OGH 6Ob68/13p

OGH6Ob68/13p8.5.2013

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.‑Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei S***** M*****, vertreten durch Dr. Wilhelm Schuster, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Verlassenschaft nach E***** K*****, vertreten durch Mag. Georg E. Thalhammer, Rechtsanwalt in Wien, wegen 47.500 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 25. Februar 2013, GZ 11 R 32/13a‑28, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2013:0060OB00068.13P.0508.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Dass ein Pflichtteilsanspruch als Forderungsrecht grundsätzlich verzichtbar ist (vgl RIS‑Justiz RS0012880), zieht auch die Revisionswerberin nicht in Zweifel. Der Verzicht ist nach herrschender Rechtsprechung ein Vertrag, der deshalb der Annahme bedarf, die allerdings auch konkludent erfolgen kann (5 Ob 84/12g; vgl RIS‑Justiz RS0014090, RS0034122). Nach der Rechtsprechung ist der schenkungsweise Schulderlass an keine Form gebunden, weil er nicht schenkungsversprechend ist. Der Verzicht als Verfügungsgeschäft erfordert daher keinen Notariatsakt (5 Ob 84/12g, 1 Ob 142/10d; RIS‑Justiz RS0034030).

Die Frage, ob es durch die festgestellte Äußerung der Noterbin, „den Pflichtteil nicht geltend zu machen“, zum (schlüssigen) Abschluss eines Pflichtteilsverzichtsvertrags mit dem Erben kam, wurde in der Entscheidung 3 Ob 119/11p ausdrücklich nicht geprüft.

Ob nach den Umständen des Einzelfalls ein Verzicht anzunehmen ist oder nicht, stellt im Regelfall keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO dar (RIS‑Justiz RS0107199). Für die Annahme eines Verzichts durch konkludentes Verhalten genügt nach der Rechtsprechung bereits die widerspruchslose Annahme der Erklärung des Gläubigers durch den Schuldner (RIS‑Justiz RS0034122 [T2]). Wenn die Vorinstanzen das Schweigen des Beklagten als unbedingt erbserklärter Erbe und damit gemäß § 810 ABGB ex lege Vertreter des Nachlasses auf die Äußerung der klagenden Partei als Zustimmung interpretierten, so liegt darin jedenfalls keine vom Obersten Gerichtshof im Interesse der Rechtssicherheit aufzugreifende Fehlbeurteilung, sodass die Revision spruchgemäß zurückzuweisen war.

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