OGH 2Ob64/13w

OGH2Ob64/13w30.7.2013

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr.

Baumann als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Veith, Dr. E. Solé, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Pflegschaftssache des N***** F*****, geboren am ***** 1992, *****, vertreten durch Dr. Karl Muzik, Rechtsanwalt in Wien, und der mj K***** F*****, geboren am ***** 1995, vertreten durch die Mutter Mag. U***** F*****, die Mutter vertreten durch Dr. Helene Klaar Dr. Norbert Marschall Rechtsanwälte OG in Wien, über den Revisionsrekurs der Mutter (als Unterhaltsschuldnerin gegenüber N***** F*****) und über den Revisionsrekurs des Vaters Dr. H***** F***** (als Unterhaltsschuldner gegenüber der mj K***** F*****), vertreten durch Dr. Karl Muzik, Rechtsanwalt in Wien, jeweils gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 28. Jänner 2013, GZ 45 R 249/12v, 45 R 290/12y-U86, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 31. Jänner 2012, GZ 3 P 255/03b-U43, bestätigt und der Teilbeschluss des Bezirksgerichts Innere Stadt Wien vom 13. April 2012, GZ 3 P 255/03b-U49, teilweise aufgehoben wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2013:0020OB00064.13W.0730.000

 

Spruch:

1. Der Revisionsrekurs der Mutter wird zurückgewiesen.

2. Dem Revisionsrekurs des Vaters wird teilweise Folge gegeben.

Die angefochtene Entscheidung wird dahin abgeändert, dass das Unterhaltsbegehren der mj K***** F***** bis einschließlich Juli 2005 und das Begehren auf Leistung von Sonderbedarf bis einschließlich August 2005 abgewiesen wird.

Im Übrigen wird die angefochtene Entscheidung bestätigt (Aufhebung im Umfang der Zeiträume von August 2005 bis einschließlich Dezember 2005 [Unterhalt] und von September 2005 bis einschließlich Dezember 2006 [Sonderbedarf]).

Begründung

1. Zum Unterhalt des vormals mj N***** F***** (Antragsteller):

Die Vorinstanzen setzten die monatliche Unterhaltspflicht der Mutter für die Zeit vom 1. 10. 2004 bis 30. 4. 2005 und vom 1. 4. 2007 bis auf weiteres fest und wiesen ein Mehrbegehren ab. Der Antragsteller sei trotz seiner nunmehrigen Volljährigkeit nicht selbsterhaltungsfähig, weil sein Schulerfolg durch das jahrelange Scheidungsverfahren seiner Eltern gelitten habe und er jetzt zielstrebig den Maturaschulabschluss anstrebe und geringfügig beschäftigt sei. Die von der Mutter bezahlten Rechnungen für Bestellungen des Sohnes bei Amazon in Höhe von 794,79 EUR könnten nicht als Naturalunterhaltsleistung qualifiziert werden, weil sie nicht mit der Absicht, eine solche zu erbringen, bezahlt worden seien.

Das Rekursgericht ließ den Revisionsrekurs zur Frage der Qualifikation der Bezahlung von vom Minderjährigen eigenmächtig bestellten Waren als Naturalunterhaltsleistung zu.

Die Mutter macht in ihrem Revisionsrekurs geltend, das Maturastudium des Antragstellers könne aufgrund einer Studiendauer von bereits fünf Jahren nicht als ernsthaft und zielstrebig bezeichnet werden. Der 21‑jährige Antragsteller sei als selbsterhaltungsfähig anzusehen. Die Bezahlung der Amazon-Rechnungen für den Antragsteller in Höhe von 794,79 EUR sei kein Geschenk gewesen, sondern sei als Taschengeld für die individuelle Befriedigung von Bedürfnissen als Naturalunterhalt zu berücksichtigen.

Der Antragsteller beantragt in seiner Revisionsrekursbeantwortung, dem Rechtsmittel der Mutter nicht Folge zu geben.

