OGH 5Ob21/13v

OGH5Ob21/13v18.4.2013

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch die Hofrätin Dr. Hurch als Vorsitzende und die Hofrätin Dr. Lovrek sowie die Hofräte Dr. Höllwerth und Mag. Wurzer und die Hofrätin Mag. Malesich als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei F***** B*****, vertreten durch Dr. Herbert Rabitsch, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Marktgemeinde W*****, vertreten durch Mag. Robert Hofbauer, Rechtsanwalt in Wiener Neudorf, wegen Unterlassung (Streitwert 15.000 EUR) und Duldung (Streitwert 15.000 EUR), über die Revisionen beider Parteien gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 26. November 2012, GZ 16 R 241/12x-12, mit dem infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt vom 18. September 2012, GZ 20 Cg 357/11b‑7, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision der klagenden Partei wird nicht Folge gegeben.

Der Revision der beklagten Partei wird Folge gegeben.

Die Entscheidung des Berufungsgerichts wird dahin abgeändert, dass das beide Klagebegehren abweisende Ersturteil einschließlich seiner Kostenentscheidung wiederhergestellt wird.

Die klagende Partei ist schuldig, der beklagten Partei jeweils binnen 14 Tagen die mit 2.331,90 EUR (darin 388,65 EUR an Umsatzsteuer) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens sowie die mit 3.253,68 EUR (darin 326,28 EUR an Umsatzsteuer und 1.299,60 EUR an Barauslagen) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens zu ersetzen.

Entscheidungsgründe:

Der Kläger ist der Vater der am ***** ehelich geborenen S***** B*****. Das Mädchen besucht die vierte Klasse der Volksschule in Wiener Neudorf. An die Volksschule ist der Hort angeschlossen, den die Beklagte im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung betreibt. Das Mädchen besucht seit der zweiten Klasse nach Unterrichtsschluss regelmäßig den Hort.

Der Kläger wurde im Jahre 2008 von der Mutter des Mädchens geschieden. Die alleinige Obsorge steht der Mutter zu.

Das Bezirksgericht Mödling hat dem Vater mit Beschluss vom 26. 3. 2008, AZ 2 P 47/08k, ein Besuchsrecht zu seiner Tochter eingeräumt, wonach er berechtigt ist, sie an jedem zweiten Wochenende am Freitag nach der Schule (ab 11:45 Uhr) abzuholen und verpflichtet ist, sie am darauffolgenden Montag bis zum Beginn des Unterrichts in die Schule zurückzubringen.

Die Mutter erklärte bei einer Besprechung (ua) mit der Leiterin und den weiteren Mitarbeitern des Horts am 31. 5. 2011, sie wolle nicht, dass der Beklagte oder eine andere Person das Mädchen im Hort besuche oder abgebe oder ihr etwas im Hort überreiche und der Vater dürfe das Kind dann abholen, wenn dies von der Mutter vorher schriftlich (im Mitteilungsheft) bekannt gegeben werde. Ohne vorherige Bekanntgabe durch die Mutter dürfe das Kind dem Vater nicht mitgegeben werden. In diesem Sinn vereinbarten die Gesprächsbeteiligten am bezeichneten Tag, dass der Vater nur an den Tagen, an denen er das Kind abholen darf, den Hort in dem zur Abholung erforderlichen zeitlichen Ausmaß und nicht vor 13:00 Uhr betreten dürfe; das Kind sei bis spätestens 14:00 Uhr abzuholen. Der Kläger dürfe nur den Bereich der Aula und des Ganges, aber keine anderen Räume betreten.

Der Kläger begehrte, die Beklagte schuldig zu erkennen,

1. über Verlangen des Klägers an den geregelten Besuchswochenenden laut Beschluss des Bezirksgerichts Mödling vom 26. 3. 2008, GZ 2 P 47/08k-58, dessen Tochter um 12.00 Uhr (Unterrichtsschluss 11:45 Uhr) zur Ausübung des Besuchsrechts zu übergeben sowie Zurückhaltungsmaßnahmen hinsichtlich des Kindes zu unterlassen, und

2. die Benutzung des Ganges und der Aula des Hortes durch den Kläger an den vom Bezirksgericht Mödling festgesetzten Besuchswochenenden ab 12:00 Uhr (Unterrichtsschluss 11:45 Uhr) zu dulden.

