OGH 3Ob162/13i

OGH3Ob162/13i21.8.2013

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden sowie den Hofrat Univ.‑Prof. Dr. Neumayr, die Hofrätin Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M*****, vertreten durch WT Tautschnig Rechtsanwaltsgesellschaft mbH in Klagenfurt am Wörthersee, gegen die beklagte Partei V***** e.V., *****, Deutschland, vertreten durch Dr. Wolfgang Flucher und andere Rechtsanwälte in Villach, wegen Titelergänzung (57.360,22 EUR sA), infolge Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Berufungsgericht vom 16. Mai 2013, GZ 2 R 59/13y‑16, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Bezirksgerichts Villach vom 4. Februar 2013, GZ 9 C 1057/12p‑12, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2013:0030OB00162.13I.0821.000

 

Spruch:

Der Revision der klagenden Partei wird nicht Folge gegeben.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei die mit 2.018,34 EUR (darin 336,39 EUR Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.

Entscheidungsgründe:

Dem Verfahren liegt zugrunde, dass die klagende Partei von der beklagten Partei mit ihrem Hauptbegehren eine Titelergänzung gemäß § 10 EO verlangt; mit dem Eventualbegehren macht sie einen Befreiungsanspruch aus der Vereinbarung einer Schad- und Klagloshaltung geltend.

In ihrem Testament vom 23. Jänner 2008 hat die deutsche Staatsangehörige E*****, die sowohl in Deutschland als auch in Österreich einen Wohnsitz hatte, hinsichtlich ihres in Deutschland gelegenen Vermögens den beklagten Verein und hinsichtlich ihres in Österreich gelegenen Vermögens die Klägerin jeweils als Alleinerben berufen. Nach ihrem Tod am 25. November 2009 haben sowohl die Klägerin als auch die beklagte Partei im österreichischen Abhandlungsverfahren aufgrund des Testaments vom 23. Jänner 2008 eine unbedingte Erbantrittserklärung abgegeben.

Vor dem Gerichtskommissär schlossen die Parteien am 11. Jänner 2011 das folgende Erbübereinkommen, das darauf hinausläuft, dass die Klägerin das in Österreich gelegene Nachlassvermögen übernimmt und die beklagte Partei das in Deutschland gelegene:

1) [Beklagte Partei] und [Klägerin] sind als Testamentserben grundsätzlich dazu berufen, das gesamte Nachlassvermögen gemäß den Erbquoten, daher zu 84/100 bzw. zu 16/100 Anteil gemeinsam in Besitz und Eigentum zu übernehmen, dies jedoch nach Maßgabe der nachstehenden besonderen Bestimmungen zur Aufteilung und Übernahme der einzelnen Vermögenswerte des Nachlasses.

2) Entsprechend den erblasserischen Teilungsanordnungen übernimmt [Klägerin] konkret das gesamte in Österreich gelegene Nachlassvermögen, wozu auf die Vermögenserklärung zu Punkt III. verwiesen wird, alleine in Besitz und Eigentum. Sie wird damit insbesondere alleinige Eigentümerin der erblasserischen Liegenschaft EZ ..., Grundbuch ..., samt allem darin befindlichen Inventar, und wird auch über das erblasserische Geldvermögen bei der [Bank] zu Konto Nr. … alleine verfügungs- und bezugsberechtigt gestellt.

3) Hingegen übernimmt [beklagte Partei] sämtliches in der Bundesrepublik Deutschland gelegene, wie immer beschaffene Nachlassvermögen alleine in Besitz und Eigentum.

4) Kein Teil erklärt gegenüber dem jeweils anderen Teil bzw. aus dessen übernommenen Vermögenswerten irgendwelche Forderungs-, Besitz- oder Eigentumsansprüche zu erheben. Sie haben sich auch, ungeachtet der im Außenverhältnis gegebenen Solidarhaftung, wechselseitig von jeglichen, aus ihren jeweils übernommenen Vermögenswerten resultierenden Verpflichtungen, gleich welcher Art auch immer, vollkommen schad- und klaglos zu halten.