Der Revisionsrekurs der Mutter ist in Ermangelung von erheblichen Rechtsfragen im Sinn von § 62 Abs 1 AußStrG nicht zulässig:

1.1. (Fiktive) Selbsterhaltungsfähigkeit ist anzunehmen, wenn das unterhaltsberechtigte Kind nach Ende des Pflichtschulalters weder eine weitere zielstrebige Schul- oder sonstige Berufsausbildung noch eine mögliche Erwerbstätigkeit betreibt, also arbeits- und ausbildungsunwillig ist, ohne dass krankheits- oder entwicklungsbedingt die Fähigkeiten fehlten, für sich selbst aufzukommen (vgl RIS-Justiz RS0114658). Für die Annahme eines Verschuldens des Unterhaltsberechtigten am Scheitern einer angemessenen Berufsausbildung ist wesentlich, ob der schulische Misserfolg aus der (einseitigen) Begabungsstruktur oder doch wesentlich aus der psychischen Belastung durch die problematische familiäre Situation (geschiedene Eltern) und den dadurch notwendigerweise verbundenen Mangel an genügender persönlicher Zuwendung und häuslicher Lernbetreuung wie auch durch pubertätsbedingte Schwierigkeiten erklärbar ist (RIS-Justiz RS0047629). Die verspätete Ablegung der Reifeprüfung als solche führt noch nicht zur Annahme der Selbsterhaltungsfähigkeit (RIS-Justiz RS0047716 [T3]).

1.2. Die Frage, ob ein Kind seinen Unterhaltsanspruch verliert, weil es seine Schulausbildung nicht zielstrebig betreibt, kann nur nach den Umständen des Einzelfalls entschieden werden (RIS-Justiz RS0008857 [T1]).

1.3. Das Rekursgericht hat auf Basis der Feststellung, dass der Antragsteller in der Maturaschule sieben von zwölf Zulassungsprüfungen erfolgreich abgeschlossen hat, und der Erwägung, dass angesichts der traumatisierenden Geschehnisse, die der Antragsteller als rund Fünfzehnjähriger durchmachen habe müssen, welche Irritation sich bis heute auswirke, eine den Umständen entsprechende Ernsthaftigkeit und Zielstrebigkeit sowohl der Ausbildung als auch der Erwerbstätigkeit angenommen. Die demgemäß erfolgte Verneinung der fiktiven Selbsterhaltungsfähigkeit des Antragstellers durch das Rekursgericht ist vertretbar, weil der mit auffallender Vehemenz (so das Rekursgericht) gerichtlich ausgetragene Paarkonflikt der Eltern zweifellos einen erheblich nachteiligen Einfluss auf die schulischen Leistungen des Antragstellers ausüben konnte.

1.4. Vertretbar ist auch die Verneinung der Qualifikation der Zahlung von Amazon-Rechnungen des Antragstellers durch die Mutter als Naturalunterhaltsleistung.

Naturalunterhalt ist die unmittelbare Befriedigung der angemessenen Kindesbedürfnisse durch Sachleistungen oder Dienstleistungen, die der Unterhaltspflichtige selbst erbringt oder deren Erbringung durch Dritte er bezahlt. Zum Naturalunterhalt gehört auch ein dem Kindesalter und den elterlichen Lebensverhältnissen angemessenes Taschengeld (RIS-Justiz RS0116145). Unter Naturalunterhalt fallen nur solche Leistungen mit Unterhaltscharakter, die nicht in Schenkungsabsicht erfolgen und zu einer ausgewogenen Deckung des gesamten angemessenen Lebensbedarfs des Kindes beitragen (EFSlg 129.874; vgl auch 3 Ob 526/93).

1.5. Ob und in welchem Ausmaß eine Reduktion des Geldunterhaltsanspruchs vorzunehmen ist, ist eine Entscheidung, der keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zukommt (6 Ob 20/97b).

1.6. Das Rekursgericht führte aus, es habe keine unterhaltsrechtliche Notwendigkeit oder Sinnhaftigkeit vorgelegen, diese Rechnungen anstandslos zu bezahlen. Die Bestellungen bei Amazon in Höhe von 794,79 EUR seien auch gegen den Willen der Mutter vorgenommen worden. Es wäre daher an der Mutter gelegen, die Bezahlung der Rechnung unter Hinweis auf die (damalige) Minderjährigkeit des Bestellers zu verweigern und gegebenenfalls die bereits übersendete Ware zurückzusenden. Eine anrechenbare Naturalunterhaltsleistung sei durch die Bezahlung der Rechnungen nicht erbracht worden. Darin liegt keine krasse Fehlbeurteilung, die vom Obersten Gerichtshof aufzugreifen wäre.