Der Kläger brachte im Wesentlichen vor, er sei verpflichtet, seine Tochter an jedem zweiten Wochenende am Freitag nach der Schule (ab 11:45 Uhr) abzuholen und sie am darauf folgenden Montag bis zu Beginn des Unterrichts in die Schule zurückzubringen. Dieses Besuchsrecht habe er regelmäßig ausgeübt.

Am 23. 9. 2011 habe er seine Tochter um 12:15 Uhr abholen wollen. Die Hortleitung habe ihm damals mitgeteilt, dass ihm die Tochter erst um 14.00 Uhr übergeben werde. Er sei aufgefordert worden, den Hort zu verlassen und trotz Überreichung des Besuchsrechtsbeschlusses habe er seine Tochter erst nach zwei Stunden Wartezeit übergeben erhalten.

Am 5. 10. 2011 habe ihm der Anwalt der Beklagten angedroht, dass er durch Mitarbeiter der Beklagten vor die Tür des Hortes befördert werde, sollte er am nächsten Freitag vor 13:00 Uhr den Hort betreten. An diesem Tag sei ihm mitgeteilt worden, dass er das Kind erst um 15:00 Uhr übernehmen könne, weil es von der Mutter zu einem Kurs angemeldet worden sei, der bis dahin dauere. Überdies habe ihm die Amtsleiterin mündlich mitgeteilt, er habe im Sinn der Vereinbarung mit der Mutter vor der Tür zu warten, bis das Hortpersonal ihm mitteile, dass er nunmehr die Tochter mitnehmen könne.

Auch am 21. 10. 2011 sei er von zwei Wachposten der Beklagten um 12:00 Uhr am Betreten des Hortes gehindert worden. Ein solches Vorgehen sei in der Hortordnung nicht vorgesehen. Gründe, warum die Beklagte ein Betreten des Hortes durch ihn nicht dulden müsse, lägen nicht vor. Die Beklagte sei verpflichtet, das Kind über Verlangen des besuchsberechtigten Klägers herauszugeben. Gegenteilige Vereinbarungen mit der Mutter seien eine Missachtung des Gerichts, im Hinblick auf die Besuchsrechtsregelung unwirksam und gefährdeten zudem das Kindeswohl. Der Vertrag zwischen der Mutter und der Beklagten entwickle Schutzwirkungen zu Gunsten des Klägers, weil diesem ein gesetzliches Besuchsrecht zustehe.

Da die Kinder nach der Schule direkt über einen Gang in den Schülerhort gingen, sei ein Abholen vor der Schule nicht möglich und auch nicht sinnvoll.

Die Beklagte beantragte die Klageabweisung und wandte im Wesentlichen ein, es sei nicht ihre Sache, sich in irgendeiner Form mit dem Besuchsrecht des Klägers auseinanderzusetzen. Für die Beklagte sei nur relevant, welche Verfügungen die allein zur Obsorge berechtigte Mutter treffe. Der Kläger habe sich in der Vergangenheit in diversen Räumlichkeiten des Hortes aufgehalten, was letztlich zum Betretungsverbot geführt habe, weil er den Hortbetrieb immer wieder gestört habe. Besuchsrechtsstreitigkeiten seien nicht gegen die Beklagte durchzusetzen, sondern ausschließlich gegen die Mutter.

Das Erstgericht wies beide Klagebegehren ‑ abgesehen von einem Urkundenbeweis ‑ ohne Durchführung von Beweisaufnahmen ab. Es war ‑ zusammengefasst ‑ der Rechtsansicht, dass die Klage unschlüssig sei. Die Beklagte sei aufgrund ihres Hausrechts berechtigt, darüber zu entscheiden, ob der Kläger den Hort betreten dürfe. Für das Unterlassungsbegehren sei kein Rechtsgrund ersichtlich. Die Beklagte habe sich an die Vereinbarungen mit der Mutter als Vertragspartnerin zu halten.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers teilweise Folge. Es änderte das Ersturteil in seinem Punkt 1. im Sinn der Klagsstattgebung dahin ab, dass es die Beklagte verpflichtete, über Verlangen des Klägers an den geregelten Besuchswochenenden dessen Tochter um 12:00 Uhr (Unterrichtsschluss 11:45 Uhr) zur Ausübung des Besuchsrechts zu übergeben sowie Zurückhaltungsmaßnahmen hinsichtlich des Kindes zu unterlassen; dagegen bestätigte das Berufungsgericht die Klagsabweisung zu Punkt 2. betreffend die vom Kläger begehrte Verpflichtung der Beklagten, dessen Benutzung des Ganges und der Aula des Hortes an den festgesetzten Besuchswochenenden zu dulden.