5) Die Erben sind in Kenntnis darüber, dass die erblasserische Tochter … der gesetzliche Pflichtteil zusteht, welcher in einer Quote von 1/2 des reinen Nachlasswertes (der deutsche und der österreichische Nachlasswert zusammengerechnet) primär als Geldforderung gegenüber dem Gesamtnachlass besteht. Die Erblasserin hat zur Abgeltung dieser Ansprüche in ihrem Testament vom 23. 1. 2008 den [beklagte Partei] mit dem Vermächtnis der Übereignung dreier Eigentumswohnungen im Hause ... in D-... an die erblasserische Tochter belastet und daher, gemäß einvernehmlicher Auslegung des letzten erbl. Willens, mit der Entrichtung des Pflichtteiles zunächst den Erben [beklagte Partei] belastet. Dieser verpflichtet sich hiermit das Vermächtnis (für den Fall der Annahme) unverzüglich an die erbl. Tochter zu entrichten.

Gemäß § 2307 dBGB kann ein mit einem Vermächtnis bedachter Pflichtteilsberechtigter das Vermächtnis ausschlagen und den (vollen) Pflichtteil (in Geld) verlangen. In so einem Fall verpflichtet sich [beklagte Partei], zunächst auf den Pflichtteil der erblasserischen Tochter maximal den Wert der vermachten Eigentumswohnungen in Geld zu leisten.

Soweit das Vermächtnis der Eigentumswohnungen bzw. deren Geldwert zur vollständigen Pflichtteilsdeckung nicht hinlangt, verpflichten sich die Erben, den Abgang im Verhältnis ihrer Erbquoten abzudecken, aus welcher Verpflichtung sie sich ebenfalls wechselseitig schad- und klaglos zu halten haben.

6) Die Beteiligten erklären, durch dieses Übereinkommen in allen ihren erb- und pflichtteilsrechtlichen Ansprüchen gegenüber dem Nachlass befriedigt zu sein und auch gegeneinander aus dem Titel der Teilung des Nachlasses keine weiteren Ansprüche zu stellen.

7) Alle mit der Abhandlung und ihrer Durchführung verbundenen Gebühren und Kosten werden hinsichtlich des in Österreich abgeführten Verfahrens von [Klägerin], die Verfahrenskosten in Deutschland vom [beklagte Partei] getragen; das gleiche gilt für die auf das österreichische und das deutsche Nachlassvermögen entfallende Erwerbssteuer. Aus diesen Verpflichtungen haben sich die Miterben ebenfalls vollkommen schad- und klaglos zu halten.

Am 24. Jänner 2011 stellte das Amtsgericht München einen gemeinschaftlichen Erbschein aus, der festhielt, dass die Klägerin zu 16/100 und die beklagte Partei zu 84/100 Erben sind.

Am 8./15. Juni 2011 schlossen die Klägerin und die beklagte Partei vor einem Notar in Kassel eine weitere als Erbauseinandersetzung bezeichnete und auf das in Deutschland gelegene Vermögen bezogene Vereinbarung, in der ua festgehalten wurde, dass die Beteiligten ihre Erbengemeinschaft hinsichtlich des Grundvermögens der Erblasserin (Allein- bzw Teileigentum an 16 Eigentumswohnungen in München) sowie auch das sonstige Vermögen, insbesondere Guthaben bei Banken derart auseinandersetzen, dass sowohl das Grundvermögen als auch das Bankvermögen, soweit es in Deutschland gelegen ist, zur Gänze dem beklagten Verein zufällt. Weiters enthält diese Erbauseinandersetzung unter Punkt V. folgenden Passus:

„Beide Beteiligten verpflichten sich gegenseitig, den jeweils anderen von allen Verpflichtungen betreffend das dem anderen in seinem Land zugewiesene Vermögen von allen Verpflichtungen frei zu halten und eventuell über das Vermächtnis oder den Geldwert des Vermächtnisses hinausgehende Pflichtteilsrestansprüche, die [Tochter] geltend gemacht hat, entsprechend in dem Erbschein ausgewiesenen Quoten zu erfüllen.“

