OGH 1Ob115/13p

OGH1Ob115/13p18.7.2013

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr.

Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski, Dr. Grohmann, Mag. Wurzer und Mag. Dr. Wurdinger als weitere Richter in der Pflegschaftssache der mj Kinder D***** E*****, geboren am 21. November 1999, und L***** E*****, geboren am 26. November 2002, beide vertreten durch das Land Salzburg (Magistrat der Stadt Salzburg, Amt für Jugend und Familie, Salzburg, Saint‑Julien‑Straße 20), über den Revisionsrekurs des Vaters A***** Z*****, vertreten durch Mag. Oscar Weiß LL.M., Rechtsanwalt in Salzburg, gegen den Beschluss des Landesgerichts Salzburg als Rekursgericht vom 13. Februar 2013, GZ 21 R 398/12v‑97, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Salzburg vom 13. September 2012, GZ 43 Pu 29/10i‑93, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2013:0010OB00115.13P.0718.000

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Begründung

Aufgrund eines Erhöhungsantrags der Kinder erkannte das Erstgericht den Vater ua schuldig, ab 1. 4. 2012 monatliche Unterhaltsbeiträge von 400 EUR für seinen Sohn und von 340 EUR für seine Tochter zu zahlen. Er habe im Zeitraum von September 2011 bis Mai 2012 durchschnittlich 2.081,06 EUR im Monat verdient, was unter Anwendung der Prozentsätze für Kinder dieser Altersgruppe die zuerkannten Unterhaltsbeträge rechtfertige. Dem Einwand des Vaters, die Höhe seines Einkommens variiere stark, sei durch die Ermittlung der Bemessungsgrundlage in einem Bezugszeitraum von acht Monaten Rechnung getragen worden. Die behauptete Privatinsolvenz des Vaters sei in der Insolvenzdatenbank nicht zu finden, weshalb davon auszugehen sei, dass das Verfahren im außergerichtlichen Weg zum Abschluss gebracht worden sei bzw werden werde.

Das Rekursgericht änderte diese Entscheidung dahin ab, dass es die monatliche Unterhaltsverpflichtung für den Sohn mit 370 EUR und für die Tochter mit 310 EUR festsetzte. Die Annahme des Erstgerichts, der Eröffnungsbeschluss des zuständigen Amtsgerichts sei in der Insolvenzdatenbank nicht zu finden, sei unrichtig. Gesetzliche Unterhaltsansprüche für die Zeit nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens, hier also ab 1. 4. 2012, seien allerdings keine Insolvenzforderungen. Sie unterlägen nicht den Konkurswirkungen (insbesondere der Restschuldbefreiung) und könnten daher auch während des Insolvenzverfahrens gegen den Gemeinschuldner anhängig gemacht und weiterverfolgt werden. Nach den weiter vorgelegten (unbestrittenen) Lohnunterlagen habe der Vater in der Zeit von April 2012 bis einschließlich August 2012 ein Nettoeinkommen von insgesamt 9.750,41 EUR bzw umgelegt auf einen Monat von durchschnittlich 1.950 EUR erzielt, worin ein vom Dienstgeber angerechneter Sachbezug für die Nutzung eines Kfz im Betrag von monatlich 238 EUR enthalten sei, der aus der Unterhaltsbemessungsgrundlage nicht auszuscheiden sei. Das der Unterhaltsbemessungsgrundlage zugrunde zu legende Einkommen bestehe nämlich aus allen tatsächlich erzielten geldwerten Einkünften, über die der Unterhaltspflichtige frei verfügen könne, weshalb es nicht zweifelhaft sein könne, dass die Verwendung eines vom Dienstgeber überlassenen Pkw für private Zwecke als Sachbezug zu werten sei. Im Hinblick auf das festgestellte Einkommen von durchschnittlich 1.950 EUR monatlich ergebe sich eine Unterhaltsverpflichtung von 370 EUR monatlich gegenüber dem Sohn und von 310 EUR gegenüber der Tochter. Die insolvenzrechtlichen Maßnahmen hätten auf die Festsetzung der Unterhaltsverpflichtung des Vaters gegenüber seinen Kindern keinen Einfluss.