Rechtlich stützte sich das Berufungsgericht auf die höchstgerichtliche Entscheidung 4 Ob 186/09w (JBl 2010, 292 = SZ 2009/166) und vertrat ‑ zusammengefasst ‑ die Meinung, das auf engen verwandtschaftlichen Beziehungen beruhende Eltern-Kind-Verhältnis begründe ein von der Rechtsordnung anerkanntes lebenslanges Rechtsverhältnis. Dazu gehöre auch das durch § 16 ABGB, Art 8 EMRK geschützte Streben nach gegenseitigem persönlichen Kontakt und Zugang. Familiäre Rechtsbeziehungen entfalteten ihre Wirkung zwar in erster Linie unter den Angehörigen und hätten somit relativen Charakter. Dennoch müssten sie in gewissem Umfang auch von Dritten respektiert werden, die nicht willkürlich in diese Rechtsbeziehung eingreifen dürften. Insofern seien manche Familienrechte zugleich als absolute Rechte ausgestaltet.

Das vom Pflegschaftsgericht geregelte Besuchsrecht sei unstrittig. Nach der Rechtsprechung könne auch angeordnet werden, dass der Vater die Kinder zwecks Beruchsrechtsausübung vom Kindergarten bzw der Schule abzuholen habe (6 Ob 108/05h).

Durch die Vereinbarung mit der Mutter vom 31. 5. 2011 greife die Beklagte in das mit Beschluss des Pflegschaftsgerichts geregelte und auch als absolutes Recht wirkende Besuchsrecht des Klägers willkürlich ein. Durch die Übergabe des Kindes an den Kläger entsprechend dem Besuchsrechtsbeschluss würden Interessen der Beklagten, etwa ihr Hausrecht, nicht tangiert, weil das Kind auch außerhalb des Hortes übergeben werden könne. Der sich aus dem Eingriff der Beklagten in das Besuchsrecht ergebende Unterlassungsanspruch des Klägers sei verschuldensunabhängig. Die Beklagte halte ihren Standpunkt von der Zulässigkeit ihres Vorgehens auch noch im Berufungsverfahren aufrecht, sodass Wiederholungsgefahr jedenfalls vorliege. Das Unterlassungsbegehren des Klägers sei daher berechtigt.

Nach allgemeinem Zivilrecht könne der Eigentümer Dritten das Betreten seiner Liegenschaft verbieten (RIS-Justiz RS0010382). Das Hausrecht unterliege allerdings privat- und öffentlich-rechtlichen Beschränkungen (4 Ob 140/07b mwN). Das Hausrecht komme ‑ entgegen den Ausführungen der Beklagten ‑ nicht nur Wohnungsinhabern, sondern auch Geschäftsinhabern (RIS-Justiz RS0010358), Sportveranstaltern (RIS-Justiz RS0010299), Rundfunkunternehmen (4 Ob 73/07z), Fußballvereinen hinsichtlich ihres Stadions (4 Ob 155/05f), Betreibern von Krankenanstalten (4 Ob 140/07b) und anderen natürlichen und juristischen Personen zu. Der Kläger habe vor dem Erstgericht nicht vorgebracht, dass die Abholung des Kindes nicht auch vor dem Hort möglich wäre. Er habe sich nur darauf berufen, die Hortordnung sehe nicht vor, dass die Eltern vor dem Hort warten müssten.