Ein deutsches Finanzamt erstellte am 20. Jänner 2012 einen die Klägerin betreffenden Erbschaftssteuerbescheid, in dem der Klägerin eine Erbschaftssteuer in Höhe von 84.240 EUR, zahlbar bis spätestens 20. März 2012 zur Zahlung vorgeschrieben wurde. In diesem Bescheid sind an Vermögenswerten, die der Erwerberin ungeteilt zustehen, unter anderem das Grundvermögen in Österreich festgehalten sowie an Schuldposten die Pflichtteilsschuld gegenüber der Tochter der Erblasserin. Die Erbschaftssteuer wurde ausgehend von einem der Klägerin zugekommenen Erwerb im Wert von 438.354 EUR errechnet; davon entfallen 350.000 EUR auf das Grundvermögen in Österreich, 87.854 EUR auf Bankguthaben und 500 EUR auf Hausrat. Abzüglich verschiedener Verbindlichkeiten, darunter der Pflichtteilsschuld, ergab sich ein „Wert des Erwerbs“ in Höhe von 301.318 EUR, von dem die Erbschaftssteuer festgesetzt wurde. In den Erläuterungen dieses Bescheides ist angeführt, dass die Klägerin in Deutschland für den gesamten Vermögensanfall unbeschränkt erbschaftssteuerpflichtig sei, weil die Erblasserin zum Zeitpunkt des Todes Inländerin gewesen sei.

Die Klägerin erhob am 17. Februar 2012 Einspruch gegen diesen Erbschaftssteuerbescheid und beantragte am 6. März 2012 die Aussetzung der Vollziehung bis zur Entscheidung über den Einspruch. Die Aussetzung wurde hinsichtlich eines Betrages von 33.480 EUR bewilligt, wohingegen der nicht ausgesetzte Betrag in Höhe der neu berechneten Erbschaftssteuer von 50.760 EUR zur Zahlung durch die Klägerin bis 5. April 2012 vorgeschrieben wurde. Die Klägerin zahlte am 26. April 2012 den vorgeschriebenen Betrag von 50.760 EUR samt 507,60 EUR an Verzugszinsen ab 6. April 2012.

Trotz Aufforderung durch die Klägerin hat sich die beklagte Partei am Erbschaftssteuerverfahren betreffend die Klägerin vor dem Finanzamt Kaufbeuren nicht beteiligt.

Mit ihrer am 12. Juli 2012 beim Verlassenschaftsgericht eingebrachten Klage auf „Titelergänzung gemäß § 10 EO“ begehrt die Klägerin im Hauptbegehren die „Präzisierung“ des Punktes 7. des Erbteilungsübereinkommens vom 11. Jänner 2011 dahingehend, dass die Klägerin einen Betrag von 51.267,50 EUR an das deutsche Nachlassvermögen betreffender Erwerbssteuer gezahlt hat, dass ihr im Zusammenhang mit der von ihr für das deutsche Nachlassvermögen geleisteten Erwerbssteuer Kosten in Höhe von 6.092,72 EUR entstanden sind und dass somit ein Betrag von 57.360,22 EUR zuzüglich 4 % Zinsen seit 27. März 2012 gegen die beklagte Partei vollstreckbar sei.

In der Streitverhandlung vom 7. November 2012 stellte die Klägerin ein Eventualbegehren dahin, die beklagte Partei schuldig zu erkennen, ihr aufgrund des Erbübereinkommens vom 11. Jänner 2011 sowie der daraus resultierenden Bescheide des deutschen Finanzamts einen Betrag von (zusammen) 57.360,22 EUR samt Zinsen und Kosten zu bezahlen.

Die beklagte Partei wendete ein, dass auf die Rechtsfolgen des Testaments ausschließlich deutsches Erbrecht anzuwenden sei. Folgerichtig habe das deutsche Finanzamt gegen die Klägerin hinsichtlich des auf sie entfallenden Miterbanteils von 16/100 einen Erbschaftssteuerbescheid erlassen; diese Erbschaftssteuer betreffe jedoch ausschließlich den Miterbenanteil, den die Klägerin an österreichischem Vermögen erhalten habe; deutsches Vermögen sei dabei nicht mitberücksichtigt worden. Den auf das österreichische Nachlassvermögen entfallenden Erwerbssteueranteil habe nach dem Erbübereinkommen aber die Klägerin selbst zu tragen, weshalb eine Ersatzpflicht der beklagten Partei ausscheide. Abgesehen davon stehe derzeit überhaupt noch nicht fest, ob die Klägerin überhaupt die vom deutschen Finanzamt geforderte Erbschaftssteuer zahlen müsse, weil der Erbschaftssteuerbescheid noch nicht rechtskräftig sei. Ihre Zahlung sei ohne Not erfolgt.

