OGH 7Ob88/13m

OGH7Ob88/13m23.5.2013

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Vizepräsidentin Dr. Huber als Vorsitzende und die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Hoch, Dr. Kalivoda, Mag. Dr. Wurdinger und Mag. Malesich als weitere Richter in der Heimaufenthaltssache der Bewohnerin A***** C*****, vertreten durch den Bewohnervertreter I*****, dieser vertreten durch Mag. Nikolaus Weiser, Rechtsanwalt in Wien, Einrichtungsleiter DGKP H***** T*****, über den außerordentlichen Revisionsrekurs des Bewohnervertreters gegen den Beschluss des Landesgerichts Feldkirch als Rekursgericht vom 13. März 2013, GZ 1 R 74/13k-21, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Feldkirch vom 20. Dezember 2012, GZ 27 HA 11/12m-9, teilweise abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Aus Anlass des Revisionsrekurses wird der Beschluss des Rekursgerichts als nichtig aufgehoben und der Rekurs des Einrichtungsleiters (ON 17) zurückgewiesen.

Text

Begründung

Das Erstgericht erklärte in Punkt 1. seines Beschlusses vom 20. 12. 2012 das Hindern der Bewohnerin am Verlassen des konkret bezeichneten Heimbereichs „mit der Maßgabe“ für zulässig, dass a) näher beschriebene technische Alarmeinrichtungen bis 20. 1. 2013 beigeschafft werden und b) das Abstellen einer Betreuungsperson täglich von 17:00 Uhr bis ca 21:00 Uhr bis zum 1. 1. 2013 organisiert wird. In Punkt 2. erklärte es das Hindern am Verlassen des Wohnbereichs durch Verstellen der Ausgangstüren mit arretierbarem Badelifter oder Lehnstuhl ab 12. 11. 2012 für unzulässig.

Mit dem angefochtenen Beschluss gab das Rekursgericht dem Rekurs des Einrichtungsleiters, mit dem dieser allein Punkt 1. b) des Beschlusses des Erstgerichts (Abstellen einer eigenen Betreuungsperson) bekämpfte, Folge und sprach aus, dass diese Anordnung ersatzlos zu entfallen habe.

Rechtliche Beurteilung

Entsprechend den Wertungen der §§ 17a, 16 HeimAufG ist das Rechtsmittelrecht des Einrichtungsleiters auf jene Fälle eingeschränkt, in denen eine Freiheitsbeschränkung für unzulässig erklärt wird; soweit dem Antrag des Vereins auf Unzulässigerklärung nicht Folge gegeben wird, nimmt dies dem Einrichtungsleiter nämlich die Beschwer für die Bekämpfung der erfolgten Zulässigerklärung der Freiheitsbeschränkung (RIS-Justiz RS0128572; 7 Ob 194/12y).

Die Frage der Beschwer des Einrichtungsleiters kann hier aber dahingestellt bleiben.

Auch wenn die vom Erstgericht - im Rahmen der hier allein strittigen „Maßgabe“ zur Bewilligung der Freiheitsbeschränkung (Punkt 1. b) - angeführte Auflage für die Zulässigerklärung (gemäß § 15 Abs 2 Satz 2 HeimAufG; vgl dazu Strickmann, Heimaufenthaltsrecht² [2012], 204 mwN und Zierl/Wall/Zeinhofer, Heimrecht I³ [2011], 213 f) dahin zu verstehen ist, dass es sich in der Sache (doch) um eine grundsätzlich unzulässige Maßnahme handelt, die nur unter der Bedingung vorübergehend zulässig ist, dass den jeweils auferlegten Handlungspflichten nachgekommen wird, war über diesen Rekurs nicht meritorisch zu entscheiden.

Ist doch ein Rekurs des Leiters der Einrichtung gegen einen Beschluss, der eine freiheitsbeschränkende Maßnahme für unzulässig erklärt, nur zulässig, wenn das Rechtsmittel (in Anlehnung an die Vorbildbestimmung des § 28 iVm § 26 UbG) in der mündlichen Verhandlung angemeldet wurde (RIS-Justiz RS0123718; 8 Ob 46/08k mwN; 7 Ob 241/11h). Eine Zurückweisung kommt daher auch dann in Betracht, wenn der Einrichtungsleiter - wie hier (vgl AS 38) - den Rekurs gar nicht anmeldet (Zierl/Wall/Zeinhofer aaO 219), weil ihm - so wie dem Abteilungsleiter nach dem UbG - nur unter der Voraussetzung der Rekursanmeldung ein Rekursrecht zusteht (Strickmann aaO 210 mwN in FN 988). Daran kann auch eine Bewilligung der Wiedereinsetzung in die in der Folge ebenfalls versäumte Rekursfrist nichts ändern.

Im Übrigen hat der Einrichtungsleiter - nach seinen eigenen Angaben - die Rechtsmittelerhebung zunächst deshalb unterlassen, weil er aus „Sicht des Heimleiters“ nichts gegen die „Qualitätsverbesserung“ [durch die Auflage] „haben konnte“ und vorerst nicht wusste, dass die mangelnden „Personalressourcen im Rahmen eines Rekurses aufzugreifen wären“. Ein Einrichtungsleiter verfolgt jedoch im Verfahren nach dem HeimAufG als Organpartei zwar das öffentliche Interesse der Gefahrenabwehr, ist aber nicht dazu berufen, die Interessen des Krankenhausträgers oder der behandelnden Ärzte zu vertreten (Strickmann aaO 210 mwN).

Entscheidet ein Gericht zweiter Instanz über einen - wie hier - unzulässigen Rekurs nicht formal (im Sinn einer Zurückweisung), sondern meritorisch, so ist der Mangel der funktionellen Zuständigkeit für eine solche Erledigung vom Obersten Gerichtshof aus Anlass des gegen eine unzulässige Sachentscheidung erhobenen Revisionsrekurses wahrzunehmen und der unzulässige Rekurs gegen den Beschluss erster Instanz zurückzuweisen; dieser allgemeine Verfahrensgrundsatz gilt auch im Außerstreitverfahren (§ 54 Abs 2 iVm § 71 Abs 4 AußStrG; RIS-Justiz RS0121264; 10 Ob 45/12h; 5 Ob 132/10p und 5 Ob 232/10v jeweils mwN).

Aus Anlass des Revisionsrekurses des Bewohnervertreters ist daher die Entscheidung des Rekursgerichts ersatzlos aufzuheben und der Rekurs des Einrichtungsleiters zurückzuweisen.

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