Sei aber die Abholung des Kindes gemäß dem Besuchsrechtsbeschluss auch vor dem Hort möglich, so greife das Betretungsverbot der Beklagten gegenüber dem Kläger nicht in dessen Besuchsrecht ein, womit die Ausübung des Hausrechts der Beklagten in diesem Fall auch keiner zivilrechtlichen Beschränkung unterliege und keiner Abwägung gegenüber dem Schutz des Besuchsrechts des Klägers (4 Ob 186/09w) bedürfe. Es seien daher keine Feststellungen zur Frage des Verhaltens des Klägers in der Vergangenheit als Rechtfertigung für das Betretungsverbot notwendig gewesen.

Der Berufung sei daher teilweise Folge zu geben und das Urteil des Erstgerichts im Sinn einer Stattgebung des Unterlassungsbegehrens abzuändern gewesen.

Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands hinsichtlich des Unterlassungs- und Duldungsbegehrens jeweils 5.000 EUR, nicht jedoch 30.000 EUR übersteigt und die ordentliche Revision hinsichtlich beider Klagebegehren zulässig sei. Zwar liege Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Frage der Durchsetzung des Zugangsrechts erwachsener Kinder, nicht aber ‑ so weit überblickbar ‑ hinsichtlich der Durchsetzung des Besuchsrechts eines Elternteils zu seinem minderjährigen Kind gegenüber Dritten vor.

Gegen diese Entscheidung des Berufungsgerichts richten sich die Revisionen beider Parteien . Der Kläger bekämpft den klagsabweislichen Teil der Entscheidung wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im Sinn der Klagsstattgebung auch seines Begehrens auf Duldung der Benutzung des Ganges und der Aula des Hortes der Beklagten. Hilfsweise stellt der Kläger auch einen Aufhebungsantrag. Der Kläger macht in seiner Revision ‑ zusammengefasst ‑ geltend, dass es ‑ entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ‑ nicht darauf ankomme, ob eine Abholung des Kindes auch vor dem Hort, also quasi „auf der Straße“ möglich sei, sondern ob die Beklagte nur unter Bezugnahme auf ihr Hausrecht berechtigt sei, (grundlos) ein Betretungsverbot gegen den Kläger zu verhängen. Eine Differenzierung, wie dies die Beklagte vornehme, nämlich in obsorgeberechtigten und besuchsberechtigten Elternteil, welcher unter Berufung auf das Hausrecht diskriminiert und gegen den ein (zeitliches) Betretungsverbot ausgesprochen werden könne, sei sachlich nicht gerechtfertigt und verstoße gegen Art 14 iVm Art 8 EMRK.

Die Beklagte bekämpft den klagsstattgebenden Teil der Entscheidung wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag auf Abänderung im Sinn der Klagsabweisung. Hilfsweise stellt die Beklagte auch einen Aufhebungsantrag. Die Beklagte macht in ihrer Revision ‑ zusammengefasst ‑ geltend, dass die Gestaltung und Durchsetzung des Besuchsrechts unter Beiziehung und Anhörung der obsorgeberechtigten Mutter und unter Berücksichtigung des Kindeswohls im Außerstreitverfahren und nicht im Streitverfahren gegenüber einem Dritten zu erfolgen habe. Der Vater müsse, wenn die Mutter Weisungen erteile, von denen er meint sie griffen in sein Besuchsrecht ein, die Mutter im Außerstreitverfahren dazu verhalten, solche Weisungen zu unterlassen; er könne dagegen nicht die Beklagte darauf in Anspruch nehmen, die Entscheidungen der obsorgeberechtigten Mutter nicht zu beachten. Die Beklagte sei ‑ entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ‑ auch nicht grundlos und willkürlich vorgegangen, habe sie doch zu Recht der Meinung sein dürfen, dass sie eine Weisung der Obsorgeberechtigten zu befolgen habe.

Rechtliche Beurteilung

Die Revisionen sind zulässig; berechtigt ist jedoch ‑ aus folgend darzustellenden Gründen ‑ nur die Revision der Beklagten.