Das Erstgericht wies sowohl das Haupt- als auch das Eventualbegehren ab. Das Erbübereinkommen vom 11. Jänner 2011 bilde grundsätzlich einen Exekutionstitel iSd § 1 Z 5 EO. Die Titelergänzungsklage ermögliche die Sanierung inhaltlicher Mängel eines unbestimmten Exekutionstitels, nicht jedoch die Schaffung eines neuen Titels. Das Klageziel liege in der Feststellung des Bestehens des Vollstreckungsanspruchs. Diese Voraussetzungen für eine Klage nach § 10 EO erfülle das Hauptbegehren der Klägerin nicht. Der Punkt 7) des Erbübereinkommens widerspreche nicht den Bestimmtheitsanforderungen des § 7 Abs 1 EO, weshalb kein inhaltlicher Mangel vorliege, der durch die Klageführung saniert werden solle. Vielmehr sei die Vereinbarung zwischen den Parteien hinsichtlich der Tragung der auf das österreichische und deutsche Nachlassvermögen entfallenden Erwerbssteuer klar. Ähnlich einem Feststellungsurteil bilde dieser Passus lediglich die Anspruchsgrundlage für allfällige erst zukünftig entstehende Sachverhalte, welche die Parteien allenfalls zu einem Regress gegenüber dem Übereinkommenspartner berechtigen könnten.

Nach dem Wortlaut der Klausel liege auch kein Fall einer Titelergänzungsklage zur Erlangung eines nach § 7 Abs 2 EO erforderlichen urkundlichen Nachweises des Eintritts einer im Exekutionstitel für den Eintritt der Fälligkeit enthaltenen Bedingung oder des Ablaufs einer solchen Frist vor. Erst in einem gesonderten Verfahren sei zu klären, ob ein Fall eingetreten ist, der die Klägerin zu einem allfälligen Regress im Sinne der vereinbarten Schad- und Klagloshaltungerklärung berechtigen würde. Diesbezüglich müsse erst allenfalls ein neuer Exekutionstitel geschaffen werden.

Auch das Eventualbegehren sei unberechtigt. Zwischen den Parteien sei die Auslegung von Punkt 7) des Erbübereinkommens nicht strittig. Strittig sei (unter anderem), ob das Nachlassverfahren vor den Gerichten und Steuerbehörden in Deutschland inhaltlich und formal richtig abgewickelt und ob der Erbschein des Amtsgerichts München rechtsrichtig ausgestellt worden sei. Diese Fragen seien jedoch nicht Gegenstand des vorliegenden Verfahrens. Vielmehr releviere die Klägerin die Frage, ob ihr die beklagte Partei hinsichtlich der an das Finanzamt geleisteten Zahlungen und der Verfahrenskosten im Hinblick auf die Schad- und Klagloshaltungsverpflichtung regresspflichtig sei. Das deutsche Erbschaftssteuerverfahren sei noch nicht rechtskräftig beendet, weshalb noch nicht beurteilt werden könne, ob die Klägerin aufgrund des Steuerverfahrens in Deutschland letztlich endgültig Erbschaftssteuer zahlen werde müssen. Die Tatsache, dass die Klägerin während des laufenden Erbschaftssteuerverfahrens am 26. April 2012 die Zahlungen an die deutschen Finanzbehörden geleistet habe, berechtige sie vor Vorliegen einer rechtskräftigen Entscheidung des Steuerverfahrens nicht zu einem Regress gegenüber der beklagten Partei auf Basis des Punktes 7) des Erbübereinkommens. Im derzeitigen Stadium habe die beklagte Partei der Klägerin weder die an die Abgabenbehörde geleistete Zahlung noch die Verfahrenskosten zu ersetzen.

Hinsichtlich des Feststellungsbegehrens sei kein Feststellungsinteresse der Klägerin ersichtlich. Auch eine Verjährung allfälliger Regressansprüche drohe nicht. Die zwischen den Parteien geltende Rechtslage sei durch Punkt 7) des Erbübereinkommens hinlänglich geklärt.

Das Berufungsgericht gab der Berufung der Klägerin nicht Folge und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige und die Revision zulässig sei.