Der Revisionsrekurs der Mutter war daher zurückzuweisen.

Ein Kostenzuspruch für die Revisionsrekursbeantwortung hatte zu unterbleiben, weil der Antragsteller darin nicht auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels der Mutter hingewiesen hat.

2. Zum Unterhalt der mj K***** F***** (Antragstellerin):

Das Erstgericht hat mit Teilbeschluss ON U49 den Antrag, den Vater zu verpflichten, der Antragstellerin für die Zeit vom 18. 12. 2003 bis 31. 12. 2005 Unterhalt bzw für die Zeit vom 18. 12. 2003 bis 31. 12. 2006 Sonderbedarf zu leisten, zur Gänze abgewiesen und die Entscheidung über den Unterhaltsfestsetzungsantrag der Antragstellerin für die Zeit ab 1. 9. 2007 sowie den Antrag auf Leistung von Sonderbedarf für die Zeit ab 1. 1. 2007 einer weiteren Beschlussfassung nach Verfahrensergänzung vorbehalten.

Die Antragstellerin, vertreten durch die Mutter, stellte im Februar 2004 erstmals den Antrag, den Vater ab 18. 12. 2003 zu einer Unterhaltsleistung zu verpflichten. Mit Beschluss des Erstgerichts vom 22. 2. 2005 wurde der Mutter die einstweilige Obsorge für die Antragstellerin übertragen. Mit Schriftsatz vom 24. 1. 2006 wurden alle Anträge zurückgezogen und mit Beschluss vom 17. 2. 2006 wurde festgestellt, dass die Obsorge weiterhin beiden Elternteilen zusteht. Die Antragstellerin, vertreten durch die Mutter, stellte erstmals wieder am 18. 2. 2008 einen neuen Antrag auf Verpflichtung des Vaters zur Leistung von Unterhalt ab 1. 9. 2007 und zur Leistung eines Sonderbedarfs für das Jahr 2007. Mit Beschluss des Erstgerichts vom 3. 7. 2009 wurde der Mutter wieder die alleinige Obsorge für die Antragstellerin übertragen. In der Tagsatzung vom 11. 7. 2011 gab die Mutter als gesetzliche Vertreterin der Antragstellerin unter Anleitung ihrer Anwältin an, dass die Anträge für die Zeit von 18. 12. 2003 bis 31. 8. 2007 nicht mehr offen seien und lediglich der Unterhaltsantrag ab 1. 9. 2007 offen sei. Am 5. 12. 2011 begehrte die Antragstellerin neuerlich Unterhalt bzw am 28. 12. 2011 Leistung von Sonderbedarf für Zeiträume vor 2007.

Das Erstgericht führte rechtlich aus, dass sowohl der Unterhaltsfestsetzungsantrag für den Zeitraum vor 1. 9. 2007 als auch der Antrag auf Leistung eines Sonderbedarfs für die Zeit vor 1. 1. 2007 im Hinblick auf die vom Vater eingewendete Verjährung abzuweisen sei. Da nach Zurückziehung sämtlicher Anträge erstmals mit Schreiben vom 18. 2. 2008 ein neuer Antrag auf Verpflichtung des Vaters zur Leistung eines monatlichen Unterhaltsbetrags lediglich ab 1. 9. 2007 sowie zur Leistung eines Sonderbedarfs lediglich für das Jahr 2007 eingebracht worden sei und der Unterhaltsantrag für den Zeitraum vom 18. 12. 2003 bis 31. 8. 2007 erst mit Schreiben vom 5. 12. 2011 sowie der Antrag auf Leistung eines Sonderbedarfs für die Zeit vor 1. 1. 2007 erst mit Schreiben vom 28. 12. 2011 eingebracht worden sei, obwohl es der unterhaltsberechtigten Antragstellerin, vertreten durch ihre Mutter, auch bei Bestehen der gemeinsamen Obsorge beider Elternteile möglich gewesen wäre, innerhalb der Verjährungsfrist von drei Jahren einen neuerlichen Antrag auf Unterhalts- bzw Sonderbedarfsfestsetzung für die genannten Zeiträume einzubringen, seien diese Unterhalts- bzw Sonderbedarfsansprüche verjährt.