1.1. § 148 Abs 1 Satz 1 ABGB idF vor dem KindNamRÄG 2013 (BGBl I 2013/15) lautete:

„Lebt ein Elternteil mit dem minderjährigen Kind nicht im gemeinsamen Haushalt, so haben das Kind und dieser Elternteil das Recht, miteinander persönlich zu verkehren.“

§ 187 Abs 1 Satz 1 ABGB idF KindNamRÄG 2013 (BGBl I 2013/15) lautet:

„Das Kind und jeder Elternteil haben das Recht auf regelmäßige und den Bedürfnissen des Kindes entsprechende persönliche Kontakte.“

1.2. Das Kontaktrecht ist ein allgemein anzuerkennendes, unter dem Schutz des Art 8 EMRK stehendes Grundrecht der Eltern-Kind-Beziehung (8 Ob 42/02p; 6 Ob 171/05y mzN; 4 Ob 8/11x EF-Z 2011/85 [ Reischauer ]; RIS-Justiz RS0047754 [insb T3, T19, T21]); es ist grundsätzlich auch von Dritten zu respektieren (4 Ob 186/09w JBl 2010, 292 = SZ 2009/166; 4 Ob 8/11x EF‑Z 2011/85 [ Reischauer ]).

1.3. Der Oberste Gerichtshof hat sich bereits in 4 Ob 186/09w (JBl 2010, 292 = SZ 2009/166) mit der (Reichweite der) Drittwirkung des Kontaktrechts zwischen einem (erwachsenen) Kind und einem Elternteil befasst; er ist dabei zum Ergebnis gekommen, dass familiäre Rechtsbeziehungen ihre Wirkung zwar in erster Linie unter den Angehörigen entfalteten und somit relativen Charakter hätten. Dennoch müssten sie in gewissem Umfang auch von Dritten respektiert werden, die nicht willkürlich in diese Rechtsbeziehung eingreifen dürften. Insofern seien manche Familienrechte zugleich als absolute Rechte ausgestaltet. Aus dem Charakter der Persönlichkeitsrechte als absolute Rechte, die mit Enthaltungspflichten gegenüber jedermann bewehrt seien, gewähre die Rechtsprechung (verschuldensunabhängige) Unterlassungsansprüche im Fall von Eingriffs- oder Wiederholungsgefahr bei Persönlichkeitsverletzungen auch dort, wo die Rechtsordnung keine ausdrücklich normierten Tatbestände vorsehe. Zusammenfassend gelte demnach, dass das Zugangsrecht eines erwachsenen Kindes zu einem Elternteil zwar auch von Dritten zu respektieren ist, aber nur in Ausnahmefällen Dritten gegenüber gerichtlich erzwungen werden könne.

1.4. Ausgehend von dieser Rechtsansicht trug der Oberste Gerichtshof in 4 Ob 186/09w (JBl 2010, 292 = SZ 2009/166) dem Erstgericht (ua) die Prüfung der Frage auf, ob der Besuchskontakt auch außerhalb der Liegenschaft der dortigen Beklagten gepflogen werden könne. Andernfalls sei im Rahmen einer Interessenabwägung zu prüfen, ob durch eine Ausübung des Kontakt- und Zugangsrechts auf der Liegenschaft der Beklagten solche berechtigte Interessen der Liegenschaftseigentümer (wie etwa der Schutz des Hausrechts und des ungestörten Familienlebens) verletzt würden, die gegenüber dem verfolgten Recht der Klägerin überwiegen würden.

2. Im vorliegenden Fall hat das Berufungsgericht aus den in der Entscheidung 4 Ob 186/09w (JBl 2010, 292 = SZ 2009/166) angestellten Erwägungen ‑ zu Unrecht ‑ die Berechtigung des vom Kläger erhobenen Unterlassungsbegehrens abgeleitet:

2.1. Das Kontaktrecht des Klägers beruht auf einem Beschluss des Pflegschaftsgerichts vom 26. 3. 2008 zu AZ 2 P 47/08k. Wie die Durchsetzung von Regelungen auf persönliche Kontakte gegenüber dem aus der gerichtlichen Entscheidung (§ 110 Abs 1 Z 1 AußStrG) oder einer vor Gericht geschlossenen Vereinbarung (§ 110 Abs 1 Z 2 AußStrG) Verpflichteten zu erfolgen hat, bestimmt § 110 AußStrG.