Die Klage nach § 10 EO sei nur zulässig, wenn lediglich die ungenügende Bezeichnung eines herauszugebenden Gegenstands oder in Bezug auf eine Leistung nebensächliche Unklarheiten in der Formulierung des Exekutionstitels zu sanieren seien. Sei hingegen der Titel mangels einer wesentlichen Voraussetzung nicht vollstreckbar, etwa weil die Art oder der Umfang der Leistung völlig unklar sei, dürfe eine Korrektur nicht zugelassen werden. Die Parteien hätten mit Punkt 7) des Erbübereinkommens aber nur ein Rechtsverhältnis geregelt, aus dem sich erst die Verpflichtung ergebe. Diese Regelung enthalte keine Verpflichtung iSd § 7 Abs 1 EO, die durch Titelergänzung zu sanieren wäre; vielmehr müsse erst ein Titel geschaffen werden. Da die Voraussetzungen für einen Anspruch nach § 10 EO nicht vorlägen, sei die Abweisung des Hauptbegehrens zu bestätigen.

Das Eventualbegehren scheitere daran, dass eine abschließende Erledigung durch das deutsche Finanzamt nicht aktenkundig sei. Daher sei die Frage, ob die Klägerin für deutsches Grundvermögen steuerlich in Anspruch genommen werde, noch nicht abschließend geklärt, weshalb ein Anspruch auf Schad- und Klagloshaltung iSd Punktes 7) des Erbübereinkommens noch nicht bestehe.

Die Revision an den Obersten Gerichtshof sei wegen der Frage zulässig, ob durch die in der Bescheidvorschau in Aussicht genommene Inanspruchnahme der Klägerin für deutsches Grundvermögen und der damit im Zusammenhang stehenden Aussetzung eines Betrags von nur 33.480 EUR in Bezug auf die vollstreckbare Steuerpflicht von 50.760 EUR eine Befreiungspflicht der beklagten Partei iSd § 1404 ABGB angenommen werden könne.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision der klagenden Partei aus dem Revisionsgrund der unrichtigen rechtlichen Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im klagestattgebenden Sinn. Hilfsweise wird ein Aufhebungs- und Zurückverweisungsantrag gestellt.

Die beklagte Partei beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, die Revision zurückzuweisen, in eventu ihr nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zur Klarstellung der Voraussetzungen des § 10 EO und der Frage des anwendbaren Rechts auf das Eventualbegehren zulässig, weiters auch deswegen, weil die Ansicht der Vorinstanzen, ein Zahlungsanspruch der Klägerin könne vor Rechtskraft des deutschen Steuerbescheids noch nicht bestehen, eine aufzugreifende Fehlbeurteilung darstellt. Die Revision ist jedoch nicht berechtigt.

Das Revisionsvorbringen der klagenden Partei lässt sich dahin zusammenfassen, dass die Vorinstanzen zu Unrecht angenommen hätten, der zu ergänzende Titel sei unbestimmt und daher einer Titelergänzung unzugänglich. Weiters werde bei der Erfüllungsübernahme (§ 1404 ABGB) nicht einmal verlangt, dass der Schuldner Zahlung leiste. Hinsichtlich des deutschen Abgabenverfahrens habe das Berufungsgericht nicht geklärt, was wirklich Sache sei und weiche noch dazu ohne Beweiswiederholung von den Feststellungen des Erstgerichts zur Steuerpflicht ab. Zu Unrecht seien die Vorinstanzen von einem nicht rechtskräftig beendeten Abgabenverfahren ausgegangen; vielmehr sei der Aussetzungsbescheid rechtskräftig. Müsse die Klägerin aber aufgrund der Ablehnung einer Aussetzung betreffend eine Abgabenverpflichtung, die sich auf das deutsche Vermögen beziehe, eine Zahlung an die Abgabenbehörde leisten, sei die beklagte Partei zum Regress verpflichtet.

Dazu wurde erwogen:

1. Zum Hauptbegehren auf Titelergänzung nach § 10 EO:

Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin die Ergänzung eines österreichischen Exekutionstitels. Für die Beurteilung der Frage, ob ein Anwendungsfall des § 10 EO vorliegt, ist österreichisches Recht anzuwenden.

