OGH 1Ob104/13w

OGH1Ob104/13w18.7.2013

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr.

Sailer als Vorsitzenden sowie die Hofräte Univ.‑Prof. Dr. Bydlinski, Dr. Grohmann, Mag. Wurzer und Mag. Dr. Wurdinger als weitere Richter in der Familienrechtssache der Antragstellerin S***** J*****, vertreten durch Dr. Ruth Hütthaler‑Brandauer, Rechtsanwältin in Wien, gegen den Antragsgegner DI (FH) P***** H*****, vertreten durch Sattlegger, Dorninger, Steiner & Partner Anwaltssocietät, Rechtsanwälte OG in Linz, wegen Unterhalt, über den Revisionsrekurs des Antragsgegners gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 27. Februar 2013, GZ 45 R 77/13a‑18, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Favoriten vom 18. Dezember 2012, GZ 8 Fam 13/12t‑11, als nichtig aufgehoben und der Unterhaltsfestsetzungsantrag der Antragstellerin zurückgewiesen wurden, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2013:0010OB00104.13W.0718.000

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Der Antragsgegner ist schuldig, der Antragstellerin binnen 14 Tagen die mit 297,40 EUR (darin enthalten 49,56 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsrekursbeantwortung zu ersetzen.

Begründung

Der Antragsgegner (Vater der Antragstellerin) wurde mit Beschluss vom 19. 4. 2010 rechtskräftig verpflichtet, seiner Tochter ab 1. 8. 2009 einen monatlichen Unterhalt von 460 EUR zu zahlen. Am 4. 12. 2011 schlossen er und die volljährige Antragstellerin außergerichtlich einen Vergleich, in dem er sich zur Zahlung eines monatlichen Unterhalts von 390 EUR ab 1. 1. 2012 verpflichtete. Im November 2012 beantragte die Antragstellerin die Festsetzung der monatlichen Unterhaltsleistung mit 460 EUR ab 1. 1. 2012.

Das Erstgericht verpflichtete den Vater, ab 1. 1. 2012 zusätzlich zu der vergleichsweise geregelten Unterhaltsleistung von 390 EUR einen weiteren monatlichen Unterhaltsbetrag von 70 EUR, insgesamt somit 460 EUR monatlich zu zahlen.

Aus Anlass des Rekurses des Antragsgegners hob das Rekursgericht diesen Beschluss wegen rechtskräftig entschiedener Sache als nichtig auf und wies den Unterhaltsfestsetzungsantrag der Antragstellerin zurück. Es ließ nachträglich den ordentlichen Revisionsrekurs zu, weil eine Klarstellung des Obersten Gerichtshofs zur Frage der „Behebung“ eines Exekutionstitels durch eine außergerichtliche Unterhaltsvereinbarung in diesem Fall angezeigt sei.

Rechtliche Beurteilung

I. Der Revisionsrekurs des Antragsgegners ist nicht zulässig.

Auch im Außerstreitverfahren ist nur derjenige rechtsmittellegitimiert, der durch die bekämpfte Entscheidung (formell oder materiell) beschwert ist (RIS‑Justiz RS0006497 [T31]; RS0041868 [T19, vgl T23]). Nach der auch für das insoweit keine eigenen Regeln enthaltende AußStrG maßgeblichen jüngeren höchstgerichtlichen Rechtssprechung zur ZPO ist eine Beschwer des Beklagten dann zu verneinen, wenn die Klage aus einem Grund zurückgewiesen wird, der der neuerlichen Einbringung einer gleichlautenden Klage entgegensteht (1 Ob 135/12b; 7 Ob 128/12t, je mwN). Das trifft bei einer Zurückweisung wegen rechtskräftig entschiedener Sache zu. Die Aufhebung des erstinstanzlichen Beschlusses als nichtig und die Zurückweisung des Unterhaltsfestsetzungsantrags wirken sich demnach in diesem Fall nicht nachteilig auf die Rechtsposition des Revisionsrekurswerbers aus. Er zieht auch zu Recht nicht in Zweifel, dass der zwischen ihm und seiner volljährigen Tochter im Jahr 2011 geschlossene außergerichtliche Unterhaltsvergleich kein Vergleich im Sinn des § 1 Z 5 EO und (im Gegensatz zum rechtskräftigen Beschluss des Erstgerichts vom 19. 4. 2010 mit Festsetzung eines monatlichen Unterhaltsbetrags von 460 EUR) kein Exekutionstitel ist. In dem im Jahr 2012 eingeleiteten Unterhaltsverfahren waren aufgrund des in einem solchen Verfahren herrschenden Antragsprinzips (4 Ob 1/08p mwN; vgl RIS‑Justiz RS0028356 zum Außerstreitgesetz 1854) nur der Antrag der Unterhaltsberechtigten auf Festsetzung eines monatlichen Unterhaltsbetrags von 460 EUR zu prüfen, nicht aber die Voraussetzungen für eine allfällige Herabsetzung des bereits in dieser Höhe rechtskräftig festgesetzten Unterhaltsbetrags, weil der Vater die Abweisung des gegnerischen Antrags, nicht aber die Minderung seiner Unterhaltsverpflichtung beantragt hatte. Er hätte daher mit dem Hinweis auf den außergerichtlich geschlossenen Unterhaltsvergleich auch bei inhaltlicher Prüfung des gegnerischen Antrags in dem für ihn günstigsten Fall nur dessen Abweisung erreichen können, nicht aber die Verringerung der bestehenden Unterhaltsverpflichtung. Wie er auch selbst erkennt, steht es ihm im Fall der Einleitung eines Exekutionsverfahrens aufgrund des bestehenden Exekutionstitels offen, in einer Oppositionsklage das teilweise Erlöschen des vollstreckbaren Unterhaltsanspruchs (mit dem Hinweis auf einen geänderte Verhältnisse berücksichtigenden außergerichtlichen Unterhaltsvergleich) geltend zu machen (RIS‑Justiz RS0000824 [T5]; RS0000960 [T5]; RS0047398 [T17]). Seine fehlende Beschwer führt zur Zurückweisung seines Revisonsrekurses.