Der Revisionsrekurs sei zulässig, weil zur Frage, wie sich die Eröffnung eines Insolvenzverfahrens in einem anderen Mitgliedstaat der EU auf die Geltendmachung von Unterhaltsansprüchen bzw auf ein außerstreitiges Unterhaltsverfahren in Österreich auswirkt, Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs fehle.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen erhobene Revisionsrekurs des Vaters erweist sich als unzulässig, weil darin keine im Sinne des § 62 Abs 1 AußStrG erhebliche Rechtsfrage angesprochen wird.

Der Revisionsrekurswerber stellt weder die Feststellungen des Rekursgerichts über sein Nettoeinkommen und den von seinem Dienstgeber gewährten Sachbezug noch die Rechtsauffassung des Rekursgerichts in Frage, dass das der Unterhaltsbemessung nach dem (§ 140 ABGB alt inhaltsgleichen) § 231 Abs 1‑3 ABGB idF BGBl I 2013/15 zugrunde zu legende Einkommen nicht nur aus Geldbezügen sondern auch aus sonstigen geldwerten Leistungen besteht, über die der Unterhaltspflichtige verfügen kann, wie etwa die Verwendung eines vom Dienstgeber überlassenen Fahrzeugs für private Zwecke. Er vertritt lediglich die Auffassung, in seinem Fall sei ein solcher Sachbezug nicht gegeben. Aus den Lohnunterlagen gehe hervor, dass ihm die Kfz‑Nutzung in Höhe von 238 EUR vom Nettoverdienst abgezogen werde, weshalb effektiv kein Sachbezug für die Nutzung eines Kfz vorliege. Bei Nichtberücksichtigung der im Zeitraum von April bis August 2012 mit insgesamt 1.190 EUR bewerteten Kfz‑Nutzung habe sein Nettoeinkommen somit nicht 9.750,41 EUR, sondern lediglich 8.560,41 EUR betragen, somit im Monatsdurchschnitt (nur) 1.713 EUR. Daraus ergäben sich niedrigere Unterhaltsverpflichtungen.

Diese Argumentation ist nicht verständlich, zumal der Revisionsrekurswerber nicht in Zweifel zieht, dass die Bewertung der ihm gewährten Kfz‑Nutzung mit 238 EUR monatlich richtig ist. Ausgehend von der zutreffenden (vgl nur 1 Ob 143/02i; 6 Ob 5/04k; 3 Ob 296/02d; 10 Ob 4/07x ua) Rechtsansicht des Rekursgerichts und des Revisionsrekurswerbers sind bei Ermittlung der Unterhaltsbemessungsgrundlage nicht nur die in Geld bezogenen Einkommensteile des Unterhaltspflichtigen zu berücksichtigen, sondern darüber hinaus auch sonstige geldwerte Leistungen, die ‑ wie hier ‑ häufig in der Nutzungsmöglichkeit eines Pkws des Dienstgebers als „Sachbezug“ bestehen (RIS‑Justiz RS0109238: „Naturalbezüge“). Entgegen der Darstellung des Revisionsrekurswerbers wird ihm keineswegs ein Betrag von 238 EUR vom „Nettoverdienst“ abgezogen, sondern vielmehr nur von einem (fiktiven) „Netto‑Bezug“; dessen Berechnung auch der in Geld bewertete Sachbezug (zur Abgabenbemessung) zugrundegelegt wurde, der aber naturgemäß nicht bar ausgezahlt wird. Zu dem vom Vater unstrittigermaßen durchschnittlich bezogenen Geldeinkommen von 1.713 EUR ist somit der Sachbezug im Wert von 238 EUR hinzuzurechnen, was einen monatlichen Vorteil aus dem Dienstverhältnis in Höhe von 1.951 EUR ergibt. Die Annahme einer Bemessungsgrundlage von monatlich 1.950 EUR durch das Rekursgericht konnte daher für den Vater keineswegs nachteilig sein.

Da er auch zu der vom Rekursgericht als erheblich angesehenen Rechtsfrage nichts ausführt, ist sein Rechtsmittel zurückzuweisen. Einer weiteren Begründung bedarf es nicht (§ 71 Abs 3 AußStrG).

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