2.2. Verstöße des mitwirkungspflichtigen Elternteils gegen ein mit Vergleich oder Beschluss des Pflegschaftsgerichts eingeräumtes Kontaktrecht sind im Außerstreitverfahren auf die dort vorgesehene Weise abzustellen, weil dort die Gewähr besteht, dass dem Kindeswohl Rechnung getragen wird (vgl 9 Ob 23/00y). Ein Beschluss, mit dem Besuchskontakte festgelegt werden, kann dagegen nicht gegen dritte, am Titelverfahren nicht beteiligte Personen durchgesetzt werden (so schon 1 Ob 196/54 RIS‑Justiz RS0007343 zu § 19 AußStrG 1854; vgl ferner 1 Ob 24/72 SZ 45/22 [betreffend die Urkundenvorlage durch einen Dritten]).

2.3. Der Kläger versucht mit seiner Klage den von ihm aus dem Beschluss des Pflegschaftsgerichts abgeleiteten genauen Beginn des Kontakts und die spezifischen Übergabemodalitäten gegenüber der Beklagten durchzusetzen. Es geht also ‑ schon nach den eigenen Prozessbehauptungen des Klägers ‑ nicht darum, dass die Beklagte den Kontakt des Vaters zu seiner Tochter schlechthin zu verhindern sucht.

2.4. Es trifft ‑ entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts ‑ nicht zu, dass die Beklagten zufolge der mit der Mutter am 31. 5. 2011 getroffenen Vereinbarung grundlos und willkürlich in das Kontaktrecht des Klägers eingegriffen habe. Die Beklagte hat mit besagter Vereinbarung vielmehr den ‑ durch die Obsorge der Mutter grundsätzlich legitimierten ‑ Forderungen der Erziehungsberechtigten entsprochen. Es kann nicht Aufgabe der Beklagten sein, Anordnungen des obsorgeberechtigten Elternteils auf deren Vereinbarkeit mit einer aktuell geltenden Kontaktrechtsentscheidung der Eltern zu überprüfen, diese allenfalls abzulehnen und so in Eigenverantwortung elterliche Konfliktfälle zu lösen. Diese Lösung wird der Kläger im Außerstreitverfahren gegenüber der Mutter anzustreben haben.

3. Aus den vorstehenden Erwägungen folgt, dass im vorliegenden Fall auch die in 4 Ob 186/09w (JBl 2010, 292 = SZ 2009/166) propagierte Interessenabwägung nicht zur Rechtfertigung des vom Kläger erhobenen Unterlassungsbegehren führen kann. In Stattgebung der Revision der Beklagten ist daher (auch) dieser Teil des Klagebegehrens abzuweisen.

4.1. Das objektbezogene Selbstbestimmungsrecht wird in Lehre und Rechtsprechung auch als „Hausrecht“ bezeichnet (vgl 4 Ob 29/93 [Hausrecht des Geschäftsinhabers]; 4 Ob 155/05f [Sportveranstalter]; 4 Ob 140/07b [öffentliche Krankenanstalt]). Es folgt dogmatisch aus der Eigentumsfreiheitsklage (actio negatoria), der Klage des besitzenden Eigentümers auf Abwehr von Störungen (4 Ob 139/03z mwN). Dieses Recht unterliegt freilich, wie jedes andere Ausschlussrecht des Eigentümers, gewissen privat- und öffentlich-rechtlichen Beschränkungen (4 Ob 140/07b; Eccher in KBB³ § 354 ABGB Rz 2). Das gilt insbesondere dann, wenn die Übertragung von öffentlichen Aufgaben einer (unbeschränkten) Durchsetzung des Hausrechts entgegensteht (6 Ob 593/91 RdW 1993, 73; 4 Ob 140/07b).

4.2. Im vorliegenden Fall bestehen freilich keine Gründe, die eine Beschränkung des Hausrechts der Beklagten erfordern. Das Vorgehen der Beklagten ist ‑ wie zusammengefasst aus Punkt 3. folgt ‑ kein unzulässiger, eine Unterlassungspflicht begründender Eingriff in das Kontaktrecht des Klägers und die Übernahme des Kindes durch den Kläger zum Zweck der Kontaktausübung muss überdies nicht unter Benutzung des Ganges und der Aula des Hortes der Beklagten erfolgen. Die Abweisung des Duldungsbegehrens des Klägers erfolgte somit zu Recht.

5. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO.

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