II. Die Revisionsrekursbeantwortung der Antragstellerin ist rechtzeitig.

Wird ein Revisionsrekurs oder eine Zulassungsvorstellung, mit der ein ordentlicher Revisionsrekurs verbunden ist, gegen einen Beschluss erhoben, mit dem über die Sache entschieden worden ist, und findet das Gericht erster Instanz keinen Grund für die Zurückweisung, so ist jeder aktenkundigen Partei eine Gleichschrift zuzustellen (§ 68 Abs 1 Satz 1 AußStrG). Diese Parteien können binnen 14 Tagen eine Beantwortung des Revisionsrekurses mittels Schriftsatzes überreichen (§ 68 Abs 1 Satz 2 AußStrG). Die Frist für die Beantwortung des Revisionsrekurses beginnt nach § 68 Abs 3 Z 2 AußStrG bei einer Zulassungsvorstellung mit der Zustellung der Mitteilung des Rekursgerichts über die Freistellung der Beantwortung des Revisionsrekurses. Diese Regelung des Fristenbeginns hat den Normalfall der bereits erfolgten Zustellung einer Gleichschrift des Revisionsrekurses nach § 68 Abs 1 Satz 1 AußStrG vor Augen. Wird diese jedoch unterlassen, beginnt die 14-tägige Frist zur Einbringung der Revisionsrekursbeantwortung für eine Partei erst mit der Zustellung des Rechtsmittels, wenn sie diese im Rahmen der auch im Außerstreitverfahren geltenden prozessualen Mitwirkungspflicht (§ 13 Abs 1 Satz 2 AußStrG) in angemessener Frist rügt (vgl zu § 507a Abs 1 ZPO RIS‑Justiz RS0123701). Der Beschluss des Rekursgerichts über die Zulässigkeit des ordentlichen Revisionsrekurses (§ 63 Abs 3 AußStrG) und Freistellung der Revisionsrekursbeantwortung (§ 63 Abs 5 AußStrG) wurde der zu diesem Zeitpunkt noch nicht durch einen Rechtsanwalt vertretenen Antragstellerin am 21. 5. 2013 zugestellt. Entgegen § 68 Abs 1 Satz 1 AußStrG war jedoch keine Zustellung einer Gleichschrift des gegnerischen Rechtsmittels erfolgt. Am 27. 5. 2013 gab die Antragstellervertreterin dem Rekursgericht ihre Bevollmächtigung bekannt und beantragte die Zustellung einer Gleichschrift des Revisionsrekurses. Die Verfügung über diese Zustellung wurde am 28. 5. 2013 abgefertigt. Die Revisionsrekursbeantwortung brachte die Antragstellerin am 29. 5. 2013 entgegen § 68 Abs 4 Z 1 AußStrG beim Erstgericht ein. Sie langte am 5. 6. 2013 beim Rekursgericht ein. Da die 14-tägige Frist zur Einbringung der Rechtsmittelbeantwortung erst mit der Zustellung der Gleichschrift des Revisionsrekurses in Gang gesetzt wurde, war sie zu dem für ihre Einhaltung maßgeblichen (vgl RIS‑Justiz RS0043678 [T1]) Zeitpunkt des Einlangens beim Rekursgericht noch nicht abgelaufen.

III. § 101 Abs 2 AußStrG schließt einen Kostenersatz nur im Verfahren über Unterhaltsansprüche eines minderjährigen Kindes aus. Die volljährige Antragstellerin hat in ihrer Revisionsrekursbeantwortung auf die fehlende Zulässigkeit des gegnerischen Rechtsmittels hingewiesen, weshalb die Kosten ihrer Rechtsmittelbeantwortung nach § 78 Abs 2 erster Satz AußStrG zuzusprechen sind (RIS‑Justiz RS0122774).

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