Das Rekursgericht hob den Beschluss ON U49 im Umfang der Abweisung auf und verwies die Sache zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung an das Erstgericht zurück. Die Rücknahme früherer Anträge begründe keinen Anspruchsverzicht. Sie könnten später wieder geltend gemacht werden. Gemäß § 1495 ABGB sei die Verjährung von Unterhaltsansprüchen zwischen Eltern und Kindern gehemmt, solange Kinder unter der Obsorge der unterhaltspflichtigen Eltern stünden. Da hier die Übertragung der alleinigen Obsorge hinsichtlich der Antragstellerin an die Mutter erst mit Beschluss des Erstgerichts vom 3. 7. 2009 erfolgt sei, sohin die Obsorge des Unterhaltsschuldners bis zu diesem Zeitpunkt bestanden habe, sei die Verjährung von Unterhaltsansprüchen der Antragstellerin gegenüber dem Vater auch bis zu diesem Zeitpunkt gehemmt. Erst mit 3. 7. 2009 habe in analoger Anwendung des § 1497 ABGB, wonach die Verjährung nach Ende der „Hemmung“ neu zu laufen beginne, die dreijährige Verjährungsfrist des § 1480 ABGB zu laufen begonnen. Die fraglichen Unterhaltsansprüche seien daher nicht verjährt.

Da zur Frage der Verjährung von Unterhaltsansprüchen im Sinn des § 1495 ABGB im Zusammenhang mit mehrfacher Hemmung der Verjährung durch derogierende Obsorgeentscheidungen und der analogen Anwendung des § 1497 ABGB hinsichtlich des neu zu laufen beginnenden Verjährungszeitraums keine höchstgerichtliche Rechtsprechung bestehe, dieser Frage jedoch über den Einzelfall hinausgehend erhebliche Bedeutung zukomme, sei der Revisionsrekurs gegen die Aufhebungsentscheidung zulässig.

Der Vater beantragt in seinem Revisionsrekurs die Wiederherstellung der erstgerichtlichen Entscheidung. Er macht geltend, dass § 1495 ABGB eine Fortlaufshemmung und keine Ablaufshemmung normiere, wonach der schon abgelaufene Teil der Frist seine Bedeutung nicht verliere, sondern nur der weitere Zeitablauf durch das Hindernis hinausgeschoben werde. Somit habe der Beschluss des Erstgerichts vom 22. 2. 2005, mit welchem der Mutter die einstweilige Obsorge für die Antragstellerin übertragen worden sei, den Lauf der Verjährung in Gang gesetzt. Diese sei ab 17. 2. 2006 (Obsorge beider Eltern) gehemmt worden und sei ab 3. 7. 2009 (neuerliche alleinige Obsorge der Mutter) weiter gelaufen, sodass unter Berücksichtigung der Fortlaufshemmung mit 8. 7. 2011 die dreijährige Verjährungszeit abgelaufen gewesen sei. Der erst neuerlich am 5. 12. 2011 gestellte Antrag auf Unterhaltsfestsetzung könne daher zwar grundsätzlich drei Jahre zurückreichen, also bis 6. 12. 2008, aber nur insoweit keine frühere Verjährung vorliege, was hier der Fall sei. „Materiell betrachtet“ sei die Verjährung bereits mit 21. 2. 2008 abgelaufen, weil die mit 22. 5. 2005 begonnene Verjährungsfrist durch die kurze Zeit der „Versöhnung zwischen den Ehepartnern“ und der gemeinsamen Obsorge nicht gehemmt worden sei.

Die Antragstellerin beantragt in ihrer Revisionsrekursbeantwortung, das Rechtsmittel des Vaters zurückzuweisen bzw ihm nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig und teilweise berechtigt.

2.1. Gemäß § 1495 ABGB kann unter anderem zwischen Minderjährigen oder anderen Pflegebefohlenen und den mit der Obsorge betrauten Personen, solange die Obsorge andauert, die Ersitzung oder Verjährung weder angefangen noch fortgesetzt werden.

§ 1495 ABGB normiert eine Fortlaufshemmung. Sie hindert also Beginn und Lauf der Verjährung (RIS-Justiz RS0117534). Fortlaufshemmung bedeutet, dass nach dem Wegfall des Hemmungsgrundes der Rest der Verjährungsfrist verstreichen muss (vgl 7 Ob 314/00b). Im Unterschied dazu beginnt die Verjährung nach einer Unterbrechung gemäß § 1497 ABGB neu zu laufen (vgl RIS-Justiz RS0085090).

