***** Gruppe AG an die Anleger, darunter die Siebentklägerin, verkauft worden. Es liege eine Daueremission vor. Dem entsprechend spreche der genehmigte Prospekt von „Laufzeit: unbegrenzt“, somit von einer unbegrenzten Zeichnungsfrist. Die Beendigung des Angebots (iSd § 11 Abs 7 KMG) sei das Ende der Zeichnungsfrist. Bei tatsächlicher Fortsetzung des Angebots nach dem Ende der Zeichnungsfrist werde das Angebot später beendet.
II.3.2.3.4. Die Beklagte hat hiezu Folgendes vorgebracht:
Eine Haftung komme nur in Betracht, wenn der Siebentklägerin bei Vertragsabschluss der Prospekt vom 1. August 2001 bekannt und für den Kauf kausal gewesen sei, worüber Feststellungen nötig seien. Die A***** Gruppe AG habe im Jahr 2001 bis zu 420.000 Stück nennwertlose Genussscheine Serie 2001 (Emission 2001) zur Zeichnung aufgelegt. Zweck dieser Emission sei einerseits das mit 31. Dezember 2001 befristete öffentliche Umtauschangebot gewesen, Genussscheine Serie 1999 der A***** AG (Emission 1999) in solche der Genussscheine Serie 2001 der A***** Gruppe AG zu tauschen, und andererseits das erstmalige öffentliche Anbot der Genussscheine Serie 2001 der A***** Gruppe AG. Die Beklagte habe am 1. August 2001 den darauf gerichteten Prospekt der A***** Gruppe AG vom Juli 2001 kontrolliert, weil man ursprünglich davon ausgegangen sei, es handle sich um ein prospektpflichtiges Anbot im Sinn des KMG. Tatsächlich habe ein zweiter - im Wesentlichen inhaltsgleicher - Prospekt vom August 2001 existiert, der mit 29. August 2001 datiert habe und in dem die A***** Gruppe AG - nach deutscher Rechtslage (§ 13 Verkaufsprospektgesetz) - die Prospekthaftung übernommen habe. Diesen späteren Prospekt habe der Vorstand der A***** Gruppe AG dem deutschen Bundesaufsichtsamt für den Wertpapierhandel vorgelegt, das am 12. September 2001 die Veröffentlichung dieses Verkaufsprospekts gestattet habe. Die Genussscheine Serie 2001 hätten ab 17. September 2001 unter der WKN 763759, ISIN AT0000703269, im Freiverkehr der Frankfurter Börse notiert. Sowohl der Umtausch von Genussscheinen Serie 1999 der A***** AG in solche der Genussscheine Serie 2001 der A***** Gruppe AG als auch das erstmalige öffentliche Anbot der Genussscheine Serie 2001 der A***** Gruppe AG seien nicht aufgrund des von der Beklagten kontrollierten Prospekts vom 1. August 2011 erfolgt, sondern aufgrund des Prospekts vom 29. August 2001, in dem die A***** Gruppe AG - nach deutscher Rechtslage (§ 13 Verkaufsprospektgesetz) - die Prospekthaftung übernommen habe. Für Wertpapiere, die bei einem öffentlichen Umtauschangebot angeboten würden, gelte die Prospektpflicht nicht (§ 3 Abs 1 Z 8 KMG idF BGBl I 2001/97). Das erstmalige öffentliche Angebot sei am 17. September 2001 mit der Einführung der Genussscheine Serie 2001 der A***** Gruppe AG im Freiverkehr an der Frankfurter Börse, also nach Gestattung der Veröffentlichung des Verkaufsprospekts vom 29. August 2001 durch das deutsche Bundesaufsichtsamt für den Wertpapierhandel am 12. September 2001, erfolgt. Damit lägen die Voraussetzungen des § 7 Abs 3 KMG idF BGBl I 2001/97 vor, wonach - infolge Zulassung zum amtlichen Handel an einer Wertpapierbörse in einem anderen EWR-Staat vor erstmaligem öffentlichen Anbot - der Prospekt nicht nach § 8 Abs 2 KMG zu kontrollieren gewesen sei. Wenn eine Prospektkontrolle gesetzlich nicht erforderlich gewesen sei, fehle es an einer Schutznorm, aus der die Siebentklägerin gegen die Beklagte als Prospektkontrollor eine Haftung wegen von ihr grob verschuldeter unrichtiger oder unvollständiger Kontrolle ableiten könnte (§ 11 Abs 1 Z 2 KMG idF BGBl 1994/210). Davon abgesehen seien die Anleger - und damit auch die Siebentklägerin - insbesondere in Kapitel IV. des Prospekts vom 1. August 2001 jeweils ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass jede Investition in die Gesellschaft spekulativ und daher mit erhöhtem Risiko bis hin zum Totalverlust des eingesetzten Kapitals verbunden sei.
II.3.2.3.5. Der erkennende Senat schließt sich zunächst insoweit der Rechtsansicht der Siebentklägerin an, dass - entgegen der auf Zivny (aaO) gestützten Rechtsansicht der Vorinstanzen - aus dem Umstand, dass der Prospekt für die von der A***** Gruppe AG emittierten Genussscheine der Serie 2001 am 17. September 2001 für den Freiverkehr an der Frankfurter Börse veröffentlicht wurde, rechtlich noch nicht folgt, dass das prospektpflichtige Angebot an diesem Tag beendet wurde.
II.3.2.3.6. Im Übrigen kann mangels jeglicher Feststellungen die Prospekthaftung der Beklagten sowie die allfällige Verjährung derartiger Ansprüche der Siebentklägerin auch nicht ansatzweise rechtlich beurteilt werden. Das Erstgericht wird im fortgesetzten Verfahren die erforderlichen Feststellungen treffen müssen, die eine rechtliche Würdigung der Prospekthaftung der Beklagten ermöglichen.
II.3.3. Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.
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