Die Klage nach § 10 EO bezweckt den Nachweis bestimmter Vollstreckbarkeitsvoraussetzungen für einen bereits vorhandenen Exekutionstitel, soll aber nicht die Schaffung eines neuen Titels ermöglichen (RIS-Justiz RS0001384; ErlRV 181 BlgNR 18. GP 20 [EONov 1991]). Mit anderen Worten muss sich der Anspruch bereits aus dem bestehenden Exekutionstitel ergeben; es ist aber noch notwendig, den Vollstreckungsanspruch für diesen Anspruch festzustellen ( Jakusch in Angst , EO 2 § 10 Rz 1). Seit der EO‑Novelle 1991 ist auch eine Sanierung eines unbestimmten Exekutionstitels (§ 7 Abs 1 EO) durch die Titelergänzungsklage möglich (AB 261 BlgNR 18. GP 2; 3 Ob 143/97v = ecolex 1999, 766 [zust Schumacher ] = RIS‑Justiz RS0000481 [T3]). Auch in diesem Fall darf nicht im Wege der Titelergänzung ein neuer Exekutionstitel geschaffen werden, sondern es sollen nur Mängel eines Exekutionstitels, der den Erfordernissen des § 7 Abs 1 EO nicht entspricht, behoben werden (RIS-Justiz RS0000562 [T1]).

Der hier relevante Punkt 7) des Erbübereinkommens vom 11. Jänner 2011 lautet:

7) Alle mit der Abhandlung und ihrer Durchführung verbundenen Gebühren und Kosten werden hinsichtlich des in Österreich abgeführten Verfahrens von [Klägerin], die Verfahrenskosten in Deutschland vom [beklagte Partei] getragen; das gleiche gilt für die auf das österreichische und das deutsche Nachlassvermögen entfallende Erwerbssteuer. Aus diesen Verpflichtungen haben sich die Miterben ebenfalls vollkommen schad- und klaglos zu halten.

Den Vorinstanzen ist zuzustimmen, dass in dieser Formulierung kein „Mangel“ des Exekutionstitels liegt, sondern eine bewusste Klarstellung, in welcher Form in Zukunft die Gebühren und Kosten getragen werden sollen. Mit anderen Worten werden nur die Grundlagen für die Auseinandersetzung von Gebühren und Kosten geschaffen, ohne dass die entsprechenden Ansprüche bereits in irgendeiner Weise konkretisiert wären. Die Formulierung einer wechselseitigen Schad- und Klagloshaltung im zweiten Satz hätte keinen Sinn, wenn im ersten Satz bereits titulierte ‑ wenn auch zu unbestimmte ‑ Ansprüche angesprochen wären.

Die von der Klägerin in der Revision angesprochene wechselseitige Verpflichtungserklärung stellt also im vorliegenden Fall kein Problem dar; die Titelergänzungsklage scheitert daran, dass in Punkt 7) des Erbübereinkommens noch kein titelmäßiger Anspruch festgelegt ist, sondern nur die Grundlagen für seine (spätere) Schaffung klargestellt werden.

2. Zum Eventualbegehren:

Mit ihrem Eventualbegehren will die Klägerin erreichen, dass die beklagte Partei ‑ aufgrund der Schad- und Klagloserklärung in Punkt 7) des Erbübereinkommens ‑ verpflichtet werde, ihr den an das deutsche Finanzamt geleisteten Betrag samt Zinsen und Kosten zu ersetzen.

2.1. Von den Vorinstanzen nicht geklärt wurde die Frage des anzuwendenden Sachrechts.

Die hinsichtlich des zeitlichen Geltungsbereichs (Art 28) an sich anwendbare Rom I-VO nimmt in ihrem Art 1 Abs 2 lit c „Schuldverhältnisse … aus Testamenten und Erbrecht“ explizit vom sachlichen Anwendungsbereich der Verordnung aus. Gleiches gilt für das EVÜ, das auf „vertragliche Schuldverhältnisse betreffend Testamente und das Gebiet des Erbrechts“ nicht anzuwenden ist (Art 1 Abs 2 lit b 1. Spiegelstrich EVÜ).

Das vorliegende Erbübereinkommen hängt eng mit dem Testament der Erblasserin zusammen; es bringt zum Ausdruck, den erblasserischen Willen umzusetzen. Daher fällt es aus dem sachlichen Anwendungsbereich der Rom I‑Verordnung heraus. Nach dem IPRG kommt eine Anknüpfung an das Schuldstatut (§ 35 IPRG) oder an das Erbstatut in Betracht (§ 28 IPRG). Im Hinblick auf den engen Konnex mit der angeordneten testamentarischen Erbfolge ist die Heranziehung des Erbstatuts vorzugswürdig.