2.2. Das Rekursgericht wendete die Bestimmung des § 1497 ABGB analog an. Diese regelt die Unterbrechung der Verjährung in den Fällen des Anerkenntnisses und der Klagsführung. Der vorliegende Fall der Hemmung der Verjährung von Unterhaltsansprüchen ist jedoch ausdrücklich in § 1495 ABGB geregelt. Eine planwidrige Unvollständigkeit dieser Rechtsnorm ‑ was Voraussetzung für die Analogie wäre (vgl Schauer in Kletečka/Schauer , ABGB-ON 1.00 § 6 Rz 4) ‑ ist nicht ersichtlich. Auch die Rechtsprechung geht von einer Hemmung (und nicht Unterbrechung) der Verjährung von Unterhaltsansprüchen in vergleichbaren Fällen aus (vgl 1 Ob 201/11g; Reischauer , Zur Verjährungshemmung nach § 1495 Satz 1 ABGB, JBl 1991, 559 [563]). Dass in den Fällen des § 1495 ABGB eine Hemmung und nicht eine Unterbrechung der Verjährung Platz greift, ergibt sich auch schon aus der Überschrift zu § 1494 ABGB.

2.3. Die Antragstellerin argumentiert in ihrer Revisionsrekursbeantwortung, dass die Verjährung erst mit der endgültigen Übertragung der alleinigen Obsorge an die Mutter, somit erst mit Beschluss vom 3. 7. 2009 zu laufen begonnen habe. Dem ist entgegen zu halten, dass es zwar zutrifft, dass die Hemmung nach § 1495 Satz 1 ABGB mit dem gänzlichen Ende des Obsorgerechts eines Elternteils endet (1 Ob 117/01i). Im konkreten Fall endete aber das Obsorgerecht des Vaters bereits mit der einstweiligen Obsorgezuweisung an die Mutter laut Beschluss des Erstgerichts vom 22. 2. 2005. § 107 Abs 2 AußStrG spricht zwar nur von der vorläufigen „Einräumung“ der Obsorge. Damit ist aber auch die zwingend notwendige Entziehung der (Mit-)Obsorge umfasst ( Deixler-Hübner in Rechberger , AußStrG 2 § 107 Rz 7 mwN). Die Verjährung der bereits fälligen Unterhaltsansprüche fing daher mit 22. 2. 2005 zu laufen an und wurde in der Folge durch die Zuerkennung der gemeinsamen Obsorge am 17. 2. 2006 gehemmt und mit der neuerlichen Zuerkennung der alleinigen Obsorge an die Mutter mit Beschluss vom 3. 7. 2009 fortgesetzt.

2.4. Gemäß § 1480 ABGB unterliegen Unterhaltsforderungen der dreijährigen Verjährung. Dies bedeutet im konkreten Fall, dass die für Zeiträume bis einschließlich Juli 2005 geltend gemachten Unterhaltsansprüche zum Zeitpunkt der Antragstellung am 5. 12. 2011 und die für Zeiträume bis einschließlich August 2005 geltend gemachten Ansprüche auf Leistung von Sonderbedarf zum Zeitpunkt der Antragstellung am 28. 12. 2011 bereits verjährt waren. Für die Unterhaltsansprüche von August 2005 bis einschließlich Dezember 2005 und für die Sonderbedarfsansprüche von September 2005 bis einschließlich Dezember 2006 trifft dies mangels Ablaufs der dreijährigen Verjährungsfrist nicht zu.

Dem Revisionsrekurs des Vaters war daher teilweise Folge zu geben und der angefochtene Beschluss dahin abzuändern, dass der Unterhaltsanspruch der mj K***** F***** bis einschließlich Juli 2005 und ihr Sonderbedarfsanspruch bis einschließlich August 2005 abgewiesen wird. Hinsichtlich der über diese Zeiträume hinausreichenden Perioden war die aufhebende Entscheidung des Rekursgerichts zu bestätigen.

Eine Kostenentscheidung war nicht zu fällen, weil gemäß § 101 Abs 2 AußStrG in Verfahren über Unterhaltsansprüche eines minderjährigen Kindes ein Kostenersatz nicht stattfindet.

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