OGH 13Os53/13p

OGH13Os53/13p2.7.2013

Der Oberste Gerichtshof hat am 2. Juli 2013 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.-Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden, den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Marek sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari in Gegenwart des Richteramtsanwärters Mag. Kurzthaler als Schriftführer in der Strafsache gegen Mihai V***** wegen des Verbrechens des Mordes nach § 75 StGB und anderer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Geschworenengericht vom 3. April 2013, GZ 38 Hv 27/13g-148, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Innsbruck zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Mihai V***** aufgrund des Wahrspruchs der Geschworenen der Verbrechen des Raubes nach § 142 Abs 1 StGB (1), der Vergewaltigung nach § 201 Abs 1 StGB (2) und des Mordes nach § 75 StGB (3) schuldig erkannt.

Danach hat er in der Nacht vom 10. Juni 2012 auf den 11. Juni 2012 in I*****

(1) mit Gewalt gegen ihre Person Elisabeth W***** fremde bewegliche Sachen mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz weggenommen, indem er sie heftig würgte und durch Einführen eines Hemdes in ihren Mund knebelte und anschließend eine ihr gehörende Schachtel mit Musikkassetten an sich nahm,

(2) Elisabeth W***** mit Gewalt zur Duldung einer dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlung genötigt, indem er im Anschluss an das zu 1 beschriebene Würgen und Knebeln mehrere Finger in ihre Scheide einführte, und

(3) Elisabeth W***** durch das zu 1 beschriebene Würgen und Knebeln vorsätzlich getötet.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus Z 6 und 12 des § 345 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten geht fehl.

Kritik am Unterlassen einer Zusatzfrage an die Geschworenen (§ 313 StPO) wird nur dann prozessordnungskonform zur Darstellung gebracht, wenn die Beschwerde in der Hauptverhandlung vorgekommene Verfahrensergebnisse (§ 258 Abs 1 StPO), die einen Sachverhalt, der nach den Gesetzen folgerichtigen Denkens und grundlegenden Erfahrungssätzen Anlass zur begehrten Fragestellung geboten hätte, indizieren, deutlich und bestimmt bezeichnet (vgl RIS-Justiz RS0117447, RS0119418).

Indem die Fragenrüge (Z 6) unter Hinweis auf die Aussage des Sachverständigen Mag. G*****, wonach der Beschwerdeführer bei einem Test einen Intelligenzquotienten von 64 erreicht habe (ON 147 S 23), und auf die Verantwortung des Angeklagten, er habe „nicht gedacht“, dass durch seine Tathandlungen der Tod der Elisabeth W***** eintreten könne (ON 147 S 8), und er habe anlässlich des Knebelns an „nichts gedacht“ (ON 147 S 14), (gemeint) Zusatzfragen nach dem Schuldausschließungsgrund der Zurechnungsunfähigkeit (§ 11 StGB) verlangt, zeigt sie solche Verfahrensergebnisse nicht auf.

Hinzu kommt, dass die prozessförmige Ausführung des Vorwurfs der unterlassenen Aufnahme einer (hier) Zusatzfrage in den Fragenkatalog die Betrachtung des insoweit als Argumentationsbasis herangezogenen Verfahrensergebnisses in seiner Gesamtheit verlangt (RIS-Justiz RS0120766; Schindler, WK-StPO § 313 Rz 14), was die Beschwerde ebenfalls unterlässt:

Nach dem ungerügten Protokoll über die Hauptverhandlung (ON 147) schilderte der - teilgeständige (ON 147 S 3) - Beschwerdeführer den äußeren Tatablauf nämlich detailliert (ON 147 S 6 bis S 14) und ergänzte der Sachverständige Mag. G***** in Bezug auf den angesprochenen Intelligenztest, das relativ schlechte Ergebnis dieses Tests sei (nicht auf eine entsprechende Intelligenzminderung, sondern) auf zu geringe Aufmerksamkeit des Beschwerdeführers zurückzuführen (ON 147 S 23). Beides übergeht die Beschwerde.

Dass das im Wahrspruch festgestellte gewaltsame Einführen mehrerer Finger in die Scheide des Opfers „nach der Intensität der sexuellen Inanspruchnahme und der Schwere des Eingriffs in die Sexualsphäre dem Beischlaf“ nicht „entspricht“ (ersichtlich gemeint: die rechtliche Annahme einer dem Beischlaf gleichzusetzenden geschlechtlichen Handlung nicht trage), weil „der sexualbezogene Teil der Gesamttat nur kurze Zeit in Anspruch genommen hat“, weshalb „ein Schuldspruch nach § 202 StGB“ hätte „erfolgen müssen“, behauptet die Subsumtionsrüge (Z 12) bloß, ohne die angestrebte rechtliche Konsequenz methodisch vertretbar aus dem Gesetz abzuleiten (RIS-Justiz RS0116565; vgl im Übrigen Philipp in WK² StGB § 201 Rz 21 und 25; Hinterhofer SbgK § 201 Rz 47, jeweils mwN).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß §§ 285d Abs 1, 344 StPO schon bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Berufung kommt somit dem Oberlandesgericht zu (§§ 285i, 344 StPO).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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