Nach dem herrschenden Verständnis in Österreich (ebenso in Deutschland) sind von den Parteien einheitlich gewollte Geschäfte auch ohne Rechtswahl möglichst einheitlich anzuknüpfen (etwa 2 Ob 251/98w; Spellenberg in Münchener Kommentar zum BGB 5 [2010] Vor Art 11 EGBGB Rz 30; Martiny in Reithmann/Martiny , Internationales Vertragsrecht 7 [2010] Rz 168). Dieser Grundsatz führt dazu, dass im vorliegenden Fall das Erbstatut das gesamte Erbübereinkommen beherrscht. § 28 Abs 1 IPRG verweist im Hinblick auf die Staatsangehörigkeit der Erblasserin auf deutsches Recht. Diese Verweisung ist eine Gesamtverweisung (§ 5 Abs 1 IPRG). Das deutsche Recht nimmt ‑ bei vergleichbarer Qualifikation (siehe etwa Hausmann in Reithmann/Martiny , Internationales Vertragsrecht 7 Rz 6249) ‑ die Verweisung an: Nach Art 25 Abs 1 EGBGB unterliegt die Rechtsnachfolge von Todes wegen dem Recht des Staates, dem der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes angehörte.

2.2. Somit ist auch auf das Erbübereinkommen materielles deutsches Recht anzuwenden.

3. Das Erbübereinkommen vom 11. Jänner 2011 mit der im Punkt 7) vereinbarten Schad‑ und Klagsloshaltung und die korrespondierende Bestimmung im Punkt V. der weiteren Erbauseinandersetzung vom 8./15. Juni 2011 („das dem anderen in seinem Land zugewiesene Vermögen von allen Verpflichtungen freizuhalten ...“) ist nach den in Deutschland geltenden Auslegungsregeln auszulegen. Dazu ist schon vorweg festzuhalten, dass kein wesentlicher Unterschied zur österreichischen Rechtslage besteht. Wie § 914 ABGB fordert § 133 BGB zur Auslegung von Willenserklärungen, den wirklichen Willen zu erforschen und nicht am buchstäblichen Sinn des Ausdrucks zu haften. Dies ergänzt § 157 BGB dahin, dass Verträge auszulegen sind, wie Treu und Glauben mit Rücksicht auf die Verkehrssitte es erfordern. Nach Lehre und Rechtsprechung in Deutschland ist zur Auslegung das Gesamtverhalten der Erklärenden einschließlich der Nebenumstände heranzuzuiehen (Busche in Münchener Kommentar BGB6 § 133 Rz 55) und im Lichte des unbestimmten Rechtsbegriffs Treu und Glauben zu beurteilen, worunter vor allem der Aspekt eines gerechten Interessenausgleichs verstanden wird (Busche, § 157 Rz 6 f).

3.1. Die wechselseitige Schad‑ und Klagsloshaltung kann nach dem Wortlaut nur dahin verstanden werden, dass der jeweils andere von künftigen Forderungen Dritter zu befreien ist. Bei der vertraglichen Erfüllungsübernahme nach deutschem Recht (§ 329 BGB) verspricht der Übernehmer dem Schuldner, dessen Gläubiger zu befriedigen. Der Schuldner hat Anspruch auf Befreiung von seiner fälligen Schuld. Wenn sich aus der Vereinbarung nichts anderes ergibt, kann er nur auf Befreiung von der Verbindlichkeit und nicht schon auf Zahlung an den Gläubiger klagen (Jagmann in Staudinger, BGB [2009] § 329 Rz 16 mH auf BGH‑Judikatur). Dies entspricht dem in § 257 BGB geregelten gesetzlichen Befreiungsanspruch. Danach kann derjenige die Befreiung von einer Verbindlichkeit verlangen, die er eingegangen ist für einen Zweck, der zum Ersatz der Aufwendungen berechtigt. Vor Fälligkeit der Verbindlichkeit kann der Ersatzpflichtige statt der Befreiung Sicherheit leisten.

Die gesetzliche Regelung des Befreiungsanspruchs in § 257 BGB ist aber einer vertraglichen Regelung der Parteien nachrangig (Bittner in Staudinger [2009] § 257 Rz 26 mH auf BGH‑Judikatur; Krüger in Münchener Kommentar zum BGB6 [2012] § 257 Rz 2 und 7). Zu welchem Zeitpunkt der Befreiungsanspruch fällig wird, richtet sich also in erster Linie nach der Vereinbarung der Parteien (Krüger § 257 Rz 2 und 7).

Die Verpflichtung zur „Klagloshaltung“ kann nur dahin verstanden werden, dass der Übernehmer den Schuldner davor zu bewahren hat, dass ihn der Gläubiger belangt. Daraus folgt, dass der Befreiungsanspruch bereits im Fall der Belangung fällig wurde und schon auf Zahlung gerichtet werden konnte, und zwar an sich selbst, wenn die Schuldnerin ihre Schuld erfüllt hat. Damit geht ihr Befreiungsanspruch in einen Erstattungsanspruch über (Gottwald in Münchener Kommentar zum BGB, § 329 Rz 18).

Ergänzend sei noch bemerkt, dass eine vereinbarte Schad‑ und Klagsloshaltung auch nach österreichischem Recht nicht anders verstanden wird. Eine solche iSd § 1404 ABGB qualifizierte Erfüllungsübernahme löst einen Befreiungsanspruch aus, sobald der Schuldner in die Lage kommt, trotz Erfüllungsübernahme zahlen zu müssen (RIS‑Justiz RS0097736).

Als Zwischenergebnis ist festzuhalten, dass der Zahlungsanspruch der Klägerin nicht zur Voraussetzung hat, dass der Steuerbescheid in Deutschland in Rechtskraft erwachsen ist.

3.2. Die Vertragsauslegung ergibt allerdings, dass ihr kein Befreiungsanspruch (Erstattungsanspruch) in Ansehung der deutschen Steuerlast, die das österreichische Nachlassvermögen betrifft, zusteht. Diese Last hat der Beklagte vertraglich nicht übernommen:

Nach Punkt 7) des Erbübereinkommens vom 11. Jänner 2011 trägt die Klägerin die Kosten des österreichischen Abhandlungsverfahrens, der Beklagte die Verfahrenskosten in Deutschland. „Das Gleiche gilt für die auf das österreichische und das deutsche Nachlassvermögen entfallende Erwerbssteuern.“ Ein Hinweis darauf, dass es darauf ankommen sollte, in welchem Land die Erwerbssteuer vorgeschrieben wird, fehlt hier ebenso wie im Punkt V. der weiteren Vereinbarung vom 8./15. Juni 2011. Dort verpflichteten die Parteien „sich gegenseitig, den jeweils anderen von allen Verpflichtungen betreffend das dem anderen in seinen Land zugewiesenen Vermögen von allen Verpflichtungen frei zu halten“. Nach dem reinen Wortlaut kommt es also nicht darauf an, wo die Verpflichtung (die Steuerlast) entsteht (arg.: von allen Verpflichtungen). Ob die Parteien daran gedacht haben, dass in Deutschland eine das österreichische Vermögen betreffende Steuerlast entstehen kann, steht nicht fest. Nach dem Auslegungsgrundsatz des § 157 BGB (Treu und Glauben) ist die Vereinbarung im Sinne eines gerechten Interessenausgleichs auszulegen, also so zu verstehen, dass nicht eine einseitige Interessendurchsetzung die Folge ist. Aus der Gesamtheit des Erbübereinkommens ist abzuleiten, dass die Parteien dem Willen der Erblasserin entsprechen wollten. Deren Vermögenszuwendung ist mangels gegenteiliger Anhaltspunkte dahin zu interpretieren, dass die Parteien jeweils das in ihrem Land befindliche Nachlassvermögen abzüglich der darauf entfallenden Lasten (Verfahrenskosten und Steuern) erhalten sollten. Wenn also der Beklagte die das österreichische Vermögen betreffende deutsche Steuerlast zu tragen hätte, wäre dies eine einseitige Bevorzugung der Klägerin. Dies wäre mit dem Grundsatz einer gerechten Interessenabwägung (Busche, § 157 Rz 107 mH auf BGH‑Judikatur) nicht in Einklang zu bringen.

Die Klageabweisung durch die Vorinstanzen erfolgte im Ergebnis aus den dargelegten Gründen zu Recht.

Die Entscheidung über die Verfahrenskosten beruht auf den §§ 41 und 50 ZPO.

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